OGH 9ObA29/97y

OGH9ObA29/97y5.3.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr.Steinbauer sowie durch die fachkundigen Laienrichter MR Mag Heinrich Lahounik und DDr.Wolfgang Maßl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Bernhard G*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Felix Graf, Rechtsanwalt in Feldkirch, wider die beklagte Partei "E*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Manfred de Bock und andere, Rechtsanwälte in Dornbirn, wegen S 53.452 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29.Oktober 1996, GZ 15 Ra 141/96i-14, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom 19.März 1996, GZ 34 Cga 12/96w-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.871,04 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 811,84 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt Kündigungsentschädigung und anteilige Weihnachtsremuneration mit der Behauptung, daß sein Fernbleiben am 2. und 3.11.1995 aufgrund einer Urlaubsvereinbarung erfolgte und die dennoch stattgefundene Entlassung zu Unrecht ausgesprochen worden sei.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren und das Vorliegen einer Urlaubsvereinbarung.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte im wesentlichen fest:

Am Morgen des 30.10.1995 waren der Kläger, der Geschäftsführer der Beklagten, dessen Mutter und die Sekretärin gemeinsam im Büro, als ein Mitarbeiter des Klägers telefonisch mitteilte, daß er infolge Krankheit nicht zur Arbeit erscheinen könne. Der Kläger erklärte darauf, daß dies ungünstig sei, weil er eigentlich am 2. und 3.11. frei haben wollte. Der Geschäftsführer erwiderte, daß dies sehr kurzfristig sei und man dies noch "checken" müsse. Weiters wurde darüber nicht gesprochen. Neben dem Geschäftsführer ist auch seine im Betrieb tätige Freundin befugt, Urlaubswünsche entgegenzunehmen und Urlaub zu gewähren. Es war bis zum Frühsommer 1995 möglich, Kurzurlaube mit Dagmar E***** abzusprechen und dem Geschäftsführer - oder dem Büro - lediglich davon noch Mitteilung zu machen. Es war bekannt, daß Urlaubswünschen durch den Geschäftsführer nicht entgegengetreten wurde, wenn "es organisatorisch klappt". Im Anschluß an dieses Gespräch am 30.10.1995 erteilte der Geschäftsführer seiner Freundin den Auftrag, den noch offenen Urlaubsanspruch des Klägers herauszurechnen. Diese ermittelte einen noch offenen Urlaubsanspruch von einem halben Tag. In der Folge wurde zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer über den Urlaub nicht mehr gesprochen. Dennoch teilte der Kläger in der Näherei mit, daß er Donnerstag und Freitag nicht anwesend sein werde. Er ersuchte eine Teilzeitbeschäftigte, ausnahmsweise am Freitag zur Arbeit zu erscheinen, was diese zusagte. Er erklärte ihr auch, was an diesen zwei Tagen zu machen sei. Am 31.10.1995 traf der Kläger noch die notwendigen Vorkehrungen für die am 2. und 3.11.1995 vorzunehmenden Arbeiten und ging dann gegen 17.00 Uhr ins Büro, um auszustempeln. Anwesend waren dort Dagmar E***** und Elke S*****. Auch der Geschäftsführer trat dazu und fragte, ob alles klar oder noch irgendein Punkt offen sei, den es abzuklären gelte. Elke S***** und Dagmar E***** gaben zu verstehen, daß alles klar sei, während der Kläger keine Antwort gab. Nachdem der Geschäftsführer das Büro verlassen hatte, erklärte der Kläger, daß er am 2. und 3. nicht anwesend sein werde. Am 2.11. erschien der Kläger noch in der Früh, blieb 1 1/2 Stunden im Betrieb und verabschiedete sich in den Urlaub. Der Geschäftsführer war nicht anwesend.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß das Schweigen des Dienstgebers auf den Urlaubswunsch des Klägers als Zustimmung zum Urlaubsgesuch zu werten sei. Es wäre am Dienstgeber gelegen, das Gespräch mit dem Kläger zu suchen. Berücksichtige man, daß der Geschäftsführer Urlaubswünsche in der Regel nicht ablehnte und der Kläger nach einer ständigen Übung keine ausdrückliche Zustimmung des Geschäftsführers benötigte, so konnte und durfte er das Schweigen des Dienstgebers als Zustimmung werten.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.

Es führte aus, daß zwar keineswegs von einer konkludenten Einverständniserklärung des Geschäftsführers zum Urlaubswunsch des Klägers gesprochen werden könne, aber ein Entlassungsgrund müsse auch ein entsprechendes Gewicht haben, sodaß die Weiterbeschäftigung nicht mehr zugemutet werden könne. Es sei dabei nicht nur die bisherige betriebliche Übung, die bei organisatorischer Möglichkeit des Urlaubs ein Entgegenkommen des Dienstgebers zum Ausdruck brachte, von Bedeutung, sondern auch der Umstand, daß der Kläger bemüht war, für die Zeit seiner Urlaubstage umfassend vorzusorgen, daß die anfallende Arbeit ohne Anstände abgewickelt werden konnte. Es sei das Tatbestandselement der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung weder objektiv noch subjektiv gegeben.

Gegen dieses Urteil der zweiten Instanz richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil in Stattgebung der Revision dahin abzuändern, daß die Klage abgewiesen werde.

Der Kläger stellt den Antrag, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Ergebnis nicht berechtigt.

Eine Urlaubsvereinbarung nach § 4 Abs 1 UrlG kann nach der Rechtsprechung auch schlüssig zustande kommen (ZAS 1996/19 [Vogt]). Selbst im Hinblick auf die bisherige Übung, daß Urlaubswünschen durch den Geschäftsführer nicht entgegengetreten wurde, wenn "es organisatorisch klappt" und eine ausdrückliche Zustimmung bislang nicht notwendig war, der Geschäftsführer in der Regel gegen solche Urlaubswünsche keinen Einwand hatte, konnte der Kläger nach der Antwort des Geschäftsführers auf seinen Urlaubswunsch, daß man dies noch "checken" müsse, vorerst noch nicht von einer stillschweigenden Zustimmung ausgehen. Dieses Erklärungsverhalten wurde jedoch in der Folge vom Geschäftsführer der beklagten Partei gesetzt. Der Kläger durfte mit einer Antwort auf seinen Urlaubswunsch rechnen und den Geschäftsführer traf eine entsprechende Antwortpflicht.

Entscheidend ist nämlich, daß aufgrund des bestehenden, von der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers geprägten Arbeitsverhältnisses eine Antwortpflicht des Arbeitgebers über den wichtige Interessen des Arbeitnehmers betreffenden Urlaubswunsch bestand, zumal der Kläger aufgrund der entgegen den sonstigen Gepflogenheiten vorbehaltenen Prüfung seines Urlaubswunsches davon ausgehen konnte, daß der Arbeitgeber im Falle der Ablehnung dies auch eindeutig zum Ausdruck bringen werde (9 ObA 267/89). Der Kläger konnte daher, wie das Erstgericht zutreffend ausführte, im Sinne der bisherigen Übung, wonach eine spezielle Zustimmung nicht erforderlich war, die Nichtäußerung des Geschäftsführers bzw dessen Frage am 31.10.1996, "ob alles klar sei oder noch ein Punkt offen sei, den es abzuklären gilt", davon ausgehen, daß der Geschäftsführer alles "gecheckt" hatte und daher keine organisatorischen Hindernisse vorhanden seien und der Geschäftsführer dem Urlaubswunsch daher nicht entgegentrat.

Der Entlassungsgrund ist daher nicht verwirklicht.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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