Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird, soweit sie zu Gunsten des Angeklagten erhoben wurde, Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Finanzvergehens des Schmuggels nach § 35 Abs 1 FinStrG (A 2 des Urteilssatzes) und demgemäß auch im Strafausspruch nach §§ 35 Abs 4 und 20 FinStrG aufgehoben und im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Miljazim R***** wird von der wider ihn erhobenen Anklage, Anfang November 1994 durch die Einfuhr von 474 Gramm Heroin eingangspflichtige Waren ausländischer Herkunft dem Zollverfahren entzogen zu haben, gemäß § 214 FinStrG freigesprochen.
Mit seiner dieses Faktum betreffenden Nichtigkeitsbeschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Im übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Miljazim R***** des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG sowie des Finanzvergehens des Schmuggels nach § 35 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt, weil er Anfang November 1994 den bestehenden Vorschriften zuwider 474 g Heroin mit einem Reinheitsgehalt von rund 40 %, sohin Suchtgift in einer Menge, die zumindest das 25-fache der in § 12 Abs 1 SGG angeführten (großen) Menge ausmacht, aus der Schweiz aus- und nach Österreich eingeführt und durch Übergabe an Seljami D***** und Sefedin E***** in Verkehr gesetzt und dabei eingangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich dem Zollverfahren entzogen hat.
Daß der Angeklagte das Suchtgiftdelikt als Mitglied einer Bande begangen und damit die Qualifikation nach § 12 Abs 2 SGG verwirklicht hätte, wurde hingegen vom Schöffengericht - abweichend von der Anklage - nicht angenommen.
Vom Anklagevorwurf der Bandenbildung nach § 14 Abs 2 SGG wurde der Angeklagte gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Rechtliche Beurteilung
Dieses Urteil wird vom Angeklagten und von der Staatsanwaltschaft angefochten.
Während der Angeklagte die Schuldsprüche mit einer auf die Z 4, 5, 5a und 9 lit a des § 281 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft, richtet sich die Begründungsmängel (Z 5) relevierende Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Verneinung der Bandenbildung bzw der bandenmäßigen Begehungsweise und damit sowohl gegen den Freispruch vom Verbrechen nach § 14 Abs 2 SGG als auch gegen die Nichtannahme der Qualifikation nach § 12 Abs 2 SGG bzw von erschwerenden Umständen nach § 38 FinStrG. Für den Fall der Erfolglosigkeit ihrer Beschwerde wird von der Staatsanwaltschaft - zugunsten des Angeklagten - die Unzuständigkeit der Gerichte für die Ahndung des Finanzvergehens des Schmuggels geltend gemacht (Z 9 lit a).
Der Mängelrüge (Z 5) der Staatsanwaltschaft kommt schon deshalb keine Berechtigung zu, weil das Schöffengericht jene Verfahrensergebnisse, die die Beschwerdeführerin unerörtert wähnt, im Urteil ausdrücklich berücksichtigte (US 14), jedoch nicht für ausreichend erachtete, um daraus die von der Staatsanwaltschaft reklamierten Feststellungen abzuleiten. Damit kamen aber die Tatrichter ihrer Begründungspflicht in ausreichendem Umfang nach. Daß das Erstgericht die für die Bandenbildung erforderliche Anzahl von Konspiranten rechtsirrig mit vier (US 5: "..mit mindestens drei anderen") anstatt richtig mit (insgesamt) drei angenommen hat, ist im Hinblick darauf, daß auch der für die Bandenbildung essentielle Vorsatz auf fortgesetzte Begehung von (Suchtgift-)Delikten verneint wurde, weder unter dem Aspekt eines Begründungsmangels noch eines Rechtsirrtums (Z 10) von Bedeutung. Die geltend gemachte Nichtigkeit haftet daher dem Urteil nicht an.
Aber auch die gegen den Schuldspruch nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten erweist sich als unbegründet.
Soweit er sich durch die Ablehnung seines Beweisantrags auf Vernehmung des verdeckten Fahnders mit dem Decknamen "Igor" in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt sieht (Z 4), läßt er außer Acht, daß die Identität dieses Suchtgiftfahnders nicht bekanntgegeben wurde (S 323/II), weshalb die beantragte Beweisaufnahme undurchführbar war. Die Abweisung des Antrags begründet daher keinen Verfahrensmangel (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 102b).
Auch die Mängelrüge (Z 5) schlägt nicht durch. Davon, daß das in Rede stehende Suchtgift ursprünglich aus Mazedonien stammte, ist das Erstgericht ersichtlich ohnedies ausgegangen. Einer eingehenden Erörterung des Protokolls über die Telephonüberwachung vom 15. November 1994 zwischen einem Unbekannten aus Skopje und Seljamin D***** (AS 39/I) bedurfte es daher nicht, zumal die auf anderen Beweisergebnissen beruhende Feststellung, daß das Suchtgift vom Angeklagten aus der Schweiz nach Österreich eingeführt wurde (US 8, 9, 10) davon nicht tangiert wird.
Desgleichen ist aus der Aufforderung des unbekannten Anrufers, Seljami D***** möge, wenn er das Suchtgift nicht verkaufen könne, den Beschwerdeführer anrufen und ihm das Suchtgift zum Weiterverkauf übergeben, für den Angeklagten nichts gewonnen, läßt diese Passage doch offen, von wem D***** das Suchtgift erhalten hat, weshalb damit auch die Aufforderung verstanden werden könnte, das Suchtgift allenfalls an den Beschwerdeführer rückzutransferieren.
Die Heranziehung des in Grenznähe gelegenen Wohnsitzes des Beschwerdeführers stellt, als keineswegs einziges Indiz für den Transfer des Suchtgiftes aus der Schweiz nach Österreich, keine Willkür dar. Gleiches gilt für die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite in Ansehung der übergroßen Menge, denen neben der sichergestellten Suchtgiftmenge auch die "Vorgangsweise", nämlich die Übergabe nach vorangegangener Verabredung in Vorarlberg an die in Linz wohnhaften Übernehmer mit dem Anbot weiterer Lieferungen zugrundegelegt wurde. Von einer unzureichenden Begründung entscheidungswesentlicher Urteilsannahmen kann demgemäß keine Rede sein.
Mit seiner Tatsachenrüge (Z 5 a) wiederum versucht der Beschwerdeführer, die - später widerrufenen - Angaben der Zeugen Sefedin E***** und Basri D***** vor dem Landesgendarmeriekommando für Oberösterreich (und dem Untersuchungsrichter) zu erschüttern. Solcherart zeigt er indes keine aktenkundigen Beweisergebnisse auf, die zu erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der entscheidungswesentlichen Urteilsannahmen Anlaß geben könnten.
Im Recht befindet sich hingegen die Staatsanwaltschaft mit ihrer zugunsten des Angeklagten gegen den Schuldspruch wegen des Finanzvergehens des Schmuggels nach § 35 Abs 1 FinStrG ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde.
Gemäß § 53 Abs 1 lit a FinStrG ist das Gericht - außer dem hier nicht aktuellen Fall der durch den strafbestimmenden Wertbetrag begründeten Zuständigkeit - zur Ahndung von Finanzvergehen - hier jenes des tateinheitlich mit dem Suchtgiftdelikt begangenen Schmuggels nach § 35 Abs 1 FinStrG - nur bei Vorliegen von erschwerenden Umständen (§ 38 FinStrG) kompetent.
Ausgehend davon, daß der Angeklagte nach den mängelfrei getroffenen Feststellungen den ihm als Finanzvergehen zur Last fallenden Suchtgiftschmuggel weder gewerbsmäßig noch als Mitglied einer Bande begangen hat und demgemäß erschwerende Umstände im Sinne des § 38 Abs 1 FinStrG nicht angenommen wurden, ist die Ahndung dieses vor dem 1. Jänner 1995 begangenen Finanzvergehens den Gerichten entzogen. Dies übersehen zu haben räumen die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (s US 14) selbst ein. Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war daher Folge zu geben und der Angeklagte insoweit nach § 214 FinStrG freizusprechen (s RZ 1997/9).
Mit seiner allein dieses Faktum betreffenden, aus anderen Gründen erhobenen Rechtsrüge (Z 9 lit a) war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Der Strafausspruch - das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten im Hinblick auf seine Unbescholtenheit eine dreijährige Freiheitsstrafe - wird vom Angeklagten und der Staatsanwaltschaft bekämpft.
Den Berufungen kommt keine Berechtigung zu.
Soweit die Staatsanwaltschaft die Verhängung (auch) einer Geldstrafe nach § 12 Abs 5 SGG anstrebt, ist zunächst darauf Bedacht zu nehmen, daß diese (von der RVzStRÄG 1996 auch als bedenklich und überflüssig angesehene) Gesetzesstelle durch Art VII 1 des Strafrechtsänderungsgesetzes 1996, BGBl 762/96, mit Wirkung vom 1. März 1997 entfallen ist. Ihre Funktion wurde im wesentlichen durch die neugeordneten (vermögensrechtlichen) Bestimmungen im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches (Abschöpfung der Bereicherung) übernommen (s RV zum StRÄG 1996). Die Regelung des Art XI Abs 2 des StRÄG 1996 sieht ausdrücklich vor, daß nach Aufhebung eines Urteils infolge Nichtigkeitsbeschwerde, Berufung, Wiederaufnahme oder Erneuerung des Strafverfahrens oder infolge eines Einspruchs im Sinne der §§ 1, 61 StGB vorzugehen ist. Unter diesem Gesichtspunkt scheidet grundsätzlich (im erneuerten Verfahren) die abermalig, umso mehr die (wie hier) erstmalige Verhängung einer Strafe nach § 12 Abs 5 SGG nach dem 1.März 1997 aus, weil der Günstigkeitsvergleich zeigt, daß das neue Recht für den Täter milder ist.
Ungeachtet der Stichhältigkeit des unter Bezugnahme auf § 12 Abs 5 SGG erstatteten Berufungsvorbringens hätte der Oberste Gerichtshof, würde er der Auffassung der Berufungswerberin beitreten, in der Sache selbst zu entscheiden, nämlich erstmals einen (zusätzlichen) Strafausspruch zu fällen und deshalb einen Günstigkeitsvergleich zwischen alter und neuer Rechtslage anzustellen. Während nämlich nach § 12 Abs 5 SGG bei einem Schuldspruch nach § 12 Abs 1 bis Abs 4 SGG neben einer Freiheitsstrafe auf eine Geldstrafe (bis zu 1,000.000 S, in den Fällen des § 12 Abs 2 bis 4 SGG bis zu 2,000.000 S) erkannt werden konnte, die den Nutzen, den der Täter durch die strafbare Handlung erzielt hat oder erzielen wollte, übersteigen sollte, und die Verhängung der Geldstrafe unterbleiben konnte, wenn sie die Wiedereingliederung eines dem Mißbrauch eines Suchtgiftes ergebenen Verurteilten gefährden würde, ist gemäß § 20 a Abs 2 Z 3 StGB idFd StRÄG 1996 von einer Abschöpfung der aus einer Straftat gewonnenen Bereicherung auch dann, wenn sie aus präventiven Gründen geboten wäre (§ 20 a Abs 2 Z 1 StGB nF) abzusehen, wenn hiedurch das Fortkommen des Angeklagten unverhältnismäßig erschwert wäre oder den Täter unbillig hart treffen würde, insbesondere weil die Bereicherung im Zeitpunkt der Anordnung nicht mehr vorhanden ist.
Weil der Aktenlage nicht entnommen werden kann, daß der Angeklagte aus dem Verkauf des Suchtgiftes überhaupt einen entsprechenden Gewinn erzielte und damit schon die Grundvoraussetzungen für eine Maßnahme nach § 20 Abs 1 Z 1 nicht feststellbar sind, müßte von der Verhängung einer Geldstrafe jedenfalls Abstand genommen werden.
Es hatte daher beim Entfall eines derartigen Ausspruchs zu bleiben.
Aber auch zu einer Anhebung der nach § 12 Abs 3 SGG verhängten Freiheitsstrafe bestand ebensowenig Anlaß wie zu deren Reduzierung oder auch nur teilbedingten Nachsicht, zumal zusätzliche Strafzumessungsgründe von den Berufungswerbern nicht aufgezeigt werden konnten.
Die Kostenentscheidung ist in § 390 a StPO begründet.
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