OGH 11Ns22/96

OGH11Ns22/964.3.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.März 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner, Dr.Schmucker und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Sprinzel als Schriftführer, in der Strafsache gegen Mag.Dr.Rudolf G***** wegen des Vergehens der üblen Nachrede nach §§ 111 Abs 1, 117 Abs 2 StGB über den Ablehnungsantrag des Beschuldigten bezüglich sämtlicher Richter des Oberlandesgerichtes Wien nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die (pauschale) Ablehnung des Oberlandesgerichtes Wien (einschließlich seines Präsidenten) ist nicht gerechtfertigt.

Zur Entscheidung über die Ablehnung des Landesgerichtes für Strafsachen Wien werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Mag.Dr.Rudolf G***** lehnte in dem gegen ihn beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien wegen des Vergehens der üblen Nachrede nach §§ 111 Abs 1 und 117 Abs 2 StGB anhängigen Strafverfahren (sinngemäß) alle Richter des Sprengels des Oberlandesgerichtes Wien mit dem Hinweis als befangen ab, daß das ihm vorgeworfene Vergehen die üble Nachrede gegenüber dem Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Wien Dr.Ferdinand S***** betrifft.

Rechtliche Beurteilung

Über die Zulässigkeit des Ablehnungsbegehrens hat, soweit dieses die Richter des Oberlandesgerichtes Wien und seinen Präsidenten betrifft, gemäß § 74 Abs 2 StPO der Oberste Gerichtshof zu entscheiden.

Der Antrag ist nicht berechtigt.

Nach § 72 Abs 1 StPO können Richter (außer in den in den §§ 67 bis 69 StPO bezeichneten Fällen der Ausschließung) aus Gründen abgelehnt werden, die geeignet sind, die Unbefangenheit des Abgelehnten in Zweifel zu ziehen. Die Ablehnungsgründe müssen genau angegeben und nach Möglichkeit bescheinigt werden (§ 73 zweiter Satz StPO). Die Ablehnung eines gesamten Gerichtshofes ist nur dann gerechtfertigt, wenn für jedes einzelne seiner Mitglieder Umstände vorliegen, die aus objektiver Sicht zur Befürchtung Anlaß geben, der Richter könnte sich bei seiner Entscheidung aus anderen als sachlichen Überlegungen leiten lassen (EvBl 1973/326 uva).

Daraus folgt, daß Ablehnungserklärungen - nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes; vgl ua 15 Ns 17/94, 13 Ns 20/96 - immer personsbezogen sein müssen, auf eine pauschale, auf bloße Mutmaßungen gestützte Ablehnung von Richtern ohne individuellen Gehalt - wie sie hier gegen die Gesamtheit der Richterschaft aus dem Sprengel des Oberlandesgerichtes Wien vorgebracht werden - aber nicht einzugehen ist.

Der Ablehnung war daher ein Erfolg zu versagen.

Über die Ablehnung des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, zu dessen Sprengel das Bezirksgericht Innere Stadt Wien gehört, bei dem das Strafverfahren gegen den Antragsteller geführt wird, wird das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden haben.

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