Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.
Die Rechtssache wird an das Gericht zweiter Instanz zur neuerlichen Entscheidung - nach allfälliger Berufungsverhandlung - zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.
Text
Begründung
Mit Kaufvertrag vom 21.5.1992 (Beilage D) veräußerte die beklagte Partei an die klagende Partei einen in Wien 14, *****, etablierten Betrieb einer Bronzewarenerzeugung und Ziselierung und des Vertriebes dieser Waren. Mit dem in Notariatsaktsform errichteten Untermietvertrag vom 21.5.1992 (Beilage E) vermietete die beklagte Partei der klagenden Partei die im Vertrag näher bezeichneten Objekte in Wien 14, *****, gegen einen monatlichen Untermietzins von wertgesichert S 37.500,-- zuzüglich gesetzlicher USt und näher festgelegter Zinsen. In Punkt VII des Vertrages stimmte die klagende Partei als Untermieterin zu, daß dieser Notariatsakt hinsichtlich der Verpflichtung zur Bezahlung des wertgesicherten Untermietzinses zuzüglich USt und 12 % Verzugszinsen und der Räumung des Mietobjektes sofort vollstreckbar sein soll. In Punkt XIII erklärte die klagende Partei, aus zeitweiligen Störungen oder Absperrungen der Wasserzufuhr, Gebrechen an den Gas-, Licht-, Kraft- und Kanalisationsleitungen und dergleichen keine Ansprüche gegen die beklagte Partei geltend zu machen. In Punkt XIV wurde die Aufrechnung von Gegenforderungen gegen den Untermietzins ausgeschlossen.
Mit Kaufvertrag vom 21.5.1992 (Beilage 8) verkaufte Ing.Ernst H***** (der Geschäftsführer der beklagten Partei) an die klagende Partei ca 10000 Grundformen aus Bronzeguß (sogenannte Modelle) zum Kaufpreis von S 25,400.000,-- unter Eigentumsvorbehalt bis zur vollständigen Zahlung des in bestimmten Raten bis spätestens 14.4.1997 zu entrichtenden Kaufpreises.
Aufgrund des vollstreckbaren Notariatsaktes (Beilage E) bewilligte das Bezirksgericht Innere Stadt Wien der beklagten Partei zur Hereinbringung des Betrages von S 71.500,-- mit Beschluß vom 13.5.1993 zu 63 E 7592/93f und zur Hereinbringung des Betrages von S 82.500,-- mit Beschluß vom 22.7.1993 zu 63 E 7591/93h jeweils die Fahrnisexekution. Während im erstgenannten Exekutionsverfahren weder im Antrag noch in der Exekutionsbewilligung ausgesprochen wurde, welche Mietzinsperiode davon betroffen ist, wurden im zweitgenannten Antrag und der entsprechenden Exekutionsbewilligung die Mietzinse für die Monate Mai und Juni 1993 zuzüglich 10 % USt genannt.
Mit der vorliegenden Klage begehrt die klagende Partei festzustellen, daß die Ansprüche der beklagten Partei, zu deren Hereinbringung die genannten Exekutionen bewilligt worden sind, erloschen seien. Sie brachte vor, die beklagte Partei habe seit März 1993 keinen Anspruch mehr auf Bezahlung des Untermietzinses, weil sie der klagenden Partei die Benützung der gemieteten Räumlichkeiten unmöglich gemacht habe:
So habe der Geschäftsführer der beklagten Partei einen von der klagenden Partei gemieteten Raum aufbrechen lassen und daraus über 6000 der von ihm der klagenden Partei verkauften und von dieser für die Produktion unbedingt benötigten Modelle entwendet. Dieser Vorgang habe zwar durch die Intervention einer Funkstreife (der Polizei) beendet werden können, über Anordnung der Polizei seien jedoch die Modelle bis zur Klärung der Eigentumsverhältnisse sichergestellt und damit der Produktion entzogen worden. Überdies habe die beklagte Partei ungeachtet der Berechtigung der klagenden Partei zur Mitbenützung der Telefon- und Faxanlage seit März 1993 an die klagende Partei gerichtete Faxe nicht weitergeben, an sie gerichtete Telefonate umgeleitet und den Kunden der klagenden Partei unrichtige Auskünfte erteilt. Weiters habe sich herausgestellt, daß entgegen der ausdrücklichen Zusicherung für den Betriebsstandort keine Betriebsanlagengenehmigung vorhanden gewesen sei, weshalb aufgrund von Anrainerbeschwerden die Produktion seit Jänner 1993 in nur mehr sehr eingeschränktem Umfang durchgeführt habe werden können. Das Bestandrecht (wohl gemeint: -objekt) habe daher nicht mehr zum vertraglich vereinbarten Zweck verwendet werden können. Die klagende Partei habe sodann die Mietzinszahlungen unter Darlegung der Gründe gegenüber der beklagten Partei ab April 1993 eingestellt. Der exekutiv geltend gemachte Anspruch der beklagten Partei habe somit von Anfang an nicht bestanden, in einem streitigen Verfahren hätte die beklagte Partei niemals eine Grundlage (Exekutionstitel) für die Exekutionsbewilligung erhalten können. Weiters rechne die klagende Partei mit von ihr für die beklagte Partei mitgezahlten Stromkosten in Höhe von S 132.221,52, einer von der beklagten Partei vereinnahmten, nicht an sie weitergeleiteten Zahlung eines Kunden von S 3.532,80, einer nach der Räumung des Bestandobjektes im August 1993 im Mietobjekt verbliebenen Investitionsablöse in Höhe von S 150.000,-- und mit wegen der Unmöglichkeit der Benützung der Modelle eingetretenem Produktionsausfalle von S 500.000,-- auf.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, bestritt die erhobenen Einwendungen und brachte vor, die klagende Partei habe lediglich bis Februar 1993 Mietzins bezahlt; für den der klagenden Partei verkauften Betrieb habe eine Betriebsanlagengenehmigung bestanden. Die Behauptungen der klagenden Partei, Telefonate und Faxe seien nicht an sie weitergeleitet worden, seien unrichtig. Die Gegenforderungen bestünden nicht zurecht, im übrigen habe die klagende Partei das Mietobjekt bis 30.9.1993 tatsächlich benützt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte noch fest, der Geschäftsführer der beklagten Partei habe am 15.4.1993 die Tür eines Raumes, in dem die Modelle aufbewahrt wurden, deshalb aufbrechen lassen, weil an einigen Modellen Pfändungsmarken der "Bank Burgenland" angebracht worden seien. Während er Modelle in nicht feststellbarer Anzahl wegbringen lassen habe, sei die Polizei erschienen und habe sämtliche noch verbliebenen Modelle bis zur Klärung der Eigentumsfrage beschlagnahmt. Damit seien diese Modelle weder für den Geschäftsführer der beklagten Partei, noch für die klagende Partei verwendbar gewesen. Im Jahr 1988 habe für sämtliche im Bestandobjekt betriebenen Anlagen eine aufrechte und gültige Betriebsanlagengenehmigung bestanden.
Nicht festgestellt werden könne,
daß an diesem Standort bis 1994 Betriebsan-
lagen betrieben worden wären, die nicht der
Betriebsanlagebewilligung entsprochen
hätten;
ob und in welchem Umfang der Geschäfts-
führer der beklagten Partei Faxe, die an die
klagende Partei gerichtet waren, nicht weiter-
geleitet bzw seinen Mitarbeitern derartige
Anweisungen erteilt habe;
in welchem Umfang der Geschäftsführer der
beklagten Partei Telefonate, die an die klagen-
de Partei gerichtet waren, nicht an diese
weitergeleitet bzw weiterleiten lassen habe;
in welchem Umfang die beklagte Partei selbst
Strom verbraucht habe, dessen Zahlung über
einen Stromzähler erfolgt sei, aufgrund dessen
Ablesung die klagende Partei Zahlungen
leistete;
daß der Geschäftsführer der beklagten Partei
eingehende Zahlungen für die klagende Partei
nicht an diese weitergeleitet habe;
daß der klagenden Partei durch die Verbrin-
gung und Beschlagnahme der Modelle ein Ver-
lust von S 500.000,-- entstanden sei;
daß der Geschäftsführer der beklagten Partei
Aufträge, die andere Personen an die klagende
Partei richten wollten, nicht an diese weiter-
geleitet, sondern an andere Produzenten
weitergegeben habe.
In der rechtlichen Beurteilung vertrat der Erstrichter die Auffassung, die klagende Partei sei zur Aufrechnung gegen die Ansprüche der beklagten Partei nicht berechtigt, weil sie deren Forderungen (die exekutiv geltend gemachten Mietzinsforderungen) nicht anerkannt habe. Aber auch ein Mietzinsminderungsanspruch gemäß § 1096 ABGB bestehe nicht zu Recht, weil nur das Bestandobjekt betreffende Sachverhalte den Mietzins mindern könnten. Der einzige Vorwurf in dieser Richtung, daß nämlich keine gültige Betriebsanlagengenehmigung vorgelegen sei, habe sich als unrichtig erwiesen. Ein bloß unleidliches oder gar gerichtlich strafbares Verhalten des Bestandgebers (hier wohl gemeint: des Geschäftsführers der beklagten Partei), welches das Bestandobjekt nicht unbrauchbar mache, berechtige nicht zur Mietzinsminderung, sondern allenfalls zur Vertragsauflösung.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es vertrat die Rechtsansicht, die klagende Partei könne wegen des vertraglichen Aufrechnungsverbotes nicht mit Gegenforderungen gegen die betriebenen Mietzinsforderungen aufrechnen, sie habe aber auch keinen Mietzinsminderungsanspruch gemäß § 1096 ABGB, weil im Sinne der für zutreffend erachteten Rechtsauffassung des Erstrichters bloßes "unleidliches Verhalten" des Geschäftsführers der beklagten Partei als Repräsentant der Vermieterin dazu nicht hinreiche. Es sei daher ohne Bedeutung, ob der Geschäftsführer der beklagten Partei die ihm von der klagenden Partei angelasteten Handlungen, zu denen der Erstrichter trotz umfangreichen Beweisverfahrens und entsprechenden Beweisergebnissen praktisch ausnahmslos keine Feststellungen treffen konnte, tatsächlich gesetzt habe, sodaß auf die Tatsachen- und Beweisrüge nicht weiter einzugehen sei. Die Revision sei jedoch für zulässig zu erklären, weil zur Frage, inwieweit der Bestandnehmer im Falle unleidlichen Verhaltens des Bestandgebers von der Entrichtung des Zinses gemäß § 1096 ABGB befreit sei, Rechtsprechung fehle.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das zweitinstanzliche Urteil erhobene Revision der klagenden Partei ist zulässig und auch berechtigt.
Gemäß § 1096 Abs 1 ABGB ist der Bestandgeber verpflichtet, das Bestandstück im brauchbaren Zustand zu übergeben und zu erhalten und den Bestandnehmer in dem bedungenen Gebrauch oder Genusse nicht zu stören; ist das Bestandstück bei der Übergabe oder wird es während der Bestandzeit ohne Schuld des Bestandnehmers derart mangelhaft, daß es zu dem bedungenen Gebrauch nicht taugt, so ist der Bestandnehmer für die Dauer und in dem Maße der Unbrauchbarkeit von der Entrichtung des Zinses befreit.
Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung handelt es sich beim Zinsminderungsanspruch um einen Gewährleistungsanspruch eigener Art, der unabhängig von einem Verschulden des Bestandgebers sowie davon, ob die Bestandsache selbst mangelhaft ist oder der bedungene Gebrauch auf andere Weise verhindert oder gestört wird, von Beginn der Gebrauchsbeeinträchtigung bis zu deren Behebung ex lege die Zinsbefreiung(-minderung) bewirkt (SZ 63/220 mwN; WoBl 1989, 381 = Miet 41.093; Miet 29.162; 29.160 ua; Würth in Rummel**2 Rz 2 und 10 zu § 1096 mwN). Die auf diesen Anspruch gegründete Bestreitung des Zinszahlungsanspruches des Bestandgebers stellt keine Aufrechnung dar, sodaß ein vertragliches Aufrechnungsverbot insoweit dem Zinsminderunganspruch nicht entgegensteht (Miet 29.162 ua).
Bilden - wie hier - praktisch ausschließlich (das Fehlen einer Betriebsanlagengenehmigung wird im Revisionsverfahren von der klagenden Partei nicht mehr behauptet) nur Störungshandlungen des Vermieters bzw des Geschäftsführers der vermietenden GmbH die Grundlage für den erhobenen Zinsbefreiungs(-minderungs)anspruch der klagenden Partei, so können diese durchaus taugliche Zinsminderungsgründe darstellen, wenn durch diese Störungen die vertragsgemäße Benützung der Bestandsache erheblich beeinträchtigt wurde. Das Recht auf Zinsminderung ist nicht auf Fälle beschränkt, in denen die Bestandsache selbst Mängel aufweist; es steht dem Bestandnehmer auch dann zu, wenn ihm ohne Beschädigung der Sache die vertragsgemäße Benützung erschwert oder gar unmöglich gemacht wird (Miet 25.122; ZBl 1934/7; Klang in Klang**2 V 44; Würth in Rummel**2 Rz 10 zu § 1096 ABGB; Binder in Schwimann, Rz 87 zu § 1096 ABGB). Diese Voraussetzungen wurden hier von der klagenden Partei in mehrfacher Hinsicht behauptet. Das Erstgericht hat nun zwar den "Einbruch vom 15.4.1993" festgestellt, nicht aber die von den Parteien dazu widersprüchlich dargestellten Gründe und Begleitumstände. Im übrigen hat der Erstrichter eine Anzahl von negativen Feststellungen über Störungshandlungen getroffen, die von der klagenden Partei in der Berufung gegen das Ersturteil wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung, aber auch mit Mängel- und Tatsachenrügen bekämpft wurden, vom Berufungsgericht aber aufgrund seiner vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht, auf bloße Benützungsbeeinträchtigung durch den Vermieter oder Dritte könne ein Zinsminderungsanspruch nicht gegründet werden, keiner Überprüfung unterzogen wurden. Es kann aber aufgrund der oben dargelegten Rechtslage keineswegs gesagt werden, daß "unleidliches Verhalten" eines Vermieters, das sich auf den bedungenen Gebrauch des Mietobjektes hinderlich auswirkt, einen Zinsminderungsanspruch des Mieters nicht begründen könnte. Werden etwa dem Mieter von Geschäftsräumlichkeiten, der noch dazu vom Vermieter das dazugehörige Unternehmen erworben und aufgrund des Mietvertrages in den Mieträumlichkeiten weiter zu betreiben hat, vom Geschäftsführer der vermietenden Gesellschaft (oder auch ohne Bezug zur Vermieterin als Verkäufer der für die Produktion unbedingt erforderlichen Modelle) die Produktionsmittel (Modelle) unberechtigt entzogen, sodaß die Produktion nicht weitergeführt werden kann, so hat der Vermieter einen daraus abgeleiteten Zinsminderungsanspruch unabhängig davon gegen sich gelten zu lassen, ob er an dieser Malversation mitgewirkt hat, oder sie nicht abstellen kann, weil es auf sein Verschulden hier nicht ankommt. Gleiches gilt aber auch für die nach den Behauptungen der klagenden Partei vom Geschäftsführer der beklagten Partei ausgehenden Beeinträchtigungen des Geschäftsbetriebes der klagenden Partei durch die Blockade von Telefonaten, Faxen, Aufträgen usw. Es bedarf daher zu abschließenden Beurteilung des Zinsminderungseinwandes der klagenden Partei einerseits konkreter Feststellungen über den Inhalt des Modell-Kaufvertrages und dessen allfällige Verletzung durch die klagende Partei, andererseits aber auch einer Behandlung der Tatsachen- und Beweisrüge der Berufung der klagenden Partei gegen die zahlreichen negativen Feststellungen des Erstgerichtes (wobei allerdings die behauptete Geschäftsstörungshandlungen durch Abhöraktionen mangels entsprechender Behauptung in der Oppositionsklage wegen der Eventualmaxime keiner weiteren Überprüfung bedarf), weil erst dann im Lichte der dargestellten Rechtslage ein negativer Einfluß dieser Handlungen auf den vertragsgemäßen Gebrauch der Bestandsache beurteilt werden kann.
Diese Erwägungen führen zur Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache vor das Berufungsgericht, welches - nach allfälliger Berufungsverhandlung - erneut über die Berufung der beklagten Partei unter Beachtung der dargelegten Rechtsauffassung zu entscheiden haben wird.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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