OGH 5Ob2350/96s

OGH5Ob2350/96s25.2.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Baumann und Dr.Hradil als weitere Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Heinz F*****, Kunstmaler, ***** vertreten durch Dr.Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1.) Katharina G*****, Pensionistin, 2.) Karl Andreas M*****, Angestellter, und 3.) Katja M*****, Angestellte, alle *****alle vertreten durch Dr.Georg Hesz, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 2 Z 6 MRG, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 9.Juli 1996, GZ 41 R 340/96w-29, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 7. März 1996, GZ 9 Msch 45/95i-25, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur ergänzenden Verhandlung und neuen Entscheidung zurückverwiesen.

Der Antrag der Antragsgegner auf Zuspruch von Kosten anwaltlicher Vertretung im Revisionsrekursverfahren wird abgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht wies - nach vorangegangenem Verfahren vor der Schlichtungsstelle - den Antrag des Antragstellers, ihm die Zusammelegung der Wohnungen top Nr 29 und 30 im Hause *****, durch Herstellung eines Mauerdurchbruches und einer Türe zu gestatten, ab.

Das Erstgericht stellte folgenden Sachverhalt fest:

Der Antragsteller ist seit 15.10.1994 Mieter der Wohnung Nr 29 des den Antragsgegnern gehörenden Hauses *****. Hauptmieterin der in diesem Haus gelegenen Wohnung Nr 30 war bis zu deren Tod am 29.1.1989 die Mutter des Antragstellers. Ihr Nachlaß wurde zur Gänze dem Kläger eingeantwortet (3 A 84/89-10 des BG Fünfhaus [Zustellung der EU an den Antragsteller am 27.4.1989]). Nach dem Tod der Mutter des Antragstellers wurde dieser von den Antragsgegnern zweimal aufgefordert, die von ihm mitverwendete Wohnung top Nr 30 zu räumen. Im Jahre 1989 wurde in einem Gespräch zwischen der Erstantragsgegnerin und dem Antragsteller besprochen, daß im Zuge der durchzuführenden Sockelsanierung des Hauses eine Zusammenlegung der Wohnungen Nr 29 und 30 erfolgen und dann ein Mietvertrag über beide Wohnungen zwischen den Streitteilen abgeschlossen werden solle. In der Folge wurde jedoch die in Aussicht genommene Sockelsanierung nicht durchgeführt. Der Antragsteller durchbrach im Jahre 1990 die zwischen den Wohnungen Nr 29 und 30 befindliche Mauer zur Schaffung eines Türdurchganges, ohne vorher die Genehmigung der Antragsgegner eingeholt zu haben. Dieser Mauerdurchbruch wurde in der Zwischenzeit wieder geschlossen. In der Natur sind die Wohnungen Nr 29 und 30 deutlich getrennte und unabhängig voneinander vom Gang aus erreichbare Wohneinheiten. Ein Mietvertrag über die Wohnung Nr 30 wurde zwischen den Antragsgegnern und dem Antragsteller niemals abgeschlossen.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß eine Zusammenlegung der Wohnungen Nr 29 und 30 mangels einheitlichen Mietobjektes nicht zulässig sei. § 9 MRG decke nur Veränderungen im Umfang eines bestehenden Mietobjektes. Der Antragsteller sei mangels dringenden Wohnbedürfnisses in das Mietrecht seiner Mutter an der Wohnung Nr 30 nicht nach § 14 MRG eingetreten. Das Gericht sei diesbezüglich an die zu 6 C 552/91v-5 mit rechtskräftigem Urteil geklärten Hauptfrage (Abweisung einer Exszindierungsklage des Antragstellers) gebunden.

Das Rekursgericht bestätigte den Sachbeschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Das Rekursgericht begründete seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt:

Dem Antragsteller sei zuzugestehen, daß seine zu 6 C 552/91v des Erstgerichtes eingebrachte Exszindierungsklage deshalb keinen Erfolg gehabt habe, weil sich nach der Einantwortung das Verfahren auf zwangsweise Räumung gegen ihn selbst als verpflichtete Partei gerichtet habe und er somit nicht als dritte Person im Sinne des § 37 Abs 1 EO anzusehen war. Entgegen der Meinung des Antragstellers hätte aber das Erstgericht die Frage seines Eintrittsrechtes in das Mietrecht seiner Mutter an der Wohnung Nr 30 nicht neuerlich aufzurollen gehabt. Wie sich nämlich aus dem Vorprozeß ergäbe, habe der Antragsteller, welcher in der ihm zugestellten Aufkündigung bloß mangelhaft bezeichnet worden sei (nämlich als Verlassenschaft nach Anna Frank, vertreten durch den Antragsteller als erbserklärten Erben), gegen diese keine Einwendungen erhoben, so daß diese Aufkündigung als Exekutionstitel anzusehen sei. Habe aber der Antragsteller im Kündigungsverfahren den einzig möglichen Rechtsbehelf, nämlich die Erhebung von Einwendungen, nicht ergriffen, müsse es ihm verwehrt sein, im Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 6 MRG die Frage seiner Eintrittsberechtigung aufzuwerfen, als läge kein wirksamer Exekutionstitel vor.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil das Rekursgericht im Hinblick auf die klare Rechtslage eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht habe lösen müssen.

Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der ao Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem erkennbaren primären Begehren, den angefochtenen Sachbeschluß in antragsstattgebendem Sinn abzuändern; hilfsweise wurden Aufhebungsanträge gestellt.

Die Antragsgegner verneinen in ihrer Rechtsmittelbeantwortung das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage und begehren, dem Revisionsrekurs des Antragstellers nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

a) Zur Zulässigkeit:

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Vorinstanzen bezüglich des Bestehens eines Mietrechtes des Antragstellers an der früher von seiner Mutter gemieteten Wohnung Nr 30 die Rechtslage verkannten.

b) Zum Aufhebungsbeschluß:

Wie sich aus dem am 29.6.1994 im Verfahren erster Instanz verlesenen Akt 6 C 261/94 (= 6 K 160/90) des Erstgerichtes ergibt, war bereits zu diesem Zeitpunkt die Aufkündigung gegen die Verlassenschaft nach der Mutter des Antragstellers, zugestellt dem Antragsteller als erbserklärten Erben, dem die Verlassenschaft am 17.4.1989 eingeantwortet worden war, als rechtsunwirksam aufgehoben gewesen (ON 9). Daraus folgt, daß der Antragsteller sowohl Mieter der Wohnung Nr 29 (kraft eigenen Mietvertrages mit den Hauseigentümern) und der daneben liegenden Wohnung Nr 30 war, und zwar jedenfalls kraft Mietrechtsüberganges nach § 1116a ABGB, selbst wenn ihm kein Eintrittsrecht nach § 14 MRG zustand. Auf die Frage des Eintrittsrechtes kommt es daher in dem Verfahren auf Gestattung von Änderungen nach § 9 MRG nicht an.

Aus dem bisher Gesagten folgt, daß der von den Vorinstanzen gebrauchte Abweisungsgrund, es würde durch die geplante Änderung der Umfang des Mietobjektes des Antragstellers in unzulässiger Weise geändert, in dieser allgemeinen Form nicht zutrifft.

Handelt es sich nämlich - wie hier - darum, daß dem Mieter Änderungen zweier von ihm gemieteter Objekte durch tatsächliche Zusammenlegung gestattet werden sollen, so ist von der in der Entscheidung WoBl 1992, 125/91 geäußerten Rechtsansicht auszugehen, daß dies dann in Erwägung gezogen werden könnte, wenn es sich bei beiden Mietobjekten um eine wirtschaftliche Einheit handelt. Die festgestelltermaßen erfolgte Mitbenützung der Wohnung Nr 30 durch den Antragsteller als Mieter der Wohnung Nr 29 schließt eine solche wirtschaftliche Einheit von vornherein nicht aus. Weitere Indizien für das Bestehen einer wirtschaftlichen Einheit der beiden Mietgegenstände könnten in der bisher nicht im einzelnen festgestellten verschiedenen Ausstattung der beiden Wohnungen (Kategorie C bzw Kategorie D) gelegen sein. Sollten daher die beiden vom Antragsteller gemieteten Mietobjekte eine wirtschaftliche Einheit im Sinne der genannten Entscheidung darstellen, so stünde nach dem bisherigen Verfahrensstand der tatsächlichen Zusammenlegung durch Herstellung eines Durchganges zwischen diesen beiden Wohnungen kein Hindernis entgegen. Freilich würde dies nichts daran ändern, daß es sich rechtlich weiterhin um zwei selbständige Mietobjekte handelt, auf die im übrigen die gesetzlichen Bestimmungen (zB bezüglich Mietzinsbildung und Kündigung) jeweils selbständig anzuwenden sind.

Sollte aber eine wirtschaftliche Einheit der beiden Mietobjekte im Sinne der Entscheidung WoBl 1992, 125/91 nicht gegeben sein, so stünde dies der Schaffung eines Durchganges von dem einen Mietobjekt in das andere auch nicht entgegen, weil es sich dabei jeweils nur um eine Änderung sowohl des einen als auch des anderen Mietobjektes handelt, also um eine jeweils in einem Mietobjekt des Antragstellers durchgeführte Änderung, nämlich der Anbringung einer Öffnung (= Schaffung eines Durchganges), ohne daß es sich dabei um eine "Zusammenlegung" der Wohnungen handelt.

Da nach der Aktenlage die Voraussetzungen des § 9 Abs 1 Z 1 bis 7 MRG für die vom Antragsteller beabsichtigte Veränderung, nämlich die Herstellung eines Türdurchbruches, gegeben sind, ist die Aufhebung der Sachbeschlüsse der Vorinstanzen nur deswegen erforderlich, weil bisher nicht erörtert wurde, ob der Vermieter die Wiederherstellung des früheren Zustandes bei Zurückstellung auch nur eines der Mietgegenstände begehrt.

In Stattgebung des Revisionsrekurses des Antragstellers waren die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

Die Entscheidung über die von den Antragsgegnern verzeichneten Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG. Ein Zuspruch der bloß verzeichneten Kosten anwaltlicher Vertretung könnte nur in Betracht kommen, wenn diese vom Antragsteller mutwillig durch die Stellung nicht gerechtfertigter Anträge verursacht worden wäre. Eine solche Annahme wird schon durch den Erfolg des Revisionsrekurs ausgeschlossen.

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