OGH 4Ob2399/96i

OGH4Ob2399/96i25.2.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei "t***** GmbH & Co KG, ***** vertreten durch Kammerlander, Piaty & Partner, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagten Parteien 1.) M***** GmbH & Co KG und 2.) M***** GmbH, beide *****, vertreten durch Dr.Ewald Weiss, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisiorialverfahren S 480.000,--), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 13.November 1996, GZ 6 R 46/96w-9, womit die einstweilige Verfügung des Handelsgerichtes Wien vom 10.Juli 1996, GZ 38 Cg 38/96s-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung - unter Einschluß der bestätigten Aussprüche - insgesamt wie folgt zu lauten hat:

"Einstweilige Verfügung:

Den beklagten Parteien wird bei Exekution verboten, im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs

lit a: die von der Klägerin herausgegebene Zeitschrift "tele" in Werbevergleichen mit der "Fernseh- und Radiowoche" durch fotografische oder sonst bildliche Darstellungen, und zwar durch die Darstellung von zwei Krügen Bier, wovon einer lediglich zur Hälfte mit abgestandenem Bier gefüllt und mit "tele" bezeichnet ist, der andere mit frischem, schaumgekröntem Bier mit der Bezeichnung "Fernseh- und Radiowoche", oder durch die Gegenüberstellung von zwei Fotokameras, wovon eine eine "Einmal- oder Wegwerfkamera" ist und die Aufschrift "tele" trägt, die andere eine hochpreisige moderne Qualitätskamera und die Aufschrift "Radio- und Fernsehwoche" trägt, oder durch die Gegenüberstellung eines Paares Kinderschuhe mit der Bezeichnung "tele" mit einem Paar moderner Sportschuhe für Erwachsene mit der Überschrift "Fernseh- und Radiowoche", oder sonst durch bildliche oder sonstige Darstellungen ähnlichen Inhalts herabzusetzen;

lit b: die Zeitschrift der klagenden Partei "tele" und deren Leistungen dadurch, daß behauptet wird, die Insertion in "tele" sei "eine halbe Sache", eine "Fehlinvestition" oder seine Leistungen seien "abgestanden" oder "etwas unterbelichtet" oder "tele" sei "etwas in den Kinderschuhen", oder durch Äußerungen ähnlichen Inhalts herabzusetzen.

Das auf ein Verbot herabsetzender vergleichender Werbung durch fotografische oder sonst bildliche Darstellungen schlechthin gerichtete Sicherungsmehrbegehren wird abgewiesen."

Die klagende Partei hat die Kosten des Provisorialverfahrens aller drei Instanzen vorläufig selbst zu tragen, die beklagte Partei hingegen endgültig.

Text

Begründung

Die Klägerin ist Medieninhaberin der Fernsehzeitschrift "tele". Die Erstbeklagte legt ihren Tageszeitungen "Neue Kronen-Zeitung", "Kurier" und "Kärntner Tageszeitung" einmal wöchentlich die "Fernseh- und Radiowoche" bei. Die Zweitbeklagte ist die persönlich haftende Gesellschafterin der Erstbeklagten.

Am 19.4.1996 erschien in der Zeitschrift "Horizont" folgende Anzeige:

Am 20.4.1996 erschien in der Zeitschrift "Wirtschaftsblatt" eine Anzeige nachstehenden Inhalts:

In der Ausgabe der Zeitschrift "Horizont" vom 26.4.1996 sowie in der Ausgabe der Zeitschrift "Intern" vom 30.4.1996 erschien nachfolgende Anzeige:

Am 3.5.1996 wurde in der Zeitschrift "Horizont", am 23.4.1996 in der Zeitschrift "Intern" folgendes Inserat veröffentlicht:

Die in diesen Anzeigen der Beklagten wiedergegebenen Reichweitenziffern gründen sich auf die Media-Analyse 1995, welche die Leserzahlen einzelner Medien erforscht, so auch der Fernsehzeitschrift bzw der Fernsehbeilage der Streitteile.

Daneben gibt es auch eine weitere Reichweitenerhebungsmethode. Bei dieser werden Testpersonen nach der Tageszeitung gefragt, in der die entsprechende Fersehbeilage enthalten ist. Deren Reichweiten werde dann aus den Reichweiten der Trägerzeitungen errechnet. Schließlich gibt es auch noch die bloße Auflagenkontrolle; an dieser Kontrolle nehmen die Beklagten mit ihren Medien nicht teil.

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragt die Klägerin, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs zu verbieten,

lit a: durch fotografische oder sonst bildliche Darstellung im Rahmen vergleichender Werbung mit der "Fernseh- und Radiowoche" die von der klagenden Partei herausgegebene Zeitschrift "tele" herabzusetzen, insbesondere durch Darstellung von zwei Krügen Bier, wovon einer lediglich zur Hälfte mit abgestandenem Bier gefüllt ist und mit "tele" bezeichnet ist, der andere mit frischem, schaumgekröntem Bier mit der Bezeichnung "Fernseh- und Radiowoche" oder weiters durch Gegenüberstellung von zwei Fotokameras, wobei eine eine "Einmal- oder Wegwerfkamera" aus Pappendeckel ist und die Aufschrift "tele" trägt, währenddem die andere eine hochpreisige, moderne Qualitätskamera ist und die Aufschrift "Fernseh- und Radiowoche" trägt, oder durch Gegenüberstellung eines Paares Kinderschuhe mit der Bezeichnung "tele" mit einen Paar moderner Sportschuhe für Erwachsene mit der Aufschrift "Ferseh- und Radiowoche" sowie durch bildliche oder sonstige Darstellung ähnlichen Inhalts;

lit b: die Zeitschrift der klagenden Partei "tele" und deren Leistungen dadurch herabzusetzen, daß behauptet wird, die Insertion in "tele" sei "eine halbe Sache", eine "Fehlinvestition" oder seine Leistungen seien "abgestanden" oder "etwas unterbelichtet" oder "tele" sei "etwas in den Kinderschuhen" oder durch Äußerungen ähnlichen Inhalts.

Durch die bildlichen Darstellungen in den Inseraten und die darin aufgenommenen Texte werde die Fernsehzeitschrift der Klägerin pauschal herabgesetzt. Darüberhinaus sei der von den Beklagten in den beanstandeten Anzeigen verwendete 1000-Leserpreis aus der Mediaanalyse 1995 zum Zeitpunkt des Werbevergleichs nicht mehr aktuell gewesen, sodaß die beanstandeten Zahlenangaben auch unrichtig seien und gegen § 2 UWG verstießen.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Sicherungsantrages. Die in ihren Werbeeinschaltungen verwendeten Vergleichszahlen basierten auf den Ergebnissen der damals aktuellen Mediaanalyse 1995 und seien daher richtig. Für die Werbewirtschaft sei das Resultat einer Mediaanalyse solang ausschlaggebend, bis Daten einer neuen Analyse veröffentlicht würden. Dazwischen liegende Schwankungen würden nicht berücksichtigt. In den beanstandeten Anzeigen seien lediglich die Vorzüge des Mediums der Beklagten für die Werbewirtschaft anhand objekt überprüfbarer Daten in witziger und plakatativer Weise dargestellt worden. Von einer pauschalen und sachlich unbegründeten Herabsetzung des Mediums der Klägerin könne keine Rede sein.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Sowohl mit der Wahl der bildlichen Darstellungen als auch mit einigen im Text enthaltenen Worten sei die Zeitschrift der Klägerin unsachlich herabgesetzt worden. Unter diesen Umständen sei eine wenngleich wahre kritische vergleichende Werbung sittenwidrig. Auf die behauptete Unwahrheit der Reichweitenangaben in den Inseraten sei (mangels Erhebung eines einen Verstoß gegen § 2 UWG erfassenden Begehrens) nicht einzugehen gewesen.

Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß des Erstgerichts und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Eine Preisgegenüberstellung, aber auch jedes andere wahrheitsgemäße Herausstellen der eigenen besseren Leistung im Wege ihrer Gegenüberstellung mit der schlechteren Leistung namentlich genannter Mitbewerber anhand objektiv überprüfbarer Daten sei seit der UWG-Novelle 1988 zulässig. Enthalte ein solcher Werbevergleich aber unsachliche Angaben oder unnötige Herabsetzungen der Leistungen eines Mitbewerbers, dann verstoße er gegen § 1 UWG. Das gelte insbesondere für Werbevergleiche, die durch Pauschalabwertungen, unnötige Bloßstellungen oder aggressive Tendenzen das Sachlichkeitsgebot verletzten. Die in den beanstandeten Inseraten enthaltenen bildlichen Darstellungen und Beschreibungen der Leistungsfähigkeit der Fersehzeitschrift der Klägerin drückten nicht nur einen Qualitätsvorsprung der Fernsehbeilage der Beklagten in bezug auf ihre Reichweite aus, sondern brächten auch eine qualitative Unzulänglichkeit des Mediums der Klägerin zum Ausdruck.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von den Beklagten erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Fassung des Spruches der einstweiligen Verfügung nicht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entspricht; er ist auch teilweise berechtigt.

Nach der zur Zulässigkeit vergleichender Werbung nach der UWG-Novelle 1988 ergangenen Rechtsprechung verstößt ein Werbevergleich, der durch Pauschalabwertungen, unnötiges Bloßstellen oder aggressive Tendenzen das Gebot der Sachlichkeit verletzt, weiterhin gegen § 1 UWG

(SZ63/108 = ÖBl 1990, 154 - Media-Analyse 1988; ÖBl 1991, 71 -

tele-Wien; SZ 68/89 = ÖBl 1996, 28 - Teure Schilling 185 uva). Danach

kann nicht zweifelhaft sein, daß die beanstandeten Werbeanzeigen der Beklagten sowohl in ihren Bildteilen als auch durch einzelne Textstellen das Gebot der Sachlichkeit verletzen. Wird die Fernsehbeilage der Beklagten als frisch - und voll eingeschenktes, die Fernsehzeitschrift der Klägerin jedoch als mit abgestandem Bier nur halb gefülltes Bierglas dargestellt, dann wird dadurch der pauschal herabsetzende Eindruck erweckt, daß die Qualität der Zeitschrift der Klägerin mit abgestandem Bier vergleichbar sei. Diese Aussage enthält der Begleittext des Inserats vom 19.4.1996 in der Zeitschrift "Horizont" auch ausdrücklich. Auch die Überschrift "Halbe Sachen sind nicht unser Bier" zum Inserat vom 20.4.1996 in der Zeitschrift "Wirtschaftsblatt" setzt das Druckerzeugnis der Klägerin pauschal herab. Das Gleichsetzen der Fersehzeitschrift der Klägerin mit einer Einmal- oder Wegwerf-Kamera und das Gegenüberstellen der Fernsehbeilage der Beklagten, dargestellt als hochqualifizierte Kamera, vermittelt ebenfalls in pauschaler Weise den Eindruck, daß die Zeitschrift der Klägerin qualitativ wesentlich schlechter sei.

Die Ausführungen im Text der Inserate "etwas unterbelichtet:

"tele....." in der Zeitschrift "Horizont" vom 26.4.1996 sowie in der Zeitschrift "Intern" vom 30.4.1996, wird ebenfalls als herabsetzend empfunden. Schließlich ist auch das Gegenüberstellen eines Kindersportschuhes als Darstellung der Zeitschrift der Klägerin und eines Sportschuhes für Erwachsene als Darstellung für die Fernsehbeilage der Beklagten als solche Herabsetzung anzusehen. Die Angabe "etwas in den Kinderschuhen: tele...." in den Inseraten vom 3.5.1996 in der Zeitschrift "Horizont" und vom 23.4.1996 in der Zeitschrift "Intern" entspricht der gleichen Tendenz des Werbevergleichs, die Leistungen der Zeitschrift der Klägerin pauschal herabzusetzen und lächerlich zu machen. Mit Recht haben daher die Vorinstanzen einen Verstoß gegen § 1 UWG angenommen. Der im Revisionsrekurs vertretenen Auffassung, daß damit nur in sachlicher Weise auf die unterschiedliche Verbreitung der Medien der Streitteile hingewiesen worden sei, kann daher nicht beigepflichtet werden. Die beanstandeten pauschalen Herabsetzungen können auch nicht als zulässiger Abwehrvergleich angesehen werden, weil aus ihnen gar nicht erkennbar ist, daß damit ein vorausgegangener, im geschäftlichen Verkehr bekanntgewordener Wettbewerbsverstoß eines Mitbewerbers abgewehrt werden soll. Das ist aber Voraussetzung eines zulässigen Abwehr- oder Aufklärungsvergleichs (ÖBl 1986, 42 - Media-Analyse-Zeitungswerbung; 4 Ob 2283/96f).

Im Recht ist der Revisionsrekurs jedoch insoweit, als er die Fassung des Verbots lit a bekämpft. Der durch herabsetzende Äußerungen Betroffene hat nach der Rechtsprechung (ÖBl 1990, 18 - Mafiaprint; ÖBl 1991, 105 - Hundertwasser-Pickerln II ua) nur Anspruch auf Unterlassung der konkreten Äußerung und ähnlicher Äußerungen. Das auf herabsetzende Werbung schlechthin gerichtete Verbot, in dem die beanstandeten Äußerungen nur beispielsweise angeführt werden, ist zu weit. Wie der erkennende Senat in seiner Entscheidung 4 Ob 2283/96f bereits ausgeführt hat, ist eine solche Beschränkung des Verbots auch bei einem Werbevergleich mit herabsetzender Tendenz schon deshalb gerechtfertigt, weil eine in eine bestimmte Richtung zielende herabsetzende Behauptung regelmäßig nicht die Befürchtung rechtfertigt, der Beklagte werde, um das gegen ihn erlassene Verbot zu umgehen, eine herabsetzende Äußerung ganz anderen Inhalts aufstellen oder bildlich darstellen.

Demnach war dem Revisionsrekurs der Beklagten insoweit Folge zu geben, als ihnen zwar Werbevergleiche der konkret beanstandeten Art und ähnliche Vergleiche zu verbieten waren, der auf herabsetzende Werbevergleiche schlechthin gerichtete Teil des Verbotsantrags lit a jedoch abzuweisen war.

Die Entscheidung über die Kosten des Provisorialverfahrens aller drei Instanzen beruht, soweit sie die Klägerin betrifft, auf § 393 Abs 1 EO, soweit sie die Kosten der Beklagten betrifft auf §§ 78, 402 EO, §§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO. Im Hinblick auf den geringen Unterschied zwischen dem Umfang des Sicherungsantrages und dem des gerichtlichen Verbots ist ein Ausmaß des Unterliegens der Klägerin ziffernmäßig nicht erfaßbar.

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