OGH 9ObA20/97z

OGH9ObA20/97z12.2.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr.Hradil sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Friedrich Stefan und Dr.Michaela Windischgrätz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Klaus S*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Hanns Forcher-Mayr, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Uwe G*****, Rechtsanwalt, als Konkursverwalter im Konkurs über das Vermögen der S***** GesmbH *****, vertreten durch Dr.Wilhelm Steidl und Dr.Harald Burmann, Rechtsanwälte OEG in Innsbruck, wegen Feststellung einer Konkursforderung (Streitwert S 245.211,68; Revisionsinteresse S 106.194,18), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 3.September 1996, GZ 15 Ra 105/96w-30, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Endurteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 10.März 1996, GZ 42 Cga 14/95w-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S

7.605 (darin S 1.267,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob die Entlassung des Klägers berechtigt war, zutreffend bejaht. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers entgegenzuhalten, daß er damit im wesentlichen seine Beweisrüge in der Berufung wiederholt und nicht von den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen ausgeht. Nach diesen bestand der Zweck des weisungswidrigen Verhaltens des Klägers nicht in der Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit der von ihm geleiteten österreichischen Niederlassung seiner deutschen Dienstgeberin, sondern einzig darin, durch Ausgleich des Kontos bei einer österreichischen Bank, die auch seine Hausbank war, seine Reputation im Hinblick auf geplante private Geschäfte nicht zu gefährden (Seite 149, 151, 159). Obschon dem Kläger zuzubilligen ist, über den genauen Inhalt und die Folgen einer Sequestration nach deutschem Konkursrecht nicht informiert gewesen zu sein, konnte er aufgrund der ausdrücklichen Anordnung des Sequesters seiner Dienstgeberin, Zahlungen nur auf das Sequesterkonto in Deutschland zuzulassen, unschwer annehmen, daß ein berechtigtes Dienstgeberinteresse daran bestand, dem Sequester den alleinigen Zugriff auf eingehende Zahlungen zu ermöglichen.

Nach § 27 Z 1 3.Tatbestand AngG ist es als wichtiger Grund, der den Dienstgeber zur vorzeitigen Entlassung des Angestellten berechtigt, anzusehen, wenn sich dieser einer Handlung schuldig macht, die ihn des Vertrauens des Dienstgebers unwürdig erscheinen läßt. Bei diesem Entlassungsgrund kommt es nicht darauf an, daß der Dienstgeber tatsächlich geschädigt wurde, sondern darauf, ob für den Dienstgeber vom Standpunkt vernünftigen kaufmännischen Ermessens die gerechtfertigte Befürchtung bestand, daß seine Interessen und Belange durch den Angestellten gefährdet sind (IndS 1978 H 1 1077; Martinek/M.Schwarz/W.Schwarz, AngG7 Erl 12 zu § 27). Darauf, ob der Dienstnehmer einen Nutzen hatte oder aus Gefälligkeit handelte, kommt es nicht an (IndS 1978 H 1, 1077). An das Verhalten eines Angestellten in gehobener Stellung, wie sie auch dem Kläger zukam, ist ein strengerer Maßstab anzulegen als an das eines mit untergeordneten Tätigkeiten betrauten Dienstnehmers (WBl 1987, 281, ecolex 1991, 324). Der Angestellte, der zum Träger fremder betrieblicher oder geschäftlicher Interessen geworden ist, ist verpflichtet, diese Interessen seines Arbeitgebers wahrzunehmen und alles zu unterlassen, was diese Interessen zu gefährden geeignet ist (RdW 1992, 249). Durch sein Verhalten verletzte der Kläger die Interessen des Dienstgebers so schwer, daß diesem eine weitere Zusammenarbeit auch nicht für die Zeit der Kündigungsfrist zugemutet werden konnte (RdW 1986, 250). Der Entlassungsgrund des § 27 Z 1

3. Fall AngG ist somit erfüllt.

Das Berufungsgericht hat entgegen der Ansicht des Revisionswerbers auch die Frage der Rechtzeitigkeit der Entlassung zutreffend beantwortet. Die vorzeitige Entlassung eines Arbeitnehmers muß bei sonstiger Verwirkung des Entlassungsrechtes unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Zögern, ausgesprochen werden; der Arbeitgeber darf mit der Ausübung des Entlassungsrechtes nicht wider Treu und Glauben solange zuwarten, daß der Arbeitnehmer aus seinem Zögern auf einen Verzicht des Arbeitgebers auf die Geltendmachung der Entlassungsgründe schließen könnte. Dieser Grundsatz - welchem der Gedanke zugrunde liegt, daß ein Arbeitgeber, der eine ihm bekanntgewordene Verfehlung des Arbeitnehmers nicht sofort mit der Entlassung beantwortet, die Weiterbeschäftigung dieses Arbeitnehmers offenbar nicht als unzumutbar ansieht - darf jedoch nicht überspannt werden. Ob eine Entlassung rechtzeitig ausgesprochen wurde oder nicht, kann vielmehr nur aufgrund der Umstände des Einzelfalles richtig beurteilt werden (Arb 9606, Arb 10.445, RdW 1988, 52). Da im vorliegenden Fall der Entlassungsgrund nicht offenkundig war (DRdA 1984, 233 ua), durfte der Kläger, dem erkennbar war, daß sein pflichtwidriges Verhalten erst bei Sichtung umfangreicher Unterlagen zutage treten könnte, nicht auf einen Verzicht des Dienstgebers auf das Entlassungsrecht schließen. Da die Vorinstanzen nicht genau feststellen konnten, wann die Kenntnisnahme durch den für den Dienstgeber bestellten Sequester erfolgt ist ("vermutlich noch vor Konkurseröffnung am 15.4.1994" - Seite 151), steht auch nicht fest, daß die Entlassung vom 20.4.1994 keine unverzügliche war.

Die Entlassung des Klägers war daher berechtigt und wirksam.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO begründet.

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