OGH 13Os178/96

OGH13Os178/9612.2.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Februar 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Ebner, Dr.Rouschal und Dr.Habl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Miljevic als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Mirjana P***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Mirjana P***** sowie über die Berufung des Angeklagten Nedzad J***** gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 5.September 1996, GZ 30 b Vr 4.733/96-89, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Jerabek, und der Verteidiger Mag.Kellner und Dr.Diwok, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung der Angeklagten Mirjana P***** wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 3 (drei) Jahre herabgesetzt.

Der Berufung des Angeklagten Nedzad J***** wird nicht Folge gegeben.

Den Angeklagen fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil, das auch einen rechtskräftigen Schuldspruch des Mitangeklagten Kamco I***** enthält, wurden Mirjana P***** des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und Nedzad J***** des Verbrechens des versuchten schweren Raubes als Beteiligter nach §§ 12 zweiter Fall, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt und zu Freiheitsstrafen von vier (P*****) und zehn Jahren (J*****) verurteilt.

Darnach haben am 4.April 1996 in Wien

A) Mirjana P***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben unter Verwendung einer Waffe Angestellten der Ersten Österreichischen Spar-Casse fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld in der Höhe von rund 1,450.000 S mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem sie eine Gaspistole gegen den Bankkassier Michael F***** richtete und diesen durch Vorlage eines Zettels, auf welchem "Überfall" stand, aufforderte, das im Kassenraum verwahrte Bargeld herauszugeben;

B) Nedzad J***** die Mirjana P***** zur Ausführung der unter A

angeführten Tat bestimmt, indem er sie dazu anstiftete, mit ihr die genaue Tatausführung einstudierte, ihr die notwendigen Utensilien, darunter auch die Gaspistole übergab und mit ihr die Handhabung dieser Waffe übte.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf Z 6 und 8 des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Mirjana P*****, welche ebenso wie Nedzad J***** auch den Strafausspruch mit Berufung anficht.

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Eine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung (Z 6) erblickt die Beschwerdeführerin in dem Umstand, daß den Geschworenen keine Zusatzfrage "in Richtung Rücktritt vom Versuch" gestellt wurde.

Voraussetzung für die Stellung einer Zusatzfrage ist gemäß § 313 StPO, daß in der Hauptverhandlung Tatsachen vorgebracht werden, die - wenn sie als erwiesen angenommen werden - die Strafbarkeit ausschließen oder aufheben würden. Grundlage für eine Zusatzfrage kann demnach immer nur ein tatsächliches Substrat, nicht jedoch jede abstrakt denkbare Möglichkeit sein.

Die Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung - entgegen ihrem grundsätzlichen Schuldbekenntnis (S 466/I) - damit verantwortet, daß sie den Überfall nicht ausführen wollte. Sie sei nur in die Bank hineingegangen, um auf die Polizei zu warten, damit sie verhaftet werde (S 475, 476/I).

Der in dieser Einlassung gelegenen Bestreitung des Raubvorsatzes, dessen Mangel auch einen (Vollendungsvorsatz voraussetzenden) Versuch des Deliktes - und demzufolge eine auf den Rücktritt hievon gerichtete Zusatzfrage - ausschließen würde, ist entgegenzuhalten, daß die Geschworenen den auf die Begehung des Raubes zielenden Vorsatz der Angeklagten durch die Bejahung der Hauptfrage A ausdrücklich angenommen haben.

Für einen strafbefreienden Rücktritt von dem im Wahrspruch festgestellten Raubversuch ist aber Freiwilligkeit erforderlich. Dafür sind in der Hauptverhandlung jedoch keine Anhaltspunkte vorgebracht worden; hat doch die Beschwerdeführerin einen Zettel mit der Aufschrift "Überfall" auf das Kassenpult gelegt, eine Gaspistole gezogen und damit den Kassierer bedroht. Erst durch die Flucht der Bankangestellten aus dem Geschäftslokal und das Eintreffen der Polizei, somit nicht aus autonomen Motiven der Angeklagten, unterblieb die Ausübung des Raubes.

Weil damit ein (freiwilliger) Rücktritt vom Versuch nach den Verfahrensergebnissen nicht indiziert ist, war die Stellung einer diesbezüglichen Zusatzfrage nicht geboten.

Entgegen der Instruktionsrüge (Z 8) enthält die den Geschworenen schriftlich erteilte Rechtsbelehrung sehr wohl ausreichende Ausführungen darüber, daß auch beim Versuch der Vorsatz auf Vollendung der Tat gerichtet sein muß (Blatt 10 der Rechtsbelehrung). Diese in der Beschwerde zitierte Belehrung findet sich unter den Ausführungen zum Versuch und ist eindeutig auf diesen bezogen. Demgemäß liegt eine Unvollständigkeit der Rechtsbelehrung, die zu einer Beirrung der Laienrichter hätte führen können, nicht vor.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Die Berufung der Mirjana P***** ist begründet.

Die für die Bemessung der über Mirjana P***** verhängten Strafe maßgebenden Milderungsumstände, die - zumal ihnen kein Erschwerungsgrund gegenübersteht - auch für die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes von ausschlaggebender Bedeutung waren, wurden vom Geschworenengericht im wesentlichen richtig angeführt. Sie sind allerdings, worauf die Berufungswerberin zutreffend verweist, noch dahin zu ergänzen, daß sie die Tat unter dem bestimmenden Einfluß des Mitangeklagten J***** begangen hat (§ 34 Z 4 StGB). Daß die Angeklagte von der mitgeführten - und jedenfalls als Drohmittel eingesetzten - Waffe keinen darüber hinausgehenden Gebrauch machte, stellt dagegen keinen Milderungsgrund dar. Die solcherart korrigierten Strafzumessungsgründe rechtfertigen eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe auf drei Jahre.

Der Angeklagte Nedzad J***** vermochte zusätzliche Milderungsgründe nicht aufzuzeigen. So wurde dem Berufungswerber das Geständnis (§ 34 Z 17 StGB) schon deshalb zugutegehalten, weil es zur Wahrheitsfindung beigetragen hatte, weshalb eine damit zusammentreffende Reumütigkeit nicht mehr ins Gewicht fällt. Der Abstandnahme von Schadenszufügung kommt im Hinblick darauf, daß es beim Versuch geblieben ist, keine eigenständige Bedeutung zu (§ 34 Z 13 StGB). Dies gilt auch für den Umstand, daß der Angeklagte nicht geflohen ist, kommt doch mildernde Wirkung nur in Betracht, wenn sich der Täter selbst gestellt hat (§ 34 Z 16 StGB).

Seiner Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung ist in § 390 a StPO begründet.

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