OGH 10ObS2458/96k

OGH10ObS2458/96k4.2.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr.Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Gabriele Griehsel (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Ulrike Legner (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Wolfgang D*****, Angstellter,***** vertreten durch Dr.Peter Rudeck und Dr.Gerhard Schlager, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Adalbert-Stifter-Straße 65, 1200 Wien, vertreten durch Dr.Vera Kremslehner, Dr.Josef Milchram und Dr.Anton Ehm, Rechtsanwälte in Wien, wegen Versehrtenrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23.September 1996, GZ 8 Rs 223/96i-37, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 18.März 1996, GZ 13 Cgs 89/94m-33, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Da die Begründung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es, auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG).

Fest steht, daß der Kläger im Betrieb seines Dienstgebers davon erfuhr, daß er wegen der weiteren Berücksichtigung des Alleinverdienerfreibetrages dringend am Finanzamt vorzusprechen habe. Er begab sich daraufhin während der Arbeitszeit zum Finanzamt und verunglückte am Rückweg zum Betrieb, als er nach Abstellen seines Fahrzeuges am Glatteis stürzte. Zu Recht sind die Vorinstanzen zum Ergebnis gelangt, daß der Unfall nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand.

Das Besorgen von persönlichen Vermögensangelegenheiten des Beschäftigten zählt zu dessen persönlichen nicht versicherten Lebensbereich. Hierher gehören zB das Besorgen der Lohnsteuerkarte, das Eintragen eines Steuerfreibetrages ua (Brackmann 72.Nachtr 485 f). In diesem Sinne hat der erkennende Senat auch den Weg zum Besorgen eines Krankenscheines im Betrieb dem nicht versicherten Lebensbereich zugeordnet (SSV-NF 6/60). Der Umstand, daß die Vorsprache am Finanzamt der Klärung der steuerlichen Behandlung des aus der versicherten Tätigkeit erzielten Entgeltes diente, stellt einen betrieblichen Zusammenhang im Sinne des § 175 Abs 1 ASVG nicht her. Gegenstand dieser Frage ist vielmehr der Umfang der persönlichen Abgabenschuld des Dienstnehmers, die seine persönlichen Vermögensangelegenheiten betrifft.

Unerörtert kann die Frage bleiben, ob die im Rahmen des Kataloges des § 175 Abs 2 ASVG angeführten Tatbestände analogiefähig sind oder ob es sich um eine erschöpfende Aufzählung handelt und der Unfallversicherungsschutz nur dann eintritt, wenn alle in einem dieser Tatbestände genannten Voraussetzungen gegeben sind. Selbst wenn man der ersten Ansicht folgte, wäre für den Kläger hieraus nichts gewonnen.

Der Unfallversicherungsschutz auf mit der unbaren Überweisung des Entgeltes zusammenhängenden Wegen (§ 175 Abs 2 Z 8 ASVG) wurde durch die 32. Novelle in das Gesetz eingeführt. Grund dafür war, daß das ursprünglich im Betrieb bar ausgezahlte Entgelt von den Dienstgebern in zunehmenden Maß per Banküberweisung gezahlt wurde (die Gesetzesmaterialien erwähnten in diesem Zusammenhang die Bestimmungen der 28.Gehaltsgesetz-Novelle und der 22. Vertragsbedienstetengesetz-Novelle, durch die für die Bundesbediensteten die gesetzliche Verpflichtung zur unbaren Gehaltsauszahlung normiert wurde). Mit den dadurch notwendig gewordenen Wegen zur Bank, um das Gehalt zu beheben, mußten sich die Dienstnehmer gegenüber der früheren Situation zusätzlichen Gefahren aussetzen; diese Form der Gehaltsauszahlung liegt vor allem im Interesse des Dienstgebers, der sich dadurch wesentliche Manipulationsarbeiten erspart. Durch § 175 Abs 2 Z 8 ASVG sollte durch die Erweiterung des Unfallversicherungsschutzes auch für diese Wege Vorsorge getroffen werden.

Anbringen bei einer Behörde zur Erwirkung einer günstigen steuerlichen Behandlung und einer Verminderung der Steuerpflicht dienen dagegen allein dem Interesse des Steuerpflichtigen und stehen mit betrieblichen Interessen nicht in Zusammenhang. Dieser Fall unterscheidet sich von den in § 175 Abs 2 Z 8 ASVG genannten Bankwegen so grundsätzlich, daß eine analoge Übertragung des Versicherungsschutzes nicht in Frage kommen könnte.

Welche andere Möglichkeiten für den Kläger bestanden hätten, den Behördenweg zu unternehmen, ist nicht entscheidend. Fest steht, daß er von seinem Betrieb aus während der Arbeitszeit zum Finanzamt fuhr, um anschließend wieder an seinen Arbeitsplatz zurückzukehren. Dadurch, daß sich der Kläger von seiner Arbeitsstätte entfernte, um eine private Verrichtung zu besorgen, wurde der Versicherungsschutz für diese Dauer unterbrochen. Er wäre erst dann wieder aufgelebt, wenn der Kläger nach seiner Rückkehr an seine Arbeitsstätte wieder seine dienstliche Tätigkeit aufgenommen hätte. Der Umstand, daß sich der Sturz an einer Stelle ereignete, die der Kläger im Rahmen seines regulären Arbeitsweges täglich passiert, ändert nichts daran, daß er sich im Zeitpunkt des Unfalles auf einem ausschließlich seinen privaten Interessen dienenden Weg befand.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 1 lit b ASGG. Gründe, die einen Kostenzuspruch aus Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden weder geltend gemacht, noch ergeben sich Hinweise auf solche Gründe aus dem Akt.

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