OGH 6Ob2328/96p

OGH6Ob2328/96p30.1.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und widerbeklagten Partei Gemeinde O*****, vertreten durch Univ.Doz.Dr.Hubertus Schumacher, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte und widerklagende Partei Dipl.-Ing.Peter M*****, vertreten durch Dr.Karl Heinz Klee, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 510.330,06 S und 38.278,-- S, infolge der Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 9.Juli 1996, GZ 1 R 151/96g-22, womit infolge Berufung der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 19.März 1996, GZ 12 Cg 284/94h, 12 Cg 6/95b-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch von Kosten für die Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die Tiroler Gemeindeordnung sieht für den Abschluß von Rechtsgeschäften der Gemeinde besondere Formvorschriften vor. Der Bürgermeister kann Rechtsgeschäfte nicht allein abschließen. Vertragsurkunden müssen von zwei Mitgliedern des Gemeindevorstandes mitgefertigt werden. Für den Vertragsabschluß ist ferner ein Beschluß des Gemeinderates erforderlich. Der beklagte Architekt war schon vor 1988 bei mehreren Projekten für die klagende Gemeinde tätig gewesen, ohne daß bei der Auftragserteilung die Formvorschriften eingehalten worden wären. Die Klägerin plante im Jahr 1988 eine Änderung der Flächenwidmung ihres Gemeindegebietes. Am 8.4.1988 faßte der Gemeinderat den Beschluß, daß dem Beklagten der Auftrag zur Erstellung eines Flächenwidmungsplanes gegen ein Pauschalhonorar erteilt werde. Der Plan sollte bis zur "Verordnungsreife" ausgeführt werden. Dies teilte der Bürgermeister dem Beklagten mit. Dieser erstellte den Flächenwidmungsplan, auf dessen Grundlage der Gemeinderat einen Beschluß über die Änderung der Flächenwidmung faßte. Dieser Beschluß wurde von der Tiroler Landesregierung nicht genehmigt. Es wurden 17 technische Mängel festgestellt, die der Beklagte in der Folge korrigierte. Die Klägerin bezahlte das vereinbarte Pauschalhonorar an den Beklagten. Von der Aufsichtsbehörde waren auch sechs raumplanerische Mängel der eingereichten Flächenwidmung festgestellt worden, die der aufsichtsbehördlichen Genehmigung des Flächenwidmungsplans entgegenstanden. Die Gemeinde entschloß sich schließlich doch, den Wünschen der Aufsichtsbehörde Rechnung zu tragen. Der Gemeinderat faßte in diesem Sinne einen Grundsatzbeschluß. Der Bürgermeister beauftragte im April 1992 den Beklagten zur Erstellung eines zweiten Flächenwidmungsplans. Auf Wunsch des Beklagten erklärte sich der Bürgermeister mit einer Verrechnung auf Stundenhonorarbasis einverstanden. Nach Erstellung des zweiten Flächenwidmungsplans veranlaßte der Bürgermeister die Bezahlung der Honorarforderung des Beklagten von insgesamt 504.000,-- S. Im Gegensatz zum ersten Auftrag hatte der Gemeinderat bei der zweiten Auftragserteilung an den Beklagten keinen Beschluß gefaßt. Wegen der Akontozahlungen an den Beklagten wurde dem Bürgermeister vom Gemeinderat keine Entlastung wegen der Überschreitung des Haushaltsplans erteilt. Der zweite Flächenwidmungsplan wurde mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 8.3.1993 aufsichtsbehördlich genehmigt.

Die Klägerin begehrt die Rückzahlung der für den zweiten Flächenwidmungsplan gezahlten Beträge. Die Zahlungen entbehrten einer Rechtsgrundlage. Die Auftragserteilung sei nach § 54 Tiroler Gemeindeordnung (TGO) unwirksam. Der Vertrag hätte vom Bürgermeister und zwei Gemeinderäten unterfertigt werden müssen. Der erforderliche Gemeinderatsbeschluß fehle. Der Beklagte hätte die Mängel des ersten Flächenwidmungsplans kostenlos zu korrigieren gehabt. Der Bürgermeister habe den Gemeinderat nie darüber unterrichtet, daß über das Honorar für den ersten Flächenwidmungsplan hinaus weitere Zahlungen an den Beklagten erfolgt seien.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Bürgermeister habe den Beklagten zur Erstellung eines zweiten Flächenwidmungsplans beauftragt. die Vergütung habe nach Stundenaufwand erfolgen sollen. Der Bürgermeister habe keinen Zweifel daran gelassen, daß der Auftrag im Rahmen der laufenden Geschäftsverbindung erteilt werde. § 54 TGO sei daher nicht anwendbar. Es habe ein äußerer Tatbestand vorgelegen, aus dem die Berechtigung des Bürgermeisters zur Erteilung von Aufträgen hervorgegangen sei. Die Arbeiten des Beklagten seien auch laufend bezahlt worden. Die Neuerstellung des Flächenwidmungsplans habe zur aufsichtsbehördlichen Genehmigung geführt. Der Beklagte brachte eine auf die Bezahlung von 38.278,-- S gerichtete Widerklage ein. Auf Wunsch des Bürgermeisters habe der Beklagte neuerliche Änderungen des schon genehmigten (zweiten) Flächenwidmungsplans vorgenommen.

Die widerbeklagte Klägerin beantragte die Abweisung der Widerklage. Es seien die Formvorschriften des § 54 TGO verletzt worden. Die Arbeiten des Beklagten seien im Pauschalhonorar (für den ersten Auftrag) gedeckt.

Das Erstgericht verband die beiden Verfahren und schränkte das Verfahren auf den Grund des Anspruchs ein (ON 14).

Das Erstgericht erkannte mit Zwischenurteil zu Recht, daß die Klageforderung und die Widerklageforderung dem Grunde nach zu Recht bestünden. Es stellte über den schon wiedergegebenen Sachverhalt hinaus noch folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:

Der Bürgermeister habe dem Beklagten telefonisch den Auftrag erteilt, den zweiten Flächungswidmungsplan auf Stundenhonorarbasis neu zu erstellen. Eine Genehmigung des Gemeinderates sei hiezu nicht eingeholt worden. Der Bürgermeister habe dem Beklagten gegenüber auch nicht erwähnt, daß der Auftrag durch einen Gemeinderatsbeschluß gedeckt sei. Eine Urkunde im Sinne des § 54 Abs 2 TGO sei nicht ausgestellt worden. Zwischen dem Bürgermeister und dem Beklagten sei nicht darüber gesprochen worden, daß die Erstellung des zweiten Flächenwidmungsplanes ca 500.000,-- S an Kosten verursachen werde.

Das Erstgericht beurteilte den Sachverhalt rechtlich dahin, daß gemäß § 867 ABGB für die Gültigkeit der von einer Ortsgemeinde abgeschlossenen Verträge die öffentlich-rechtlichen Bestimmungen maßgeblich seien. Die Tiroler Gemeindeordnung sehe im § 54 Abs 2 TGO vor, daß Urkunden, mit denen die Gemeinde privatrechtliche Verpflichtungen übernehme, vom Bürgermeister gemeinsam mit zwei weiteren Mitgliedern des Gemeindevorstandes zu unterfertigen seien und daß der Beschluß des Gemeinderates anzuführen sei. Diese Bestimmung solle die Interessen der Gemeinde schützen und die Rechte des Bürgermeisters einschränken. Die Beschränkung zeitige absolute Drittwirkung. Ein Verstoß gegen die Formvorschriften bewirke die Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes und die Rückabwicklung nach § 877 ABGB. Die mündliche Auftragserteilung des Bürgermeisters sei wegen Verletzung der Formvorschriften nichtig. Da sich die Beschränkung der Vertretungsmacht des Bürgermeisters schon aus dem Gesetz ergebe, könne sich der Beklagte nicht auf den Schutz seines Vertrauens auf einen äußeren Tatbestand berufen. Aber selbst bei Anwendbarkeit des Vertrauensschutzes habe der Beklagte die erforderliche Sorgfalt nicht aufgebracht. Er hätte aus der ersten Auftragsvergabe ableiten müssen, daß zumindest ein Gemeinderatsbeschluß erforderlich sei. Daß der Beklagte von der Klägerin bereits zuvor formlos Aufträge erhalten habe, könne ihn nicht entlasten, weil er für den ersten Flächenwidmungsplan einen schriftlichen Auftrag erhalten habe. Die Auftragserteilung hinsichtlich des zweiten Flächenwidmungsplans sei nicht in laufender Geschäftsbeziehung erfolgt, der Beklagte sei selbst davon ausgegangen, daß der Auftrag zur Erstellung des ersten Flächenwidmungsplans im Herbst 1991 erledigt worden sei. Das Rechtsgeschäft sei auch nicht nachträglich im Sinne des § 1016 ABGB von der Klägerin genehmigt worden, weil der Gemeinderat dem Bürgermeister hinsichtlich der geleisteten Akontozahlungen keine Entlastung erteilt habe. Die Formvorschriften der Tiroler Gemeindeordnung stünden einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung nicht entgegen. Der Beklagte sei seiner vertraglichen Leistungspflicht nachgekommen. Nach § 877 ABGB müsse derjenige, der die Aufhebung eines Vertrages verlange, alles zurückstellen, was er aus dem nichtigen Vertrag zu seinem Vorteil erhalten habe. Es dürfe kein Teil aus dem Schaden des anderen Gewinn ziehen. Dem Beklagten stehe daher der tatsächliche Aufwand für die Erstellung des zweiten Flächenwidmungsplans zu, nicht jedoch ein Gewinn oder sonstiger Vorteil aus dem nichtigen Geschäft. Beide Klagebegehren bestünden dem Grunde nach zu Recht.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge und bestätigte das über die Klageforderung ergangene Zwischenurteil. Hinsichtlich des Zwischenurteils über die Widerklageforderung faßte das Berufungsgericht einen Aufhebungsbeschluß zur Verfahrensergänzung.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und beurteilte bei der Behandlung der Berufung des Beklagten den Sachverhalt rechtlich im wesentlichen wie folgt:

Die Gemeinde werde gemäß § 54 Abs TGO nach außen durch den Bürgermeister vertreten. Urkunden, mit denen die Gemeinde privatrechtliche Verpflichtungen übernehme, seien vom Bürgermeister gemeinsam mit zwei weiteren Mitgliedern des Gemeindevorstandes (Stadtrates) zu unterfertigen. In der Urkunde sei der Beschluß des Gemeinderates oder des Gemeindevorstandes anzuführen. Wer mit einer Gemeinde im Sinne des § 867 ABGB einen Vertrag schließe, müsse die für ihre Willensbildung geltenden öffentlich-rechtlichen Beschränkungen beachten und sie auch gegen sich gelten lassen, wenn er sie nicht gekannt habe. Der Bürgermeister habe den Gemeinderat mit dem weiteren Zusatzauftrag an den Beklagten nicht befaßt. Nach § 26 TGO sei der Gemeinderat zur Beschlußfassung und zur Überwachung der Vollziehung in allen Gelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde berufen, soweit die Beschlußfassung nicht durch Gesetz ausdrücklich einem anderen Organ zugewiesen sei. Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches seien insbesondere die Übernahme privatrechtlicher Verpflichtungen, die nicht zur laufenden Geschäftsführung gehörten. Dem Bürgermeister obliege nach § 41 Abs 2 TGO nur die verantwortungsvolle Vollziehung der Beschlüsse der Gemeindeorgane und die Vollziehung aller die laufende Geschäftsführung der Gemeindeverwaltung regelnden gesetzlichen Vorschriften. Die laufende Geschäftsführung sei in der Tiroler Gemeindeordnung zwar nicht näher definiert, die Beauftragung eines Architekten zur Erstellung eines Flächenwidmungsplans für die Gemeinde sei der laufenden Geschäftsführung aber nicht zu unterstellen. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs binde eine durch einen erforderlichen Gemeinderatsbeschluß nicht gedeckte Willenserklärung des Bürgermeisters mangels Vertretungsbefugnis die Gemeinde grundsätzlich nicht. Der mündliche Auftrag des Bürgermeisters an den Beklagten sei bis zu einer allfälligen Sanierung der fehlenden Zustimmung des Gemeinderats schwebend unwirksam. Die bloße Leistung von Teilzahlungen durch den Bürgermeister beinhalte keine schlüssige Bevollmächtigung des Bürgermeisters zum Vertragsabschluß. Gemäß § 1016 ABGB sei der Gewaltgeber bei Überschreitung der Vollmachtsgrenzen des Gewalthabers nur insofern verbunden, als er das Geschäft ausdrücklich oder konkludent genehmigt oder er sich den aus dem Geschäft entstandenen Vorteil zugewendet habe. Der Gemeinderat der Klägerin habe kein als Genehmigung zu wertendes Verhalten gesetzt. Maßgebend für ein schlüssigen Zustandekommen eines Vertrages mit der Gemeinde hätte nur ein Verhalten der Mitglieder des Gemeinderats sein können. Derartiges sei vom Erstgericht nicht festgestellt worden. Das Verhalten des Bürgermeisters allein reiche nicht aus, um zugunsten des Beklagten einen äußeren Anschein annehmen zu können. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (3 Ob 551/91) könne trotz der Beschränkung der Vertretungsmacht des Bürgermeisters eine von dieser Beschränkung freie Vertretungsmacht kraft "äußeren Tatbestandes" entstehen. Voraussetzung sei allerdings, daß der Gemeinderat den äußeren Anschein gesetzt habe, daß er den erforderlichen Beschluß gefaßt habe. Im vorliegenden Fall sei das beschlußlose Geschäft den Mitgliedern des Gemeinderats gar nicht bekanntgeworden. Der der Entscheidung JBl 1991, 517 zugrundeliegende Sachverhalt sei mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Dort hätten der Bürgermeister, der Finanzreferent und der Kulturreferent der Gemeinde übereinstimmend Vorschläge des (dortigen) Klägers über seine künstlerische Betreuung eines "Kultursommers" gebilligt und es sei deshalb die Honorarforderung wegen Bejahung einer Anscheinsvollmacht für berechtigt erkannt worden. Das Rückforderungsbegehren der Klägerin besteht dem Grunde nach zu Recht.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die Revision gegen seine die Berufung des Beklagten erledigende Entscheidung zulässig sei. Zur Rechtsfrage der Vollmachtsüberschreitung von Organen einer Gemeinde sei die Judikatur des Obersten Gerichtshofs nicht ganz einheitlich.

Mit seiner Revision beantragt der Beklagte die Abänderung dahin, daß die Klage abgewiesen werde.

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes nicht zulässig.

Hinsichtlich der Rechtsfolgen der Verletzung von öffentlich-rechtlichen Formvorschriften (§ 867 ABGB) ist die oberstgerichtliche Judikatur einheitlich. Davon ist das Berufungsgericht auch nicht abgewichen. Zur allfälligen Bevollmächtigung des Bürgermeisters kraft äußeren Tatbestands sowie zur Sanierung des vollmachtslos geschlossenen Geschäfts (§ 1016 ABGB) fehlt es einerseits an entsprechend konkretem Parteivorbringen des Beklagten, anderseits geht seine Revision dazu nicht vom festgestellten Sachverhalt aus.

Die Tiroler Gemeindeordnung sieht besondere Formvorschriften für den Abschluß von Verträgen, mit denen die Gemeinde privatrechtliche Verpflichtungen übernimmt, vor. Verträge müssen schriftlich abgefaßt und vom Bürgermeister gemeinsam mit zwei Mitgliedern des Gemeindevorstands (Stadtrates) gefertigt werden (§ 54 TGO). Nach § 26 leg cit ist der Gemeinderat zur Beschlußfassung in allen Angegelenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde berufen, wozu die Übernahme privatrechtlicher Verpflichtungen gehört. Dem Bürgermeister obliegt nach § 41 Abs 2 TGO nur die laufende Geschäftsführung der Gemeindeverwaltung.

Der Revisionswerber steht auf dem Standpunkt, daß der vom Bürgermeister allein erteilte Auftrag zur Erstellung eines (zweiten) Flächenwidmungsplans zur laufenden, dem Bürgermeister allein obliegenden Geschäftsführung gehört habe, sodaß keine weiteren Formvorschriften einzuhalten gewesen wären. Diese Ansicht kann nicht geteilt werden. Der Abschluß von privatrechtlichen Verträgen durch die Gemeinde bedarf grundsätzlich der Einhaltung der zitierten Formvorschriften. In der vom Revisionswerber zitierte Entscheidung 7 Ob 609/89 war eine Grenzbereinigung zu beurteilen, die vom Bürgermeister allein mit dem Gegner vereinbart worden war. Das dort maßgebliche Landesrecht des Bundeslandes Steiermark normierte die Zuständigkeit des Bürgermeisters zur laufenden Verwaltung und sah etwa für die Veräußerung von Gemeindevermögen besondere Formvorschriften (ua den Beschluß des Gemeinderates) vor. Der Oberste Gerichtshof verwies darauf, daß unter Veräußerung in der Regel nur jene Rechtsgeschäfte zu verstehen seien, die auf eine endgültige Übertragung von Gemeindeeigentum gerichtet seien, wie etwa Kauf, Tausch oder Schenkung. Die außergerichtliche Bereinigung einer unklaren und strittigen Grundstücksgrenze falle nicht unter den Begriff der Veräußerung. Ob eine solche Grenzbereinigung zur laufenden Verwaltung gehöre, hänge davon ab, ob ein ungewöhnliches Rechtsgeschäft vorliege. Dieser Fall ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Aus der Vorentscheidung kann lediglich abgeleitet werden, daß ihrem Umfang nach unbedeutende und gewöhnliche (also wohl alltägliche kleinere) Rechtsgeschäfte unter die laufende, vom Bürgermeister allein vorzunehmende Verwaltung fallen. Ein Werkvertrag mit einem Architekten mit der Vereinbarung eines beträchtlichen Werklohns ist zweifelsfrei nicht darunter zu subsumieren.

Der Beklagte vertritt ferner die Auffassung, daß der Bürgermeister schon aufgrund seines Vertretungsrechtes nach außen (§ 54 Abs 1 TGO) den Werkauftrag allein erteilen habe dürfen und verweist dazu auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs. Es trifft zwar zu, daß der Verwaltungsgerichtshof seit der in JBl 1981, 50 veröffentlichten Entscheidung seines verstärkten Senates die Auffassung vertritt, daß die rechtsgeschäftlichen Erklärungen des Bürgermeisters für die Rechtswirksamkeit ausreichen. Der Oberste Gerichtshof vertritt jedoch in ständiger Judikatur die Ansicht, daß die in den einzelnen Gemeindeordnungen enthaltenen Vorschriften über die Vertretung der Gemeinde nicht bloße Organisationsvorschriften über die interne Willensbildung öffentlich-rechtlicher Körperschaften darstellen, sondern Einschränkungen der Vertretungsmacht des Bürgermeisters nach außen enthalten. Eine durch einen erforderlichen Gemeinderatsbeschluß nicht gedeckte Willenserklärung des Bürgermeisters binde daher mangels der hiefür notwendigen Vertretungsbefugnis die Gemeinde grundsätzlich nicht (JBl 1991, 517; 3 Ob 509/95 mwN). Mit der gegenteiligen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat sich schon die Entscheidung SZ 54/111 = JBl 1982, 197 aueinandergesetzt und es abgelehnt, die gesetzlichen Formvorschriften der Gemeindeordnungen als bloß intern wirkende Organisationsvorschriften aufzufassen. Es ist seither ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, daß die im öffentlichen Recht enthaltenen Handlungsbeschränkungen der zur Vertretung berufenen Organe auch im Außenverhältnis wirksam sind (SZ 64/154, 66/98 u.a.). Auch für den Bereich des Tiroler Gemeinderechts wurde dies schon ausgesprochen und ein alleiniges Vertretungsrecht des Bürgermeisters in Angelegenheiten, die nicht zur laufenden Geschäftsführung (Verwaltung) gehören, verneint (1 Ob 669/90). Der erkennende Senat sieht sich nicht veranlaßt, von dieser Judikatur abzuweichen.

Die Verletzung der im Tiroler Gemeinderecht normierten Formvorschriften muß nicht in jedem Fall zur Unwirksamkeit des vom Bürgermeister allein abgeschlossenen Werkvertrags führen. Die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts wäre dann zu bejahen, wenn eine schlüssige Vollmachtserteilung an den Bürgermeister durch das zuständige Gemeindeorgan (also durch den Gemeinderat) angenommen werden könnte oder wenn einer der Fälle des § 1016 ABGB vorläge, der Gemeinderat also das Rechtsgeschäft ausdrücklich oder konkludent genehmigt oder aber die Gemeinde sich den aus dem Geschäft entstandenen Vorteil zugewendet hätte. Dazu ist folgendes auszuführen:

Ein Vertrag kann auch mit einer Gemeinde schlüssig abgeschlossen werden (JBl 1991, 517). Auch wenn die Handlung des Bürgermeisters wegen dessen eingeschränkter Vertretungsmacht der Gemeinde gemäß § 867 ABGB nicht zuzurechnen ist, so ist der Vertragspartner jedenfalls in seinem Vertrauen auf den äußeren Tatbestand dann zu schützen, wenn das kompetente Organ (der Gemeinderat) den Anschein erweckt hat, die Handlung sei durch eine Beschlußfassung des zuständigen Organs gedeckt (JBl 1990, 534; ecolex 1991, 678). Das Verhalten der Mitglieder des Gemeinderats ist nicht nur für die Annahme einer Anscheinsvollmacht maßgeblich, sondern auch für eine allfällige nachträgliche Genehmigung des vom Bürgermeister abgeschlossenen, schwebend unwirksamen Rechtsgeschäfts (3 Ob 509/95). Zur Anscheinsvollmacht verweist der Revisionswerber zunächst auf die schon vor dem gegenständlichen Werkvertrag mit der Gemeinde abgeschlossenen und durchgeführten Rechtsgeschäfte, bei denen der Beklagte ebenfalls im Auftrag des Bürgermeisters tätig geworden sei. Das Erstgericht hat zwar mehrfache Auftragserteilungen durch den Bürgermeister allein festgestellt (S 9 in ON 15), es steht aber nicht fest, ob diese Aufträge dem Umfang nach mit dem vorliegenden Auftrag zur Erstellung eines zweiten Flächungswidmungsplans vergleichbar waren. Selbst wenn aber eine solche Vergleichbarkeit feststünde, wäre damit noch nichts für den Standpunkt des Beklagten gewonnen, weil aus allfälligen nachträglichen Genehmigungen schwebend unwirksamer, vom Bürgermeister allein abgeschlossener Verträge durch den Gemeinderat noch nicht zwangsläufig der Schluß gezogen werden dürfte, daß der Gemeinderat auch für den Abschluß künftiger Rechtsgeschäfte durch den nicht kompetenten Bürgermeister auf die Einhaltung der im Landesrecht vorgesehenen besonderen Formvorschriften verzichten werde. Für die Annahme eines derartigen schlüssigen Vorausverzichts müßten weitere - hier weder behauptete noch festgestellte - Umstände sprechen. Gemäß § 863 ABGB ist bei der Beurteilung der Schlüssigkeit eines Verhaltens im Hinblick auf den rechtsgeschäftlichen Willen ein strenger Maßstab anzulegen. Es darf mit Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund zu Zweifeln über den Inhalt des schlüssig erklärten Willens bestehen. Dies gilt besonders für die Annahme eines stillschweigenden Verzichts (Rummel in Rummel, ABGB2 Rz 14 zu § 863 mwN aus der Rechtsprechung). Gegen die Annahme, daß der Gemeinderat hier im voraus auf die Einhaltung der Formvorschriften verzichtet hätte, spricht vor allem der festgestellte Umstand, daß der ersten Auftragserteilung durch den Bürgermeister an den Beklagten ein entsprechender Gemeinderatsbeschluß zugrundelag (was dem Beklagten auch mitgeteilt worden war), sodaß der Beklagte nicht ohne weiteres darauf vertrauen durfte, daß bei der Erteilung eines weiteren Auftrags zur Erstellung eines neuen Flächenwidmungsplans der Bürgermeister allein zum Abschluß des Rechtsgeschäfts befugt wäre. Daß der Gemeinderat in der Vergangenheit vom Bürgermeister allein abgeschlossene Rechtsgeschäfte genehmigt hatte, reicht für die Annahme einer Anscheinsvollmacht genausowenig aus, wie der vom Gemeinderat gefaßte Grundsatzbeschluß über die vorzunehmenden Änderung der ursprünglich geplanten Flächenwidmung. Mit diesem Grundsatzbeschluß hat der Gemeinderat noch keineswegs in schlüssiger Form dem Bürgermeister den Auftrag erteilt, mit dem Beklagten zu verhandeln und ohne Einhaltung der Formvorschriften einen Werkvertrag abzuschließen. Bei der Fassung des Beschlusses mußte den Mitgliedern des Gemeinderats lediglich klar sein, daß für den zweiten Flächenwidmungsplan ein weiterer Auftrag (an den Beklagten oder einen anderen Architekten) erforderlich sein werde, allenfalls auch nur - wie dies die Klägerin behauptet - daß der Beklagte die Arbeiten im Rahmen der Verbesserung des ersten Flächenwidmungsplans vorzunehmen habe. Nach den erstinstanzlichen Feststellungen ist allerdings nicht von bloßen "Nachbesserungsarbeiten" im Rahmen der Gewährleistung für den ersten (schon bezahlten) Flächenwidmungsplan auszugehen, weil erhebliche Änderungen aufgrund der Vorgaben der Landesregierung durchzuführen waren. Diese Umstände lagen aber in der Sphäre der klagenden Gemeinde, was einen weiteren Auftrag erforderte. Nach der vom Revisionswerber zitierten Judikatur (ecolex 1991, 678) genügt für die Annahme einer Vertretungsmacht des Bürgermeisters, daß der Gemeinderat den äußeren Anschein einer Vollmachtserteilung oder aber der Genehmigung eines vollmachtslos abgeschlossenen Rechtsgeschäfts setzte. Nach JBl 1990, 534 wurde ein derartiger Anschein angenommen, weil das beschlußlose Rechtsgeschäft den Mitgliedern des Gemeinderats nicht verborgen geblieben sein konnte und sie dennoch nicht reagierten. Nach der zitierten Entscheidung bestehe ein Bedürfnis nach verstärktem Vertrauenssschutz. Ihr lag allerdings zugrunde, daß in Kenntnis des kompetenten Organs vom nichtkompenten Organ in jahrelanger Übung einem Arbeitnehmer vorbehaltslos Leistungen zuerkannt worden waren. Ein solcher Sachverhalt ist mit dem vorliegenden nicht völlig vergleichbar. Wenn man aber dennoch der angeführten Judikatur über das Bedürfnis eines verstärkten Vertrauensschutzes folgte, so ist es jedenfalls erforderlich, daß der Gemeinderat über einen schon erfolgten oder doch geplanten Vertragsabschluß des Bürgermeisters informiert gewesen wäre und er dagegen nichts unternommen hätte. Feststellungen zum Thema des Kenntnisstands der Gemeinderäte über das vollmachtlose Handeln des Bürgermeisters wurden vom Erstgericht nicht getroffen. Das Berufungsgericht ging von einer fehlenden Information der Gemeinderäte durch den Bürgermeister aus (S 20 in ON 22). In der Berufung hatte der Beklagte auch nur die Feststellung angestrebt, daß er und seine Mitarbeiterin der Meinung gewesen seien, daß der Gemeinderat über den zweiten Auftrag informiert worden sei, nicht aber die Feststellung, der Gemeinderat sei tatsächlich informiert gewesen. Insoweit der Beklagte nun in der Revision eine derartige Information des Gemeinderats voraussetzt, geht er nicht von den getroffenen Feststellungen aus. Auf eine Vollmachtserteilung kraft äußeren Tatbestands wegen Wissens des Gemeinderats um das vollmachtslos abgeschlossene Rechtsgeschäft und eine sich anschließende Untätigkeit des Gemeinderats kann er sich daher nicht berufen.

Mangels festgestellter Kenntnis des Gemeinderats ist das Rechtsgeschäft auch nicht aus dem Grund des § 1016 zweiter Fall ABGB wirksam geworden. Es steht fest, daß sich die Gemeinde den Vorteil aus dem Rechtsgeschäft zugewendet hat, indem der zweite Flächenwidmungsplan bei der Landesregierung eingereicht und von dieser auch genehmigt wurde. Nur wenn die Vorteilszuwendung mit dem Wissen des Gemeinderats erfolgt wäre, daß der Plan im (zusätzlichen) Auftrag des Bürgermeisters erstellt worden war und der Gemeinderat darauf nicht ablehnend reagierte, könnte eine nachträgliche Genehmigung angenommen werden. Das Rechtsgeschäft wäre gemäß § 1016 ABGB wirksam (1 Ob 669/90). Auch bei der bloßen Vorteilszuwendung (die noch keine Willenserklärung darstellt) ist aber die Kenntnis des Scheingeschäftsherrn von der Tatsache des Geschäftsabschlusses durch den nicht befugten Vertreter erforderlich (MietSlg 34.161 u.a.; Strasser in Rummel, ABGB2 Rz 14 zu § 1016 mwN). Mangels festgestellter Kenntnis des Gemeinderats über das vom Bürgermeister abgeschlossene Geschäft liegt daher auch keine Sanierung wegen Vorteilszuwendung vor.

Das Berufungsgericht ist weder in der Frage der Nichtigkeit von Rechtsgeschäften wegen der Verletzung von Formvorschriften (§ 867 ABGB) noch bei der Beurteilung der Rechtsfragen zur Anscheinsvollmacht von der oberstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen. Die Revision ist daher mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig.

Da die Klägerin auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat, sind ihr keine Kosten für die Revisionsbeantwortung zuzusprechen.

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