OGH 6Ob2380/96k

OGH6Ob2380/96k30.1.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Firmenbuchsache der zu FN 108210h des Landes- als Handelsgerichtes Klagenfurt eingetragenen I***** Gesellschaft mbH mit dem Sitz in S*****, wegen Anmeldung des Erlöschens der Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Gesellschaft mbH, vertreten durch Dr.Janko Tischler jun, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 20. September 1996, GZ 4 R 93/96w (5 Fr 3473/96k)-3, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der Gesellschaft wird Folge gegeben.

Dem Antrag der Gesellschaft auf Löschung ihres Geschäftsführers Bogomir V*****, im Firmenbuch, wird stattgegeben. Der Geschäftsführer ist im Firmenbuch zu löschen.

Die Vollziehung dieser Anordnung wird dem Erstgericht aufgetragen.

Text

Begründung

Die im Firmenbuch des Landesgerichtes Klagenfurt als Handelsgerichtes eingetragene *****Gesellschaft mbH mit dem Sitz in S***** hat zwei vertretungsbefugte Geschäftsführer. Alleingesellschafterin der Gesellschaft mbH ist die A***** mit dem Sitz in Z*****. Mit Eingabe vom 11.4.1996 meldete Bogomir V***** als Geschäftsführer der Gesellschaft mbH, vertreten durch einen Rechtsanwalt, beim Firmenbuchgericht die Zurücklegung seiner Geschäftsführerfunktion mit Wirkung vom 20.4.1996 an und beantragte seine Löschung als Geschäftsführer. Dem Gesuch war ein Schreiben des Geschäftsführers vom 2.3.1996 beigelegt, mit dem der Geschäftsführer der Alleingesellschafterin der Gesellschaft mbH mitteilte, daß er "mit Wirkung 20.April 1996" die Geschäftsführung zurücklege und als Geschäftsführer zurücktrete. Dem Gesuch war weiters die Fotokopie eines Postaufgabescheins beigelegt. Das Firmenbuchgericht stellte am 2.5.1996 das Gesuch des Geschäftsführers mit dem Bemerken zurück, daß nur der aktive, nicht aber der zurückgetretene Geschäftsführer antragslegitimiert sei. Der Geschäftsführer wies in seiner Äußerung vom 24.5.1996 darauf hin, daß er zum Zeitpunkt seiner Antragstellung noch aktiver Geschäftsführer gewesen sei. Die von ihm gewählte Vorgangsweise werde von den meisten Firmenbuchgerichten in Österreich akzeptiert.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Eintragung der Löschung des Bogomir V***** als Geschäftsführer der Gesellschaft mbH ab. Es sei unzulässig, die Geschäftsführungsfunktion unter der aufschiebenden Bedingung der Löschung im Firmenbuch zurückzulegen. Für die Entscheidung sei nicht der Zeitpunkt der Überreichung der Eingabe, sondern derjenige der Entscheidung über den Antrag maßgeblich.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Bogomir V***** nicht Folge. Nach Lehre und Rechtsprechung könne der Geschäftsführer einer Gesellschaft mbH seine Funktion jederzeit niederlegen, dies auch dann, wenn die Gesellschaft aufgrund des Rücktritts zunächst ohne ausreichende Zahl von Geschäftsführern bleibe und aktiv nicht vertreten werden könne. Gemäß § 17 Abs 1 GmbHG sei das Erlöschen der Vertretungsbefugnis ohne Verzug zum Firmenbuch anzumelden. Der ausgeschiedene Geschäftsführer habe einen gegen die Gesellschaft mit Klage durchsetzbaren Anspruch auf Löschung im Firmenbuch. Dem zurückgetretenen Geschäftsführer sei es allerdings rechtlich nicht möglich, die Änderung selbst anzumelden. Dies obliege allein dem aktiven vertretungsbefugten Organ der Gesellschaft mbH. Die Löschung des Geschäftsführers sei nur dann zu bewilligen, wenn die Beendigung der Geschäftsführerbefugnis bereits mit konstitutiver Wirkung eingetreten sei. Zum Zeitpunkt der Antragstellung sei der Geschäftsführer zwar noch weiterhin Geschäftsführer, damals aber noch nicht in der Lage gewesen, ein Erlöschen seiner Befugnis anzumelden, weil dieses Ereignis noch nicht eingetreten gewesen sei. Der im Zusammenhang mit der hier nicht vorliegenden Löschung eines einstigen Geschäftsführers oder der Amtsniederlegung unter der aufschiebenden Bedingung der gerichtlichen Löschung der Geschäftsführerbefugnis vorgetragenen Lehrmeinung (Schummer in NZ 1993, 193) sei nicht zu folgen, weil ansonsten die gesetzliche Anordnung, daß das Erlöschen der Vertretungsbefugnis zum Firmenbuch anzumelden sei, ohne Sinngehalt wäre. Die Eintragung im Firmenbuch sei nur deklarativ. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Firmenbuchgerichts sei der Geschäftsführer jedenfalls bereits rechtswirksam zurückgetreten gewesen und deshalb nicht mehr anmeldungsberechtigt.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige. Mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG sei der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig.

Mit ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs beantragt die anwaltlich vertretene Gesellschaft mbH die Abänderung dahin, daß dem "Antrag auf Löschung der Geschäftsführung stattgegeben" werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem Grund des § 14 Abs 1 AußStrG zulässig. Zur Frage, ob der Geschäftsführer einer Gesellschaft mbH seinen erst in der Zukunft wirksam werdenden Rücktritt von der Geschäftsführungsfunktion beim Firmenbuchgericht anmelden und seine Löschung im Firmenbuch beantragen kann, liegt eine oberstgerichtliche Rechtsprechung nicht vor.

In formeller Hinsicht ist zunächst darauf hinzuweisen, daß in der vorliegenden Firmenbuchsache der Gesellschaft mbH in allen Eingaben des Einschreiters namentlich der zurückgetretene Geschäftsführer als Geschäftsführer der Gesellschaft mbH, vertreten durch einen Rechtsanwalt, aufscheint. Die Anmeldung, die Äußerung, der Rekurs und der Revisionsrekurs sind daher als Eingaben der Gesellschaft mbH aufzufassen. Die Berufung eines Rechtsanwalts auf eine erteilte Vollmacht (§ 30 Abs 2 ZPO) ist auch im außerstreitigen Verfahren zulässig (EFSlg 55.358). Die einem Rechtanwalt erteilte Vollmacht ist grundsätzlich unbeschränkt und gilt für das gesamte Verfahren (§ 31 ZPO). Ungeachtet des Umstands, daß der die Vollmacht erteilende Geschäftsführer nun nicht mehr für die Gesellschaft aktiv vertretungsbefugt ist, ist daher die zuvor wirksam erteilte Vollmacht der Gesellschaft mbH an den Rechtsvertreter nach wie vor wirksam. Zu beurteilen ist somit der Revisionsrekurs der Gesellschaft gegen die Verweigerung der Eintragung der angemeldeten Niederlegung der Geschäftsführerfunktion.

Dem Geschäftsführer einer Gesellschaft mbH kann aufgrund der materiellen Rechtslage das Recht zustehen, seine Funktion niederzulegen. Der Rücktritt kann auch bedingt oder aber befristet auf einen künftigen Zeitpunkt erklärt werden. Von dieser materiellen Rechtslage ist die verfahrensrechtliche Frage zu unterscheiden, wie der konstitutiv wirkende Rücktritt des Geschäftsführers im Firmenbuchverfahren zu behandeln ist, wie also der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Firmenbuch Rechnung zu tragen ist, damit die Firmenbuchwahrheit, also die Richtigkeit und Vollständigkeit des Firmenbuchstandes gewährleistet wird. Gemäß § 17 Abs 1 GmbHG ist das Erlöschen der Geschäftsführung oder eine Änderung der Vertretungsbefugnis ohne Verzug zum Firmenbuch anzumelden. Der Anmeldung ist der Nachweis der Bestellung oder der Änderung in beglaubigter Form beizufügen. Zugleich haben neue Geschäftsführer ihre Unterschrift vor dem Gerichte zu zeichnen oder die Zeichnung in beglaubigter Form vorzulegen. Aus der Anmeldungsverpflichtung der Gesellschaft mbH nach der zitierten Gesetzesstelle hat die Rechtsprechung abgeleitet, daß die Löschung des Geschäftsführers im Firmenbuch nur von einem aktiven Geschäftsführer angemeldet werden kann, nicht also vom zurückgetretenen oder abberufenen Geschäftsführer (SZ 58/181; WBl 1988, 435 = GesRZ 1988, 235; GesRZ 1992, 206). Der ausgeschiedene Geschäftsführer hat zwar gegenüber der Gesellschaft mbH einen Anspruch auf Löschung. Diesen muß er nach der zitierten Rechtsprechung aber mit Klage geltend machen. Für den Fall, daß der zurückgetretene Geschäftsführer der einzige Geschäftsführer der Gesellschaft war, ist er auch legitimiert, einen Notgeschäftsführer gemäß § 15a GmbHG zu beantragen (zuletzt 6 Ob 8/93). Die Eintragung einer Änderung im Personenstand ist nach herrschender Meinung nur deklarativ (Wünsch, GmbHKomm Rz 13 zu § 17 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung). Daß ein schon ausgeschiedener Geschäftsführer nicht mehr anmeldungsbefugt ist, wird nicht nur in der oberstgerichtlichen Rechtsprechung (HS 12.340 uva), sondern auch von einem Teil der Lehre (Wünsch aaO Rz 16) vertreten. Die Rekurswerberin bekämpft diese Ansicht auch nicht weiter (und führt ihr außerordentliches Rechtsmittel auch nicht etwa in die Richtung der Lehrmeinung Burgstallers aus, der in RZ 1996, 30 Zur Beteiligtenstellung im Firmenbuchverfahren eine weitergehende eigene Antragslegitimation des ausgeschiedenen Geschäftsführers befürwortet), sondern steht auf dem Standpunkt, daß dem Löschungsgesuch deshalb stattzugeben gewesen wäre, weil der Geschäftsführer zum Zeitpunkt der Antragstellung noch aktiver Geschäftsführer war. Zu dieser Frage hat der Oberste Gerichtshof noch nicht Stellung genommen. Die Rekursgerichte in Österreich vertreten unterschiedliche Rechtsauffassungen. Das Oberlandesgericht Wien verweigert die beantragte Löschung. Einerseits habe zum Zeitpunkt, als der Antrag gerichtsanhängig geworden sei, ein bereits eingetretenes Erlöschen der Geschäftsführerfunktion gefehlt, andererseits sei zwar diese Tatsache im Zeitpunkt der erstgerichtlichen Entscheidung, auf den abzustellen sei, schon eingetreten, dies habe aber wiederum zur Folge, daß die Beendigung der Geschäftsführerfunktion bereits wirksam geworden sei. Der antragstellende Geschäftsführer sei zwar noch weiterhin im Firmenbuch eingetragen gewesen, dies könne aber für die Bejahung einer weiterhin bestehenden Antragslegitimation nicht ins Treffen geführt werden, weil der Eintragung im Firmenbuch nur deklarativer Charakter zukomme (OLG Wien 6 R 63/93 = NZ 1993, 199). Demgegenüber bejaht das OLG Innsbruck die Anmeldungsbefugnis des zu einem künftigen Zeitpunkt zurücktretenden Geschäftsführers, soferne die Anmeldung zu einem Zeitpunkt gefertigt worden sei, zu dem der Geschäftsführer noch im Amt gewesen sei (OLG Innsbruck, 3 R 123/90, abgedruckt in Thöni-Oberhofer GmbH-Geschäftsführer Reg 3 Kap 2.1.2.). Schummer teilt in seinem Artikel Amtsniederlegung des Geschäftsführers und Firmenbucheintragung, NZ 1993, 193 diese Auffassung und führt gegen die Ansicht des OLG Wien durchaus beachtenswerte Gründe ins Treffen. Auch dem erkennenden Senat erscheint es erwägenswert, der Gesellschaft zumindest vor dem materiellen Wirksamwerden des Rücktritts (der Abberufung) des Geschäftsführers dessen Anmeldungsbefugnis für die Gesellschaft nicht vorzuenthalten. Die auch hier vom Rekursgericht vertretene Meinung, es könne nur die Löschung einer schon konstitutiv eingetretenen Beendigung der Geschäftsführung beantragt werden, ergibt sich aus dem Gesetzeswortlaut keineswegs zwingend. § 17 Abs 1 GmbHG spricht nur vom anmeldungspflichtigen Erlöschen der Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers. § 10 Abs 1 FBG normiert, daß Änderungen eingetragener Tatsachen unverzüglich anzumelden sind. Daraus ergibt sich zwar zweifelsfrei, daß eine schon eingetretene Änderung anzumelden ist, nicht aber das Verbot, schon vorweg eine unmittelbar bevorstehende künftige Änderung anzumelden. Der erkennende Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, wonach es dem Firmenbuchgericht verwehrt ist, erst in der Zukunft eintretende Änderungen einzutragen. Die Anmeldung erst künftig wirksamer Änderungen kann daher nur dann zur Eintragung führen, wenn diese Änderungen bis zum Zeitpunkt der Beschlußfassung des Firmenbuchgerichtes auch eingetreten sind. War daher - wie hier - zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts erster Instanz die zum Antragszeitpunkt angemeldete künftige Änderung infolge Zeitablaufs schon eingetreten, stehen die zitierten Gesetzesbestimmungen der begehrten Eintragung nicht entgegen, weil damit dem Unverzüglichkeitsgebot des § 10 FBG am besten entsprochen wird und sich ein Aufforderungsverfahren gegenüber der Gesellschaft mbH (§ 24 FBG) erübrigt. Schon eingetretene Änderungen können (und müssen) im Firmenbuch eingetragen werden. Die Gesellschaft hat ihrer Anmeldungspflicht schon durch die Anmeldung ihres ausgeschiedenen Geschäftsführers entsprochen. Für dieses Ergebnis tritt auch die Lehre ein (Schummer aaO; Burgstaller aaO; Wünsch aaO Rz 16 mwN aus der Lehre und der deutschen Rechtsprechung).

Dem Revisionsrekurs der Gesellschaft mbH ist aus den dargelegten Gründen stattzugeben.

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