OGH 7Ob2435/96f

OGH7Ob2435/96f29.1.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I. Huber als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des Walter B*****, vertreten durch Hager, Teuchtmann, Rechtsanwälte in Linz, wegen Genehmigung der Zuständigkeitsübertragung gemäß § 111 Abs 2 JN, infolge Rekurses des Walter B***** gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 12.September 1996, GZ 13 Nc 29/96a-15, womit die Übertragung der Zuständigkeit vom Bezirksgericht Linz an das Bezirksgericht Linz-Land genehmigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Am 1.Juni 1995 regte die OÖ Landesnervenklinik Wagner-Jauregg beim Bezirksgericht Linz an, dem seit 25.5.1995 wegen einer akuten schizoaffektiven Psychose stationär aufgenommenen Patienten Walter B***** einen Sachwalter für den Bereich der Einkommensverwaltung zu bestellen. Bei der Erstanhörung am 19.Juni 1995 lehnte der Betroffene einen Sachwalter ab und gab u.a. an, sich bereits zum 20. mal im Wagner-Jauregg-Krankenhaus zu befinden. Da die behandelnde Ärztin die Notwendigkeit einer Sachwalterbestellung unterstrich und sich herausstellte, daß ein Unterbringungsverfahren anhängig war, wurde ein Sachwalterschaftsverfahren fortgesetzt und Franz B*****, der Bruder des Betroffenen, mit Beschluß vom 2.November 1995 zum einstweiligen Sachwalter bestellt. Am 20.November 1995 beauftragte das Bezirksgericht Linz einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens, ob der Betroffene aus medizinischer Sicht der Unterstützung eines Sachwalters bedürfe.

Der zwischenzeitig aus der Anstaltspflege entlassene Walter B***** befand sich ab 15.Oktober 1995 erneut in der OÖ Landesnervenklinik Wagner-Jauregg in Pflege und Behandlung. Die Klinik regte diesmal im Hinblick auf den Wohnsitz des Betroffenen in Traun beim Bezirksgericht Linz-Land die Bestellung eines Sachwalters an. Das Gericht setzte zunächst nach der Erstanhörung am 15.November 1995 das Sachwalterschaftsverfahren fort und vernahm unter anderem die beiden Geschwister des Betroffenen. Der Bruder Franz B***** verwies bei seiner Einvernahme auf das zu 2 SW 19/95 des BG Linz anhängige Sachwalterschaftsverfahren betreffend Walter B***** und beantragte dessen Einstellung. Gleichzeitig erhob er Rekurs gegen die Bestellung zum einstweiligen Sachwalter, weil er nicht in der Lage sei, die Interessen seines Bruders wahrzunehmen. Das Bezirksgericht Linz-Land übermittelte den Akt dem Bezirksgericht Linz zur weiteren Veranlassung.

Das Bezirksgericht Linz enthob mit Beschluß vom 19.Dezember 1995 Franz B***** seiner Funktion als einstweiliger Sachwalter und übertrug die Zuständigkeit zur Besorgung dieser Sachwalterschaft an das Bezirksgericht Linz-Land, nachdem sich eine Sozialarbeiterin zur Übernahme des Amtes eines Sachwalters bereit erklärt und mitgeteilt hatte, daß Walter B***** seit seiner Entlassung aus dem Krankenhaus am 20.November 1995 wieder in seiner Mietwohnung in Traun aufhältig sei.

Das Bezirksgericht Linz-Land stellte den Akt am 7.Februar 1996 dem Bezirksgericht Linz mit dem Bemerken zurück, daß das Sachwalterverfahren erst nach formeller Erledigung des von Franz B***** erhobenen Rekurses übernommen werde. Die Übersendungsnote enthält außerdem die Mitteilung, daß das vom Bezirksgericht Linz-Land eingeleitete Sachwalterschaftsverfahren bereits mit rechtskräftigem Beschluß vom 17.Jänner 1996 eingestellt worden sei. Das Bezirksgericht Linz stellte den Akt wieder zurück.

Am 31.Mai 1996 legte das Bezirksgericht Linz-Land den Akt dem Landesgericht Linz zur Entscheidung über das vom Bezirksgericht Linz bis 6.Februar 1996 zur selben Sache geführte Verfahren im Rahmen des § 111 Abs 2 JN mit dem Bemerken vor, es erscheine nicht zweckmäßig, wenn das Bezirksgericht Linz-Land die Nichtigkeit des vom Bezirksgericht Linz parallel bis zur Rechtskraft des Einstellungsbeschlusses geführten Sachwalterverfahrens wahrnehme. Gegen die Übernahme des ab dem 7.Februar 1996 geführten Verfahrens würden keine Einwendungen erhoben.

Das Landesgericht Linz stellte den Akt dem Bezirksgericht Linz-Land zurück, weil die Vorlage an das übergeordnete Gericht nach § 111 Abs 2 JN durch das seine Zuständigkeit übertragende Gericht zu erfolgen habe. Das Bezirksgericht Linz-Land leitete den Akt dem Bezirksgericht Linz weiter.

Das Bezirksgericht Linz legte nach Einholung einer Meldebestätigung des Stadtamtes Traun vom 1.August 1996, wonach der Betroffene weiter in Traun gemeldet sei, den Akt dem Landesgericht Linz zur Entscheidung über den Kompetenzkonflikt vor.

Das Landesgericht Linz genehmigte die Übertragung der Zuständigkeit in dieser Sachwalterschaftssache an das Bezirksgericht Linz-Land. Der Betroffene habe im Sprengel dieses Gerichtes seinen gewöhnlichen Aufenthalt. Das Naheverhältnis zu diesem Gericht werde auch dadurch unterstrichen, daß bei diesem bereits zu 6 SW 8/94 ein Sachwalterverfahren anhängig gewesen sei.

Das übertragende Gericht sei auch bisher zuständig gewesen. Der Betroffene habe sich bei Einleitung des Sachwalterverfahrens vor dem Bezirksgericht Linz in der OÖ Landesnervenklinik befunden. Angesichts der damals häufigen Krankenhausaufenthalte des Betroffenen habe sein Wohnsitz in Traun nicht als gewöhnlicher Aufenthaltsort angesehen werden können. Das Bezirksgericht Linz sei daher als zur Einleitung des Sachwalterverfahrens zuständiges Gericht anzusehen, weil der Betroffene in dessen Sprengel seinen Aufenthalt gehabt habe.

Da sich die für die Zuständigkeit maßgeblichen Umstände geändert hätten und die Übertragung der Zuständigkeit an das Bezirksgericht Linz-Land im Interesse des Betroffenen liege, sei die Übertragung der Zuständigkeit zu genehmigen.

Die vom Bezirksgericht Linz-Land geäußerten Bedenken betreffend die Nichtigkeit des bis zum 6.Februar 1996 vor dem Bezirksgericht Linz parallel geführten Verfahrens seien nicht begründet, weil das Bezirksgericht Linz als örtlich zuständiges Gericht noch vor dem Bezirksgericht Linz-Land das Sachwalterverfahren eingeleitet habe.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Betroffenen mit dem Antrag, das Verfahren 2 SW 19/95 des BG Linz bis zum 7.Februar 1996 für nichtig zu erklären und den angefochtenen Beschluß wegen Nichtigkeit und Rechtswidrigkeit seines Inhaltes betreffend den Zeitraum bis zum 7. Februar 1996 aufzuheben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Zunächst setzt die Übertragung der Zuständigkeit gemäß § 111 Abs 1 JN voraus, daß das übertragende Gericht auch bisher nach dem Gesetz zur Besorgung der Sachwalterschaftssache zuständig war. Andernfalls hat es in jeder Lage des Verfahrens seine Unzuständigkeit auszusprechen und die Sache an das zuständige Gericht zu überweisen (§ 44 JN; Fasching I 535). Nach § 109 Abs 1 JN ist zur Besorgung der Geschäfte, die nach den Bestimmungen über die Sachwalterschaft dem Gericht obliegen, das Gericht zuständig, in dessen Sprengel der Betroffene seinen gewöhnlichen Aufenthalt, mangels eines solchen seinen Aufenthalt hat (Mayr in Rechberger Kommentar zur ZPO Rz 3 zu § 109 JN mwN). Der gewöhnliche Aufenthalt setzt im Gegensatz zum schlichten Aufenthalt regelmäßig eine gewisse Dauer und Beständigkeit voraus. Kommen mehrere Bezirksgerichte in Betracht, entscheidet das Zuvorkommen (Mayr aaO).

Im vorliegenden Fall war bei Einleitung des Verfahrens durch das Bezirksgericht Linz am 1.6.1995 ein Wohnort des Betroffenen nicht aktenkundig (siehe Anzeige der OÖ Landesnervenklinik vom 1.6.1995 in 2 SW 19/95 des BG Linz). Durch das Bezirksgericht Linz wurde gleichzeitig zu 7 Ub 486/95 ein Unterbringungsverfahren geführt. Das Landesgericht Linz hat im Hinblick auf die (damals) häufigen Krankenhausaufenthalte des Betroffenen daher zutreffend ausgeführt, ein gewöhnlicher Aufenthalt des Betroffenen im Sprengel des Bezirksgerichtes Linz-Land habe zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens durch das Bezirksgericht Linz nicht bestanden. Das Bezirksgericht Linz war daher zur Einleitung des Sachwalterschaftsverfahrens zuständig. Die vom Rekurswerber gerügte Nichtigkeit wurde daher bereits vom Landesgericht Linz zutreffend verneint.

Dem unberechtigten Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

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