Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Mit Bescheid der Stadtgemeinde B***** vom 31.1.1996 wurde der Erstantragsgegnerin hinsichtlich der Wohnhausanlage P***** - ***** - in B***** der Innenumbau in 72 Wohneinheiten bewilligt. Die baubehördliche Benützungsbewilligung stammt vom 27.1.1993. Die Nutzwerte gemäß § 3 Abs 1 WEG zur Bestimmung der Miteigentums- und Mindestanteile wurden mit Beschluß des Bezirksgerichtes Bad Ischl vom 28(?).3.1992, Msch 7/92, bestimmt. Die Gesamtsumme der Nutzwerte betrug 4683.
Am 10.2.1994 beantragten die Ehegatten A*****, die mit Kaufvertrag vom 20.11.1992 453/10000 Miteigentumsanteile verbunden mit dem Wohnungseigentum an der Wohnung 51 erworben hatten, die Neufestsetzung der Nutzwerte gemäß § 3 Abs 2 WEG mit folgender Begründung: Ein im Parifizierungsgutachten aufscheinendes Zimmer im Ausmaß von 29,89 m**2 sei durch Vorgänge, die einer baubehördlichen Bewilligung bedürfen, bis zur Vollendung der Bauführung insofern verändert worden, als es in ein Zimmer und ein Bad unterteilt worden sei. Ferner sei in diesem Zimmer eine begehbare Galerie im Ausmaß von 12,73 m**2 errichtet worden. Beide Umstände seien bei der Nutzwertfestsetzung nicht berücksichtigt worden. Weiters sei die zur Wohnung gehörige Terrasse im Ausmaß von 36,17 m**2 mit dem Multiplikator 1,15 bewertet worden, was zu hoch sei, während der in top 12 befindliche Wintergarten mit nur 1,1 multipliziert worden sei. Darüber hinaus seien auch in top 12 bauliche Veränderungen durchgeführt worden, die bei der Nutzwertfestsetzung nicht berücksichtigt worden seien, insbesondere sei aus den Zimmern 1 bis 4 ein durchgehender Speisesaal entstanden und das Objekt umgewidmet worden. Weiters bestünden im Haus wesentliche Baumängel, insbesondere sei kein ausreichender Schallschutz gegeben, was ebenfalls eine Verminderung der Nutzwerte rechtfertige. Eine Neufestsetzung sei auch deshalb erforderlich, weil eine im Wohnungseigentum der Anteilsgegnerin stehende Wohnung als Hausbesorgerwohnung benutzt werde.
Die Erstantragsgegnerin sprach sich gegen die beantragte Nutzwertneufestsetzung aus und brachte ihrerseits vor, die Bestandsänderungen in der Wohnung der Antragsteller beruhten auf einer planlichen Darstellung vom Juni 1992 und seien über Wunsch der Antragsteller vorgenommen worden. Der Nutzwertfeststellungsbeschluß sei in Rechtskraft erwachsen und es liege kein Grund für eine Neufestsetzung vor. Die Terrasse der Wohnung der Antragsteller stelle einen derart werterhöhenden Faktor dar und mache die Wohnung überaus weitläufig, sodaß der Nutzwertfaktor der Wohnung zumindest mit 1,5 bis 1,6 anzunehmen wäre, woraus sich ein ebensolcher Nutzwert wie im Gutachten P***** ergebe. Die Räume von top 12 seien von jeher für eine gewerbliche Nutzung vorgesehen gewesen. Diese Einheit befinde sich auf verschiedenen Ebenen und die Höhendifferenz sei über Stufen zu überwinden. Der Wert werde überdies durch die schwierige Schaufenstergestaltung und die Auflagen des Denkmalschutzes vermindert. Baumängel, wie insbesondere ungenügender Schallschutz, lägen nicht vor.
Das Erstgericht bestimmte die Nutzwerte gemäß § 3 Abs 2 WEG neu und sprach aus, daß die Neufestsetzung eine Änderung der Summe der Nutzwerte von 4683 auf nunmehr 54089 bewirke. Es ging hiebei von folgendem Sachverhalt aus:
Das gegenständliche Objekt besteht aus Kellergeschoß, Erdgeschoß, Zwischengeschoß im nördlichen Teil, erstem und zweitem Obergeschoß. Die Grundstücksgrenzen bilden *****. Insgesamt befinden sich im gegenständlichen Objekt 68 Wohnungseigentumseinheiten. Die ursprünglich geplante und parifizierte Einheit top 3 wurde baulich geändert und es erfolgt die Nutzung in baulich getrennten Teilen durch top 1, 2 und 12. Die Wohnungseigentumseinheit top 14 wird als Hausbesorgerwohnung benutzt. Die Hausbesorgerin wurde im Oktober 1992 bestellt. Die Eingänge der Geschäfte top 4, top 5 und top 12 in der P***** befinden sich in bester Geschäftslage von B*****.
Es handelt sich hier um ein historisches Bauwerk aus dem 19. Jahrhundert, daß die anläßlich der Errichtung des Gebäudes übliche Bauweise der Geschoßdecken als sogenannte "Düppelbaumdecken" aufweist. Zudem ist ein zur Bauzeit übliches stark dimensioniertes Mauerwerk vorhanden, daß den Außenlärm relativ gut abschirmt.
Bei den zwischenzeitig aufgetretenen Reparaturerfordernissen wurden die original vorhandenen Düppelbaumdecken durch Holzbalken - bzw teilweise durch Massivdecken - ersetzt. Die Bauweise und der Aufbau dieser Geschoßdecken entspricht nicht der heute üblichen Ausführung als sogenannter "schwimmender Fußboden".
Die Einheit top 23 befindet sich über einer Trafostation. Die Wohnungstrennwand zwischen dem Schlafzimmer der Einheit top 52 und dem Gästezimmer der Einheit top 51 ist als Rigipswand ausgeführt.
Bezüglich der Luftschalldämmung weist die Decke zwischen der Wohnung top 52 im zweiten Obergeschoß und der Wohnung top 26 im ersten Obergeschoß eine geringfügige, die Wohnungstrennwand zwischen dem Schlafzimmer der Wohnung top 52 und dem Schlafzimmer der Wohnung der Antragsteller (top 51) im zweiten Obergeschoß eine erhebliche und die Wohnungseingangstür zu Wohnung top 51 eine wesentliche Unterscheidung der Mindestanforderung auf. Bezüglich der Trittschalldämmung weisen die Decken zwischen dem Wohnzimmer der Wohnung top 52 im zweiten Obergeschoß und dem Wohnzimmer der Wohnung top 26 im ersten Obergeschoß als auch zwischen dem Schlafzimmer der Wohnung top 52 und dem Schlafzimmer der Wohnung top 51 im zweiten Obergeschoß eine erhebliche Unterschreitung der Mindestanforderung auf. Die Ursache dafür ist in der fehlenden bzw mangelhaften schwimmenden Ausführung des historischen Fußbodenaufbaues zu suchen.
Die Wohnung top 51 besteht aus einem Wohnzimmer, einem Schlafzimmer, einem Bad mit WC, einer Küche, einer Diele, einem Vorraum, einem WC, einem Abstellraum in der Diele, einem Gästezimmer, einem zweiten Abstellraum im Türstock und einem Schlafzimmer in der Galerie. Zu dem verfügt diese Wohnung über eine Terrasse (32,07 m**2), einen Speicher im Dachraum und ein Kellerabteil. In die Wohnung wurde nachträglich in das Schlafzimmer eine Galerie mit 12,77 m**2 eingebaut. Die Terrasse ist vom Westen her durch Wind sowie zusätzlich durch Straßenlärm beeinträchtigt, da sich unterhalb eine Kreuzung von 5 Straßen befindet.
Der Sachverständige S***** errechnete für diese Wohnung einen Einzelnutzwert von 168,57 während im ursprünglichen Gutachten des Dipl.Ing.P***** ein Einzelnutzwert von 170,67 sowie für die Terrasse ein solcher von 41,60, insgesamt daher gerundet ein Nutzwert von 212,50 errechnet wurde. Der staatlich befugte und beeidete Ziviltechniker S***** errechnete für die Wohnung top 51 einen Nutzwert von 167,92.
Die Wohnungen sind überwiegend mit Keramikfliesen im Sanitärbereich und Teppichböden bzw PVC-Fußböden versehen. Die Geschäfte sind mit Steinfußböden ausgestattet. Im Cafe S***** ist nicht nur einfacher Steinfußboden, sondern hochwertiger Boden verlegt. Die Sanitärausstattung ist durchschnittlich. Das Cafe verfügt über eine säulenartige Gestaltung und über sehr schöne Deckengemälde.
Die Nutzwertgutachten betreffend die Wohn- und Geschäftshäuser ***** in B***** gehen von einem Regelnutzwert um 2 für Geschäfte und um 1 für Wohnungen aus.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, bei der Bewertung der Terrasse der Wohnung der Antragsteller bzw der Einbeziehung der Fläche unter der Treppe sei gegen zwingende Grundsätze der Parifizierung verstoßen worden, was eine Neufestsetzung der Nutzwerte an Hand des Gutachtens des Sachverständigen S***** erforderlich mache. Es gebe keine zwingenden Vorschriften, wie die Nutzwerte anzusetzen seien, insbesondere keine Bestimmung, daß grundsätzlich und unabhängig vom Widmungszweck von einem Regelnutzwert von 1 sowohl für Wohnungen als auch für Geschäftsräumlichkeiten auszugehen sei. Diesbezüglich sei vor allem von der allgemeinen Verkehrsauffassung und den Erfahrungen des täglichen Lebens auszugehen. Diese zeigen aber, daß für Wohnungen ein Regelnutzwert von 1 und für Geschäftsräume ein solcher von 1,8 bis 2 anzusetzen sei.
Die Gipskartonwand zwischen top 52 und top 51 entspreche nicht den Anforderungen der Luftschalldämmung, was mit einem Abschlag von 30 % zu bewerten sei. Ebenso sei für die Wohnungseinheiten im Mittelgeschoß wegen mangelnder Trittschalldämmung ein Abstrich von 5 % gerechtfertigt. Top 23 befinde sich über einer Trafostation und sei dadurch mit einem Abzug von 10 % zu bewerten. An der Hausbesorgerwohnung top 14 könne kein Wohnungseigentum bestehen, weshalb sie bei der Nutzwertneuberechnung nicht mehr miteinzubeziehen gewesen sei.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Erstantragsgegnerin Folge, hob den angefochtenen Sachbeschluß auf, verwies die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück, sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt, und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Es führte folgendes aus:
Gemäß § 3 Abs 2 WEG sei der Nutzwert auf Antrag insbesondere dann neu festzusetzen, wenn sich der festgesetzte Nutzwert einer Wohnung oder einer sonstigen Räumlichkeit bis zur Vollendung der Bauführung durch Vorgänge, die einer baubehördlichen Bewilligung bedürfen, um mindestens 3 % ändere. Der Antrag sei nur innerhalb eines Jahres nach Eintritt der Rechtskraft der baubehördlichen Benützungsbewilligung zulässig. Weitere in § 3 Abs 2 WEG aufgeführte Gründe für eine Nutzwertneufestsetzung seien die Übertragung von Teilen der Liegenschaft zwischen unmittelbar aneinander grenzenden Wohnungen und die wesentliche Änderung des festgesetzten Nutzwertes einer Wohnung durch bauliche Veränderungen nach Bauführung, die einer baubehördlichen Bewilligung bedürften, wobei diesbezüglich ein Antrag ebenfalls nur bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt der Rechtskraft der erforderlichen Baubewilligung zulässig sei.
Zum Antrag auf Festsetzung der Nutzwerte nach § 3 Abs 1 WEG oder Neufestsetzung derselben nach § 3 Abs 2 Z 1 und 3 WEG sei nach der Vollendung der Bauführung jeder Miteigentümer und jeder Wohnungsbewerber berechtigt. Wenn die Erstantragsgegnerin meine, die Antragsteller seien zu einer Neufestsetzung der Nutzwerte nur insoweit aktivlegitimiert, als die Gründe dafür ihre Wohnung betreffen, während ihnen hinsichtlich der übrigen allfälligen Neufestsetzungsgründe, die andere Einheiten betreffen, die Antragslegitimation fehle, so könne dem nach dem Wortlaut des § 4 Abs 1 WEG nicht zugestimmt werden. Dieser gewähre nämlich nach Vollendung der Bauführung jedem Miteigentümer und jedem Wohnungseigentumsbewerber ohne Rücksicht darauf, ob gerade seine Wohnung betroffen sei oder nicht, die Antragstellung. Einschränkungen bestünden nur hinsichtlich der Übertragung von Liegenschaftsanteilen zwischen unmittelbar aneinandergrenzenden Wohnungen, welcher Fall aber hier nicht zur Beurteilung anstehe. Es sei also von einer uneingeschränkten Antragslegitimation der Antragsteller auszugehen.
Zur Frage der Berechtigung des Antrages auf Neufestsetzung der Nutzwerte sei vorweg auszuführen, daß ein Sachbeschluß über die Nutzwertfestsetzung grundsätzlich in Rechtskraft erwachse und sich Personen, die nach rechtskräftiger Nutzwertfestsetzung und in Kenntnis ihrer Ergebnisse einen mit Wohnungseigentum verbundenen Miteigentumsanteil erwerben, sich damit den festgestellten Nutzwerten unterwerfen. Eine Neufestsetzung sei nur aus bestimmten Gründen möglich, wobei die Aufzählung in § 3 Abs 2 WEG nicht erschöpfend sei. Es könne eine Umparifizierung daher nicht nur bei einer Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes, sondern auch bei nachträglichem Hervorkommen der wahren Sach- und Rechtslage beantragt werden. Die Anwendungsfälle einer solchen Korrektur der Nutzwerte beschränkten sich jedoch auf Verstöße gegen zwingende Grundsätze der Parifizierung, etwa auf die Einbeziehung allgemeiner Teile der Liegenschaft in die Nutzwertberechnung oder ähnliches (vgl 5 Ob 1106/92 = MietSlg 45.533; MietSlg 37.613; Würth in Rummel**2 Rz 5 zu § 3 WEG).
Es sei nun hinsichtlich aller geltend gemachter Gründe zu prüfen, ob sie eine Neuparifizierung rechtfertigten und, wenn ja, in welchem Umfang neu zu bewerten bzw zu parifizieren sei. Dabei sei zwischen zwei Gruppen von Gründen zu unterscheiden, und zwar zwischen solchen, denen eine Sachverhaltsänderung zugrunde liege, und solchen, die Bewertungsfragen betreffen.
Weder die Einbeziehung der Flächen unter einer (Wendel)Treppe noch die Bewertung der Terrasse der Wohnung top 51 mit dem gleichen Faktor wie die Wohnung selbst bzw die Bewertung von Wohnungen und Geschäften mit fast gleichen Faktoren widerspreche zwingenden Bewertungsrichtlinien, weshalb darauf ein Neuparifizierungsantrag nicht erfolgreich gestützt werden könne. Dazu im einzelnen:
§ 6 Abs 1 WEG besage, daß unter anderem Treppen bei der Berechnung der Nutzfläche nicht zu berücksichtigen seien. Dies beziehe sich aber wohl nur auf die Treppe selbst und nicht auch auf die Fläche, die unter einer Treppe liege, zumal diese ja - insbesondere im Fall einer Wendeltreppe - nicht jeglicher Nutzung entzogen sei. Für die Einbeziehung der unter einer Treppe liegenden Fläche in die Nutzflächenberechnung spreche auch ganz deutlich Abbildung 1.1.3 in Eckharter/Hauswirth/Meinhart/Rollwagen, Die Nutzfläche im Wohnrecht. Wenn im ursprünglichen Parifizierungsgutachten Flächen unter Wendeltreppen bei der Nutzflächenberechnung nicht in Abzug gebracht worden seien, so widerspreche dies nicht zwingenden Parifizierungsgrundsätzen und könne nicht zu einer Neuparifizierung führen.
Gleiches gelte für die Bewertung von Wohnungen und Geschäftsräumlichkeiten mit gleichen bzw annähernd gleichen Regelnutzwerten, könne doch nicht immer und für jeden Fall davon ausgegangen werden, daß Geschäftsräumlichkeiten höherwertiger seien als Wohnungen, zumal es dabei auf sehr viele, von den Örtlichkeiten, der Verkehrslage, der Besiedlung etc abhängige Parameter ankomme, die immer bezogen auf den Einzelfall zu ermitteln seien. Dies komme auch im § 5 Abs 1 WEG deutlich zum Ausdruck, wonach sich die Zuschläge und Abstriche aus der allgemeinen Verkehrsauffassung, den Erfahrungen des täglichen Lebens, der Zweckbestimmung, der Ausstattung usw ergeben. Das heiße nichts anderes, als daß in jedem einzelnen Fall diese Zu- oder Abschläge festzusetzen seien, ohne daß es dafür allgemein gültige zwingende Vorschriften bzw Richtlinien gebe. Das Verhältnis der Wertigkeit der Wohnungen und Geschäften sei auch sehr vom Zeitpunkt der Beurteilung abhängig, weil die Gesamtwirtschaftslage und die konkreten örtlichen Verhältnisse von Einfluß sein könnten. Daß sich diese Parameter im Laufe von einigen Jahren drastisch ändern könnten, liege auf der Hand. Aus diesem Grund habe wohl der Gesetzgeber auch keine zwingenden Richtlinien für das Bewertungsverhältnis zwischen Wohnungen und Geschäftsräumlichkeiten aufgestellt, sondern dafür nur Anhaltspunkte gegeben, wie etwa die allgemeine Verkehrsauffassung und die Erfahrungen des täglichen Lebens. Daß eine Gleichbewertung von Wohnungen und Geschäftsräumen gegen diese Grundsätze verstoßen würde, sei nicht hervorgekommen.
Gleiches gelte für die Frage, ob für das gesamte erste Obergeschoß ein Abschlag von 5 % vorzunehmen sei oder nicht. Im ursprünglichen Parifizierungsgutachten sei ein solcher Abschlag nicht gemacht worden, während der nunmehrige Sachverständige meine, das erste Geschoß sei generell minderwertig. Daß dies zwingend immer so sein müßte, könne aber schon deshalb nicht gesagt werden, weil eine Mittelgeschoßlage auch unübersehbare Vorteile haben könne, wie zum Beispiel einen geringeren Heizenergiebedarf. Von einer Mißachtung zwingender Bewertungsvorschriften bei einer Gleichbewertung der Wohnungen im ersten Obergeschoß mit den darüber liegenden könne also nicht die Rede sein.
Auch was die Bewertung der Wohnungseinheit top 23, die über einer Trafostation liege, betreffe, sei kein Verstoß gegen zwingende Bewertungsrichtlinien gegeben. Nach Ansicht des Rekursgerichtes sei ein Abschlag von 10 % nicht zwingend vorgeschrieben, zumal es durchaus möglich sei, daß durch die bauliche Ausgestaltung eine Beeinträchtigung durch die darunter liegende Trafostation nicht gegeben sei.
Auch hinsichtlich der Bewertung der Zimmer der Wohnungen 51 und 52, die angeblich durch nur eine Rigipswand getrennt seien, gebe es keine zwingenden Vorschriften, diese nur mit 0,77 bzw 0,7 zu bewerten.
Was die Bewertung der Terrasse der Antragsteller betreffe, so sei zunächst zu sagen, daß § 6 Abs 1 WEG anordne, daß Terrassen bei der Berechnung der Nutzfläche nicht zu berücksichtigen seien. Vielmehr seien diese bei der Nutzwertfestsetzung als werterhöhende Ausstattung zu berücksichtigen. Im gegenständlichen Fall habe der ursprüngliche Gutachter die Wohnung 51 mit einem Faktor von 1,15 bewertet und die Terrasse in diese Bewertung miteinbezogen, was insofern nicht richtig sei, als die Terrasse separat als werterhöhendes Zubehör auszuweisen gewesen wäre. Damit sei aber nicht gesagt, daß die Vorgangsweise auch im Ergebnis gegen zwingende Bewertungsgrundsätze verstöße. Gehe man nämlich davon aus, daß diese halbkreisförmige über 30 m**2 große Terrasse in der warmen Jahreszeit den Wohnraum erheblich vergrößere und auch dann, wenn wegen der Witterung eine tatsächliche Benützung nicht möglich sei, die Wohnung schon rein optisch größer und freier wirke, so erweise sich diese Terrasse als doch sehr erheblicher werterhöhender Faktor, der einer Gleichstellung mit einem Wohnraum wohl sehr nahe komme. Es könne also auch darin, daß der damalige Sachverständige die Terrasse gleich bewertet habe wie die Wohnräume, kein Verstoß gegen zwingende Bewertungsrichtlinien erkannt werden und liege darin kein Grund für eine Nutzwertneufestsetzung (vgl auch 5 Ob 1106/92 = MietSlg 45.533). Dies insbesondere deshalb, weil der Werterhöhung der Wohnung durch die Terrasse durch den Faktor von 1,15 wohl nicht zur Gänze Rechnung getragen werde.
Der vom Erstgericht angenommene Verstoß gegen zwingende Parifizierungsgrundsätze liege also in keinem Punkt vor und es könnten die angeführten Umstände, denen keinerlei Sachverhaltsänderungen zugrunde liege, die rechtskräftige Parifizierung nicht außer Kraft setzen. Die Rechtskraft des ursprünglichen Parifizierungsbeschlusses bzw die damit im Zusammenhang stehende Rechtssicherheit seien auch der Grund dafür, daß bei der Beurteilung der Frage, ob ein Verstoß gegen zwingende Bewertungsgrundsätze vorlege, der eine Neuparifizierung rechtfertigen könne, nach Ansicht des Rekursgerichts ein strenger Maßstab anzuwenden und eine Nutzwertneufestsetzung wirklich nur dann zuzulassen sei, wenn gravierende Verstöße gegen Bewertungsvorschriften vorlägen, wie zB wenn für allgemeine Teile einer Wohnungseigentumsanlage ein Nutzwert festgesetzt werde.
Neben den bisher behandelten Punkten, denen keinerlei Sachverhaltsänderung zugrunde liege, hätten sich die Antragsteller zur Begründung ihres Nutzwertneufestsetzungsantrages auch auf Umstände berufen, denen Änderungen des tatsächlichen Zustandes gegenüber dem zum Zeitpunkt der ursprünglichen Nutzwertfestsetzung zugrunde lägen. So sei einerseits vorgebracht worden, es werde nunmehr eine Wohnung, die im Wohnungseigentum der Erstantragsgegnerin stehe, als Hausbesorgerwohnung benützt und es hätten bauliche Veränderungen in der Wohnung der Antragsteller und in top 12 stattgefunden.
Zur Wohnung top 14, die von der Hausbesorgerin benützt werde, habe das Erstgericht festgestellt, daß die Hausbesorgerin im Oktober 1992, also nach rechtskräftiger Parifizierung bestellt worden sei. Diesbezüglich handle es sich um eine Umwidmung eines bisher im Wohnungseigentum stehenden Teiles der Liegenschaft in einen allgemeinen Teil gemäß § 1 Abs 4 WEG, an dem Wohnungseigentum nicht bestehen könne. Eine derartige Umwidmung von Teilen, an denen Wohnungseigentum bestehe, in allgemeine und umgekehrt bilde nach oberstgerichtlicher Rechtsprechung einen nicht ausdrücklich im Gesetz genannten Grund für eine Neuparifizierung (vgl 5 Ob 1/91 = MietSlg 43/16 = WoBl 1992, 22/20; 5 Ob 80/94 = MietSlg 46.511 = WoBl 1995, 28/13). Diesbezüglich sei der Nutzwertneufestsetzungsantrag also jedenfalls berechtigt und es werde insoweit zu einer Neuparifizierung kommen müssen. Das heiße aber nicht, daß dabei das gesamte Objekt neu zu bewerten wäre, sondern es seien lediglich ausgehend von der bisherigen Bewertung im Beschluß Msch 7/92 nach Herausnahme der Wohnung top 14 als allgemein genutzter Liegenschaftsteil die Nutzwerte bzw Mindestanteile neu festzulegen, ohne daß dabei von den bisherigen Bewertungsgrundsätzen abzuweichen sei (vgl LGZ Wien MietSlg 37.612). Dies deshalb, weil die Bewertung mangels eines Verstoßes gegen zwingende Vorschriften in Rechtskraft erwachsen sei und nur insofern eine Änderung gerechtfertigt sei, als auch eine tatsächliche Änderung im Sachverhalt eingetreten sei.
Gleiches bzw ähnliches gelte für die von den Antragstellern gemachten baulichen Veränderungen in ihrer Wohnung bzw in top 12. In diesem Punkt sei die Rechtssache mangels ausreichender Sachverhaltsdarstellungen noch nicht entscheidungsreif. Nach § 3 Abs 2 Z 1 und 3 WEG seien bauliche Änderungen, soweit sie nicht Verschiebungen zwischen zwei unmittelbar aneinandergrenzenden Wohnungen beträfen, immer nur dann Grund für eine Nutzwertneufestsetzung, wenn sie einer baubehördlichen Bewilligung bedürften. Darüberhinaus seien für eine Neuparifizierung wegen baulicher Änderungen weitere Voraussetzungen erforderlich, und zwar, daß der Antrag innerhalb eines Jahres nach Eintritt der Rechtskraft der baubehördlichen Benützungsbewilligung (Ziffer 1) bzw der Baubewilligung (Ziffer 3) gestellt werde und daß eine Nutzwertänderung von mindestens 3 % (Ziffer 1) bzw in wesentlichem Ausmaß (Ziffer 3) eintrete, wobei nur vom betroffenen Wohnungseigentumsobjekt und nicht etwa vom Gesamtnutzwert aller Wohnungen und sonstigen Räumlichkeiten auszugehen sei (Derbolav, Die Neufestsetzung der Nutzwerte nach dem WEG 1975, ImmZ 1979, 5). Das Erstgericht werde also zu den behaupteten baulichen Veränderungen festzustellen haben, ob diese vor oder nach Vollendung der Bauführung durchgeführt worden seien, ob sie einer baubehördlichen Bewilligung bedurft hätten und wann eine solche bzw die baubehördliche Benützungsbewilligung in Rechtskraft erwachsen sei. Erst dann werde man abschließend beurteilen können, ob die Voraussetzungen für eine Neuparifizierung auch in diesem Punkt vorlägen. Wenn ja, dann gelte auch hier, daß nur die veränderten Einheiten nach den Kriterien des seinerzeitigen Gutachtens neu zu bewerten seien und nicht die gesamte Anlage, wenn sich auch eine Änderung der Summe der gesamten Nutzwerte ergeben werde. Weiters werde des Erstgericht Feststellungen dazu zu treffen haben, inwieweit im Hinblick auf top 12 tatsächlich eine Widmungsänderung eingetreten sei bzw dieser Bereich zunächst als Wohnung gewidmet gewesen sei und erst später eine Umwidmung in ein Kaffeehaus erfolgt sei.
Der Revisionsrekurs sei zuzulassen gewesen, weil zum Umfang und Ausmaß zwingender Bewertungsvorschriften betreffend Regelnutzwert, Bewertung von Terrassen im Verhältnis zu Wohnungen etc und zum Umfang einer allfälligen (Neu)Parifizierung keine oberstgerichtliche Rechtsprechung existiere.
Gegen diesen Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichts richtet sich der Rekurs der Antragsteller mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses abzuändern.
Die Erstantragsgegnerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, den Rekurs zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.
Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
Die Rechtsmittelwerber machen zusammengefaßt folgendes geltend:
Ihre Teilnahme am Nutzwertfestsetzungsverfahren sei verhindert worden. Eine Neuparifizierung sei aufgrund aller von ihnen genannten Umstände gerechtfertigt. Der Raum unter einer Treppe sei für Wohnzwecke nicht geeignet. Die gegen § 6 Abs 1 WEG verstoßende Einbeziehung der Terrasse in die Nutzflächenberechnung könne nicht damit gerechtfertigt werden, daß vielleicht bei der Ausweisung der Terrasse als werterhöhendes Zubehör ein gleiches oder ähnliches Ergebnis hätte herauskommen können, zumal diese Annahme durch das dem erstgerichtlichen Sachbeschluß zugrundeliegende Gutachten widerlegt worden sei. Es entspreche der allgemeinen Verkehrsauffassung und den Erfahrungen des täglichen Lebens, daß Wohnungen und Geschäftslokale nicht gleich zu bewerten seien, daß für das erste Obergeschoß ein Abschlag von 5 % vorzunehmen sei, daß die Nähe einer Wohnung zur Trafostation zu berücksichtigen sei und daß eine Rigipswand nicht den selben Lärmschutz biete, wie eine normale Zimmermauer. Soweit auch das Rekursgericht eine Neuparifizierung für gerechtfertigt halte, sei nicht nach den bisherigen Bewertungsgrundsätzen vorzugehen.
Der erkennende Senat hält diese Rechtsmittelausführungen - soweit sie sich nicht auf die Terrasse der Antragsteller beziehen - für nicht stichhaltig und erachtet in diesem Umfang die damit bekämpfte Begründung des angefochtenen Beschlusses für zutreffend (§ 26 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG, §§ 528a, 510 Abs 3 ZPO). Zur Argumentation der Rechtsmittelwerber ist noch folgendes zu bemerken:
Rechtliche Beurteilung
Daß die Teilnahme der Antragsteller am Nutzwertfestsetzungsverfahren (von Verkäuferseite) verhindert worden wäre (vgl Würth in Rummel**2 § 23 WEG Rz 18), haben sie im erstinstanzlichen Verfahren nicht vorgebracht; auf diese unbeachtliche Neuerung ist nicht weiter einzugehen.
Nach den vorinstanzlichen Feststellungen haben die Antragsteller nach rechtskräftiger Nutzwertfestsetzung mit Wohnungseigentum verbundene Miteigentumsanteile gekauft. Die Rechtskraft des Beschlusses über die Nutzwertfestsetzung gemäß § 3 Abs 1 WEG wirkt aber grundsätzlich auch gegenüber späteren Erwerbern (Würth aaO § 3 WEG Rz 2; MietSlg 45.533 = WoBl 1993, 173/119 [Call] mwN).
Das Rekursgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, daß eine Neufestsetzung der Nutzwerte gemäß § 3 Abs 2 WEG nicht nur bei einer Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts, sondern auch bei nachträglichem Hervorkommen der wahren Sach- und Rechtslage beantragt werden kann, wobei die Anwendungsfälle einer solchen Korrektur sich aber auf Verstöße gegen zwingende Grundsätze der Parifizierung beschränken (MietSlg 45.533 mwN).
Was die über 30 m**2 große Terrasse der Antragsteller anlangt, hat das Rekursgericht zunächst richtig erkannt, daß diese Terrasse gemäß § 6 Abs 1 WEG nicht bei der Berechnung der Nutzfläche, sondern (gemäß § 5 Abs 1 WEG) durch einen Zuschlag bei der Nutzwertermittlung zu berücksichtigen gewesen wäre (vgl MietSlg 40.629; WoBl 1996, 81/25 [Call]). Entgegen der Ansicht des Rekursgerichts kann dieser Verstoß gegen zwingende Parifizierungsgrundsätze nicht vernachlässigt werden; dafür, daß sich im Ergebnis bei richtiger Vorgangsweise nichts ändern würde, gibt es keine ausreichenden Anhaltspunkte (vgl WoBl 1996, 81/25). Die vom Rekursgericht zitierte Entscheidung MietSlg 45.533 stützt dessen Standpunkt insoweit nicht, weil es damals nicht um die Einrechnung einer Terrasse in die Nutzfläche, sondern um die Bewertung von Terrassenflächen im Vergleich mit Gartenflächen ging. Somit liegt auch in diesem Punkt ein Grund für eine Neufestsetzung des Nutzwertes vor.
Hingegen bestehen keine zwingenden Parifizierungsgrundsätze für Bodenflächen unter Treppen. Das Gesetz ordnet in § 6 Abs 1 nur an, daß Treppen selbst nicht zur Nutzfläche zählen, und enthält keine darüber hinausgehenden Regeln (vgl im übrigen Eckharter/Hauswirth/Meinhart/Rollwagen, Die Nutzfläche im Wohnrecht 15, denen zufolge die Bodenfläche unter Treppen abzüglich des Auflagers zur Nutzfläche zählt).
Auch was die übrigen von den Rechtsmittelwerbern genannten Punkte anlangt, wurde gegen keine zwingenden Grundsätze der Parifizierung verstoßen. Die Rechtsmittelwerber können insoweit selbst nur die allgemeine Verkehrsauffassung und die Erfahrungen des täglichen Lebens ins Treffen führen. Daß sie selbst hier eine andere Bewertung für angemessen halten, bildet keinen Grund für eine Neuparifizierung, die der Gesetzgeber eher vermeiden wollte (MietSlg 45.533 mwN). Im einzelnen wird auf die Ausführungen des Rekursgerichts verwiesen.
Die nachträgliche Umwidmung eines im Wohnungseigentum der Erstantragsgegnerin stehenden Objekts in eine Hausbesorgerwohnung sowie grundsätzlich auch die geltend gemachten baulichen Veränderungen hat das Rekursgericht ohnehin als berechtigten Anlaß für eine Neufestsetzung der Nutzwerte angesehen. Wenn das Rekursgericht ausgehend von seiner zutreffenden Rechtsansicht zur Berücksichtigung baulicher Änderungen eine Verfahrensergänzung für notwendig gehalten hat, so kann dem der Oberste Gerichtshof nicht entgegentreten (Kodek in Rechberger § 519 ZPO Rz 5 mwN).
Zum Umfang der Neuparifizierung ist der erkennende Senat der Meinung, daß eine Korrektur der Nutzwerte nur insoweit zu erfolgen hat, als Sachverhaltsänderungen oder die Auswirkungen von Verstößen gegen zwingende Parifizierungsgrundsätze dies erfordern. Die Rechtskraft des Nutzwertfestsetzungsbeschlusses gemäß § 3 Abs 1 WEG soll durch eine Neufestsetzung gemäß § 3 Abs 2 WEG nur im unbedingt notwendigen Ausmaß durchbrochen werden. Das Vorliegen irgendeines Neuparifizierungsgrundes hat somit nicht etwa zur Folge, daß die in Rechtskraft erwachsene Nutzwertfestsetzung für das gesamte Objekt schlechthin außer Kraft tritt und das Verfahren zur Gänze von Anfang an neu durchzuführen ist. Vielmehr sind die erforderlichen Korrekturen grundsätzlich auf der Basis der gemäß § 3 Abs 1 WEG erfolgten Nutzwertfestsetzung vorzunehmen.
Es hat demnach bei der Aufhebung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses zu bleiben, weshalb dem Rekurs der Antragsteller ein Erfolg zu versagen war.
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