Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben.
Dem Erstgericht wird eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Text
Begründung
Die Antragstellerin, Wohnungseigentümerin des an die Antragsgegnerin vermieteten Geschäftslokales, stellte am 5.September 1994 bei der Schlichtungsstelle den Antrag auf Feststellung, sie sei - ausgehend von einem wertgesicherten monatlichen angemessenen Hauptmietzins von derzeit S 136.819,- - berechtigt, ab 1.1.1995 den Hauptmietzins jährlich um 1/15 der Differenz zwischen den angemessenen Hauptmietzins und dem derzeit bestehenden Hauptmietzins von monatlich S 2.225,- zu erhöhen.
Die Antragstellerin begründete ihr Begehren damit, zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages mit dem Alleininhaber der 1896 unter der Bezeichnung "W***** gegründeten OHG im Jahre 1919 sei eine freie Mietzinsvereinbarung nicht möglich gewesen. Die Mietrechte seien in der Folge auf eine Alleinerbin übergegangen. Am 1.Feber 1928 seien in das Unternehmen andere Personen als persönlich haftende Gesellschafter eingetreten. Dadurch sei - ohne Firmenänderung - eine neue OHG entstanden. Das solcherart entstandene gespaltene Mietverhältnis berechtige zu einer Mietzinserhöhung gemäß § 46 a Abs 5 MRG. Dazu wurde zusätzlich wörtlich folgendes ausgeführt: "Die Firma W***** KG wurde unter der Voraussetzung, daß § 46 a Abs 5 MRG Anwendung findet, ausdrücklich von der Antragstellerin als Hauptmieterin anerkannt werden."
Sollte man zum Ergebnis gelangen, daß die im Jahre 1929 entstandene OHG schon damals Hauptmieterin geworden ist, so seien wegen der in der Zwischenzeit erfolgten, im einzelnen dargestellten gesellschaftsrechtlichen Änderungen, auch die Voraussetzungen für eine Mietzinsanhebung nach § 46 a Abs 4 MRG gegeben, weil zum Zeitpunkt des Entstehens der OHG eine gesetzliche Mietzinsbeschränkung gegolten habe. Diesbezüglich werde aber ausdrücklich vorgebracht, daß die Mietzinsvorschreibung stets an die "Firma W*****" erfolgt sei, und zwar schon zu der Zeit, als ein Einzelunternehmer diese Firma führte. Änderungen bezüglich der Hauptmietereigenschaften oder der Gesellschaftsstruktur seien dem Vermieter niemals bekanntgegeben worden. Die am "W*****" vorgenommenen Mietzinsvorschreibungen hätten sich in Wirklichkeit daher immer an die jeweiligen Mietrechtsnachfolger (§ 1116 a ABGB gerichtet), niemals aber an die erst 1929 entstandene OHG. Es sei weder ausdrücklich noch konkludent ein Mietverhältnis mit der OHG entstanden.
Die Antragsgegnerin beantragte Abweisung der Anträge der Antragstellerin und brachte bei der Schlichtungsstelle im wesentlichen folgendes vor:
Das gegenständliche Mietverhältnis sei bereits im Jahre 1906, also zur Zeit der Zulässigkeit freier Zinsvereinbarungen, eingegangen worden. Mieterin sei immer die protokollierte Firma W***** gewesen. Deswegen sei es auch zu keinem gespaltenen Mietverhältnis gekommen. Es seien daher die Voraussetzungen des § 64 a Abs 4 und 5 MRG für eine Mietzinsanhebung nicht erfüllt.
Überdies sei der von der Antragstellerin begehrte Hauptmietzins unangemessen hoch.
Das Erstgericht wies die Anträge der Antragstellerin ab.
Das Erstgericht ging vom Abschluß des Mietvertrages im November 1919 mit "W*****" aus, wobei unter dieser Firmenbezeichnung das Unternehmen von einem Alleininhaber geführt wurde. Ferner habe die Antragstellerin die Antragsgegnerin im Anhebungsbegehren nicht als Hauptmieterin anerkannt.
Rechtlich führte das Erstgericht im wesentlichen folgendes aus:
Gemäß § 46a Abs 4 MRG dürfe der Vermieter die schrittweise Anhebung des bisherigen Hauptmietzinses begehren, soferne eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechts vor dem 1.1.1968 eine Geschäftsräumlichkeit als Hauptmieter gemietet habe und bei Vertragsabschluß eine freie Mietzinsvereinbarung nicht möglich gewesen sei. Die Voraussetzung des Abschlusses des Mietvertrages durch eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechts sei aber nicht gegeben, sodaß die übrigen Voraussetzungen des § 46a Abs 4 MRG nicht zu prüfen seien. Gehe man vom Vorbringen der Antragsgegnerin aus, daß das Mietverhältnis bereits 1906 begonnen habe, so wäre (überdies) eine freie Mietzinsvereinbarung im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses möglich gewesen. Gemäß § 46a Abs 5 MRG sei die schrittweise Anhebung des bisherigen Hauptmietzinses bis zu dem nach § 16 Abs 1 MRG zulässigen Betrag innerhalb von 15 Jahren bei gespaltenen Mietverhältnissen ab dem auf das schriftliche Anhebungsbegehren folgenden 1.Jänner möglich, wenn mit dem Anhebungsbegehren der Erwerber des Unternehmens als neuer Hauptmieter anerkannt werde. Eine solche Anerkennung sei nicht erfolgt, sodaß die weiteren Voraussetzungen des § 46a Abs 5 MRG nicht zu prüfen seien.
Das Rekursgericht bestätigte den Sachbeschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Das Rekursgericht begründet seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt:
Offensichtlich sei das Erstgericht deswegen von der unstrittigen Nichtanerkennung der Antragsgegnerin als Hauptmieter ausgegangen, weil in dem von der Antragstellerin (mit Ordnungsnummer 6) vorgelegten Schreiben vom 15.3.1994 tatsächlich keine Anerkennung der Antragsgegnerin als Hauptmieterin ausgesprochen werde. Die insofern von der Antragstellerin gerügte Aktenwidrigkeit liege daher nicht vor.
Ob die im Antrag an die Schlichtungsstelle diesbezüglich abgegebene Erklärung der Antragstellerin den Erfordernissen eines Anhebungsbegehrens entspreche, könne dahingestellt bleiben, weil die Antragstellerin konkretes Tatsachenvorbringen betreffend das Entstehen eines gespaltenen Mietverhältnisses gar nicht erstattet habe. Die bloße Gründung einer offenen Handelsgesellschaft und deren Tätigkeit im Bestandobjekt stelle noch keine Unternehmensveräußerung, wesentliches Tatbestandsmerkmal für eine Mietzinsanhebung nach § 46 a Abs 5 MRG, dar. Auf die erstmals im Rekurs aufgestellte Behauptung, es sei das Unternehmen bzw die Mietrechte in die neue OHG eingebracht worden, könne wegen des Neuerungsverbotes nicht Bedacht genommen werden.
Auch das subsidiär auf § 46 a Abs 4 MRG gestützte Begehren sei unschlüssig geblieben.
Der Antrag der Antragstellerin sei daher mangels schlüssigen Vorbringens im Ergebnis vom Erstgericht zu Recht abgewiesen worden.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil das Rekursgericht die die Antragstellerin treffende Behauptungspflicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes beurteilt habe.
Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den angefochtenen Sachbeschluß aufzuheben und die Rechtssache an eine der Vorinstanzen zur Ergänzung des Verfahrens und neuen Entscheidung zurückzuverweisen.
Die Antragsgegnerin begehrt, den Revisionsrekurs der Antragstellerin zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.
Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
a) Zur Zulässigkeit:
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht bei Beurteilung der Schlüssigkeit des Vorbringens der Antragstellerin und der diese treffenden Behauptungs- und Beweislast von den diesbezüglich vom Obersten Gerichtshof vertretenen verfahrensrechtlichen Grundsätzen abwich (s MietSlg 45.491/14).
b) Zur Sachentscheidung:
Die Antragstellerin stützt das Mietzinsanhebungsbegehren primär auf § 46a Abs 5 MRG, eventualiter auf § 46a Abs 4 MRG.
1. Zu § 46a Abs 5 MRG:
Voraussetzung für die Berechtigung des primären Begehrens ist (ua) das Bestehen eines infolge Unternehmensveräußerung entstandenen gespaltenen Mietverhältnisses und die mit dem Erhöhungsbegehren ausgesprochene Anerkennung des Unternehmenserwerbers als Hauptmieter. Die Anerkennung des Erwerbers als Hauptmieter mit dem Anhebungsbegehren ist eine Voraussetzung desselben. Es genügt daher nicht, daß die Anerkennung bloß für den Fall in Aussicht gestellt wird, daß der Erwerber den geforderten Hauptmietzins anerkennt (5 Ob 2307/96t - RIS-Justiz RS 0105707). Dieser Rechtssatz geht von der Unwirksamkeit einer bedingten Anerkennung als Hauptmieter aus.
In dem an die Antragsgegnerin gerichteten Schreiben der Antragstellerin vom 15.3.1994 ist eine Anerkennung als Hauptmieter nicht enthalten. In dem am 5.9.1994 bei der Schlichtungsstelle eingebrachten, am 29.11.1994 - also für eine Mietzinsanhebung zum 1.1.1995 an sich noch rechtzeitig - der Antragsgegnerin zugestellten Antrag findet sich bezüglich der Anerkennung der Antragsgegnerin als Hauptmieter nur der schon wiedergegebene, sprachlich nicht eindeutige Satz, bei dem - je nach dem, an welcher Stelle eine Korrektur vorgenommen wird - offen bleibt, ob eine Anerkennung für den Fall der Erfüllung der anderen Voraussetzungen des § 46a Abs 5 MRG schon ausgesprochen wurde (Ersatz des Wortes "wurde" durch "wird" am Satzanfang unter gleichzeitiger Streichung des Wortes "werden" am Ende des Satzes) oder ob überhaupt nur eine spätere Anerkennung in Aussicht gestellt wurde (Ersatz des Wortes "wurde" durch "würde" am Satzanfang). Beide Fälle stellten keine unbedingte Anerkennung im Sinne der vorigen Ausführungen dar. Demnach sind die Voraussetzungen des § 46a Abs 5 MRG für eine Anhebung des Hauptmietzinses durch die Antragstellerin nach deren eigenem Vorbringen nicht erfüllt. Es bedarf daher auch keiner Klarstellung dieses an sich sprachlich nicht eindeutigen Satzes im Verfahren.
2. Zu § 46a Abs 4 MRG:
Die Antragstellerin brachte einerseits im Rahmen der Begründung ihres behaupteten Anspruches nach § 46a Abs 5 MRG vor, es sei weder ausdrücklich noch konkludent ein Mietverhältnis mit der im Jahre 1929 entstandenen OHG zustande gekommen (Blatt 4 des Schli-Aktes), stützte aber im Gegensatz dazu - zulässigerweise, wie das Rekursgericht ausführte - das aus § 46a Abs 4 MRG abgeleitete Eventualbegehren auf die Erfüllung der Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle (AS 4 verso des Schli-Aktes), zumindest für den Fall, daß man zu dem Ergebnis gelange, die im Jahre 1929 entstandene OHG sei - nach dem unter gleicher Firma vorher agierenden Einzelkaufmann - Hauptmieter geworden. Letzteres wird von der Antragsgegnerin ausdrücklich (AS 27) und implizit (Blatt 34 des Schli-Aktes, Absatz 1) behauptet.
In dem vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verfahren nach § 37 MRG darf daher über den auf § 46a Abs 4 MRG gestützten Anspruch der Antragstellerin materiell nicht früher abgesprochen werden, als die für die Verwirklichung des Tatbestandes nach § 46a Abs 4 MRG relevanten Umstände entweder (nach entsprechender Anleitung - MietSlg 45.491/14) durch konkretes übereinstimmendes Parteienvorbringen ins Klare gesetzt bzw im Falle konkreten widerstreitenden Vorbringens zum Gegenstand gerichtlicher Feststellungen geworden sind oder trotz entsprechender Anleitung die Parteien in Verletzung ihrer Mitwirkungspflicht kein ausreichendes Vorbringen erstatteten.
Im fortzusetzenden Verfahren wird daher das Erstgericht die Parteien zu einem umfassenden, vollständigen und konkreten Vorbringen zu dem allein noch den Verfahrensgegenstand bildenden Anspruch nach § 46a Abs 4 MRG anzuleiten haben. Erst dann wird - gegebenenfalls nach Beweisaufnahme über strittiges relevantes Tatsachenvorbringen - auf ausreichender Sachverhaltsgrundlage neu zu entscheiden sein.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
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