OGH 13Os186/96 (13Os187/96, 13Os194/96, 13Os195/96)

OGH13Os186/96 (13Os187/96, 13Os194/96, 13Os195/96)22.1.1997

1Der Oberste Gerichtshof hat am 22.Jänner 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Rouschal und Dr.Habl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Heißenberger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Peter Z***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 10.April 1996, GZ 11 Vr 639/94-48, sowie die Beschwerde des Angeklagten gegen die gleichzeitig mit dem Urteil gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO gefaßten Widerrufsbeschlüsse nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Peter Z***** wurde im zweiten Rechtsgang erneut des abermals in Beschwerde gezogenen Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB (I 1) und des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (I 2) schuldig erkannt. Danach hat er am 26.Juni 1994 kurz nach Mitternacht in Kleinprethal, Gemeinde Amering, Katharina H***** (I 1) mit Gewalt, indem er sie zu Boden stieß, ihr die Hose vom Leib riß, sie festhielt und mit ihr einen gewaltsamen Geschlechtsverkehr durchführte, zur Duldung des Beischlafs genötigt und (I 2) durch die Äußerung, wenn sie diesen Vorfall jemandem erzähle, sei sie "noch ein paarmal dran", sohin durch gefährliche Drohung zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme von der Mitteilung seines strafbaren Verhaltens an andere Personen, insbesondere von einer Anzeigenerstattung, zu nötigen versucht.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diesen Schuldspruch aus § 281 Abs 1 Z 5 und 5 a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt.

Die Mängelrüge (Z 5) übersieht mit ihren zunächst unter dem Gesichtspunkt der Unvollständigkeit weitwendig vorgebrachten Ausführungen, daß das Schöffengericht nach § 270 Abs 2 Z 5 StPO von vornherein nur zu einer gedrängten Darstellung der Urteilsgründe, jedoch nicht dazu verhalten ist, den vollständigen Inhalt sämtlicher Zeugenaussagen und sonstiger Beweise zu erörtern (EvBl 1972/17). Auch betreffen die auf den Beschwerdeseiten 2 bis 22 behaupteten Mängel durchwegs nicht den Ausspruch über entscheidende Tatsachen. Die Beschwerde versucht vielmehr einzeln und isoliert angebliche Widersprüche aufzuzeigen, die nicht mit der Tat zusammenhängen, und solcherart die Glaubwürdigkeit des Tatopfers und der einzigen Tatzeugin zu erschüttern oder den Aussagewert von anderen Zeuginnen zu stärken, von deren geringer Glaubwürdigkeit der Schöffensenat überzeugt war, was er auch ausreichend begründete. Sie bekämpft solcherart nur in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung, die auf logisch und empirisch richtigen Schlußfolgerungen beruht.

Fehl schlägt die Mängelrüge auch mit ihren umfangreichen Argumenten zur Behauptung fehlender oder offenbar unzureichender Begründung (Seiten 23-34 der Beschwerde). Denn die Urteilsgründe lassen - der Beschwerde zuwider - keine Zweifel daran, daß die Tatrichter ihre Feststellungen zur Vergewaltigung auf die durch verschiedene Indizien, wie die Auffindung der Geldbörse des Opfers und eines von diesem stammenden Gürtelstückes am Tatort, untermauerten Angaben der Zeugin H***** stützten, wogegen sie den abweichenden Aussagen der Zeuginnen Sch***** und M***** zur Frage, ob H***** in der Tatnacht überhaupt einen Gürtel getragen habe, nicht zuletzt aufgrund des persönlichen Eindrucks von diesen Zeuginnen keinen Glauben schenkten.

Auch können die Hinweise auf die Verwendung bestimmter Formulierungen durch das Erstgericht, die nach Auffassung der Beschwerde keine Feststellung sondern bloß unstatthafte Vermutungen erkennen lassen, keinen Begründungsmangel aufzeigen. So fehlt der Kritik am Gebrauch des Wortes "durchaus" jedwede Basis. Damit wird nämlich schon sprachlich keine Unsicherheit zum Ausdruck gebracht, sondern vielmehr eine Verstärkung entsprechend etwa den Ausdrücken "völlig" oder "ganz und gar" (vgl Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache2; Brockhaus Wahring, Deutsches Wörterbuch). Auch von der Beschwerde in Kritik gezogene, bloß eine Möglichkeit oder sonst nicht eindeutig die Überzeugung der Tatrichter zum Ausdruck bringende einzelne Wörter lassen nach ihrer Verwendung im Zusammenhang keine Zweifel daran aufkommen, daß der Schöffensenat von den schuldspruchrelevanten Tatumständen überzeugt war. Denn es steht mit einem Schuldspruch durchaus im Einklang, wenn die Tatrichter etwa - ohne andere denkmögliche Varianten, wie beispielsweise eine bewußt unwahre Angabe der Zeugen, zu nennen - meinten, daß es "durchaus möglich" sei, daß der Zustand der Belastungszeugin H***** im Cafe S***** unmittelbar nach dem Vorfall von Sch***** (177), M***** (179) und J***** (183) irrtümlich als stark alkoholisiert eingeschätzt worden sei (US 27), oder wenn das Urteil darauf hinweist, daß die - der Zeugin H***** nach Auffassung des Gerichtes in keiner Weise wohlgesonnenen - Zeuginnen Sch***** und M***** auf der Fahrt im PKW vom Cafe S***** nach St.Georgen/Obdach einen Griff der Belastungszeugin H***** auf den Oberschenkel und die Schulter des Angeklagten "sicher beobachtet" und "im Rahmen der Zeugenaussage deponiert" hätten (US 29) oder wenn sich das Erstgericht bei der Frage, ob H***** an diesem Abend die Äußerung "ich bin geil" gemacht habe, ausdrücklich nicht festlegte.

Den Mangel einer unzureichenden Begründung verfehlt die Beschwerde auch mit dem Hinweis auf die keineswegs den Denkgesetzen oder der allgemeinen Lebenserfahrung widersprechende Interpretation der Aussage des Angeklagten, wonach H***** ihn möglicherweise deshalb (fälschlich) angezeigt habe, weil er sie nicht "erhört" habe.

Auch alle übrigen Einwände, die die Beschwerde unter dem Gesichtspunkt unzureichender Begründung anstellt, wobei sie vor allem den Vorwurf bloßer Vermutung erhebt, stellen sich durchwegs bloß als Versuch dar, in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung des Kollegialgerichtes zu erschüttern.

Richtig ist, daß die Entscheidungsgründe insoweit widersprüchlich sind, als auf Urteilsseite 15 darauf hingewiesen wird, es lasse sich nicht feststellen, ob H***** unmittelbar nach dem Vorfall im Cafe S***** noch Alkohol konsumiert habe, während sich aus Urteilsseite 27 ergibt, daß H***** nach ihrem Eintreffen im Cafe S***** noch Alkohol zu sich genommen habe. Dieser Widerspruch betrifft allerdings nicht den Ausspruch des Gerichtes über entscheidende Tatsachen, überdies bezieht er sich auf einen Zeitraum nach der Tat und veranlaßte das Gericht, daraus keine die Schuldfrage betreffende Schlußfolgerung - insbesondere etwa für die Frage einer Wahrnehmungseinschränkung bei der Zeugin zufolge wesentlicher Alkoholisierung zur Tatzeit - zu ziehen.

Schließlich schlägt die Mängelrüge auch in Ansehung der behaupteten Aktenwidrigkeit fehl. Denn der Einwand, die Feststellung, H***** sei in einer "unbewohnten Gegend" (US 23) ausgesetzt worden, sowie die sich aus der von der Gendarmerie gefertigten Handskizze ergebende Entfernung von ca 500 m zwischen dem Tatort und dem Gasthaus "T*****" und der Zeugenaussage von RevInsp.B***** (ON 47), wonach sich ebenfalls 500 m entfernt ein Bauernhof befunden habe, verkennt schon das Wesen der Aktenwidrigkeit, die lediglich in einer unrichtigen oder unvollständigen Wiedergabe des eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalts einer Aussage oder Urkunde liegt.

Auch die Tatsachenrüge (Z 5 a) ist nicht berechtigt. Darin wird - abermals wortreich - unter Darlegung von Spekulationen, teils unter Wiederholung von Reklamationen aus der Mängelrüge und in teils von überzogener Polemik getragenen Ausführungen, die sich zur Behauptung versteigen, die Tatrichter hätten sich "bewußt" nicht mit einzelnen Tatumständen auseinandergesetzt, versucht, den Beweiswert der Zeugenaussage H***** und die diese unterstützenden Indizien, wie die am Tatort zurückgebliebene Geldbörse und den gefundenen Gürtelteil, zu schwächen. Nach Prüfung aller Beschwerdeeinwände ergeben sich im Lichte der gesamten Aktenlage keine, geschweige denn erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen.

Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war folglich bereits in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO sofort zurückzuweisen.

Die Kompetenz zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde gegen den Beschluß nach § 494 a Abs 1 Z 4 StPO fällt dem Oberlandesgericht Graz zu (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung basiert auf § 390 a StPO.

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