Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Bernhard H***** des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 (erster Fall) StGB schuldig erkannt und zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt, weil er am 17.April 1996 in Linz eine unmündige Person auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbrauchte, indem er mehrmals die mit einer Hose bekleidete Genitalregion des am 11. Juli 1987 geborenen Viktor L***** betastete.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen der Z 3, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO, den Strafausspruch mit Berufung.
Der Verfahrensrüge (Z 3) zuwider kann der Umstand, daß sich die Parteien und ihre Vertreter im Vorverfahren an der zunächst in ihrer Abwesenheit vorgenommenen Vernehmung (§ 162 a Abs 2 StPO) des unmündigen Tatopfers wegen eines Defektes der Videoanlage nicht beteiligen konnten, auf sich beruhen; denn die Zeugenbefragung wurde unter Einhaltung der Formvorschriften des § 162 a Abs 1 StPO wiederholt und das Fragerecht des Verteidigers dadurch gewahrt. Die Verwertung dieser Aussage nach ihrer Erörterung in der Hauptverhandlung (S 102), in welcher Viktor L***** von seinem Entschlagungsrecht Gebrauch machte, war somit zulässig.
Im Vorverfahren stand dem Zeugen entgegen der Beschwerdeauffassung allerdings noch kein Entschlagungsrecht zu, weil dieses die vorangegangene kontradiktorische Vernehmung voraussetzt (§ 152 Abs 1 Z 3 StPO).
In bezug auf die - umständehalber vom Untersuchungsrichter zunächst gleichfalls nicht parteiöffentlich vernommenen - unmündigen Tatzeugen Jürgen R***** sowie Natalie und Martin B***** versagt das Beschwerdevorbringen schon allein deshalb, weil insoweit die Voraussetzungen für eine kontradiktorische Vernehmung gar nicht gegeben waren und diese Zeugen daher ohne Beteiligung der Parteien (§ 162 StPO) zu vernehmen gewesen wären. Die Unmöglichkeit einer zeugenschaftlichen Befragung dieser Personen in der Hauptverhandlung im Sinne des § 162 a StPO war nach Lage des Falles nämlich weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen zu besorgen. Angesichts des allein auf unmündige Tatopfer beschränkten Entschlagungsrechtes des § 152 Abs 1 Z 3 StPO war die darüber erteilte Belehrung (S 106) im übrigen verfehlt.
Daher geht auch der Einwand, durch die vorerst (de facto) nicht gegebene Parteienöffentlichkeit habe der Beschwerdeführer nicht feststellen können, "in welcher Weise auf die Kinder durch Fragestellungen Einfluß genommen worden ist", unter dem Gesichtspunkt der Z 3 des § 281 Abs 1 StPO ins Leere. Einer allfälligen Berücksichtigung dieses Vorbringens unter dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 4 StPO steht aber die Unterlassung einer entsprechenden Antragstellung in der Hauptverhandlung - von der ursprünglichen Vernehmung liegt eine Tonbandaufnahme vor (S 44) - entgegen.
Auch die Mängelrüge (Z 5) versagt.
Die Urteilsannahme, daß der Angeklagte den Viktor L***** oberhalb der Kleidung an seinen Genitalien betastete (US 3), findet trotz der von der Beschwerde hervorgehobenen Details in den Aussagen des Tatopfers und des Zeugen Jürgen R***** auch darin eine tragfähige Stütze. Es ergibt sich aus deren Kontext nämlich ganz klar (S 48, 56 f, 107, 108), daß der Beschwerdeführer dem Kind mehrmals - wenn auch oberhalb der Bekleidung - auf den Geschlechtsteil griff und dabei über längere Zeit hindurch am Reißverschluß seiner Hose hantierte.
Die weitere Behauptung, "die Kinder hätten insgesamt sehr widerspruchsvolle Angaben gemacht" und dem Beschwerdeführer jeweils "eine andere Handlungsweise angelastet", ist mangels Substantiierung (§ 285 a Z 2 StPO) einer meritorischen Erwiderung nicht zugänglich.
Die subjektiven Tatbestandskomponenten, welche sich in dem (zumindest bedingten) Vorsatz auf Mißbrauch des Unmündigen zur Unzucht erschöpfen, konnte der Schöffensenat ungeachtet der öffentlichen Begehungsweise in einem Kaufhaus ohne Verstoß gegen Denkgesetze und Lebenserfahrung aus dem äußeren Tatgeschehen, nicht zuletzt den teils oberhalb der Kleidung erfolgten Betastungen anderer Körperregionen, welche der konstatierten intensiven Berührung in der Genitalregion des Knaben vorangegangen waren, erschließen.
Soweit die Beschwerde unter Hinweis auf die Ergebnisse des Beweisverfahrens gegen die dem Angeklagten darüber hinaus angelastete Absicht remonstriert (der Sache nach Z 5), sich durch die Tat geschlechtlich zu erregen (US 4), geht sie mangels Entscheidungsrelevanz ins Leere. Dieses besondere subjektive Tatbestandselement ist nämlich beim ersten Fall des § 207 Abs 1 StGB nicht erforderlich (Leukauf/Steininger Komm3 § 207 RN 12). Die bemängelte Feststellung hat im vorliegenden Fall daher nur illustrativen Charakter.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) sucht unter der Behauptung mangelnder objektiver Tatbestandsmäßigkeit bzw Vollendung der Tat (insoweit der Sache nach Z 10) die - im gegebenen Rahmen bindend - festgestellten intensiven Betastungen der Genitalregion des Unmündigen allein mit Argumenten gegen die schöffengerichtliche Beweiswürdigung in Zweifel zu ziehen und verfehlt damit eine prozeßordnungsgemäße Darstellung dieses materiellen Nichtigkeitsgrundes.
Somit war die Nichtigkeitsbeschwerde teils als offenbar unbegründet, im übrigen als nicht gesetzmäßig ausgeführt bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO).
Über die Berufung wird demnach das Oberlandesgericht Linz zu befinden haben (§ 285 i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390 a StPO.
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