OGH 1Nd501/97

OGH1Nd501/9716.1.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer und Dr.Gerstenecker als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Markus S*****, geboren am 26.September 1978, der mj. Janin S*****, geboren am 9.Dezember 1979, und der mj. Tanja S*****, geboren am 14.März 1982, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die mit Beschluß des Bezirksgerichts Linz vom 5.November 1996, GZ 4 P 1618/95p-85, gemäß § 111 Abs 1 JN verfügte Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache des mj. Markus S*****, geboren am 26.September 1978, der mj. Janin S*****, geboren am 9.Dezember 1979, und der mj. Tanja S*****, geboren am 14.März 1982, an das Bezirksgericht Haag wird gemäß § 111 Abs 2 JN genehmigt.

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern der Kinder ist geschieden, die Obsorge kommt der Mutter zu, die mit den Kindern nach B*****, Penz 340, im Sprengel des Bezirksgerichtes Haag verzogen ist. Das bisher zuständige Bezirksgericht Linz übertrug die Zuständigkeit zur Besorgung dieser Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Haag, weil sich die Kinder jetzt ständig in B***** aufhielten und es daher zweckmäßiger sei, wenn das Bezirksgericht Haag diese Pflegschaftssache führe. Das Bezirksgericht Haag stellte den Akt dem Bezirksgericht Linz mit dem Hinweis zurück, zuerst über den Antrag ON 78 - Antrag des Vaters, in Ansehung eines Kindes infolge dessen Selbsterhaltungsfähigkeit festzustellen, daß er insoweit von seiner Unterhaltspflicht befreit sei - zu entscheiden, lehnte somit die (sofortige) Übernahme der Pflegschaft ab.

Die vom Bezirksgericht Linz verfügte (sofortige) Übertragung der Zuständigkeit ist gerechtfertigt:

Rechtliche Beurteilung

Nach § 111 Abs 1 JN kann das Pflegschaftsgericht seine Zuständigkeit einem anderen Gericht übertragen, wenn dies im Interesse des Pflegebefohlenen gelegen erscheint, insbesondere, wenn dadurch die wirksame Handhabung des dem Pflegebefohlenen zugedachten Schutzes voraussichtlich befördert wird. Diese Voraussetzungen liegen in der Regel vor, wenn die Pflegschaftssache dem Gericht übertragen wird, in dessen Sprengel der Mittelpunkt der Lebensführung des Kindes liegt (EFSlg 75.979, 72.819, 69.749 uva). Auch offene Anträge sind kein grundsätzliches Übertragungshindernis (EFSlg 75.992, 72.832, 69.764 uva; Mayr in Rechberger, § 111 JN Rz 4 mwN); es hängt von den Umständen des einzelnen Falls ab, ob die Entscheidung über einen solchen Antrag durch das bisherige Gericht zweckmäßiger ist (EFSlg 75.993, 66.886 uva).

Der hier noch offene Antrag des Vaters stellt kein Hindernis für eine Übertragung der Zuständigkeit dar, weil dem übertragenden Gericht zur Entscheidung hierüber nicht mehr Sachkenntnis zukommt als dem übernehmenden Gericht. Wegen der Verlegung des ständigen Aufenthalts der Pflegebefohlenen und damit deren Lebensmittelpunkts nach B***** entspricht die Übertragung der Zuständigkeit dem nach ständiger Rechtsprechung (EFSlg 72.818 uva) allein maßgeblichen Kindeswohl.

Der entsprechende Beschluß des Bezirksgerichts Linz ist daher zu genehmigen.

Stichworte