OGH 8Ob2355/96y

OGH8Ob2355/96y16.1.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer, Dr.Rohrer, Dr.Adamovic und Dr.Spenling als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Dr.Viktoria R*****, und 2.) Hermine K*****, beide Hauseigentümer, beide vertreten durch Dr.Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr.Friedrich A*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Spiegel L***** GesmbH, wegen Aufkündigung, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 22.Oktober 1996, GZ 40 R 586/96i-25, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Parteien wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die spätere Gemeinschuldnerin hatte verschiedene Vermögenswerte, nämlich eine Liegenschaft samt Fabrikationsanlage in Niederösterreich, eine Zentrale in den aufgekündigten Geschäftsräumlichkeiten in Wien und verschiedene Filialen in ganz Österreich. Der Masseverwalter schloß unmittelbar nach Konkurseröffnung im Juni 1994 mit Genehmigung des Konkursgerichtes die Filialen und überstellte die dort befindliche Handelsware und Einrichtung in die Zentrale nach Wien. Im Oktober 1994 veräußerte er die Betriebsstätte in Niederösterreich an eine Auffanggesellschaft, eine neu gegründete GmbH ähnlichen Namens wie die Gemeinschuldnerin, die die meisten der vom Masseverwalter im dritten Monat nach Konkurseröffnung gekündigten Dienstnehmer, und zwar auch die in Wien beschäftigten, mit neuen Verträgen übernahm und die Produktion fortführte. Zu diesem Zeitpunkt überließ der Masseverwalter der Auffanggesellschaft auch die Geschäftsräumlichkeiten in der Zentrale in Wien; lediglich zwei Räume wurden von der Gemeinschuldnerin weiter für die Buchhaltung und Lohnverrechnung verwendet. Im Kündigungszeitpunkt (Mai 1995) war die Übernehmerin in den aufgekündigten Geschäftsräumlichkeiten der Gemeinschuldnerin tätig und renovierte diese. Im August 1995 kaufte die Erwerberin schließlich das verbliebene restliche Inventar der Gemeinschuldnerin (restliche Lagerbestände, Büro- und Geschäftseinrichtung) mit einem gesonderten Kaufvertrag.

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung liegt eine Weitergabe, die einen Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 4 MRG darstellt, nur vor, wenn die selbständige Verwertung des Bestandrechtes im Vordergrund steht (SZ 41/96 ua). Die mit der Veräußerung eines Unternehmens verbundene überwiegende Überlassung der Benützung der gemieteten Betriebsräumlichkeiten verwirklicht den genannten Kündigungsgrund nicht, sofern nicht die Veräußerung des Unternehmens lediglich den Zweck verfolgte, dem Erwerber die Ausnützung des Bestandrechtes zu ermöglichen (JBl 1971, 623 ua). Letzteres ist bei Veräußerung und Fortführung eines Unternehmens nicht anzunehmen. Veräußert der Hauptmieter einer Geschäftsräumlichkeit das von ihm im Mietgegenstand betriebene Unternehmen zur Fortführung in diesen Räumen, so tritt vielmehr gemäß § 12 a Abs 1 MRG der Erwerber des Unternehmens anstelle des bisherigen Hauptmieters in das Hauptmietverhältnis ein; der Vermieter kann lediglich gemäß Abs 2 dieser Bestimmung die Anhebung des Hauptmietzinses bis zum zulässigen Höchstbetrag verlangen. Die zur Annahme der Veräußerung eines Unternehmens erforderliche Identität des Unternehmens ist gegeben, wenn der Erwerber den Standort beibehält, den Kundenstock übernimmt und den Betrieb mit Waren gleicher Art fortführt (MietSlg 32.364 ua).

Betrachtet man den Erwerb des Unternehmens der Gemeinschuldnerin durch die Auffanggesellschaft insgesamt, war das Unternehmen der Gemeinschuldnerin als solches im Kündigungszeitpunkt (Mai 1995) bereits an die neu gegründete GmbH verkauft, mögen auch einzelne nicht abverkaufte Lagerbestände und das Restinventar erst nach diesen Zeitpunkt von der Übernehmerin noch mit gesonderten Kaufvertrag erworben worden sein. Schwerpunktmäßig - und darauf kommt es an - erfolgte der Unternehmensverkauf bereits vor dem Kündigungszeitpunkt, nämlich im Zeitpunkt der Veräußerung des Erzeugungsbetriebes und der damit Hand in Hand gehenden überwiegenden Überlassung der gemieteten - und nun aufgekündigten - Betriebsräumlichkeiten zur Benützung sowie die Wiedereinstellung der bisherigen Dienstnehmer durch die Erwerberin (Ende 1994) und nicht erst durch den späteren Erwerb des Restlagerbestandes und des Restinventars durch den gesonderten Kaufvertrag im August 1995. Es kann auch nicht davon gesprochen werden, daß überhaupt kein Unternehmenserwerb vorliege, weil anderenfalls durch Teilkäufe die - hier wegen des Erwerbes aus der Konkursmasse nicht greifende - Haftung des § 1409 ABGB ausgeschaltet werden könnte.

Es ist den Revisionswerberinnen zwar zuzugeben, daß das Erstgericht im Rahmen der rechtlichen Beurteilung ungenau von einer erst geplanten Übernahme des gemeinschuldnerischen Unternehmens spricht; das dies aber nicht wörtlich so gemeint war, ergibt sich aus den unmittelbar damit zusammenhängenden Ausführungen, in denen das Erstgericht darauf hinweist, daß die Weitergabe der Bestandräumlichkeiten in untrennbaren Zusammenhang mit der Übernahme des gemeinschuldnerischen Unternehmens durch die Auffanggesellschaft steht und daß es sich nicht lediglich um die Verwertung des Mietrechtes handle. Da nur dann, wenn die selbständige Verwertung des Bestandrechtes im Vordergrund stünde, was hier aber nicht der Fall ist, der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 MRG vorläge, hat das Berufungsgericht die Rechtssache in Übereinstimmung der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung gelöst, sodaß die Revision als unzulässig zurückzuweisen ist.

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