Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahingehend abgeändert, daß der Antrag der klagenden Partei auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, womit zur Sicherung des Anspruches der klagenden Partei auf Unterlassung wettbewerbsfremder Handlungen dem Beklagten für die Dauer des Rechtsstreites verboten werde, den für die Klägerin geschützten Markennamen "Health Mate Infrarot-Wärmekabinen" im geschäftlichen Verkehr zu verwenden, abgewiesen wird.
Die klagende Partei ist schuldig, dem Beklagten die mit S 30.484,80 bestimmten Kosten des Sicherungsverfahrens (darin S 5.080,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Die amerikanische Firma P***** erzeugt Saunakabinen, die unter der Bezeichnung "Health Mate Infrarot-Wärmekabinen" vertrieben werden. Sie ist Inhaberin der in den USA registrierten Marke Health Mate.
Der Kläger bezog derartige Wärmekabinen von der Firma S***** B.V. (in der Folge S*****) und ist Inhaber der in Österreich registrierten Marke Health Mate (Beginn der Schutzdauer 8.2.1996). Mit dem zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Vertretungsvertrag vom 28.9.1994 übernahm der Beklagte den Vertrieb derartiger Saunakabinen in Kärnten und Osttirol. Das Vertretungsverhältnis wurde durch Schreiben des Klägers vom 5.2.1996 beendet.
Der Kläger begehrt zur Sicherung seines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, dem Beklagten zu verbieten, den für den Kläger geschützten Markennamen Health Mate Infrarot Wärmekabinen im geschäftlichen Verkehr zu verwenden. Der Beklagte benütze diese Marke ungeachtet der Auflösung des Vertragsverhältnisses weiter.
Der Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen.
Dem Kläger stehe ein Unterlassungsanspruch nicht zu. Er sei bei Erwerb des Markenrechts sittenwidrig vorgegangen und habe sich die Marke des Erzeugers unrechtmäßigerweise registrieren lassen. Als ehemaliger Österreich-Vertreter von Health-Mate-Produkten versuche er, den ausländischen Produzenten und Geschäftsherrn, die amerikanische Firma P***** (in der Folge P*****) und ihre neue Europaimporteurin Spectra ***** am weiteren Vertrieb derartiger Saunakabinen zu hindern, er habe sich das Markenrecht erschlichen.
Die Firma P***** habe sich 1994 entschlossen, die von ihr in den USA und Korea produzierten Wärmekabinen in Europa zu vertreiben. Die in den USA für P***** registrierte Marke Health Mate habe schon damals als Kennzeichen der Erzeugerfirma und deren Produkt gegolten. P***** habe den Europaimport der von den Brüdern H***** geführten Firma S***** übergeben, die den Vertrieb in den Beneluxstaaten wahrnehmen sollte. S***** habe das Markenrecht für Health Mate in den Beneluxstaaten schützen lassen.
Im Einvernehmen mit S***** habe P***** eine Vertriebsvereinbarung für die Beneluxländer mit Spectra ***** abgeschlossen. Nach Ausscheiden der Brüder H***** habe Ronald H***** die Geschäftsführung der Firma S***** übernommen. Er habe sich geweigert, die Marke Health Mate an Spectra ***** zu übertragen.
S***** habe zunächst Original Health Mate-Infrarot-Wärmekabinen in Österreich vertrieben, wobei sie sich des Klägers bedient habe. 1995 hätten H*****und der Kläger sich entschieden, konkurrenzierend zum Produkt der P***** Wärmekabinen, genannt "THE CABIN" zu erzeugen. Der Kläger habe dieses Konkurrenzprodukt seinen vier Bundesländervertretern - darunter auch dem Beklagten - angeboten und erklärt, es handle sich um ein in Holland hergestelltes Produkt der P*****.
Nachdem P***** von diesen Machenschaften erfahren hatte, habe sie dem Kläger mit Schreiben vom 22.1.1996 den Vertrieb der von ihr hergestellten Wärmekabinen und die Verwendung der Bezeichnung Health Mate untersagt. Sie habe ihn darüber aufgeklärt, daß Spectra ***** neuer Europaimporteur für sämtliche Health Mate-Produkte sei.
Der Kläger lehne es ab, Original Health Mate-Wärmekabinen zu vertreiben, maße sich jedoch die Verwendung des Zeichens an. Er versuche unter Verwendung der widerrechtlich eingetragenen Wortbildmarke Health Mate andere (nicht von P***** hergestellte) Wärmekabinen zu vertreiben und seinen ehemaligen (mittelbaren) Geschäftsherrn und dessen Europaimporteur am weiteren Vertrieb des Originalprodukts zu hindern.
Der Beklagte hingegen vertreibe die von P***** hergestellten Wärmekabinen im Auftrag der Spectra ***** in Österreich.
Dem Kläger stehe infolge sittenwidrigen Erwerbs seines Markenrechtes ein Unterlassungsanspruch nicht zu.
Das Erstgericht erließ die begehrte einstweilige Verfügung. Es traf nachstehende - über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinausgehende - Feststellungen:
Der Kläger bezog Health Mate Infrarot-Wärmekabinen von der Firma S*****, welche Inhaberin der für Infrarot-Wärmekabinen beim Markenbüro der Beneluxstaaten registrierten Marke Health Mate ist (Schutzdauer vom 27.4.1994 bis 27.4.2004). S***** ermächtigte den Kläger, diese Marke in Österreich schützen zu lassen. Der Kläger führte die Markenanmeldung am 13.11.1995 durch, die Schutzdauer begann am 8.2.1996.
Der Geschäftsführer der S***** Ronald H***** ist zugleich an der Firma The Cabin B.V. beteiligt. Auch diese Firma erzeugt Wärmekabinen, welche der Kläger unter der Firmenbezeichnung Health Mate Austria vertreibt.
Mit dem zwischen den Streitteilen am 28.9.1994 abgeschlossenen Vertretungsvertrag übernahm der Beklagte den Vertrieb bestimmter Modelle der von P***** erzeugten Wärmekabinen im Raum Kärnten und Osttirol. Der Kläger teilte seinen Vertretern - so auch dem Beklagten - mit Schreiben vom 5.2.1996 mit, daß der Vertretungsvertrag "aus aktuellen Gründen" nicht mehr aufrechterhalten werden könne, es sei ihm nicht mehr möglich, die im Vertrag näher bezeichneten Artikel zu liefern.
Am 7.6.1994 hatte P***** mit Spectra ***** eine Vertriebsvereinbarung abgeschlossen. Sie untersagte dem Kläger mit Schreiben vom 22.1.1996 den Vertrieb von Health Mate Infrarot-Wärmekabinen und die Verwendung der Bezeichnung Health Mate. Gleichzeitig teilte sie mit, daß Spectra ***** und/oder Health Mate Nederland der neue Importeur für ganz Europa sei.
In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, der Kläger habe bei Erwerb des Markenrechts nicht gegen die guten Sitten verstoßen, er habe keine Kenntnis davon gehabt, daß Spectra ***** Exklusivimporteur sei.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung des Erstgerichts. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Ein sittenwidriger Markenrechtserwerb sei zu verneinen. Der Kläger verwende die strittige Bezeichnung beim Vertrieb der von S***** bezogenen Produkte. Die Erzeugung und der Vertrieb von im wesentlichen gleichartigen Produkten unter der gleichen Bezeichnung sei ihm von S*****, zu deren Gunsten die Marke in den Beneluxländern geschützt wurde, gestattet. Auch habe der Beklagte die Bescheinigung eines schutzwürdigen wertvollen Besitzstandes im Inland als Voraussetzung der Anwendung des § 30a MSchG nicht bescheinigt.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs des Beklagten ist zulässig und berechtigt.
Auf die vom Rechtsmittelwerber behaupteten Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen das Rekursgericht verneint hat, kann - soweit es sich dabei nicht um Feststellungsmängel aufgrund unrichtiger Beurteilung handelt - nicht mehr eingegangen werden (Kodek in Rechberger Rz 1 zu § 528 ZPO).
In seiner Rechtsrüge macht der Beklagte geltend, das Rekursgericht habe zu Unrecht einen sittenwidrigen Markenrechtserwerb des Klägers verneint. Gemäß § 30a MSchGund Art 6 PVÜ könne derjenige, der zur Wahrung der geschäftlichen Interessen eines anderen verpflichtet ist oder war, ein Markenrecht an dieser oder einer ähnlichen Bezeichnung nicht rechtens erwerben. S*****, bzw deren Geschäftsführer, der im wesentlichen gleichartige Wärmekabinen produziere und durch den Kläger unter dem von P***** eingeführten Namen in Österreich abzusetzen trachte, verstoße gemeinsam mit dem Kläger gegen das Vertragsverhältnis zu P*****. Der Versuch des Klägers, seinen bisherigen mittelbaren Geschäftsherrn, dessen geschäftliche Interessen er zu wahren habe, durch den Erwerb des österreichischen Markenrechts beim Vertrieb gleichartiger Produkte auszuschalten, verstoße klar gegen die guten Sitten.
Dem ist zuzustimmen.
Sowohl § 30a MSchG als auch Art 6septiesPVÜ richten sich gegen sittenwidriges Vorgehen beim Markenerwerb durch Mißbrauch eines Vertrauensverhältnisses, wobei § 30a MSchG nicht auf den Markenerwerb durch bestimmte Agenten (Handelsvertreter) und insbesondere nicht auf das Vorliegen eines Alleinvertriebsvertrages zwischen Markenerwerber und Vorbenützer der Marke beschränkt ist. Wer - in welcher Weise auch immer - zur Wahrung der geschäftlichen Interessen eines anderen, der ein bestimmten Zeichen schon gebraucht hat, verpflichtet ist, darf ein Markenrecht an dieser oder einer ähnlichen Bezeichnung für gleiche oder gleichartige Waren ohne Zustimmung des bisherigen Benützers nur bei Vorliegen besonderer Gründe erwerben (ÖBl 1978, 67 - Thermo-Schutz-Roll; ÖBl 1983, 50 - Purocel; ÖBl 1994, 134 - Dr.Schnell; ÖBl 1996, 32 - Die Mooskirchner). Entscheidend ist das Vorhandensein einer besonderen Beziehung, die den Erwerber des Markenrechts zur Wahrung der geschäftlichen Interessen des anderen verpflichtet (ÖBl 1983, 83 - Jedermanns Salzburger Journal).
Der Oberste Gerichtshof, wie auch der Oberste Patent- und Markensenat haben schon bisher eine Verpflichtung des Anmeldenden zur Wahrung der wirtschaftlichen Interessen des Vorbenützers nicht nur bei Vorhandensein von Vertriebsvereinbarungen (ÖBl 1978, 67 - Thermo-Schutz-Roll; ÖBl 1983, 50 - Purocel), sondern auch in Fällen bloßer Kontaktaufnahme zu Zwecken eines allfälligen späteren Vertragsabschlusses (OPM, ÖBl 1994, 134 - Dr.Schnell), Verhandlungen über eine allfällige spätere Zusammenarbeit (ÖBl 1983, 83 - Jedermanns Salzburger Journal) oder besonderer, zur Rücksichtnahme verpflichtender Beziehungen (ÖBl 1996, 32 - Die Mooskirchner) angenommen.
Die vom Beklagten behaupteten - vom Erstgericht, wenngleich unübersichtlich, so doch ausreichend festgestellten - vertraglichen Beziehungen zwischen der P***** als Hersteller der Health Mate-Infrarot-Wärmekabinen, der S***** als ihrer früheren Importeurin und dem Kläger als dessen Vertriebsunternehmen in Österreich, welcher die zuvor von P***** erzeugten Produkte in Österreich unter der Bezeichnung Health Mate vertrieb, sind ausreichend, um eine Verpflichtung des Klägers zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Herstellers P***** zu begründen.
Der Erwerb des Markenrechts an der für den Hersteller im Ausland geschützten Marke für gleichartige Waren muß als Versuch des Klägers angesehen werden, den Hersteller und (mittelbaren) Vertragspartner, dessen Produkte er davor selbst im Inland verkauft hat, beim Vertrieb gleichartiger Produkte auszuschalten. Darin liegt ein Erschleichen des Markenrechts, das den guten Sitten zuwiderläuft (ÖBl 1983, 50 Purocel).
Die Zustimmung seiner unmittelbaren Vertragspartnerin S***** zum Markenrechtserwerb stellt keinen tauglichen Rechtfertigungsgrund dar, weil diese mit Wissen des Klägers ungeachtet der dem Hersteller gegenüber bestehenden Interessenswahrungspflicht gleichartige Wärmekabinen herstellt und unter der angeführten Bezeichnung durch den Kläger auch vertreibt.
Auf den Zeitpunkt der Untersagung und der Kenntnis des Klägers vom Vertragsverhältnis zwischen P***** und Spectra ***** kommt es nicht an. Entscheidend ist, ob der Kläger das Markenrecht zu dem Zweck anmeldete, gleichartige Produkte unter dieser Bezeichnung auf den Markt zu bringen und P***** beim Vertrieb auszuschalten. Hievon ist nach den Feststellungen des Erstgerichts, wonach die Firma The Cabin B.V., an der der Geschäftsführer der S***** beteiligt ist, Infrarot-Wärmekabinen erzeugt und der Kläger dieses Produkt unter dem Firmennamen Health Mate Austria vertreibt, auszugehen. Die Vorgangsweise des Klägers bei Markenrechtserwerb muß daher als Versuch angesehen werden, den Hersteller des Originalprodukts durch den Vertrieb gleichartiger Produkte auszuschalten.
Daß die P***** der Markeneintragung nicht zugestimmt hat, ist unbestritten.
Der sittenwidrige Markenrechtserwerb der Klägerin führt zivilrechtlich dazu, daß dem Kläger als Markenrechtsinhaber ein Untersagungsrecht nach § 9 UWG verwehrt ist, da er sich in einem solchen Fall der Marke nicht "befugterweise" im Sinn dieser Gesetzesstelle bedient (ÖBl 1978, 67 - Thermo-Schutz Roll; ÖBl 1983, 83 - Jedermanns Salzburger Journal; ÖBl 1996, 32 - Die Mooskirchner; ÖBl 1996, 91 - Detomaso).
Dem Revisionsrekurs des Beklagten war daher Folge zu geben und der Sicherungsantrag abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf §§ 402 (4), 78 EO, §§ 41, 50 ZPO.
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