OGH 4Ob2393/96g

OGH4Ob2393/96g14.1.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Silvia G*****, infolge Revisionsrekurses der Minderjährigen, vertreten durch ihre Mutter Roswitha G*****, diese vertreten durch Dr.Heimo Verdino und Dr.Gottfried Kassin, Rechtsanwälte in St.Veit/Glan, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 9. Oktober 1996, GZ 2 R 318/96-83, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Feldkirchen/Kärnten vom 6.August 1996, GZ P 2151/95w-80, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 16 Abs 3 AußStrG iVm § 508 a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Rekursgerichtes liegen die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Revisionsrekurses der Minderjährigen nach § 14 Abs 1 AußStrG nicht vor:

Das Gericht zweiter Instanz hat den ordentlichen Revisionsrekurs deshalb für zulässig erklärt, weil die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Aufteilung der Abfertigung auf die Bemessungsgrundlage anläßlich der Unterhaltsbemessung nicht einheitlich sei. Von dieser Frage hängt aber die Erledigung des Revisionsrekurses nicht ab. Im Rechtsmittel wird auch keine andere erhebliche Rechtsfrage geltend gemacht.

Die Minderjährige wendet sich nicht dagegen, daß das Rekursgericht die Abfertigung ihres Vaters auf 15 (statt nur 12) Monate aufgeteilt hat, weil das ja zu einer Abweisung des Herabsetzungsantrages des Vaters geführt hat und auf den Zeitraum, für welchen die Minderjährige eine Erhöhung der Unterhaltsleistung beantragt hatte, keinen Einfluß hat.

Die Minderjährige meint, das Rekursgericht wäre von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes insoweit abgewichen, als danach die Verschweigung des Erhaltes einer beträchtlichen Abfertigung durch den Unterhaltspflichtigen als absichtlicher Versuch, sich der Unterhaltspflicht zu entziehen, gewertet werde (JBl 1990, 800 = EFSlg 63.523). Sie will daraus ableiten, daß der Zeitraum von 15 Monaten, auf welchen die Abfertigung aufzuteilen ist, erst ab ihrer Kenntnis, somit frühestens ab dem 1.1.1996 zu berücksichtigen sei, weil sie nicht die Möglichkeit gehabt habe, früher einen entsprechenden Erhöhungsantrag zu stellen.

Die Rechtsmittelwerberin übersieht völlig, daß die von ihr zitierte Entscheidung zu § 72 EheG ergangen ist. Nach dieser Bestimmung kann der (Unterhalts-)Berechtigte für die Vergangenheit Erfüllung oder Schadenersatz wegen Nichterfüllung erst von der Zeit an fordern, in der der Unterhaltspflichtige in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist, für eine länger als ein Jahr vor der Rechtshängigkeit liegende Zeit jedoch nur, soweit anzunehmen ist, daß der Verpflichtete sich der Leistung absichtlich entzogen hat. Diese Sonderregelung blieb durch die neuere Rechtsprechung, wonach sonst Unterhaltsansprüche auch für die Vergangenheit gestellt werden können (verst. Senat SZ 61/143; ÖA 1992, 57; ÖA 1992, 146 ua), unberührt (EFSlg 57.280; JBl 1990, 800).

Für den hier zu beurteilenden Unterhaltsanspruch einer Minderjährigen gegen ihren Vater gilt aber nicht § 72 EheG; vielmehr kann die Minderjährige ohnehin auch nachträglich höheren Unterhalt für die Vergangenheit begehren. Die Rechtskraft einer Unterhaltsfestsetzung steht ja einem Unterhaltserhöhungsantrag für einen Zeitraum, für den bereits der Unterhalt festgelegt wurde, selbst dann nicht entgegen, wenn der ursprüngliche Antrag nicht als Teilantrag bezeichnet und eine Nachforderung nicht ausdrücklich vorbehalten war; eine Änderung der Unterhaltsbemessung für die Vergangenheit kann auch dann erfolgen, wenn für diese Zeit bereits eine gerichtliche Regelung vorlag, die aber wegen einer - nicht bloß unbedeutenden - Änderung der Verhältnisse nicht mehr bindend ist (ÖA 1991, 18 mwN). Mit dem neuen Antrag wird nämlich ein Anspruch geltend gemacht, der noch nicht Gegenstand der vorangegangenen Entscheidung war. Da das Gericht über dieses (Mehr-)Begehren überhaupt nicht entscheiden konnte, liegt hierüber keine in Rechtskraft erwachsene Entscheidung vor (ÖA 1992, 57 mwN aus Schrifttum und Rechtsprechung).

Die Rechtsauffassung der Minderjährigen, infolge ihrer ursprünglichen Unkenntnis von der Abfertigung des Vaters wären die Abfertigungsbeträge auf einen Zeitraum ab ihrer Kenntnis aufzuteilen, entbehrt jeder gesetzlichen Grundlage. Im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage besteht auch kein Bedürfnis nach einer solchen Vorgangsweise.

Das Rekursgericht ist nicht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen.

Da die Minderjährige mit ihren Ausführungen keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG aufzeigt, war der Revisionsrekurs zurückzuweisen (§ 16 Abs 3 AußStrG iVm § 510 Abs 3, letzter Satz, ZPO).

Stichworte