OGH 11Os179/96 (11Os180/96, 11Os183/96)

OGH11Os179/96 (11Os180/96, 11Os183/96)14.1.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.Jänner 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner, Dr.Schmucker und Dr.Habl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Huber als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Otto R***** wegen des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 29.Mai 1996, GZ 4 a Vr 1315/96-13, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO gefaßten Widerrufsbeschluß vom 29.Mai 1996 nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und den Widerrufsbeschluß werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Otto R***** des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 5.September 1995 in Wien mit Bereicherungsvorsatz Sabine R***** dadurch mit Gewalt eine fremde bewegliche Sache wegzunehmen versuchte, daß er ihr in seinem PKW den Pullover über ihren Kopf zog, einige Faustschläge gegen den Magen versetzte, sodann versuchte, ihre rechts neben ihr am Beifahrersitz stehende Handtasche mit ca 1.600 S zu öffnen, um sich den Inhalt anzueignen, sie infolge ihrer heftigen Gegenwehr und Hilferufe würgte und ihr letztlich auch einen Faustschlag ins Gesicht versetzte, wobei es ihr aber dennoch gelang, die Handtasche aus dem Auto zu werfen, auszusteigen und zu flüchten.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten erhobene und auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5 a, 10 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Zu Unrecht releviert die Verfahrensrüge (Z 4) eine Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten durch die Ablehnung des in der Hauptverhandlung zum Beweis, daß Sabine R***** beim inkriminierten Vorfall nur leicht verletzt worden sei bzw "die Verletzungsfolgen unter drei Tagen waren" (S 84 f), beantragten Gutachtens eines gerichtsmedizinischen Sachverständigen. Sie übersieht, daß die in den Beschwerdeausführungen nachgeschobenen Überlegungen, wonach das Ausmaß der Verletzungen ein Indiz für das Ausmaß der Gewaltanwendung sein könnte, bei der Überprüfung des Zwischenerkenntnisses durch den Obersten Gerichtshof nicht berücksichtigt werden darf und die Verletzungen im übrigen ohnehin aus den vorhandenen Beweisergebnissen zutage treten, sodaß die Erheblichkeit des geltend gemachten Beweisthemas für die Schuldfrage zum Zeitpunkt des zu überprüfenden Zwischenerkentnisses des Schöffengerichtes nicht ohne weiteres erkennbar war. Dem Beweisantrag, dem ein deshalb notwendiger Hinweis fehlt, inwiefern das Beweisthema für die Schuldfrage von Bedeutung sein sollte (vgl Mayerhofer StPO4 ENr 19 zu § 281 Z 4), muß daher schon die formelle Eignung als Basis für die Verfahrensrüge abgesprochen werden.

Indem die Mängelrüge (Z 5) eine "unvollständige und offenbar unzureichende Begründung" dafür reklamiert, daß sich in der Geldtasche vom Raubvorhaben des Angeklagten umfaßte 1.600 S befanden, macht sie keinen formellen Begründungsmangel hinsichtlich entscheidungswesentlicher Tatumstände geltend. Sieht doch die Beschwerde selbst als Alternative für das festgestellte Vorhaben des Angeklagten auf Wegnahme der 1.600 S nur jene - für den Tatbestand allerdings ausreichende -, daß er die der Prostituierten vorher übergebenen 400 S wieder an sich nehmen wollte. Der von der Beschwerde hier ins Auge gefaßte Tatbestand nach § 142 Abs 2 StGB wurde vom Schöffengericht nun nicht wegen des Wertes des Raubgutes, sondern wegen des Ausmaßes der angewendeten Gewalt ausgeschlossen. Damit besteht aber angesichts einer fehlenden Wertqualifikation bezüglich der vom Angeklagten angenommenen Höhe des in der Tasche befindlichen Geldbetrages für die Beschwerde keine Erfolgsrelevanz.

Daß der Angeklagte am Riemen der von R***** gehaltenen Tasche zu dem Zweck zog, R***** die Tasche wegzunehmen, leitete das Schöffengericht ersichtlich und im übrigen durchaus denkschlüssig und im Einklang mit der Lebenserfahrung stehend aus dieser Tathandlung selbst in Verbindung mit dem sonstigen objektiven Tatgeschehen entsprechend den im wesentlichen glaubwürdig erachteten Angaben der Zeugin R***** ab. Daß dabei die vom Schöffengericht in freier Beweiswürdigung aus dem Geschehensablauf gezogene Schlußfolgerung nicht die einzig denkbare ist, tut der Unanfechtbarkeit dieser Feststellung des Kollegialgerichtes keinen Abbruch.

Fehl schlägt die Mängelrüge ferner mit der Behauptung offenbar unzureichender und unvollständiger Begründung der getroffenen Feststellungen, wonach es R***** in der Folge erneut gelang, den Angeklagten wegzustoßen, sie die Autotür öffnete, die Handtasche, an der der Angeklagte immer noch gezogen habe, aus dem Auto warf und auszusteigen versuchte (US 6). Stützte der Schöffensenat diese Feststellungen doch erkennbar auf die Aussage der Zeugin R***** (US 6 ff; s dazu AS 71 ff). Im übrigen genügt für den Schuldspruch schon die vom Beschwerdeeinwand nicht in Frage gestellte Feststellung, daß der Angeklagte dem Opfer mit Raubvorsatz einen Faustschlag versetzte. Aufgrund der in § 270 Abs 2 Z 5 StPO gesetzlich aufgetragenen Urteilsbegründung in gedrängter Darstellung erübrigte sich für die Tatrichter die von der Beschwerde vermißte Erörterung von Einzelheiten der Angaben der Zeugin R***** vor der Polizei und in der Hauptverhandlung über die Reihenfolge der einzelnen Tathandlungen, sodaß insgesamt keine formellen Begründungsmängel hinsichtlich des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen erkennbar sind.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) orientiert sich, indem sie - einen Schuldspruch wegen Körperverletzung, allenfalls iVm Nötigung bzw versuchtem Diebstahl, allenfalls einen Schuldspruch (nur) wegen minderschweren Raubes anstrebend - sich vor allem über die deutlich erkennbare Urteilsannahme hinwegsetzt, wonach der Angeklagte vorsätzlich dem Opfer einen Faustschlag versetzte, um aus dessen Tasche Geld wegzunehmen (s insbesondere US 8 iVm US 6 und dem Urteilstenor) nicht am gesamten Urteilssachverhalt und ist damit nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt.

Zu Unrecht releviert die Strafbemessungsrüge (Z 11) zunächst, daß die beim Raub dem Opfer vom Angeklagten zugefügten Verletzungen als erschwerend gewertet wurden, weil Verletzungen nach § 142 StGB nicht tatbildlich sind und daher ein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot nicht vorliegt.

Mit dem weiteren Einwand, das Schöffengericht hätte eine teilweise bedingte Nachsicht der verhängten Freiheitsstrafe nicht (unter Hinweis auf die vorhandenen Erschwerungsgründe) ablehnen dürfen, macht die Beschwerde schließlich nur einen Berufungsgrund geltend.

Die teils unbegründete, teils nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war folglich bereits in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 und 2 iVm § 285 a Z 2 StPO sofort zurückzuweisen.

Die Kompetenz zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde gegen den Beschluß nach § 494 a Abs 1 Z 4 StPO fällt dem Oberlandesgericht Wien zu (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung basiert auf § 390 a StPO.

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