OGH 13Os199/96

OGH13Os199/968.1.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.Jänner 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Rouschal und Dr.Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Heißenberger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Tanja P***** wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 13. März 1996, GZ 7 U 1054/90-8, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Fabrizy, jedoch in Abwesenheit der Verurteilten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 13.März 1996, GZ 7 U 1054/90-8, verletzt das Gesetz in dem im XX. Hauptstück der StPO verankerten Grundsatz der materiellen Rechtskraft.

Der Beschluß wird aufgehoben.

Text

Gründe:

Mit Strafverfügung des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 3.Jänner 1991, GZ 7 U 1054/90-3, wurde Tanja P***** des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt, die gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von zwei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Mit Strafverfügung vom 22.Februar 1991, AZ 7 U 164/91, verurteilte das Bezirksgericht Innsbruck Tanja P***** wegen des am 11.Februar 1991, sohin in der Probezeit, begangenen Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB wiederum zu einer Geldstrafe. Zugleich sah es gemäß § 53 Abs 2 StGB (§ 494 a Abs 1 Z 2, Abs 6 StPO) mit Beschluß vom Widerruf der mit der erwähnten Strafverfügung gewährten bedingten Strafnachsicht ab und verlängerte die Probezeit auf fünf Jahre.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Hall vom 2.Oktober 1995, AZ 3 U 394/95, wurde Tanja P*****, verehelichte R*****, des am 16.August 1995, sohin in der verlängerten Probezeit begangenen Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls nach §§ (12), 127 und 15 StGB schuldig erkannt und neuerlich zu einer Geldstrafe verurteilt. Das Bezirksgericht faßte unter einem gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO (§ 53 Abs 1 StGB) den Beschluß auf Widerruf der im Verfahren 7 U 1054/90 des Bezirksgerichtes Innsbruck gewährten bedingten Strafnachsicht. Zufolge Rechtskraft dieses Beschlusses wurde die Strafe am 8.November 1995 vollzogen.

Obwohl sich eine (gekürzte) Ausfertigung des erwähnten Urteils im Akt befand (ON 5), sprach das Bezirksgericht Innsbruck mit Beschluß vom 13. März 1996, GZ 7 U 1054/90-8, iSd §§ 43 Abs 2 StGB, 497 Abs 1 StPO aus, daß die bedingte Nachsicht der Strafe endgültig geworden sei.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Beschluß steht - wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Der im Verfahren 3 U 394/95 des Bezirksgerichtes Hall gefaßte und in Rechtskraft erwachsene Widerrufsbeschluß vom 2.Oktober 1995 entfaltete eine Bindungswirkung, derzufolge kein Gericht berechtigt war, über den Entscheidungsgegenstand neuerlich abzusprechen. Das Bezirksgericht Innsbruck hat daher durch seine Beschlußfassung vom 13. März 1996 im Verfahren 7 U 1054/90 eine Entscheidungskompetenz rechtswidrig in Anspruch genommen (EvBl 1989/64 = JBl 1989, 400).

Dieser Beschluß konnte weder den schon vorher rechtskräftig beschlossenen Widerruf der bedingten Strafnachsicht beseitigen noch sonst für die Verurteilte irgendwelche Rechtsfolgen nach sich ziehen; die konstitutive Wirkung des Widerrufsbeschlusses blieb vielmehr hievon unberührt.

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war über die Feststellung der Gesetzesverletzung hinaus aus Gründender Rechtsklarheit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 13.März 1996 durch Aufhebung zu beseitigen (vgl EvBl 1989/64 = JBl 1989, 400; 15 Os 76/91, 13 Os 88,89/94, 13 Os 61/95). Davon ist das Strafregisteramt durch das Bezirksgericht Innsbruck im Verfahren 7 U 1054/90 bereits - ersichtlich unter Vorgriff auf diese Entscheidung - verständigt worden (s ON 10 und 11 dieses Aktes).

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