Spruch:
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
Die Parteien haben die Kosten ihrer Revisionsbeantwortungen jeweils selbst zu tragen.
Text
Begründung
Über das Vermögen der Firma Günter G***** GesmbH wurde am 3.6.1993 auf Grund eines am 4.3.1993 seitens der Tiroler Gebietskrankenkasse eingebrachten Konkursantrages das Konkursverfahren eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt.
Die beklagte Partei vermietete seit 1986 oder 1987 Schalungssysteme an die Firma Günter G***** GesmbH. Im Juni 1992 wurde die Vermietung eines Schalungssystems in Leichtbauweise vereinbart. Die Abrechnungen sollten nach Kalendertagen in Form von monatlichen Mietrechnungen erfolgen, deren Zahlung jeweils am 15. des Folgemonats fällig waren.
Die beklagte Partei erhielt von der nunmehrigen Gemeinschuldnerin folgende, vom Masseverwalter angefochtenen Zahlungen:
am 4.12.1992 S 48.110,-,
am 22.1.1993 S 41.014,32,
am 9.3.1993 S 40.004,36,
am 7.4.1993 S 40.000,-
und
am 23.4.1993 S 25.000,-.
Mit der Zahlung vom 4.12.1992 wurde die Rechnung Nr.451848 über Materialkäufe am 24.8.1992 in Höhe von S 5.848,- und die Mietrechnung Nr.453643 vom 31.8.1992 über die für August 1992 vorgeschriebenen Miete beglichen.
Mit der Zahlung vom 22.1.1993 wurde die Rechnung Nr.457044 vom 30.9.1992 über die Miete für September 1992 in Höhe von S 40.236,72 und die Rechnung Nr.460471 vom 31.10.1992 über die Miete für Oktober 1992 in Höhe von S 777,60 beglichen.
Mit der Zahlung vom 9.3.1993 wurde die Rechnung Nr.460276 vom 31.10.1992 über die Miete (ebenfalls) für Oktober 1992 in Höhe von S 40.004,36 beglichen.
Die Zahlung vom 7.4.1993 wurde als "Akontozahlung" für die Rechnung Nr.465565 vom 31.12.1992 über die Miete für Dezember 1992 in Höhe von S 39.185,36 und für die Rechnung Nr.463374 gewidmet. Ob letztere Rechnung eine Miete oder Materialeinkäufe betraf, kann nicht festgestellt werden.
Die Zahlung vom 23.4.1993 von S 25.000,- wurde als "Akontozahlung" für Rechnung Nr.465565 gewidmet.
Von den angefochtenen Beträgen in Höhe von insgesamt S 194.128,68 entfallen somit S 162.485,08 auf Mietzinszahlungen und S 5.848,20 auf Materialeinkäufe. Für welche Leistungen der beklagten Partei der restliche Betrag von insgesamt S 25.814,68 gezahlt wurde, kann nicht nachvollzogen werden. Die beklagte Partei hatte verlangt, daß zumindest die jeweils älteste offene Rechnung bezahlt werden müsse, weil ansonsten kein Material mehr zur Verfügung gestellt werde.
Die Gemeinschuldnerin war ab Mitte November 1992 überschuldet, jedenfalls mit Ende Dezember 1992 war sie auch zahlungsunfähig. Dies mußte dem Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin bekannt gewesen sein. Ihm war ab Jänner 1993 auch bewußt, daß er mit den nun folgenden Zahlungen die beklagte Partei vor den übrigen Gläubigern mit ebenfalls fälligen Forderungen bevorzugt.
Der Masseverwalter ficht die angeführten Zahlungen der Gemeinschuldnerin gemäß §§ 30 und 31 Konkursordnung an. Die Gemeinschuldnerin sei seit Herbst 1992 zahlungsunfähig gewesen. Die beklagte Partei sei hievon seitens der Gemeinschuldnerin informiert worden. Der beklagten Partei habe die Begünstigungsabsicht bekannt sein müssen. Jedenfalls sei der beklagten Partei die fahrlässige Unkenntnis von der Zahlungsunfähigkeit und von der Begünstigungsabsicht vorzuwerfen.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Zahlungen seien als Zug-um-Zugleistungen anzusehen und daher anfechtungsfest. Die Behauptung von der Kenntnis oder fahrlässigen Unkenntnis von der Zahlungsunfähigkeit und Begünstigungsabsicht werde bestritten.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren sowohl im ersten als auch im zweiten Rechtsgang ab. Die beklagte Partei habe von der Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin und von der Begünstigung keine Kenntnis gehabt. Diese Umstände hätten ihr auch nicht bekannt sein müssen.
Das Gericht zweiter Instanz, das das Urteil im ersten Rechtsgang zwecks Verfahrensergänzung aufgehoben hatte, gab der Berufung des klagenden Masseverwalters im zweiten Rechtsgang teilweise Folge. Es verpflichtete die beklagte Partei zur Zahlung von S 79.189,68 sA und wies das Mehrbegehren von S 114.939,- sA ab. Die Befriedigung der Forderungen aus Wareneinkäufen sei anfechtungsfest, weil davon auszugehen sei, daß diese unter Eigentumsvorbehalt geliefert worden seien und sich im Zeitpunkt der Zahlung noch in der Gewahrsame der Gemeinschuldnerin befunden hätten. Im Zweifelsfall sei dies auch für die nicht zuordenbare Zahlung von S 25.000,- anzunehmen, weil die Behauptungs- und Beweislast für die Anfechtungsvoraussetzungen den klagenden Masseverwalter treffe. Bei den Bestandzinsforderungen habe es sich nicht um die Abwicklung von anfechtungsfesten Zug-um-Zug-Geschäften gehandelt, weil der zeitliche Zusammenhang zur Abrechnungsperiode fehle. Im Zeitpunkt der Zahlung vom 4.12.1992 habe es zudem am Erfordernis der Begünstigungsabsicht seitens der Gemeinschuldnerin und der Zahlungsunfähigkeit gemangelt. Der beklagten Partei sei aber auch bei der Zahlung im Jänner 1993 noch nicht die fahrlässige Unkenntnis von der Zahlungsunfähigkeit und von der Begünstigungsabsicht vorzuwerfen, wohl aber bei den Zahlungen am 9.3., 7.4. und 23.4.1993. Die zu diesem Zeitpunkt erfolgten Zahlungen seien daher gemäß § 30 Abs 1 Z 3 und § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO anfechtbar, soweit sie erwiesenermaßen Mietzinse betroffen hätten (S 40.004,36 und S 39.185,32).
Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß die Revision hinsichtlich des Teilbetrages von S 162.485,08 (Mietzinszahlungen) gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig und im übrigen jedenfalls unzulässig sei. Die den Mietzins betreffenden Forderungen seien gemäß § 55 Abs 1 JN zusammenzurechnen, nicht aber die anderen Forderungen. Hinsichtlich der Anfechtung von Mietzinszahlungen sei die Revision zulässig, weil eine jüngere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu den Fragen fehle, ab wann dem Anfechtungsgegner in der Baubranche eine Vernachlässigung der Erkundungspflicht anzulasten sei und ab wann nach der Verkehrsauffassung noch eine Zug-um-Zug-Abwicklung vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger mit seinem Hinweis auf die im Zuge des Verfahrens vorgelegten Rechnungen ausreichend dargetan hat, daß es sich bei den eingeklagten Beträgen tatsächlich um Zahlungen aus einem einheitlichen Rechtsgeschäft bzw aus tatsächlich oder rechtlich zusammenhängenden Mietverträgen handelte und ob daher insoweit eine Zusammenrechnung der jeweils unter S 50.000,- liegenden Beträge nach § 55 Abs 1 Z 1 JN stattzufinden hat. Selbst bei Zusammenrechnung der Klagspositionen sind sowohl die vom Kläger als auch die von der beklagten Partei erhobenen Revisionen - wenn auch nicht jedenfalls, so doch - mangels erheblicher Rechtsfrage unzulässig.
Der Kläger ficht das Berufungsurteil insoweit an, als nicht insgesamt
ein den Betrag von S 146.018,68 sA, das ist der Rückersatz der
Zahlungen vom 22.1., 9.3., 7.4. und 23.4.1993, zuerkannt wurde. Er
macht in seiner Revision zwar zutreffend geltend, daß sich schon aus
dem Vorbringen der beklagten Partei in ihrer Klagebeantwortung
ergibt, daß die letzte "Akontozahlung" von S 25.000,- am 23.4.1993
die Miete für Dezember 1992 betraf. Tatsächlich sind die
Feststellungen des Erstgerichtes insoweit auch in sich selbst
widersprüchlich, weil demnach einerseits mit Rechnung Nr.465565 die
(Dezember)Miete in Höhe von S 39.185,32 vorgeschrieben wurde,
andererseits aber, daß am 23.4.1993 eine Akontozahlung von S 25.000,-
für die Rechnung Nr.465565 geleistet wurde und nicht festgestellt
werden könne, ob diese Rechnung aus Miete oder Materialeinkauf
resultiere. Der darin zu erblickende Feststellungsmangel ist jedoch
im Ergebnis ohne Bedeutung. Auch wenn die Rechnung Nr.465565 die
Mietzinsvorschreibung für Dezember 1992 betraf (wie sich im übrigen tatsächlich aus Beilage 12 ergibt) und daher die Zahlung von S 25.000,- am 23.4.1993 als Zahlung eines Teiles der Miete für Dezember 1993 zu identifizieren ist (vgl den Zahlungsbeleg Beilage H, der eindeutig auf die Rechnung Nr.465565 Bezug nimmt), bleibt dennoch ein bezahlter Betrag von S 25.000,- offen, der nicht zuzuordnen ist. Es ist nämlich unklar (und anhand der Urkunden nicht nachvollziehbar), ob die Rechnung Nr.463374 eine Mietzinsvorschreibung oder eine Materiallieferung betraf. Die am 7.4.1993 "akonto" bezahlten S 40.000,- deckten also offensichtlich die Mietzinsvorschreibung über S 39.185,32 laut Rechnung Nr.465565 nur zu einem Teil ab (weil am 23.4.1993 weitere S 25.000,- auf diese Rechnung bezahlt wurden), während aber der andere Teil (in Höhe von mindestens S 25.000,-) eine Rechnung abdecken sollte, deren Leistungsinhalt nicht nachvollziehbar ist. Die zusammenfassende Feststellung des Erstgerichtes, daß ein in den angefochtenen Beträgen enthaltener Teilbetrag von S 25.000,-
nicht zuzuordnen ist, ist daher im Ergebnis weder widersprüchlich noch aktenwidrig, so daß der aufgezeigte Feststellungsmangel nicht entscheidungswesentlich ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sind sogenannte Zug-um-Zug-Geschäfte nicht nach § 30 und § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO anfechtbar (SZ 57/87; SZ 61/101 ua), wobei maßgebend ist, ob es sich nach der Verkehrsauffassung um einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang handelt. Jedenfalls wird ein enger zeitlicher Zusammenhang (SZ 61/101; ZIK 1995/53) gefordert. Die gleichzeitige Bewirkung von Leistung und Gegenleistung wird allerdings nicht gefordert. Bei Arbeitsverhältnissen (SZ 61/101) und bei Bestandverhältnissen mit periodischer Bezahlung des Bestandzinses (ZIK 1995/53) sind Entgelt- bzw Mietzinszahlungen zwar auch dann nicht wegen (vermuteter) Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder der Begünstigungsabsicht anfechtbar, wenn diese für bestimmte Verrechnungsperioden im nachhinein geleistet wurden, obwohl die Anfechtung wegen dieser Tatbestände grundsätzlich nur dann in Betracht kommt, wenn die bekämpften Rechtshandlungen gleichzeitig begründete Gläubigerrechte treffen (SZ 61/101, SZ 64/73). Allerdings darf in diesen beiden Fällen die Zahlung für einen bestimmten Verrechnungsabschnitt nicht so spät nach dem Eintritt der Fälligkeit geschehen, daß der notwendige zeitliche Zusammenhang mit den bereits erbrachten Leistungen nach der Verkehrsauffassung nicht mehr als gegeben angesehen werden kann. Von einer Zug-um-Zug-Abwicklung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses kann jedenfalls dann nicht mehr gesprochen werden, wenn das auf einen bestimmten Verrechnungszeitraum entfallende Arbeitsentgelt erst nach Ablauf der nächstfolgenden Verrechnungsperiode bezahlt wird (SZ 61/101). Wie bereits aus der in ZIK 1995, 53 veröffentlichten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes hervorgeht, bei der - so wie im vorliegenden Fall - Zahlungen auf Grund von monatlich im nachhinein vorgeschriebenen Mietzinsen für Schalungselemente zu beurteilen waren -, sind diese Erwägungen auch auf Bestandzinszahlungen übertragbar. Diese sind als Ausnahme vom Grundsatz, daß die Anfechtungsfestigkeit die gleichzeitige oder spätere Begründung von Gläubigerrechten voraussetzt, nur dann gleich einer anfechtungsfesten Zug-um-Zug-Leistung zu beurteilen, wenn der Bestandzins (zwar nach Ablauf der betreffenden Abrechnungsperiode, aber) noch in der folgenden Abrechnungsperiode (im Folgemonat) entrichtet wird.
Die Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz, daß erst drei bis vier Monate im nachhinein bezahlte Mietzinse bei monatlichen Verrechnungsperioden selbst bei großzügiger Auslegung nicht als anfechtungsfeste Zug-um-Zug-Leistungen angesehen werden können, entspricht daher der zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, der die Revision der beklagten Partei, die insbesondere Erwägungen zu dem hier nicht vorliegenden Fall des Kontokorrents heranziehen will, keine überzeugenden Argumente entgegensetzen kann.
Die weitere Frage, ob die beklagte Partei auch schon im Zeitpunkt der Zahlung vom 22.1.1993 Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit und der Begünstigungsabsicht der Gemeinschuldnerin haben hätte müssen, wie in der Revision des klagenden Masseverwalters argumentiert wird, oder ob ihr die mangelnde Kenntnis dieser Umstände auch bei den Zahlungen vom 9.3., 7.4. und 23.4.1993 nicht vorgeworfen werden kann, wie in der Revision der beklagten Partei behauptet wird, hängt von den besonderen Umständen dieses Einzelfalles ab und ist daher nicht erheblich im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (7 Ob 1676/94; 8 Ob 1502/96). Eine der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Vorwerfbarkeit der Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit und (oder) der Begünstigungsabsicht widersprechende rechtliche Beurteilung der umfangreichen Feststellungen des Erstgerichtes zur wirtschaftlichen Entwicklung der Gemeinschuldnerin und zu den der beklagten Partei vorliegenden Informationen kann in der Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz nicht erblickt werden.
Beide Revisionen waren daher mangels des Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
Für die wechselweisen Revisionsbeantwortungen waren den Parteien keine Kosten zuzuerkennen, weil sie nicht auf die Unzulässigkeit der Revision des jeweiligen Prozeßgegners hingewiesen haben.
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