OGH 6Ob2174/96s

OGH6Ob2174/96s18.12.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Markus O*****, wider die beklagte Partei Helmut D*****, vertreten durch Dr.Gert Kastner und Dr.Hermann Tscharre, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 67.139,20 S, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 7.Mai 1996, GZ 1 R 9/96x-28, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 27.Oktober 1995, GZ 16 C 2150/93t-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben, die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Im Jänner 1991 wurde der Beklagte von seinem damaligen Arbeitgeber nach 9-jähriger Beschäftigung fristlos entlassen. Als Grund wurden ab Herbst 1990 aufgetretene Unstimmigkeiten in Provisionsabrechnungen genannt.

Nachdem der Beklagte im Februar 1991 bei der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Tirol Rechtsauskünfte über mögliche Gegen- und Abhilfemaßnahmen eingeholt und ihm der Name des Klägers als in arbeitsrechtlichen Angelegenheiten versierten Rechtsanwalts bekanntgegeben worden war, begab sich der Beklagte noch vor dem 13.2.1991 in die Kanzlei des Klägers. Beim ersten Gespräch zwischen den Streitteilen teilte der Beklagte dem Kläger mit, daß er über eine Rechtschutzversicherung bei der Wiener Allianz Versicherungs AG verfüge. Dieser Rechtschutzversicherungsvertrag wies eine Deckungssumme von 200.000,-- S auf, wobei die Beschränkung der Deckungssumme der Rechtschutzversicherungspolizze dem Beklagten bekannt war. Auf diesen Umstand machte er jedoch den Kläger nicht aufmerksam. Der Beklagte ersuchte den Kläger nicht, in Sachen Deckung mit der Rechtschutzversicherung zu verhandeln und tätig zu werden. Er erteilte jedoch den Auftrag, ihm bei der Durchsetzung seiner Rechte gegenüber seinem ehemaligen Dienstgeber behilflich zu sein. Welchen genauen Umfang diese Auftragserteilung hatte, läßt sich nicht feststellen.

Da der Beklagte den Kläger drängte, für ihn tätig zu werden, versandte der Kläger am 13.2.1991 ein Forderungsschreiben an den früheren Dienstgeber des Beklagten. Am 19.2.1991 reichte der Beklagte eine Rechtschutz-Schadenanzeige bei der Wiener Allianz Versicherungs-AG ein und führte dort "Dr.M***** O*****" als gewünschten Rechtsanwalt an. Am 20.2.1991 kam es zu einem Telefonat zwischen dem zuständigen Mitarbeiter der Rechtschutzversicherung und dem Kläger, in welchem diesem - entgegen der sonst grundsätzlich eingehaltenen Vorgangsweise - Kostendeckung für außergerichtliche Bemühungen zugesagt und vereinbart wurde, daß zunächst nur ein Forderungsschreiben an den früheren Dienstgeber versendet werden solle. Für den Fall der Erfolglosigkeit wurde eine Klageführung erwogen. Die Höhe der Deckungssumme des Rechtschutzversicherungsvertrages wurde bei diesem Telefonat nicht erörtert. Am 28.2.1991 ging dem Kläger ein Vertretungsauftrag der Rechtschutzversicherung des Beklagten zu, in dem es unter anderem heißt: "Vor einer Prozeßführung nehmen Sie bitte mit uns Kontakt auf. In gerichtlichen und verwaltungsbehördlichen Verfahren werden Nebenleistungen des Rechtsanwaltes maximal in Höhe des nach dem jeweiligen Tarif zulässigen Einheitssatzes gezahlt. Wir ersuchen um Mandatsbestätigung und Berichte über den jeweils letzten Stand der Angelegenheit (durchschriftlich auch an den VN)". Bis zu diesem Termin hatte der Kläger von sich aus keinen Kontakt zur Rechtschutzversicherung des Beklagten aufgenommen.

Nach Ablehnung der außergerichtlichen Forderung versandte der Kläger am 18.3.1991 den Entwurf einer Klage (zum späteren Verfahren 47 Cga 113/91 des Landesgerichtes Innsbruck) an den Beklagten und seine Rechtschutzversicherung. Dabei ersuchte er vor allem den Beklagten um Rückäußerung im Hinblick auf die Richtigkeit des Klagevorbringens.

Von der Rechtschutzversicherung begehrte er für den Fall der

Klagegenehmigung die Refundierung der von ihm auszulegenden

Pauschalgebühr von 5.200,-- S. In der Folge kam es zwischen den

Streitteilen zu weiteren Informationsgesprächen. Es ist nicht

feststellbar, ob der Beklagte gegenüber dem Kläger zur Sprache

brachte, daß er eine Klageführung nur dann wolle, wenn für ihn kein

Kostenrisiko bestehe. Ebenso läßt sich nicht feststellen, ob der

Kläger den Beklagten über die möglichen Kosten eines Rechtsstreites

aufklärte. Mit Schreiben vom 30.4.1991 teilte der Kläger dem

Beklagten mit, es sei ihm die Kostendeckungszusage der

Rechtschutzversicherung für das erstinstanzliche Verfahren

zugekommen. Dieses lautet: "..... Mit der Prozeßführung im Sinne

Ihres Schreibens sind wir einverstanden. Wir übernehmen die

tarifmäßigen Kosten eines ortsansässigen Anwaltes für das Verfahren

erster Instanz..... Wir ersuchen um laufende Informationen über den

Stand des Prozesses (durchschriftlich auch an VN) und Übermittlung der Verhandlungsprotokolle.

P.S.: Hinsichtlich der Provisionsdifferenzen bitten wir Sie, wie telefonisch besprochen, auf die Revisionsgrenze herunterzugehen (gesamt ÖS 175.000 Leistung)....".

Die Klage zu 47 Cga 113/91 des LG Innsbruck wurde am 30.4.1991 auf Zahlung von brutto 335.061,77 S sA und Rechnungslegung (Streitwert 185.000,-- S) eingebracht. In der Streitverhandlung vom 7.11.1991 wurde der Bruttobetrag unter Aufrechterhaltung des Rechnungslegungsbegehrens und seiner Bewertung auf 416.786,96 S ausgedehnt.

In der ersten Streitverhandlung im arbeitsgerichtlichen Verfahren wurden zwischen den Streitteilen Vergleichsgespräche geführt, die jedoch - ohne daß dies durch das Verhalten des Klägers bewirkt worden wäre - scheiterten.

Mit Schreiben vom 14.10.1991 hatte der Kläger dem Beklagten mitgeteilt, daß die Rechtschutzversicherung auch bezüglich des später zu 47 Cga 199/91 beim LG Innsbruck anhängig gemachten Herausgabebegehrens des Beklagten wider seinen früheren Dienstgeber eine Kostendeckungszusage erteilt habe. In der anläßlich dieser Verfahrensschritte geführten Korrespondenz war von der Deckungssumme der Rechtschutzversicherung des Beklagten keine Rede. Erstmalig im Schreiben vom 16.4.1992, findet sich unter anderem folgender Vermerk:

"....In der Sache selbst teilen wir Ihnen mit, daß wir Rechtschutzdeckung für das Buchauszugsbegehren gewähren. Zu Ihrer Information teilen wir Ihnen noch mit, daß in dieser Angelegenheit eine Gesamtversicherungssumme von 200.000,-- S zur Verfügung steht....".

Auch auf dieses Schreiben hin nahm der Kläger weder Kontakt mit dem Beklagten noch mit der Rechtschutzversicherung auf, um nähere Erkundigungen über einen allenfalls bestehenden Deckungsumfang von Rechtschutzversicherungsverträgen des Beklagten einzuholen.

Mit Schreiben vom 27.10.1992 an die Rechtschutzversicherung teilte der Kläger den Inhalt des klageabweislichen Urteiles im Arbeitsgerichtsprozeß vom 20.12.1992 mit und ersuchte um Rückäußerung zur Kostendeckung für ein allfälliges Berufungsverfahren. Mit selber Post verständigte er den Beklagten von diesem Verfahrensausgang erster Instanz und wies darauf hin, daß dieser dort zu einem Kostenersatz von 286.823,40 S verfällt wurde. In diesem Brief heißt es unter anderem: "Im übrigen erlaube ich mir, auf die Begründung des Urteiles zu verweisen. Ich ersuche nunmehr um Rückäußerung, ob Sie gegen dieses Urteil das Rechtsmittel der Berufung wünschen. Gleichzeitig habe ich auch Ihre Rechtschutzversicherung informiert und um entsprechende Rückäußerung ersucht...".

Im Antwortschreiben vom 11.11.1992 erteilte die Rechtschutzversicherung die Genehmigunng für die Ausführung der Berufung, wies jedoch neuerlich darauf hin, daß die Gesamtdeckungssumme, von der nach Abzug der bisherigen Leistungen von 10.721,-- S noch ein Betrag von 189.279,-- S zur Verfügung stehe, nicht überschritten werden könne. Erst zu diesem Zeitpunkt wurde dem Kläger erstmals bewußt, daß die Rechtschutzversicherung keine höhere Deckung für das arbeitsgerichtliche Verfahren als den angeführten Betrag gewähren werde. Daraufhin richtete er an den Beklagten am 12.11.1992 folgendes Schreiben: "...übermittle ich beiliegend eine Kopie des Schreibens der Rechtschutzversicherung an mich. Der durch dieses Schreiben erwähnte Betrag von 189.279,-- S ist durch die bisherigen Kosten bereits aufgebraucht. Ich ersuche Sie daher um Mitteilung, ob Sie angesichts dessen eine Berufung wünschen, bzw Rücksprache mit der Rechtschutzversicherung. Ich habe diese bereits gesondert darauf hingewiesen, daß sie mit Schreiben vom 2.5.1991 die tarifmäßigen Kosten eines Anwaltes für das Verfahren erster Instanz übernommen hat und daher meines Erachtens jedenfalls das Honorar für die Vertretung erster Instanz zu bezahlen ist. Hinsichtlich der Erfolgsaussichten kann ich keine Prognosen stellen. Im Falle eines Obsiegens im Berufungsverfahren ist jedoch die Gegenseite zur Gänze kostenersatzpflichtig....".

Da dem Beklagten nach Zugang dieses Schreibens erstmals bewußt wurde, daß die Deckungssumme seiner privaten Rechtschutzversicherung nicht einmal die bis dato aufgelaufenen Verfahrenskosten abdecken werde, versuchte er von der Rechtschutzversicherung im Kulanzweg eine Prozeßkostenübernahme zu erwirken. Dieser Versuch schlug ebenso fehl wie der anschließende bei der Kammer für Arbeiter und Angestellte, für das zweitinstanzliche Verfahren Rechtschutzdeckung zu erhalten. Die vom Kläger auf ausdrücklichen Wunsch des Beklagten im arbeitsgerichtlichen Verfahren erhobene Berufung, für die der Beklagte mit der Widmung "Honorarnote zweite Instanz 20.000,-- S zuzüglich 20 %" 24.000,-- S akontierte, blieb erfolglos. Der Beklagte wurde zum Ersatz von 37.623,60 S an Verfahrenskosten der Gegenseite verpflichtet. Nicht festgestellt werden kann, ob der Kläger dem Beklagten die von ihm begehrten Vertretungskosten für das Berufungsverfahren mit 24.000,-- S pauschalierte. In seinem Schreiben vom 22.2.1993 teilte der Kläger dem Beklagten dieses Verfahrensergebnis mit und wies darauf hin, daß er gegen Übermittlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 44.000,-- S (davon 24.000,-- S Pauschalgebühr) eine Revision erheben könne. Im folgenden heißt es dort: "...Im Hinblick auf die Erklärung Ihrer Rechtschutzversicherung muß ich darauf verweisen, daß die Kosten der Gegenseite im Falle des Eintrittes der Rechtskraft Ihrerseits zu tragen sein werden. Ich verweise darauf, daß bei Nichterhebung einer Revision das Urteil ab 11.3.1993 vollstreckbar ist. Die Gesamtkosten, die der beklagten Partei zugesprochen wurden, betragen 286.823,40 S an Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und 37.623,60 S an Kosten des Berufungsverfahrens. Hinsichtlich allfälliger Ratenzahlungsansuchen an die Gegenseite erbitte ich um Anweisung, wenn solche durch mich gestellt werden sollen. Des weiteren erlaube ich mir, beiliegende Kostennote zu übersenden und verweise darauf, daß nach Mitteilung Ihrer Rechtschutzversicherung seitens derselben lediglich ein Betrag von 200.000,-- S inklusive der bisher ausgelegten Beträge zur Bezahlung gelangt, sodaß lediglich ein Betrag von 189.279,-- aus diesem Titel zur Verfügung steht. Der Restbetrag wäre durch Sie zu tragen, wenn nicht eine Regelung mit Ihrer Rechtschutzversicherung erreicht werden kann, wobei ich Ihnen gerne eine Intervention bei Ihrer Rechtschutzversicherung freistelle. Ich verweise diesbezüglich auf die gepflogenen Erörterungen...".

Am 8.3.1993 setzte die Rechtsschutzversicherung den Kläger über die Überweisung des restlichen Rechtschutzdeckungsbetrages von 179.444,-- S in Kenntnis. In dem Schreiben findet sich unter anderem der Vermerk "Wir betrachten die Sache damit als erledigt".

Eine Revision im arbeitsgerichtlichen Verfahren wurde nicht mehr erhoben.

Aufgrund des Prozeßverlustes in diesem Verfahren leistete der Beklagte an den Rechtsvertreter seines früheren Dienstgebers insgesamt 340.090,60 S, wovon 9.081,74 S auf Zinsen und 6.590,94 S auf Exekutionskosten entfielen.

Die Gesamtkostennote des Klägers lautete auf insgesamt 265.983,20 S, worin 233.696,80 S an Verfahrenskosten erster Instanz und 32.288,40 S an Verfahrenskosten zweiter Instanz enthalten waren. Abzüglich der Leistungen der Rechtschutzversicherung des Beklagten von 179.244,-- S und einer Pauschalgebühr von 5.200,-- S blieb ein Restbetrag von 81.539,40 S offen. In einem Antwortschreiben wies der Beklagte darauf hin, er habe als Grundbedingung zur Klageführung die volle Kostendeckung entweder durch seine Rechtschutzversicherung oder die Arbeiterkammer gestellt. Der Kläger habe ihn immer beruhigt, daß die Kostendeckung auf jeden Fall gesichert sei, entweder über die Versicherung oder die Arbeiterkammer.

In der Folge zahlte der Beklagte dem Kläger 24.000,-- S. Diesen Betrag verrechnete der Kläger primär mit einer noch nicht refundierten Pauschalgebühr für das Berufungsverfahren und teilte mit, daß der nach Abzug der Zahlung noch verbleibende Kostenrest 67.139,20 S betrage, er ersuchte um Zahlung oder konkrete Zahlungsvorschläge, widrigenfalls er seinen Anspruch gerichtlich geltend machen müsse.

Der Kläger begehrt 67.139,20 S samt 8,75 % Zinsen ab 1.8.1993 für seine Vertretungstätigkeit im Verfahren 47 Cga 113/91 des LG Innsbruck laut den gelegten Honorarnoten mit dem Vorbringen, die Deckung der Verfahrenskosten durch die private Rechtschutzversicherung des Beklagten oder durch die Arbeiterkammer Innsbruck sei niemals verabredet worden, der Beklagte sei daher trotz zahlreicher Einwendungen zur Honorierung der Vertretungstätigkeit des Klägers verpflichtet. Der Beklagte habe Kenntnis von der Versicherungssumme gehabt und wissen müssen, wie weit die Kostendeckungszusage der Versicherung reiche. Nicht die Vertretung des Klägers sei Ursache für den dem Beklagten entstandenen Schaden, sondern dessen unwahre Informationen vor Prozeßbeginn und seine falschen Aussagen im Prozeß.

Der Beklagte wandte ein, dem Kläger sei die Höhe der Deckungssumme der privaten Rechtschutzversicherung von 200.000,-- S bekannt gewesen, auch habe er von der Bedingung des Beklagten Kenntnis gehabt, einen Prozeß gegen seinen früheren Dienstgeber erst nach voller Kostendeckungszusage, entweder durch die private Versicherung oder (subsidiär) durch die Arbeiterkammer Innsbruck einzubringen, der Beklagte sei zur Leistung der noch offenen Honorarbeträge wegen Sorgfaltsverletzung des Klägers nicht verpflichtet. Er sei nicht aufgeklärt worden, daß wegen der überhöhten Streitsumme die Deckungssumme überschritten werden könne. Die ihm entstandenen Prozeßkosten wende er bis zur Höhe der Klageforderung kompensando ein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Auffassung, daß dem Kläger ein Sorgfaltsverstoß im Sinne des § 1299 ABGB zur Last falle, weil er sich weder bei seinem Mandanten noch bei dessen Rechtschutzversicherung über weite Strecken des von ihm abgeführten arbeitsgerichtlichen Verfahrens über den Deckungsumfang der Rechtschutzversicherung erkundigt habe. Ein allfälliges Mitverschulden des Beklagten, der trotz eigener Kenntnis der Deckungssumme darüber keine Mitteilung gemacht habe, sei nicht gegeben. Der Kläger habe daher keinen Anspruch auf Ersatz der die Deckungssumme der Rechtschutzversicherung insgesamt überschreitenden Honorarbeträge.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers keine Folge und bestätigte das Ersturteil mit der Maßgabe, daß es feststellte, die Klageforderung bestehe mit 66.775,20 S zu Recht, die eingewendete Gegenforderung bestehe bis zur Höhe der Klageforderung zu Recht und das Klagebegehren daher abwies.

Dem Rechtsanwalt gebühre für seine Leistungen das vereinbarte oder mangels Vereinbarung angemessene Honorar. Wertlosigkeit der erbrachten Geschäftsbesorgungsleistungen führe zu Schadenersatz und Entfall des Entgeltes. Der Kläger habe im Arbeitsgerichtsprozeß das Rechnungslegungsbegehren mit 185.000,-- S bewertet, obwohl die ausdrückliche Weisung des Rechtschutzversicherers eine Bewertung mit 175.000,-- S angeordnet habe. Auch der Kläger räume ein, daß dies ein den Honoraranspruch mindernder Sorgfaltsverstoß sein könne. Werde der Honoraranspruch des Klägers um die weisungswidrige Höherbewertung gekürzt, ergebe sich anstelle der eingeklagten Summe ein korrigierter und berechtigter Honoraranspruch von 66.775,20 S. In diesem Umfang sei die Leistung des Klägers, auch wenn sie nicht zum gewünschten Prozeßerfolg geführt habe, nicht wertlos und führe nicht zu einem Entfall des Honoraranspruches. Sorgfaltsverstöße machten jedoch schadenersatzpflichtig. Die Rechtsprechung habe für Sachverständige ausgesprochen, daß den Sachverständigen eine Warn- und Hinweispflicht bei sonstigem Verlust des Gebührenanspruches treffe, wenn sich bei der Sachverständentätigkeit herausstelle, daß die tatsächlich entstandene Gebühr des Sachverständigen den Wert des Streitgegenstandes oder die Höhe des erlegten Kostenvorschusses erheblich überschreiten werde. Der Oberste Gerichtshof habe es daher für vertretbar angesehen, auch einem Rechtsanwalt eine entsprechende Warnpflicht aufzuerlegen, wenn sich im Verlaufe einer Vertretung herausstelle, daß das Honorar den Wert des Streitgegenstandes erheblich übersteige. Der Kläger wäre daher zur Erforschung der Deckungssumme und zur Warnung bei Kostenüberschreitung verpflichtet gewesen. Zu den wichtigsten Aufgaben des Anwaltes zähle, den rechtsunkundigen Mandanten eingehend über die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen der vom Kläger gewünschten Rechtshandlungen zu belehren. Der Umfang der Belehrungspflicht umfasse alle mit dem erteilten Auftrag zusammenhängenden Fragen, von denen der Anwalt annehmen müsse, sie seien dem Mandanten nicht bekannt. Hiezu bestehe auch eine vorgelagerte Nachforschungs- und Erkundigungspflicht. Der Anwalt könne nicht erwarten, der juristische Laie oder unerfahrene Mandant werde ihm alle relevanten Umstände von sich aus mitteilen, er müsse daher selbst ein möglichst vollständiges und objektives Bild von der Sachlage gewinnen. Nur wenn dies geschehen sei, sei dem Sorgfaltsmaßstab entsprochen. Weise ein Mandant auf eine ihm zur Verfügung stehende Rechtsschutzversicherung hin, müsse der Anwalt den Klienten nicht nur über die Vorgangsweise und die Obliegenheiten gegenüber der Versicherung hinweisen, sondern sich durch Einsicht in den Versicherungsvertrag Kenntnis über den Umfang der Versicherung verschaffen und den Klienten gegebenenfalls darüber belehren, daß weitere Kosten für die Rechtsverfolgung entstehen könnten. Erfahrungsgemäß würden Versicherungsnehmer von ihrem Versicherer oft keineswegs detailliert über die bestehenden engen Begrenzungen des Versicherungsschutzes aufgeklärt. Gerade ein Rechtsanwalt, der häufig mit Rechtschutzversicherungen zusammenarbeite, müsse wissen, daß hier Informationsmängel vorlägen. Der Anwalt habe daher im Zweifel klar auszusprechen, wann die Deckung der Versicherung ende und die persönliche Zahlungspflicht des Klienten beginne. Diesem strengen Sorgfaltsmaßstab habe der Kläger nicht entsprochen. Er habe nicht einmal nach dem Schreiben der Rechtschutzversicherung vom 16.4.1992, in dem der Vermerk über die Begrenzung der Versicherungssumme enthalten gewesen sei, mit dem Versicherer und dem Beklagten Kontakt aufgenommen, um eine Klärung herbeizuführen. Dem dem Kläger zur Last fallenden Sorgfaltsverstoß stehe auch kein Mitverschulden des Beklagten, dem die Begrenzung der Versicherungssumme bekanntgewesen sei, gegenüber. Der Beklagte sei seiner Informationspflicht in ausreichendem Maß nachgekommen. Verletze der Anwalt schuldhaft die ihm nach § 9 RAO und § 1009 ABGB obliegenden Sorgfaltspflichten, sei er nicht nur nicht berechtigt, ein Honorar zu begehren, aus denselben Gründen bestünden auch Schadenersatzansprüche des Klienten. Auch Kosten von Rechtsverfolgungshandlungen seien bei Vertragsverletzung zu ersetzender Schaden. Dies gelte nicht nur hinsichtlich der Kosten, die der Beklagte an das Gericht und den Gegenanwalt gezahlt habe, sondern auch für die Kosten des Klägers. Er habe den Beklagten so zu stellen, als wäre das ihm zum Schadenersatz verpflichtende Verhalten, also die sorgfaltswidrig unterlassene Nachforschung und Aufklärung über die Begrenzung der Deckungssumme, erfolgt. Auch aus dem Umstand, daß das Erstgericht zur Frage der Kausalität des Sorgfaltsverstoßes des Klägers für den eingetretenen Schaden keine Feststellungen getroffen habe, sei für den Kläger nichts gewonnen. Sei ein pflichtwidriges Verhalten infolge Unterlassung einer gebotenen Handlung festgestellt, dann sei es Sache des betroffenen Anwaltes, die mangelnde Kausalität seines Verhaltens für das Entstehen der über die Deckungssumme hinausgehenden Kosten nachzuweisen und sich dadurch zu entlasten. Dieser Entlastungsbeweis sei als prima-facie-Entlastungsbeweis zu betrachten, der zu einer Beweisthemenverschiebung führe. Diesen Entlastungsbeweis habe der Kläger aber nicht erbracht, es sei daher von der Kausalität seines festgestellten Sorgfaltsverstoßes auszugehen, sodaß die Gegenforderung jedenfalls bis zur Höhe der Klageforderung zu Recht bestehe.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil zu der über den Einzelfall hinaus bedeutenden Rechtsfrage, ob und in welchem Umfang eine Nachforschungs- und Aufklärungspflicht des Rechtsanwaltes hinsichtlich der Höhe der Deckungssumme einer Rechtschutzversicherung bestehe, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zulässig, sie ist im Sinn einer Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen auch berechtigt.

Den Ausführungen des Berufungsgerichtes zur Sorgfaltsverletzung ist zuzustimmen. Zu den vertraglichen Pflichten eines Rechtsanwaltes, der die Vertretung eines Klienten übernommen hat, gehört nicht nur die Aufklärung über rechtliche Belange, sondern auch über die daraus resultierenden, dem Mandanten unbekannten wirtschaftlichen Auswirkungen, insbesondere auch im Prozeßkostenrecht. Sogar bei einem rechtlich nicht unerfahrenen Klienten kann keineswegs vorausgesetzt werden, dieser sei in der Lage, die mit einem Prozeß verbundenen Kosten auch nur in groben Zügen abzuschätzen. Es ist eine Erfahrungstatsache, daß Privatpersonen, die eine Rechtschutzversicherung abschließen wollen, vom Versicherer häufig nicht ausreichend über die engen Begrenzungen des Versicherungsschutzes aufgeklärt werden, ihnen also nicht vor Augen geführt wird, daß gerade in jenen Fällen, für die die Versicherung mangels eigener Leistungsfähigkeit des Versicherungsnehmers Schutz bieten soll - für einen kostenintensiven Aktiv- oder Passivprozeß mit hohem Streitwert - die oft nach der Höhe der Prämie gewählte Deckungssumme nicht ausreichen kann, um dem Versicherten jedes Kostenrisiko abzunehmen. Gerade davon aber geht in der Regel ein unerfahrener Versicherungsnehmer, der einen Rechtsschutzversicherungsvertrag abgeschlossen hat, aus. Einem Rechtsanwalt, der immer wieder in die Lage versetzt wird, mit Rechtschutzversicherungen zusammenzuarbeiten, müssen diese Umstände bekannt sein. Teilt ein Klient daher lediglich mit, er habe eine Rechtschutzversicherung abgeschlossen, gehört es zu den mit der vertraglichen Hauptpflicht, den Mandanten zu vertreten, in untrennbarem Zusammenhang stehenden vertraglichen Nebenpflichten des Anwaltes, die Deckungssumme entweder mit der Versicherung oder mit dem Mandanten durch Aufforderung, die Versicherungspolizze vorzulegen, abzuklären. Durch das Fordern einer solchen Vorgangsweise wird der Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB nicht überspannt (vgl wie schon vom Berufungsgericht zitiert: Zandl, Anwalt und Rechtsschutzversicherung AnwBl 1989, 655; Graf, Neue Judikatur zur Anwaltshaftung ecolex 1991, 305).

Im vorliegenden Fall sollte nicht nur eine Klage auf Zahlung der aus der ungerechtfertigten Entlassung resultierenden Entgelte, sondern darüber hinaus eine Stufenklage zur Ermittlung einer ganzen Reihe von Provisionsansprüchen gegenüber dem Dienstgeber mit einem Gesamtstreitwert von mehr als 600.000,-- S erhoben werden. Es hätte dem Kläger bewußt sein müssen, daß bei diesem hohen Streitwert und voraussehbar langem Beweisverfahren allein zur Deckung der Kosten (allenfalls beider Prozeßparteien!) in erster Instanz eine Versicherungsdeckungssumme erforderlich gewesen wäre, die bei einer von einem angestellten Vertreter abgeschlossenen Rechtschutzversicherung schon wegen der damit verbundenen Prämienhöhe keineswegs von vornherein vorausgesetzt werden kann. Auch das Wissen, daß Versicherungen Deckungszusagen nur im Umfang der Versicherungssumme abgeben, muß von einem Anwalt gefordert werden. Dem Kläger ist daher die Unterlassung der notwendigen Nachfrage und die daran anschließende Aufklärung des Beklagten, daß dieser allenfalls einen Teil des Kostenrisikos selbst tragen müsse, umso mehr als Sorgfaltsverletzung vorzuwerfen, als er auch nach dem Schreiben der Rechtschutzversicherung vom 16.4.1992, in dem auf die Gesamtversicherungssumme von 200.000 S ausdrücklich verwiesen wurde, noch immer keinen Handlungsbedarf erkannte. Zu diesem Zeitpunkt waren im arbeitsgerichtlichen Verfahren bereits sehr erhebliche Kosten aufgelaufen.

Die Verletzung einer vertraglichen oder gesetzlichen Verbindlichkeit

führt zur Schadenersatzverpflichtung. Der Beweis des Verschuldens

obliegt nach § 1296 ABGB grundsätzlich dem Geschädigten. Fügt ein

Schuldner seinem Gläubiger durch Verletzung einer bereits bestehenden

schuldrechtlichen Sonderbeziehung einen Schaden zu, dann hat nach der

Beweislastumkehrregel des § 1298 ABGB der Schädiger zu beweisen, daß

ihn kein Verschulden trifft. Die Beweislastumkehr betrifft das

Verschulden, der Beweis der Kausalität obliegt jedoch weiterhin dem

Gläubiger (JBl 1993, 316; NZ 1987, 42 u.a.). Von diesem Grundsatz ist

der Oberste Gerichtshof zwar bei ärztlichen Behandlungsfehlern abgegangen (SZ 63/90; JBl 1992, 522), weil hier wegen der in diesen Fällen besonders vorhandenen Beweisschwierigkeiten des Patienten, die Kausalität nachzuweisen, nur dem zur Haftung herangezogenen Arzt die Mittel und Sachkunde zum Nachweis zur Verfügung stehen, daher von einer "prima-facie-Kausalität" auszugehen ist. Davon kann aber bei Verletzung einer Aufklärungs- und Erkundigungspflicht des Rechtsanwaltes nicht gesprochen werden. Hier ist dem Geschädigten der Nachweis der Kausalität des Verhaltens des Schädigers für den eingetretenen Schaden durchaus zuzumuten, er ist auch "näher am Beweis" als der Schädiger. Der Beklagte hat daher zu beweisen, daß ohne Verletzung der Erkundigungs- und Aufklärungspflicht der Schaden an Prozeßkosten nicht entstanden wäre. Daß die Vertretung durch den Kläger im arbeitsgerichtlichen Verfahren lege artis erfolgte und der Prozeßverlust nur eingetreten ist, weil der Beklagte (dort als Kläger) seine behaupteten Ansprüche nicht beweisen konnte, steht außer Frage. Der Kläger hat die Kausalität seiner Unterlassung bestritten, der Beklagte nur vorgebracht, Bedingung für die Einbringung der Klage gegen seinen ehemaligen Dienstgeber sei die volle Kostendeckungszusage entweder durch die Rechtschutzversicherung oder die Arbeiterkammer Innsbruck gewesen. Das Erstgericht traf lediglich die Negativfeststellung "es ist nicht feststellbar, ob der Beklagte gegenüber dem Kläger zur Sprache brachte, daß er eine Klageführung nur unter dem Umstand wolle, daß für ihn kein Kostenrisiko bestehe, ebenso läßt sich nicht feststellen, ob der Kläger den Beklagten über die möglichen Kosten eines Rechtsstreites aufklärte". Feststellungen, wie der Kläger gehandelt hätte, wäre er über ein allfälliges Kostenrisiko aufgeklärt worden, fehlen zur Gänze. Die Rechtssache kann daher noch nicht abschließend beurteilt werden. Im fortgesetzten Verfahren wird daher aus einem ex-ante-Gesichtspunkt, also ohne Vorwegnahme des in der Folge eingetretenen Prozeßverlustes (der Beklagte ging doch wohl von der Berechtigung seiner Ansprüche aus) hypothetisch nachzuvollziehen sein, wie der Kläger vorgegangen wäre, hätte er mit einem allfälligen beschränkten Prozeßkostenrisiko im arbeitsgerichtlichen Verfahren in erster Instanz rechnen müssen. Nur wenn und soweit sich nach den ergänzend zu treffenden Feststellungen - so etwa ob der Beklagte von der Prozeßführung gänzlich Abstand genommen oder allenfalls das Kostenrisiko im Rahmen der freien Bewertungsmöglichkeit des Stufenbegehrens verringert hätte - ergeben sollte, daß die mangelnde Aufklärung durch den Kläger für das Entstehen von Prozeßkosten über die Versicherungsdeckungssumme hinaus überhaupt ursächlich war, wird eine Haftung des Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes anzunehmen sein.

Der Ausspruch über den Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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