OGH 14Os143/96

OGH14Os143/9617.12.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.Dezember 1996 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer, Dr.Ebner, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Pösinger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Ernst H***** wegen des Finanzvergehens der versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 13, 33 Abs 1 FinStrG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 21. Juni 1996, GZ 40 Vr 870/95-623, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Presslauer, der Vertreterin des Finanzamtes Neunkirchen als Finanzstrafbehörde I.Instanz, Mag.Ehrenböck, und des Verteidigers Dr.Leeb, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Ernst H***** wird von der Anklage, er habe

I. am 14.Dezember 1981 dadurch vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht zu bewirken versucht, daß für 1980 Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen waren, verkürzt festgesetzt werden, und zwar an Umsatzsteuer um insgesamt 5,300.800 S und an Alkoholabgabe um 225.381 S, indem er als Geschäftsführer der Johann und Ernst H***** GmbH (St.Nr.352/6564) und der Ernst H***** & Co GmbH (St.Nr.352/6150) unrichtige Umsatzsteuererklärungen und für die Johann und Ernst H***** GmbH eine unrichtige Erklärung über die Abgabe von alkoholischen Getränken abgab und

II. von 1981 bis 1983 im Bereich des Finanzamtes Neunkirchen unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 des Einkommensteuergesetzes 1972 entsprechenden Lohnkonten eine Verkürzung von Lohnsteuer für die Jahre 1981 bis 1983 von insgesamt 544.280 S und von Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen von insgesamt 119.229 S bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten,

somit die Finanzvergehen der versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 13, 33 Abs 1 FinStrG sowie der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit b FinStrG begangen,

gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ernst H***** wegen des im Spruch bezeichneten Verhaltens der Finanzvergehen der versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 13, 33 Abs 1 FinStrG (I) und der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit b FinStrG (II) schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft das Urteil mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5, 5 a, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Der Verjährungseinwand (Z 9 lit b) hinsichtlich des Schuldspruches wegen Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit b FinStrG laut Punkt II des Urteilssatzes erfolgte zu Recht.

Die fünfjährige Verjährungsfrist für dieses Finanzvergehen begann mit Ablauf des Jahres 1983 zu laufen (§ 31 Abs 1 FinStrG). Zeiträume, die in die Verjährungsfrist nicht einzurechnen wären (§ 31 Abs 4 FinStrG), sind der Aktenlage nicht zu entnehmen. Es ist insbesondere aktenmäßig nicht ersichtlich, daß gegen den Angeklagten wegen dieser Tat vor der Einbringung der Anklageschrift vom 19.Jänner 1996 (ON 610) ein Strafverfahren bei Gericht oder bei einer Finanzstrafbehörde anhängig war. Anders als bei den Fakten laut Punkt I des Schuldspruches waren die bezüglichen Abgabenhinterziehungen nicht Gegenstand der Voruntersuchung. Demgemäß ist davon auszugehen, daß die Strafbarkeit dieses Finanzvergehens durch Verjährung erloschen ist.

Im Ergebnis berechtigt ist auch der in der Rechtsrüge gegen den Schuldspruch wegen versuchter Abgabenhinterziehung nach §§ 13, 33 Abs 1 FinStrG (Punkt I des Urteilssatzes) enthaltene Vorwurf eines Feststellungsmangels (Z 9 lit a) über andere vom Angeklagten stammende Abgabenerklärungen für den Hinterziehungszeitraum betreffend Umsatzsteuer und Abgabe alkoholischer Getränke, wobei diese Erklärungen Einzelunternehmen betroffen haben sollen, welche im Jahre 1980 in die danach auch insoweit abgabepflichtige Johann und Ernst H***** GmbH oder die Ernst H***** & Co GmbH eingebracht worden waren. Neben der Verantwortung des Angeklagten wiesen auch die Berufungsentscheidungen der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und das Burgenland vom 14.Oktober 1994, GZ 6/4-4102/87-06 und GZ 6/4-4093/87-06 (jeweils Seite 2), auf solche Abgabenerklärungen hin, weshalb über diesen Bereich klärende Konstatierungen geboten gewesen wären, weil bei Existenz zusätzlicher einschlägiger Erklärungen des Angeklagten ein verläßlicher Ausspruch über den Abgabenausfall, den die mißlungene Tat herbeigeführt hätte, ohne Einbeziehung dieser weiteren Erklärungen nicht möglich ist.

Der für die Strafrahmenobergrenze (§ 33 Abs 5 FinStrG) und die gerichtliche Strafbarkeit (§ 53 Abs 1 lit b FinStrG) maßgebliche Verkürzungsbetrag beim Versuch einer Abgabenhinterziehung (§§ 13, 33 Abs 1 FinStrG) wird durch jenen Abgabenausfall bestimmt, auf dessen Herbeiführung die mißlungene Tat abgestellt hatte, das ist die Differenz zwischen der wirklichen Abgabenschuld und derjenigen, die bei Vollendung der Hinterziehung festgesetzt worden wäre (Dorazil/Harbich FinStrG § 53 E 19). Im vorliegenden Fall muß für die verläßliche Entscheidung, welche Abgabenschulden bei Gelingen der versuchten Hinterziehungen festgesetzt worden wären, über die vom Erstgericht allein herangezogenen Abgabenerklärungen des Angeklagten namens der beiden Gesellschaften hinaus der objektive und subjektive Stellenwert der allfälligen "separaten Steuerklärungen" über (in Einzelunternehmen erzielte) Betriebsergebnisse ermittelt werden. Den endgültigen Abgabenfestsetzungen ist nämlich zu entnehmen, daß die Abgabenbehörde diese Betriebsergebnisse unter der Annahme eines mit 1. Jänner 1980 erfolgten Vermögensüberganges den betroffenen Gesellschaften zugerechnet hat.

Der dargelegte Feststellungsmangel erfordert sohin eine Kassation des Schuldspruches laut Punkt I des Urteilssatzes.

Die Anordnung einer diesbezüglichen Verfahrenserneuerung mußte jedoch im Hinblick darauf, daß die mit Einbringung der Abgabenerklärungen am 14. Dezember 1981 ausgelöste absolute Verjährungsfrist des § 31 Abs 5 FinStrG nunmehr abgelaufen ist, unterbleiben, weshalb Ernst H***** auch von diesem Anklagevorwurf gemäß § 259 Z 3 StPO sofort freizusprechen war, ohne daß es noch der Erörterung von weiteren Beschwerdeeinwänden bedurfte.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

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