OGH 12Os154/96

OGH12Os154/9611.12.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Dezember 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut, Dr. Schindler, Mag. Strieder und Dr. Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Riedler als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Alexandra S***** wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1, Abs 2, Abs 3 und Abs 4 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 3. September 1996, GZ 6 d Vr 13718/95-50, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Alexandra S***** des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1, Abs 2, Abs 3, Abs 4 zweiter (gemeint: dritter) Fall StGB schuldig erkannt, weil sie in der Zeit von August bis Dezember 1995 in Wien von "Kurt Sch***** und Christian Scha***** durch Einbruch gestohlene", im Urteil detailliert angeführte Gegenstände, "mithin Sachen in einem 25.000 S übersteigenden Wert, die andere durch mit einer fünf Jahre erreichenden Freiheitsstrafe bedrohte Handlungen gegen fremdes Vermögen erlangt hatten, durch Verwahren in ihrer Wohnung verheimlichte, wobei ihr die Umstände, die diese Strafdrohung begründen, bekannt waren".

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und b und 10 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Nach den auf die Verantwortungen der Beschwerdeführerin und des Mitangeklagten Sch***** im Vorverfahren gestützten, den Schuldspruch tragenden - zusammengefaßt wiedergegebenen - Feststellungen des Erstgerichtes fiel der Angeklagten im Sommer 1995 auf, daß ihr Lebensgefährte Kurt Sch***** begann, größere Mengen an Autozubehör in ihre Wohnung zu bringen. Dazu von ihr befragt, gab Sch***** zu, daß er mit Christian Scha***** Einbrüche begangen habe. Nach dieser Eröffnung wurden über zwei Monate hindurch weitere Einbrüche begangen, die dabei erbeuteten Gegenstände mit Wissen und Willen der Beschwerdeführerin in deren Wohnung verbracht und dort in einem für die Lagerung präparierten Sofa versteckt (US 9 f iVm 209).

Die unter dem Gesichtspunkt der Undeutlichkeit, Unvollständigkeit und Widersprüchlichkeit des Ausspruches der Tatrichter über entscheidende Tatsachen, den Zeitpunkt der Kenntnis der Angeklagten von der Strafbarkeit der Vortaten problematisierenden weitwendigen, Verfahrensergebnisse gezielt aus dem Zusammenhang lösende Beschwerdeargumentation (Z 5) geht fehl. Denn sie stützt sich dabei lediglich partiell auf die Angaben der Beschwerdeführerin vor der Polizei und ihre leugnende Verantwortung in der Hauptverhandlung, vernachlässigt hingegen ihre vom Erstgericht der Annahme der subjektiven Tatbestandserfordernisse zugrunde gelegte (§ 258 Abs 2 StPO) eingangs bereits wiedergebene, vor der Untersuchungsrichterin deponierte, - eine (anders als in der Hauptverhandlung) Ablehnung der Verwahrung der Diebsbeute in ihrer Wohnung nicht mitumfassende - weitere Verantwortung, die mit ihren polizeilichen Angaben vom 16. Dezember 1995 ("Sie [Sch***** und Scha*****] fingen vor ca fünf Monaten an, im Wiener Bereich ..... Autoeinbrüche zu verüben" - 148

I) in Einklang steht.

Auch die Verantwortung des Mitverurteilten Sch***** wird - der Beschwerde zuwider - nicht "völlig falsch zitiert". Im Hinblick darauf, daß dieser Angeklagte vor der Untersuchungsrichterin deponierte: "Erst etwa bei Faktum 6 (Tatzeit 23.September 1995 - 355 I) hat S***** bemerkt, daß ich Beutegegenstände in die Wohnung brachte. ..... Das Faktum 6 war zeitmäßig die vorletzte Tat, die ich begangen habe" (203 I), während er in der Hauptverhandlung angab, die Beschwerdeführerin habe von der Einlagerung von Diebsgut in ihrer Wohnung nichts gewußt (448 ff I), liegt der vom Erstgericht durch Gegenüberstellung dieser Angaben aufgezeigte Widerspruch tatsächlich vor.

Die mit verfehlter Bezugnahme auf den nur eine formelle Vergleichung von Verfahrensergebnissen gestattenden Nichtigkeitsgrund der Aktenwidrigkeit kritisierte Urteilsannahme, es wäre auch widersinnig, anzunehmen, die Angeklagte habe nichts davon gewußt, daß in ihrem Sofa Diebsbeute versteckt wäre und dies gegen ihren Willen, wird von der Beschwerde teils unvollständig und teils nicht präzise zitiert, weil nach dem Wort "anzunehmen" die Passage "daß eine Frau, die keiner geregelten Beschäftigung nachgeht, sondern bei vier Kindern zu Hause ist", einzufügen ist (US 10), womit im gegebenen Konnex ersichtlich zum Ausdruck gebracht werden soll, daß nach Meinung des erkennenden Schöffensenates ein Verstecken der Diebsbeute gegen den Willen der Beschwerdeführerin ausscheidet.

Zusammenfassend sind daher dem Erstgericht formelle Begründungsmängel nicht unterlaufen.

Der die Annahme der objektiven Tatseite in Frage stellenden Rechtsrüge (Z 9 lit a) ist zu entgegnen, daß es zwar zutrifft, daß rein passives Verhalten, wie vor allem das bloße Dulden des Verwahrens der Sache, nicht nach § 164 StGB tatbildlich ist; sie übergeht aber die in der - richtig zitierten - Feststellung, daß die Verwahrung der Diebsbeute mit Wissen und Willen der Angeklagten erfolgte (US 9), damit zum Ausdruck gebrachte Gestattung der Verwahrung, die ein tatbestandsspezifisches Tätigwerden der Beschwerdeführerin umfaßt (SSt 48/27, EvBl 1976/15) und gelangt somit nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Gleiches gilt für die unter Berufung auf die Seiten 7 und 19 des Hauptverhandlungsprotokolles Feststellungen zur angestrebten Annahme entschuldigenden Notstandes nach § 10 StGB vermissenden Beschwerdeausführungen (Z 9 lit b), weil die herangezogenen Verfahrensergebnisse keinen nachvollziehbaren Schluß darauf ermöglichen, die Angeklagte sei von ihrem Lebensgefährten massiv bedroht und dazu genötigt worden, ihn nicht anzuzeigen und die Einlagerung zu dulden.

Auch die die Unterstellung der Tat (auch) unter den Absatz 2 des § 164 StGB bekämpfende Subsumtionsrüge (Z 10) geht fehl.

Das Erstgericht nahm nämlich - wie bereits ausgeführt - ua als erwiesen an, daß die Adaptierung des Alexandra S***** gehörigen Sofas in ihrer Wohnung "spezifisch zum Verstecken des Diebsgutes und zu dessen weiterer Verwahrung "mit Wissen und Willen" der Genannten geschah (US 8). Die in der Folge gleichfalls im Einverständnis mit dem Vortäter effektuierte Verwahrung des Diebsgutes bedeutete aber nichts anderes als die Begründung von Mitgewahrsam am Diebsgut, sohin ein Tatsachensubstrat, das sämtliche subjektive und objektive Kriterien des nach § 164 Abs 2 StGB faßbaren "Ansichbringens" erfüllt (Leukauf/Steininger aaO § 164 StGB RN 37). Einverständnis zur Adaptierung und widmungsgemäßen Benützung des Verstecks in eigener Wohnung kommt aktivem Tun gleich (Lagerhaltung im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit Vortäter). Daß sich diese Teilphase strafbarer Hehlerei in dem Umfang, in dem das Diebsgut in der Folge verwertet wurde, als Unterstützung des Vortäters bei der Verwertung darstellt (§ 164 Abs 1 StGB), steht der Beurteilung des gesamten Handlungskomplexes (partiell) auch nach Abs 2 l.c. nicht entgegen. Mangels umfassender Orientierung am Urteilssachverhalt erweist sich die Beschwerde auch in diesem Umfang als nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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