OGH 15Os188/96

OGH15Os188/965.12.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 5.Dezember 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Huber als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Antonio R***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten R***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 11.September 1996, GZ 52 Vr 1002/96-87, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Freisprüche enthält, wurde Antonio R***** (zugleich mit anderen Angeklagten, deren Urteil jedoch unangefochten geblieben ist) "des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG" - richtig: des teils in der Entwicklungsstufe des Versuchs (§ 15 StGB) begangenen Verbrechens nach § 12 Abs 1 zweiter und vierter Fall Abs 3 Z 3 SGG - (A I. und II.) schuldig erkannt.

Danach hat er den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, nämlich Heroin,

(zu A I.) im ersten Drittel des Jahres 1996 allein in einer zumindest das Fünfundzwanzigfache der im § 12 Abs 1 SGG angeführten großen Menge, nämlich 391,2 Gramm (mit 82,65 Gramm Reinheitssubstanz), an einem unbekannt gebliebenen Grenzübergang nach Österreich eingeführt und davon in der Folge

(zu A II.) im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit Mate B***** als Mittäter (der deswegen auch rechtskräftig verurteilt wurde) in Salzburg eine große Menge in Verkehr gesetzt, indem sie 1. am 16. April 1996 100 Gramm (15,75 Gramm Reinsubstanz) an Robert S***** zu verkaufen trachteten, wobei R***** zunächst 20 Gramm (3,15 Gramm Reinsubstanz) an Goran und Boban St***** zur Weitergabe an S***** übergab, es (infolge Einschreitens der Sicherheitsbehörde) bezüglich des Verkaufes der restlichen 80 Gramm aber lediglich beim Versuch geblieben ist, sowie 2. im März und April 1996 wiederholt ingesamt mindestens ca 14 Gramm an (die Mitangeklagten) Boban und Goran St***** verkauften.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte R***** mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5 a und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Ziel seines gänzlichen Freispruchs von der wider ihn erhobenen Anklage.

Die Rechtsmittelanträge lauten zwar, "... in Abänderung bzw Aufhebung des Ersturteiles dahingehend erkennen, daß ich von der wider mich erhobenen Anklage freigesprochen werde, ..." (102), beziehen sich somit uneingeschränkt auf alle Schuldspruchsfakten. Zum Schuldspruch laut A I. des Urteilssatzes wurden indes weder in der Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde (ON 90) noch in ihrer Ausführung jene Umstände deutlich und bestimmt bezeichnet, die die geltend gemachten Nichtigkeitsgründe bilden sollen, weshalb die Nichtigkeitsbeschwerde insoweit gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen war.

Verfehlt ist die Tatsachenrüge (Z 5 a), die ausdrücklich - indes prozeßordnungswidrig - auf die "Anfechtung der erstgerichtlichen unrichtigen Beweiswürdigung" (der Sache nach nur bezüglich der Schuldspruchsfakten A II.1. und 2. des Urteilssatzes) mit dem Einwand abzielt, es bestünden gewisse zeitliche und örtliche - wenn auch nur scheinbare - Zusammenhänge zwischen dem Beschwerdeführer und dem Mittäter B*****; es habe sich im Beweisverfahren durch nichts ergeben, daß B***** mit ihm (R*****) bewußt und gewollt zusammengewirkt hätte; sein plötzliches Erscheinen unmittelbar vor der Suchtübergabe (der 20 Gramm Heroin) in Maxglan, nachdem sich B***** entfernt hatte, sei kein Beweis für ein Zusammenwirken bei den ihm vorgeworfenen Straftaten.

Dabei verkennt der Beschwerdeführer jedoch das Wesen dieses unter die formellen Nichtigkeitsgründe eingereihten und daher in seiner prozessualen Reichweite keineswegs einer Schuldberufung gleichenden Anfechtungstatbestandes, der es auch nicht gestattet, dem zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit eines Zeugen oder Angeklagten auf Grund des in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks führenden kritisch-psychologischen Vorgang zu bekämpfen (vgl Mayerhofer/Rieder StPO3 § 281 Z 5 a E 1, 3 f).

Soweit die Rechtsmittelschrift - in ihrer Gesamtheit betrachtet - die Täterschaft des Angeklagten R***** zu den Schuldspruchsfakten A II.1. und 2. in Frage zu stellen scheint, genügt es, auf die plausible, den persönlichen Eindruck verwertende Beweiswürdigung des Schöffengerichtes zu verweisen, das sich nicht nur auf das wiederholte Geständnis des Beschwerdeführers stützen konnte, sondern auch auf die polizeilichen Erhebungsergebnisse sowie auf die für glaubwürdig beurteilten (belastenden) Depositionen der an den fraglichen Suchtgiftdelikten beteiligten Boban St*****, Goran St***** und Robert S***** (US 7 ff).

Insofern aber bloß die rechtliche Annahme seiner "Mittäterschaft" (mit B*****) als solche bekämpft wird, ist die Nichtigkeitsbeschwerde zufolge der rechtlichen Gleichwertigkeit aller Täterschaftsformen des § 12 StGB nicht zum Vorteil des Beschwerdeführers ausgeführt.

Bedenken - geschweige denn erheblicher Art - gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen werden damit allerdings nach keiner Richtung hin erweckt.

In der Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet der Nichtigkeitswerber, er sei zu Unrecht "des Verbrechens gemäß § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG" verurteilt worden; hiebei liege eine Gesetzesverletzung bzw eine unrichtige Anwendung desselben vor; seiner Meinung nach könne eine Strafbarkeit nicht gegeben sein, weil er bei der Übergabe des Suchtgiftes an wen immer keinerlei Geld bekommen habe, sodaß eine Entgeltlichkeit nicht vorliege.

Indes verfehlt die Beschwerde solcherart die gesetzmäßige Darstellung des geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes, die für den Nachweis eines Rechtsfehlers des Erstgerichtes ein Festhalten am gesamten Urteilssachverhalt unabdingbar voraussetzt. Diesem zwingenden Gebot zuwider übergeht der Rechtsmittelwerber bei seiner Argumentation gerade jene entscheidende Urteilsfeststellung (US 5 sechster Absatz, US 6 zweiter Absatz), wonach er mit B***** im März und April 1996 zumindest 14 Gramm Heroin an Boban und Goran St***** verkaufte (A II.2.) und am 16.April 1996 anläßlich der versuchten Veräußerung von 100 Gramm Heroin (A II.1.) ein Preis von 100.000 S ausgehandelt worden war, womit vom Erstgericht unmißverständlich Entgeltlichkeit der Transaktionen festgestellt wurde; an der Entgeltlichkeit ändert der Umstand, daß es zufolge Eingreifens von Sicherheitsorganen nicht mehr zur Geldübergabe kam, nichts.

Nur am Rande sei noch angemerkt, daß "Inverkehrsetzen" eines Suchtgiftes nicht nur den (entgeltlichen) Verkauf erfaßt, sondern jedes andere Weitgeben, ja selbst die unentgeltliche Überlassung zum sofortigen Konsum (ÖJZ-LSK 1978/84) und es - entgegen der Beschwerdebehauptung - auch nicht darauf ankommt, ob ein Täter (bei der Übergabe) des Suchtgiftes Geld bekommen hat oder nicht (Foregger/Litzka SGG S 31 mwN).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 und Z 2 iVm § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Linz zur Entscheidung über die Berufung (§ 285 i StPO).

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