Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 2 StGB (laut Punkt I/2 des Urteilssatzes) und demgemäß auch im Strafausspruch sowie der (Widerrufs-)Beschluß gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.
Mit seiner Berufung und seiner (gemäß § 498 Abs 3 StPO implizierten) Beschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die durch den erfolglos gebliebenen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Maximilian P***** der Vergehen (I/1 und 2) der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 und 2 StGB und (II), des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 2 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er in Innsbruck
(zu I) als Geschäftsführer der B***** GesmbH (ab 10.November 1990 umbenannt in G***** GesmbH), die Schuldnerin mehrerer Gläubiger war, sohin als deren leitender Angestellter (§ 309 StGB) gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten Geert D***** (1) in der Zeit vom 4.Mai 1990 bis 31.März 1991 fahrlässig deren Zahlungsunfähigkeit insbesondere dadurch herbeigeführt, daß das Unternehmen ohne ausreichende Eigenkapitalausstattung gegründet, die Buchhaltung nicht ordnungsgemäß geführt und zu hoher betrieblicher Aufwand getätigt wurde; (2) von Juni bis zum 25.September 1991 in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit der G***** GesmbH fahrlässig die Befriedigung der Gläubiger dieser Firma oder wenigestens eines von ihnen vereitelt oder geschmälert, indem neue Schulden eingegangen wurden, alte bezahlt und die Eröffnung des Konkurses nicht rechtzeitig beantragt wurde;
(zu II) am 22.März 1993 versucht, mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Bedienstete der Firma F***** in Bozen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch Übermittlung eines nur scheinbar von der Firma W*****mühle Anselm Sch*****, Inhaber Erwin Sch*****, stammenden Telefaxes, zu einer Handlung, nämlich zur Überweisung einer Forderung auf das Konto der Bank *****, Zweigstelle H*****, Nr. 853-135-455 (Firmenkonto der Firma C***** GesmbH) zu verleiten, wodurch die Firma F***** einen 25.000 S übersteigenden Schaden erleiden sollte, nämlich in der Höhe von 14.386 DM.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen vom Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5 a und 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist teilweise, und zwar hinsichtlich des Schuldspruchfaktums I 2 (Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 2 StGB) berechtigt.
Wie die Tatsachen- (Z 5 a) und Mängelrüge (- sachlich nur - Z 5) zutreffend aufzeigt, sind die Urteilsfeststellungen zur objektiven Tatseite insoweit mit formellen Begründungsmängeln behaftet, als das Erstgericht dem Angeklagten (auch) Kridahandlungen unterstellt, die erst nach seinem Ausscheiden (am 25.September 1991) als Geschäftsführer der G***** GesmbH gesetzt worden sind. Dies betrifft insbesondere die exemplarisch angeführten Tathandlungen (US 9) des Anfallens der Sozialversicherungsbeiträge für die Monate September und Oktober 1991, der Lohnkosten durch die Weiterbeschäftigung von Dienstnehmer, der Stromkosten aus erfolgter Stromlieferung für die Betriebsstätte bis 6.November 1991 sowie der Schuldenzahlungen für geleistete Stromlieferungen an die Stadtwerke Innsbruck (vgl Kridafragebögen ON 5 zu ON 29/I iVm 183/II). Da sich der Angeklagte aber seit seinem Ausscheiden nach der bisherigen Aktenlage ersichtlich jeder weiteren (auch nur faktischen) Geschäftsführertätigkeit enthalten hat, könnte ihn insoweit offenbar keine strafrechtliche Haftung im Sinn des § 159 Abs 1 Z 2 StGB treffen.
Weiters ist das Erstgericht bei der Begründung dieses Teils des Schuldspruches - entgegen den Depositionen des Sachverständigen in der Hauptverhandlung vom 15.Juli 1996 (33/III) "die Buchhaltungsunterlagen wurden bis 30.Juni 1991 berücksichtigt, ich habe die Buchhaltung mit 30.Juni 1991 abgeschlossen. Von mir konnte nur verarbeitet werden, was von mir sichergestellt wurde. Das betrifft den Zeitraum bis Juni 1991, für den Zeitraum Ende Juni bis Ende September fehlen die Unterlagen" - unzutreffend davon ausgegangen, daß dem Sachverständigen die Buchhaltungsunterlagen bis Ende 1991 lückenlos zur Verfügung standen (US 14).
Der aufgezeigte Begründungsmangel betrifft eine entscheidende Tatsache (Z 5), weil das Schöffengericht, die Lückenlosigkeit der Buchhaltungsunterlagen auch für Juni bis September unterstellend, gerade diesem Umstand maßgebende Bedeutung beigemessen hat und nicht ausgeschlossen werden kann, daß die Tatrichter bei einer aktengetreuen Würdigung allenfalls zu anderen Beweisergebnissen gelangt wären.
Bereits der aufgezeigte Begründungsmangel macht eine Verfahrenserneuerung (im bezeichneten Umfang) in erster Instanz unumgänglich, weshalb schon bei einer nichtöffentlichen Beratung das Urteil wie im Spruch zu beheben und die Verfahrenserneuerung anzuordnen war (§ 285 e StPO).
Ein Eingehen auf die weiteren bezughabenden Beschwerdeausführungen - insbesondere auf die Verfahrensrüge (Z 4), soweit damit ersichtlich auch dieser Schuldspruch bekämpft werden sollte - erweist sich daher als entbehrlich.
Unbegründet ist die Beschwerde jedoch bezüglich des Schuldspruchfaktums I 1 und II.
Die Beschwerdeargumentation der Verfahrensrüge (Z 4) weicht - insoferne die Verletzung von Verteidigungsrechten moniert wird - prozeßordnungswidrig von dem im Verfahren erster Instanz bezeichneten Beweisthema ab, indem sie vorbringt, die Einvernahme des Masseverwalters Dr.Christian K***** sei zum Beweis dafür beantragt worden, "daß bis zum Zeitpunkt der durch den zweiten Geschäftsführer Geert D***** verfügten Kontosperre genügend Barmittel vorhanden waren, um die ordnungsgemäße Weiterführung des Betriebes zu gewährleisten", wohingegen der Antrag des Angeklagten in der Hauptverhandlung vom 15.Juli 1996 auf Einvernahme des Masseverwalters Dr.Christian K***** zum Beweis dafür geführt worden war, "daß nach Sperre der Konten durch Geert D***** von diesem ein wesentlicher Teil der Barmittel behoben bzw auf andere Konten transferiert worden sei" (33/III). Im Hinblick auf die Veränderung des Beweisthemas in der Beschwerde gegen jenes der ersten Instanz ist der Beschwerdeführer bereits formell nicht zur Erhebung der Verfahrensrüge legitimiert (Mayerhofer/Rieder StPO3 § 281 Z 4 E 41).
Abgesehen davon beschränkt sich der Beschwerdeführer auf die unsubstantiierte Behauptung, in seinen Verteidigungsrechten verkürzt worden zu sein und verabsäumt damit eine argumentative deutliche und bestimmte Bezeichnung jener Tatumstände, die den angerufenen Nichtigkeitsgrund bilden sollen (Mayerhofer/Rieder aaO § 285 a E 44, 59).
Entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen (Z 5) zum Schuldspruchsfaktum I 1 (Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 StGB) hat das Erstgericht seine Urteilsfeststellungen über die Ursachen der tatgegenständlichen Zahlungsunfähigkeit unter Hinweis auf die entsprechenden (eingehenden) Ausführungen des Sachverständigen hinreichend deutlich und formal mängelfrei begründet, sodaß der behauptete Begründungsmangel nicht vorliegt.
Da nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nicht nur zwingende, sondern auch Wahrscheinlichkeitsschlüsse das Gericht zu Tatsachenfeststellungen berechtigen (Mayerhofer/Rieder, aaO § 258 E 21, 26 und 49 a), ist für den Angeklagten auch aus dem Umstand nichts zu gewinnen, daß der Sachverständige den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit lediglich mit "hoher Wahrscheinlichkeit" mit 31. März 1991 terminisiert hat (205/II). Im übrigen hat das Gericht die Vorgangsweise des Sachverständigen zur Ermittlung des Zeitpunktes des Eintrittes der Zahlungsunfähigkeit einer Überprüfung unterzogen und auch dessen Argumentation bezüglich der Liquiditätsentwicklung der GesmbH entsprechende Beachtung geschenkt. Daß aber aus den vom Erstgericht ermittelten Prämissen - wie vom Beschwerdeführer behauptet - auch andere als die von den Tatrichtern abgeleiteten, für den Angeklagten günstigere Schlußfolgerungen möglich gewesen wären und das Gericht sich dennoch für die dem Angeklagten ungünstigere entschieden hat, ist ein Akt richterlicher Beweiswürdigung, der einen Begründungsmangel iS des angerufenen Nichtigkeitsgrundes nicht zu bewirken vermag. Mit seiner Kritik an den betreffenden Urteilsausführungen bekämpft die Beschwerde bloß unzulässigerweise die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanz nach Art einer Schuldberufung, was sich insbesondere auch darin manifestiert, daß sich der Beschwerdeführer auf den Grundsatz "im Zweifel für den Angeklagten", also eine Beweiswürdigungsmaxime, beruft (Mayerhofer/Rieder aaO § 258 E 42).
Aber auch unter dem Aspekt der Tatsachenrüge (Z 5 a) zum Schuldspruch laut Punkt I 1 des Urteiles vermag die Argumentation, mit welcher der Beschwerdeführer durch die jeweils isolierte Bezugnahme auf einzelne Beweisergebnisse Zweifel an der ihm zur Last liegenden Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit aufzuzeigen sucht, keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken. Hiebei versucht der Angeklagte wiederum - wie schon in der Mängelrüge - gegen die - durch das schlüssige Sachverständigengutachten gedeckten - Urteilsfeststellungen über die Ursachen der Zahlungsunfähigkeit zu argumentieren, indem er - aus dem Zusammenhang gerissen - durch punktuelle Hervorhebung einzelner, in der Beschwerde zu Eigenkapital umgedeuteter Forderungen und bestimmter Positionen aus den Kontoständen, welche er als für ihn günstig ansieht, ebenso wie mit der - sachlich jedoch keine Mängel im Sinn der §§ 125, 126 StPO aufzeigenden Kritik - an der inhaltlichen Richtigkeit des Sachverständigengutachtens die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes auf eine auch im Rahmen der Tatsachenrüge nicht zulässige Weise (NRsp 1994/176) in Zweifel zieht.
Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) unter Bezugnahme auf die Ausführungen der Tatrichter, "daß der Angeklagte im dringenden Verdacht steht, seine Befugnisse als Geschäftsführer zum Nachteil der Firma mißbraucht" zu haben, wobei auf einen ausgeschiedenen Verfahrensteil hingewiesen wird (US 16), eine Verletzung der Unschuldsvermutung durch vorgreifende Beweiswürdigung behauptet, war darauf nicht einzugehen, da insoweit kein Schuldspruch vorliegt und somit eine überflüssige und demnach nicht gesetzgemäße Ausführung des angezogenen Nichtigkeitsgrundes vorliegt; dies abgesehen davon, daß das Schöffengericht ohnedies nur von einer Verdachtslage spricht, hingegen die entsprechende Feststellung auf die als glaubwürdig erachteten Angaben des Geert D***** stützt (US 17).
Der letztlich zum Faktum II des Urteilsspruches unter dem Aspekt der unvollständigen Tatsachenfeststellung (Z 5) erhobene Einwand, "der Zeuge Sch***** hätte gegenüber der Firma C***** Schulden in der Höhe von 800.000 S gehabt, welche der Angeklagte (zumindest teilweise) durch die Überweisung seitens der Firma F***** über 14.386 DM abdecken haben wolle, sodaß diese Vorgangsweise niemandem zum Nachteil gereicht hätte", läßt einerseits die ausdrückliche Urteilskonstatierung, daß es diesbezüglich an einer Absprache mit Erwin Sch***** fehlte, insbesondere letzterer den Angeklagten nicht ermächtigt hatte, eine ihm zustehende Forderung bei der Firma F***** einzuziehen (US 11), andererseits die ausdrücklich gegenteiligen, darauf beruhenden Erwägungen der Tatrichter zur objektiven und subjektiven Tatseite des Betruges außer acht (US 12) und stellt sich damit inhaltlich ebenfalls bloß als spekulativ gehaltener unzulässiger Angriff auf die Beweiswürdigung dar. Nur am Rande sei angemerkt, daß bei Gelingen des Tatplanes sehr wohl ein Vermögensschaden bei der Firma F***** eingetreten wäre, deren Überweisung auf das Konto des Angeklagten keine schuldbefreiende Wirkung gegenüber dem Unternehmen des Zeugen Sch***** haben konnte.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher, soweit sie sich gegen den Schuldspruch zu Punkt I 1 und II richtet, schon bei der nichtöffentlichen Sitzung zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO).
Durch die Teilaufhebung des Urteils (auch im Strafausspruch) ist der Berufung des Angeklagten wie auch seiner (implizierten) Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluß der Boden entzogen.
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