OGH 11Os172/96

OGH11Os172/9626.11.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 26.November 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schindler, Dr.Mayrhofer, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Riedler als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Wolfgang K***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 8.August 1996, GZ 6 b Vr 1455/96-41, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugemittelt.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Teilfreispruch enthält, wurde Wolfgang K***** des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG, teilweise als Beteiligter nach § 12 StGB (A und B I 1-2) sowie des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG (II) schuldig erkannt.

Darnach hat er in Wien und anderen Orten

(zu A) im September 1995 zur Straftat eines Unbekannten, der den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte, nämlich 2 kg Cocain, aus Costa Rica aus-, und nach Österreich über den Flughafen Wien-Schwechat einführte, beigetragen, indem er diesen Unbekannten mit dem Schmuggel für ihn beauftragte und das Suchtgift danach abholte, wobei die Tat mit Beziehung auf ein Suchtgift begangen wurde, dessen Menge zumindest das Fünfundzwanzigfache der im § 12 Abs 1 SGG angeführten Menge ausmachte;

(zu B) in Wien den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, und zwar Cocain (I), in einer großen Menge durch Verkauf an nachstehende Personen in Verkehr gesetzt, nämlich (1) von Herbst 1994 bis Oktober 1995 wiederholt insgesamt 140 Gramm Cocain an Gerhard St*****; (2) im Frühjahr und Sommer 1995 insgesamt ca 200 Gramm Cocain in Mengen zu jeweils 10 Gramm an Doris A*****; und (zu II) von Herbst 1994 bis Ende 1995 Cocain erworben und besessen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf die Z 4, 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die jedoch nicht berechtigt ist.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider bewirkte die Abweisung (367) des in der Hauptverhandlung vom 8.August 1996 gestellten Antrages auf Einvernahme der Zeugin Christa So***** "zum Beweis zu diesem Thema - AS 129" - ersichtlich gemeint - "daß der Angeklagte die Zeugin erst im Dezember 1994 kennen gelernt habe", keine Beeinträchtigung von Verteidigungsinteressen des Angeklagten, wobei es nach Lage des Falles auf sich beruhen kann, daß das Schöffengericht entgegen der Vorschrift des § 238 Abs 2 StPO das abweisende Zwischenerkenntnis in der Hauptverhandlung lediglich mit dem Hinweis auf die "Unerheblichkeit" des Beweisantrages und sodann erst im Urteil begründet hat (Mayerhofer/Rieder StPO3 § 238 Abs 2 E 10 und 11).

Unter Berücksichtigung der Aussage des Zeugen St*****, daß er im Herbst 1994 in der Wohnung der Christa So***** (die nach dem Akteninhalt seine Freundin war - 191) vom Angeklagten Cocain übernommen habe (129, 229) und des Umstandes, daß die Anwesenheit der Zeugin beim genannten Vorgehen im Herbst 1994 gar nicht behauptet worden ist, hätte es zur Darlegung der Relevanz dieses Beweisantrages konkreter Angaben bedurft, inwieferne der durch die Aussage zu beweisende Umstand, der Angeklagte hätte die Zeugin erst nach der Übergabe des Cocains in ihrer Wohnung im Herbst 1994 kennengelernt, eine für den angefochtenen Schuldspruch entscheidende Tatsache betrifft.

Die dazu erst in der Rechtsmittelschrift vorgebrachte Ergänzung des Beweisbegehrens, damit "Zeitpunkt und Unrichtigkeit der Suchtgiftübergabe" unter Beweis zu stellen, hat außer Betracht zu bleiben, weil sich die Prüfung der Berechtigung einer Verfahrensrüge stets an dem erstinstanzlichen Zwischenerkenntnis auf der Basis des in der Hauptverhandlung gestellten Beweisantrages und der Verfahrensergebnisse zu jenem Zeitpunkt zu orientieren hat (Mayerhofer/Rieder aaO § 281 Z 4 E 40 und 41).

In der (undifferenziert ausgeführten) Mängel- (Z 5) und Tatsachenrüge (Z 5 a) behauptet der Beschwerdeführer Begründungsmängel dahingehend, daß sich das Erstgericht bei der Feststellung des Tatherganges "ausschließlich" auf die Aussage des Zeugen St***** gestützt, sie als glaubwürdig und nachvollziehbar bezeichnet und "sein Verhalten mit der allgemeinen Lebenserfahrung des Erstgerichtes aus der Suchtgiftszene" verglichen habe. Abgesehen davon, daß das Erstgericht seine Urteilsannahme nicht ausschließlich auf die Angaben des genannten Zeugen (US 5, 7), sondern auch auf andere Verfahrensergebnisse - zB die Beobachtungen einer Zeugin über die Versuche, das vergrabene Suchtgift im Wald wiederzufinden (US 7 iVm ON 39) - gestützt hat, ist der Beschwerdeargumentation zu erwidern, daß keine oder eine offenbar unzureichende Begründung nur dann vorliegt, wenn für den Ausspruch über entscheidende Tatsachen entweder überhaupt keine oder nur solche Gründe (Scheingründe) angegeben sind, aus denen sich nach den Denkgesetzen und allgemeiner Lebenserfahrung ein Schluß auf die zu begründende Tatsache entweder überhaupt nicht ziehen läßt oder der logische Zusammenhang kaum noch erkennbar ist. Daß aber aus den vom Erstgericht ermittelten Prämissen - wie vom Beschwerdeführer behauptet - auch andere als die von den Tatrichtern abgeleiteten, für den Angeklagten günstigere Schlußfolgerungen möglich gewesen wären und das Gericht sich dennoch für die dem Angeklagten ungünstigeren entschieden hat, ist ein Akt richterlicher Beweiswürdigung, der einen Begründungsmangel nicht zu bewirken vermag (Mayerhofer/Rieder aaO § 281 Z 5 E 21, 22, 24).

Mit den weiteren unter diesem Nichtigkeitsgrund erhobenen Einwänden verweist der Angeklagte jeweils auf die Richtigkeit seiner Verantwortung und bestreitet die Denkmöglichkeit bzw Wahrscheinlichkeit der vom Erstgericht aus den Angaben des Zeugen St***** im Zusammenhang mit den jeweiligen Tatmodalitäten gezogenen Schlüssen auf seine Täterschaft; damit unterzieht er gleichfalls lediglich die Bedeutung, die der Schöffensenat einzelnen Verfahrensergebnissen beimaß, einer Kritik und bekämpft solcherart bloß abermals unzulässigerweise die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanz nach Art einer Schuldberufung.

Aber auch unter dem Aspekt der Tatsachenrüge (Z 5 a) gelingt es der Beschwerde nicht, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken, weil sich auch diese Ausführungen darauf beschränken, die erstrichterliche Beweiswürdigung zu bekämpfen, ohne derartige Bedenken aus den Akten aufzuzeigen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Über die Berufung wird demzufolge der hiefür zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu befinden haben (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

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