OGH 4Nd514/96

OGH4Nd514/9625.11.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Pia W*****, und der mj. Mona W*****, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die mit Beschluß des Bezirksgerichtes Bregenz vom 22.Juli 1996, 12 P 1138/95h-52, gemäß § 111 Abs 1 JN verfügte Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache der Minderjährigen Pia und Mona W***** an das Bezirksgericht Hietzing wird gemäß § 111 Abs 2 JN genehmigt.

Text

Begründung

Die Eltern der Minderjährigen leben seit 1.Mai 1995 getrennt; mit dem - in Rechtskraft erwachsenen - Urteil des Bezirksgerichtes Bregenz vom 17.November 1995, 1 C 145/95a-6, wurde die Ehe aus dem überwiegenden Verschulden der Mutter geschieden (ON 36).

Mit Beschluß vom 20.März 1996 übertrug das Bezirksgericht Bregenz die Obsorge für die beiden Kinder einstweilen der Mutter und sprach aus, daß dieser Beschluß sogleich in Vollzug gesetzt werden könne (ON 19). Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß am 29.März 1996 (ON 30).

Am 17.April 1996 beantragte die Mutter, den Vater zu einer monatlichen Unterhaltsleistung für die Kinder von je S 6.500 zu verpflichten (ON 33).

Die Mutter wohnt seit 1.Mai 1995 in Wien 13. (ON 6); die Minderjährigen befinden sich bei ihr. Der Vater hat mittlerweile sein Einverständnis erklärt, daß die (endgültige) Obsorge für beide Kinder der Mutter übertragen wird; beide Elternteile werden bemüht sein, einvernehmliche Lösungen des Besuchsrechtes zu finden (ON 57).

Mit Beschluß vom 22.Juli 1996 übertrug das Bezirksgericht Bregenz die Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Hietzing. Da sich die Kinder ständig in Wien 13., Neblingergasse 6/1, aufhielten, sei es zweckmäßiger, wenn das Bezirksgericht Hietzing die Pflegschaftssache führe (ON 52). Dieser Beschluß erwuchs in Rechtskraft.

Das Bezirksgericht Hietzing übermittelte den Akt dem Bezirksgericht Bregenz mit dem Bemerken zurück, daß das Verfahren "erst nach rechtskräftiger Erledigung sämtlicher offener Anträge übernommen" werde, insbesondere werde auf den Antrag ON 33 hingewiesen (ON 59), verweigerte also die Übernahme.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Bezirksgericht Bregenz verfügte Übertragung der Zuständigkeit ist gerechtfertigt.

Gemäß § 111 Abs 1 JN kann das Pflegschaftsgericht seine Zuständigkeit einem anderen Gericht übertragen, wenn dies im Interesse des Pflegebefohlenen gelegen erscheint, insbesondere wenn dadurch die wirksame Handhabung des dem Pflegebefohlenen zugedachten Schutzes voraussichtlich gefördert wird. Diese Voraussetzungen liegen in der Regel vor, wenn die Pflegschaftssache an jenes Gericht übertragen wird, in dessen Sprengel der Mittelpunkt der Lebensführung des Kindes liegt (EFSlg 46.620; 57.691; 60.723; 66.880; 75.979 uva). Auch offene Anträge sind kein grundsätzliches Übertragungshindernis (EFSlg 43.978; 57.698; 66.885; 75.992 uva); es hängt von den Umständen des einzelnen Falles ab, ob die Entscheidung über einen solchen Antrag durch das bisherige Gericht zweckmäßiger ist (EFSlg 41.628; 54.970; 66.886; 75.993 uva). In aller Regel ist zwar dann, wenn über den Antrag eines Elternteiles, ihm allein die Obsorge über das Kind zuzuweisen, noch nicht entschieden ist, die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht unzweckmäßig (EFSlg 75.991 ua). Da aber im Hinblick auf die Erklärung des Vaters (ON 57) weitere Erhebungen zu dieser Frage ohnehin nicht mehr erforderlich sind, besteht kein Grund, das Pflegschaftsverfahren vorerst noch durch das Bezirksgericht Bregenz führen zu lassen. Es ist auch kein Anhaltspunkt dafür zu sehen, daß es im Interesse der nun in Wien-Hietzing lebenden Minderjährigen gelegen wäre, daß noch das Bezirksgericht Bregenz über den Unterhaltsantrag entscheidet und noch nicht das Bezirksgericht Hietzing.

Aus diesen Erwägungen war die Übertragung zu genehmigen.

Stichworte