OGH 6Ob2085/96b

OGH6Ob2085/96b7.11.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Caterina C*****, vertreten durch Dr.Manfred Korn, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei R***** regGenmbH, ***** vertreten durch Dr.Peter Hauser, Rechtsanwalt in Salzburg, und den Nebenintervenienten auf seiten der beklagten Partei Mag.Dr.Martin Z*****, vertreten durch Dr.Rudolf Zitta, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 350.930,73 S (3 Cg 287/93), und Feststellung (6 Cg 142/93) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 19.Dezember 1995, GZ 3 R 241/95-48, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 8.Juni 1995, GZ 3 Cg 287/93-40, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei sowie dem Nebenintervenienten je 23.672,42 S (darin je 3.945,40 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortungen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Vater der am 4.10.1973 geborenen Klägerin, Johann Alexander C*****, Steuerberater und Wirtschaftstreuhänder, ist am 30.7.1988 verstorben. Das Verlassenschaftsverfahren war zu 4 A 364/89 beim Bezirksgericht Salzburg anhängig. Auf Antrag der Mutter der Minderjährigen und Witwe des Verstorbenen wurde der Nebenintervenient, ein Cousin der Mutter der Klägerin, mit Schreiben der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom 18.8.1988 gemäß § 46 Abs 1 Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung (WTBO) zum Kanzleiverweser des "Deszendentenfortbetriebes Johann Alexander C*****, Steuerberater, ***** Kanzleiverweser Mag.Dr.Martin Z*****, Steuerberater", bestellt. Das Verlassenschaftsgericht nahm diese Bestellung zur Kenntnis. Rechtsanwalt Dr.T***** wurde für die Minderjährige zum Kollisionskurator bestellt. Mit Beschluß vom 25.7.1989 wurden die bedingten Erbserklärungen der Klägerin und ihrer Mutter zu Gericht angenommen und der Witwe die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses überlassen. Am 25.11.1991 wurde die Klägerin auf ihren Antrag für volljährig erklärt.

Mit Beschluß vom 31.7.1992 wurde der Nachlaß der Klägerin zu zwei Dritteln und ihrer Mutter zu einem Drittel eingeantwortet. Der Kanzleibetrieb des Verstorbenen fiel aufgrund einer bereits im Jahr 1988 vereinbarten Erbteilung, die auch unter Mitwirkung des Nebenintervenienten zustande gekommen war, der Klägerin zu.

Der Nebenintervenient nahm seine Tätigkeit im August 1988 auf. Als Kanzleiverweser trat er an die Beklagte, welche die Hausbank der Steuerberatungskanzlei des Verstorbenen gewesen war, unter Offenlegung seiner Position als Kanzleiverweser heran und schloß im Rahmen der Fortführung der Steuerberatungskanzlei namens des Deszendentenbetriebes am 21.12.1988 drei Kreditverträge ab: einen Kontokorrentkredit über 500.000 S zur Durchführung des laufenden Zahlungsverkehrs, einen Abstattungskredit über 200.000 S zur Abdeckung des auf dem Kanzleigirokonto des Verstorbenen aushaftenden Debetsaldos und einen Abstattungskredit über 200.000 S zur Abdeckung der vereinbarten Honorarzahlungen an den Nebenintervenienten, für welchen er auch die persönliche Haftung übernahm. Zur Sicherstellung aller Kredite wurde ein Mantelzessionsvertrag geschlossen, mit dem bestehende und künftige Honorarforderungen abgetreten wurden. Die Kredite wurden von der Beklagten dem "Deszendentenfortbetrieb Johann Alexander C***** Kanzleiverweser Dr.Martin Z*****" eingeräumt und vom Nebenintervenienten auch mit dieser Bezeichnung unterfertigt. Die Kreditaufnahmen waren notwendig, weil auf den Kanzleikonten des Verstorbenen rund 230.000 S aushafteten und zusätzlich noch Verbindlichkeiten der Verlassenschaft in Höhe von rund 173.000 S bestanden. Im Betrieb waren keine ausreichenden Barmittel vorhanden, mit denen die laufenden Zahlungen hätten durchgeführt werden können. So war mit der Klägerin vereinbart, daß sie aus dem Deszendentenfortbetrieb monatlich 20.000 S erhalten sollte; mit dem Nebenintervenienten bestand eine Honorar- und Spesenvereinbarung. Die Kanzleiangestellten mußten ihre Gehälter bekommen. Am 4.10.1990 wurde vom Deszendentenbetrieb bei der beklagten Partei ein Abstattungskredit von 65.000 S zur Anschaffung eines Kopiergerätes aufgenommen. Anfang 1991 brach die Computeranlage der Kanzlei zusammen. Dadurch war die ordnungsgemäße Erbringung der Kanzleileistungen gefährdet. Es bestand die Notwendigkeit, eine neue Anlage anzuschaffen, die mit einem am 5.3.1991 bei der beklagten Partei aufgenommenen Abstattungskredit von 300.000 S finanziert wurde. Am 19.3.1992 schloß der Nebenintervenient für den Deszendentenfortbetrieb mit der beklagten Partei einen weiteren Kontokorrentkreditvertrag über 1,100.000 S zur Durchführung des laufenden Zahlungsverkehrs. Ein weiterer Abstattungskredit vom 22.5.1992 von 188.000 S diente dem Betrieb zur Anschaffung eines PKW Honda Civic, der in der Folge der langjährigen Kanzleileiterin zur Verfügung gestellt wurde, um zu verhindern, daß diese das Unternehmen verlasse, weil sie weit entfernt ihren Wohnsitz hatte und aufgrund eines Anbotes eine neue Stellung annehmen wollte. Zur Besicherung aller genannten Kredite schloß der Nebenintervenient namens des Deszendentenfortbetriebes mit der beklagten Partei am 22.5.1992 einen Globalzessionsvertrag, mit dem der Zedent unwiderruflich und rechtsverbindlich sämtliche Forderungen, die aus dem Betrieb seines Unternehmens gegen dritte Personen entstanden waren oder in Zukunft entstehen sollten, zahlungshalber an die beklagte Partei abtrat.

Im März 1993 trat der Nebenintervenient, der bestrebt war, die Kanzlei zu übernehmen, mit der Klägerin in Kontakt und stellte, da sich die fünfjährige Frist zur Fortführung des Betriebes ihrem Ende näherte, ein schriftliches Anbot zur Übernahme der Kanzlei, das unter anderem auch die Schuldenfreistellung der Klägerin enthielt. Der Nebenintervenient hatte hiezu ein Gutachten der Kammer der Wirtschaftstreuhänder eingeholt. Da auf dieses Anbot keine Reaktion der Klägerin erfolgte, nahm der Nebenintervenient mit Schreiben vom 12.5.1993 sein Anbot wieder zurück. (Anmerkung: § 46 Abs 2 WTBO sieht vor, daß die Witwe während der höchstens fünfjährigen, die Deszendenten während einer nach Alter gestaffelten Zeit der Kanzleiverweserschaft jederzeit berechtigt sind, von ihrem Verwertungsrecht des Klientenstockes Gebrauch zu machen. Wird keine solche Verfügung getroffen, tritt nach dem im Gesetz vorgesehenen Zeitablauf, seine Zustimmung vorausgesetzt, jener Wirtschaftstreuhänder als Kanzleiübernehmer ein, der zuletzt als Kanzleiverweser tätig war. Die Höhe des zu leistenden Entgeltes wird, in Ermangelung einer gütlichen Einigung, von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder festgesetzt.)

Mit Schreiben vom 18.5.1993 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß die Kanzleiverweserschaft des Nebenintervenienten in einiger Zeit beendet sein werde und daß im Falle einer Übernahme bzw eines Verkaufes der Kanzlei der aushaftende Kreditsaldo von 1,512.597,06 S abzudecken sei oder vom Käufer in Anrechnung auf den Kaufpreis übernommen werden könne. Erst durch dieses Schreiben erhielt die Klägerin Kenntnis von offenen Kreditverbindlichkeiten zu ihren Lasten, weil der Nebenintervenient und die beklagte Partei bis dahin keinen Anlaß für entsprechende Benachrichtigungen gesehen hatten. Weder die Klägerin noch ihr Vertreter hatten bis zu diesem Schreiben den Kanzleibetrieb in irgendeiner Weise überwacht oder vom Nebenintervenienten Auskünfte eingefordert.

Am 11.7.1993 schloß die Klägerin mit einem Steuerberater einen Unternehmenskaufvertrag, als Kaufpreis wurden 4,000.000 S vereinbart. In der Folge stellte der Käufer fest, daß die umsatzstärksten Kunden des Deszendentenfortbetriebes dem Nebenintervenienten Vollmacht erteilt hatten, wodurch ein Umsatzverlust von mehr als 50 % des Gesamtumsatzes zu erwarten war. Aufgrund dieser geänderten Prämissen wurde der Kaufvertrag in der Folge dahin abgeändert, daß lediglich ein Kaufpreis von 740.000 S netto und als Kaufgegenstand nur die Fahrnisse und ein Teil des ursprünglich betreuten Klientenstockes vereinbart wurden.

Nach Beendigung der Kanzleiverweserschaft durch Verwertung des Betriebes legte der Nebenintervenient über seine Tätigkeit einen Rechenschaftsbericht, der im Auftrag des Nebenintervenienten von einem Steuerberater überprüft wurde. Aus dem Bericht ergibt sich, daß während der Gesamtzeit der Verweserschaft ein Einnahmenüberschuß von 2,000.000 S erzielt wurde, dem Entnahmen von 2,980.000 S (monatliche Zahlungen an die Klägerin, Steuerzahlungen und andere Verbindlichkeiten) gegenüberstanden. Auf dem Kontokorrentkreditkonto ist ein Schuldenstand von rund 1,800.000 S ausgewiesen, an anderen Kreditverbindlichkeiten sind noch rund 200.000 S offen. Die Kundenforderungen betrugen zu diesem Stichtag 1,100.000 S.

Am 13.8.1993 stellte die beklagte Partei aufgrund einer von ihr beobachteten drastischen Verschlechterung der Unternehmenssituation die offenen Kredite fällig.

Mit der zu 3 Cg 298/93 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrt die Klägerin zuletzt 350.903,73 S mit dem Vorbringen, der Nebenintervenient sei als Kanzleiverweser unter eigener Verantwortung im eigenen Namen und auf Rechnung der Klägerin tätig gewesen. Er habe ohne Zuziehung des Kollisionskurators Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung und Verfügungen gesetzt, die mangels Genehmigung durch das Verlassenschafts- oder Pflegschaftsgericht oder nachträgliche Genehmigung durch die Klägerin unwirksam seien. Die Beklagte habe mit dem Nebenintervenienten in Kenntnis der Grenzen seiner Verfügungsmacht Kreditverträge und Mantelzessionsverträge geschlossen und gegenüber Klienten der Kanzlei auch offengelegt. Von diesen habe die Beklagte an Zahlungen insgesamt den Klagebetrag trotz Kenntnis der Unwirksamkeit der Verträge vereinnahmt.

Zu 6 Cg 142/93 begehrte die Klägerin mit im wesentlichen gleichartigem Vorbringen, die Feststellung, daß die sechs (oben bereits näher bezeichneten) zwischen dem Nebenintervenienten und der beklagten Partei geschlossenen Kreditverträge unwirksam seien und daß die beklagte Partei für sämtliche Schäden, die der Klägerin aus diesen unwirksamen Verträgen erwachsen seien und noch erwachsen werden, gegenüber der Klägerin ersatzpflichtig sei. Der Nebenintervenient sei direkter Stellvertreter nach der WTBO gewesen. Die Überschreitung unter Mißbrauch seiner Befugnisse sei der Beklagten bei Abschluß der Kreditverträge bekannt gewesen. Verfügungen über das für die Klägerin eingeräumte Girokonto hätten nur so lange durchgeführt werden dürfen, als dieses einen Aktivstand aufgewiesen habe.

Die beklagte Partei sowie der Nebenintervenient wandten ein, der Nebenintervenient habe zwar die Kanzlei auf Rechnung des ruhenden Nachlasses und nach dem Erbteilungsübereinkommen und der Einantwortungsurkunde auf Rechnung der Klägerin geführt, aber nicht als direkter Stellvertreter. Der Nebenintervenient hafte der Klägerin im Innenverhältnis für allfällige Mißwirtschaft, der beklagten Partei gegenüber habe der Kanzleiverweser in vollem Umfang, im Namen und auf Rechnung der vertretenen Klägerin gehandelt. Mangels Befugnis zur Berufsausübung seien weder die Witwe noch die Klägerin berechtigt gewesen, in die Kanzleiführung einzugreifen. Eine Klagestattgebung würde eine unrechtmäßige Bereicherung der Klägerin bedeuten. Die Tätigkeit des Nebenintervenienten habe keiner pflegschaftsgerichtlichen Bewilligung bedurft.

Das Erstgericht wies beide Klagebegehren ab.

Die Tätigkeit des Kanzleiverwesers nach § 46 WTBO komme jener eines Geschäftsführers gleich. Er vertrete im Außenverhältnis den Deszendentenfortbetrieb in allen wirtschaftlichen Angelegenheiten wie wenn es sein eigener Betrieb wäre, er sei nicht auf die Zustimmung der Witwe oder Abkömmlinge des Verstorbenen angewiesen, sonst könnte er den Betrieb nicht in eigener Verantwortung führen. Da der Nebenintervenient nicht nur von den Erben, sondern auch vom Gericht mit der Weiterführung der Kanzlei beauftragt worden sei, habe er alle mit der Tätigkeit eines Steuerberaters gewöhnlich verbundenen Geschäfte abschließen können. Dazu zählten jedenfalls auch der Abschluß von Kontokorrentkrediten zur Aufrechterhaltung des Kanzleibetriebes und die Bestellung von entsprechenden Sicherheiten, die Abtretung von Kundenforderungen. Der Nebenintervenient sei Verfügungsberechtigter im fremden Namen. Berechtigt und verpflichtet werde aber nicht er selbst, sondern der Deszendentenfortbetrieb. Für die beklagte Partei habe kein Anlaß bestanden, an der Vollmacht des Nebenintervenienten auch zum Abschluß von Kreditverträgen zu zweifeln. Die Verträge seien gültig zustande gekommen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin keine Folge.

Der Kanzleiverweser sei nicht Stellvertreter der Erben. Zweck des § 46 WTBO sei es sicherzustellen, daß die Kanzlei eines verstorbenen Wirtschaftstreuhänders nur von Berufsangehörigen weitergeführt werden könne. Dem widerspräche es, könnten die Witwe, die Kinder oder auch das Abhandlungs- und Pflegschaftsgericht auf die Kanzleifortführung Einfluß nehmen. Führe ein Kanzleiverweser die Geschäfte nicht zur Zufriedenheit der Berechtigten, stehe diesen nur nach § 46 WTBO der Antrag an die Kammer der Wirtschaftstreuhänder auf Abberufung des Kanzleiverwesers aus wichtigen Gründen offen. Daraus folge, daß dessen Rechtshandlungen im Rahmen der Kanzleifortführung weder einer Genehmigung der Berechtigten noch des Abhandlungs- oder Pflegschaftsgerichtes bedürften. Daher seien die mit der beklagten Partei geschlossenen Kreditverträge gültig. Für ein rechtswidriges Verhalten der beklagten Partei bei Abschluß der Verträge oder ein rechtswidriges Zusammenwirken mit dem Nebenintervenienten sei die Klägerin jeden Beweis schuldig geblieben.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes auch hinsichtlich des Feststellungsbegehrens 50.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Rechtsstellung eines Kanzleiverwesers nach der WTBO eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Grundsätzlich fallen alle vermögensrechtlichen Einrichtungen eines von einem Verstorbenen betriebenen Unternehmens in die Verlassenschaft (Anlage- und Umlaufvermögen, Forderungen und Verbindlichkeiten; aber auch der Firmenwert, der wie hier in einem ständigen Kundenstock bestehen kann, stellt einen zu bewertenden Vermögenswert dar). Davon zu trennen sind Vertretungs- und Fortführungsrechte nach sondergesetzlichen Bestimmungen in Fällen, in denen aufgrund öffentlicher berufsrechtlicher Vorschriften zur Vertretung eine besondere Qualifikation oder Gewerbeberechtigung erforderlich ist. Während § 34 RAO lediglich eine mittlerweilige Stellvertretung normiert, die nur die Vertretung des verstorbenen (verhinderten) Rechtsanwaltes im Umfang der Rechte und Verbindlichkeiten gegenüber Klienten enthält und vorwiegend Abwicklungsfunktionen umfaßt, ohne daß der von der Rechtsanwaltskammer bestellte mittlerweilige Stellvertreter ohne Auftrag und Bevollmächtigung durch den mittlerweilig Vertretenen zu weiteren Vertretungshandlungen berechtigt und verpflichtet ist, wurde in der Gewerbeordnung und, auf ihr aufbauend und angenähert, in der WTBO das Institut des Witwen- und Deszendentenfortbetriebes entwickelt.

Voraussetzung für die Ausübung des Wirtschaftstreuhänderberufes und damit zum Betrieb eines Wirtschaftstreuhänderunternehmens ist die erteilte Befugnis. Diese erlischt nach § 42 Abs 1 lit d WTBO durch den Tod des Befugnisinhabers, dies jedoch unbeschadet der Bestimmungen des § 46 WTBO. Danach kann nach dem Tod eines Wirtschaftstreuhänders dessen Witwe binnen vier Wochen gerechnet vom Todestag bei der Kammer der Wirtschaftstreuhänder beantragen, daß ein von ihr namhaft gemachter Berufsangehöriger als Kanzleiverweser bestellt werde, der im Rahmen der ihm selbst zustehenden Befugnis die Kanzlei des Verstorbenen unter Anführung von dessen Namen und für Rechnung der Witwe für die Dauer von längstens fünf Jahren weiterzuführen hat. Der Vorstand der Kammer der Wirtschaftstreuhänder darf die Bestellung des vorgeschlagenen Wirtschaftstreuhänders nur ablehnen, wenn begründete Bedenken gegen seine persönliche Eignung für diese Tätigkeit bestehen. Die Witwe ist berechtigt, jederzeit die Abberufung des bestellten Kanzleiverwesers aus wichtigen Gründen zu beantragen. Über den Antrag entscheidet der Vorstand der Kammer der Wirtschaftstreuhänder nach freiem Ermessen. Die Witwe ist während des fünfjährigen Übergangsstadiums jederzeit berechtigt, von ihrem Verwertungsrecht (entgeltliche Übertragung des vorhandenen Klientenstockes an einen anderen Wirtschaftstreuhänder) Gebrauch zu machen. Hat sie jedoch innerhalb der fünfjährigen Frist keine solche Verfügung getroffen, so tritt nach Ablauf der Frist, seine Zustimmung vorausgesetzt, jener Wirtschaftstreuhänder als Kanzleiübernehmer ein, der zuletzt als von der Kammer bestimmter Kanzleiverweser die Geschäfte ohne Anstand geführt hatte. Die Höhe des von ihm für die Übertragung des Klientenstockes des verstorbenen Wirtschaftstreuhänders an die Witwe zu leistenden Entgeltes wird in diesem Fall, wenn eine gütliche Einigung zwischen den Parteien nicht zustande kommt, vom Vorstand der Kammer der Wirtschaftstreuhänder unter Berücksichtigung des Goodwill der Kanzlei festgesetzt. Diese Bestimmungen gelten sinngemäß für den Fall, daß nach dem Tod des Wirtschaftstreuhänders bloß erbberechtigte Kinder vorhanden sind, allerdings ist die Dauer der Weiterführung nach dem Alter der Kinder festgesetzt. Hinterläßt ein Wirtschaftstreuhänder sowohl eine Witwe als auch erbberechtigte Kinder, so hat der auf Antrag auch nur eines Berechtigten von der Kammer bestellte Kanzleiverweser die Geschäfte der Kanzlei für Rechnung aller mitberechtigten Personen zu führen, soweit nicht einzelne von ihnen für ihre Person auf ihre Rechte ausdrücklich verzichtet haben. Jeder für einen Witwen- und Deszendentenfortbetrieb bestellte Wirtschaftstreuhänder hat seine Eigenschaft als Kanzleiverweser bei der Ausübung seiner Berufstätigkeit nach außen in entsprechender Weise kenntlich zu machen. Für seine Tätigkeit gelten im übrigen die Bestimmungen des § 41 WTBG, das heißt insbesondere, daß der Kanzleiverweser die Kanzlei des Vertretenen in vollem Umfang unter eigener Verantwortung mit einem auf seine Tätigkeit als Kanzleiverweser hinweisenden Beisatz und im Namen und auf Rechnung des Vertretenen zu betreuen hat. Diese Bestimmung der WTBO, die der Witwe und den Kindern eines verstorbenen Wirtschaftstreuhänders nicht nur den Erhalt des zum Todeszeitpunkt vorhandenen Vermögenswertes des Unternehmens, sondern insbesondere auch für eine gewisse Zeit ein regelmäßiges Einkommen sichern soll, zeigen, daß es hier nicht um eine Vertretungsregelung der Verlassenschaft und nach Einantwortung der Erben geht, sondern daß der "im Namen und auf Rechnung" der Witwe, die nach dem Gesetzeswortlaut nicht einmal tatsächlich Erbin sein muß oder der Deszendenten"fortgeführte" Betrieb nicht eine vermögensrechtliche Fortsetzung des früheren Betriebes des Verstorbenen ist, sondern ein neues Unternehmen darstellt, das während der Dauer des Verlassenschaftsverfahrens nicht der Einflußnahme des Verlassenschaftsgerichtes unterliegt. Dieses hat weder auf die Bestellung des Kanzleiverwesers noch auf dessen weitere Geschäftsführung - anders jedoch als das Pflegschaftsgericht - Einfluß zu nehmen. Der als Kanzleiverweser bestellte Wirtschaftstreuhänder ist nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes für den verwalteten Kanzleibetrieb, den er streng von seiner eigenen beruflichen Tätigkeit zu trennen und für den er bei Beginn und Beendigung seiner Tätigkeit eine Vermögensaufstellung zu verfassen hat (§ 41 Abs 1 WTBO), nur Vertreter, der die Geschäfte der Kanzlei zwar unter eigener Verantwortung, jedoch nicht im eigenen Namen, sondern im Namen und auf Rechnung des Vertretenen zu betreuen hat. Wenn er daher in Offenlegung seiner Vertretung mit dem nach dem Gesetz vorgeschriebenen, auf seine Eigenschaft als Kanzleiverweser hindeutenden Zusatz eine vertragliche Verpflichtung für das Unternehmen eingeht, so werden daraus jene Personen berechtigt und verpflichtet, für die der Witwen- oder Deszendentenbetrieb fortgeführt wird. Als im Namen und für Rechnung eines Dritten Handelnden kommen aber auch auf den vertretenden Wirtschaftstreuhänder die Bestimmungen des § 1029 ABGB zur Anwendung.

§ 41 WTBO, auf den im § 48 ausdrücklich verwiesen wird, der die Berechtigung und Verpflichtung zur Kanzleifortführung "in vollem Umfang unter eigener Verantwortung" statuiert, besagt nichts anderes, als daß der Umfang der vom Gesetz eingeräumten Vollmacht entsprechend § 1029 ABGB aus dem Gegenstand und der Natur des Geschäftes zu beurteilen ist. Alles, was die Geschäftsführung der konkreten Wirtschaftstreuhänderkanzlei erfordert und was gewöhnlich damit verbunden ist, fällt unter die ordnungsgemäße Verwaltung. Für außergewöhnliche Maßnahmen bedarf auch der Kanzleiverweser der Genehmigung des Vertretenen, wenn dieser minderjährig ist, daher der Genehmigung des Pflegschaftsgerichtes. Wenn auch nicht in jene Belange eingegriffen werden kann, für welche die besondere Befähigung des Wirtschaftstreuhänders erforderlich ist, wie etwa in Entscheidungen über erforderliche besondere berufsspezifische Investitionen (Computeranlage) oder Dispositionen über Arbeitnehmer und Klienten - diese Agenden fallen aber ohnedies in die ordentliche Verwaltung - oder eine Entziehung der Kanzleiführung nicht selbst ausgesprochen werden kann, sondern hiezu die Kammer der Wirtschaftstreuhänder angerufen werden muß, bedürfen im Innenverhältnis außergewöhnliche Maßnahmen doch der Genehmigung des volljährigen Vertretenen oder für minderjährige Vertretene des Pflegschaftsgerichtes. Eine fehlende, aber nach diesen Gesichtspunkten erforderliche pflegschaftsbehördliche Genehmigung für die minderjährige Klägerin, für deren Rechnung die Kanzlei geführt wurde, hätte die Ungültigkeit von abgeschlossenen Verträgen zur Folge, auch wenn dem Vertragspartner kein Verschulden an der Unkenntnis deren Nichtvorliegens anzulasten wäre. Daß dies dem Nebenintervenienten bewußt war, zeigt sich darin, daß er zum Abschluß eines neuen Mietvertrages für den Deszendentenfortbetrieb um eine solche pflegschaftsbehördliche Genehmigung auch angesucht und diese erhalten hat.

Die in den Jahren 1988 bis 1991 vom Nebenintervenienten mit der beklagten Partei abgeschlossenen Kontokorrent- und Abstattungskreditverträge waren nach den Feststellungen zur Aufrechterhaltung und gedeihlichen Entwicklung des nach dem Tod des Erblassers ohne verfügbare Barmittel und mit erheblichen Schulden belasteten Betriebes erforderlich und sind dem ordentlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen. Sie bedurften daher keiner pflegschaftsbehördlichen Genehmigung. Anders sind der Abschluß eines weiteren Kontokorrentkreditvertrages am 19.3.1992 über 1,1 Mio S und der am 22.5.1992 abgeschlossene Globalzessionsvertrag zu beurteilen. Unter Berücksichtigung der schon bestehenden Kredite sowie der aus dem Abschlußbericht des Nebenintervenienten ersichtlichen Umsatz- und Gewinnentwicklung sowie der laufenden Kosten muß die Aufnahme eines weiteren Kredites für Rechnung einer Minderjährigen in der genannten Höhe gegen Abtretung sämtlicher, auch künftiger Einnahmen als außerordentliche Maßnahme eingestuft werden, die grundsätzlich, berücksichtigt man auch noch die zeitliche Beschränkung der Führung des Betriebes, einer pflegschaftsbehördlichen Genehmigung bedurft hätte. Da die durch den Kollisionskurator vertretene Klägerin auf ihren Antrag jedoch am 25.11.1991 für volljährig erklärt wurde, war eine pflegschaftsbehördliche Genehmigung nicht mehr erforderlich. Auch eine bloße Erkundigung über den Geschäftsgang und die zu erwartende oder geplante Weiterentwicklung erfolgte seitens der Klägerin bis zum Anbotschreiben kurz vor Ablauf der möglichen Dauer des Deszendentenfortbetriebes nicht.

Das Innenverhältnis zwischen der Klägerin und dem Nebenintervenienten ist im vorliegenden Verfahren nicht zu beurteilen. Für ein von der Klägerin nur allgemein behauptetes vorsätzliches und absichtliches Zusammenwirken der beklagten Partei und des Nebenintervenienten zu Lasten der Klägerin hat das Verfahren keinen Anhaltspunkt ergeben.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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