OGH 3Ob126/95

OGH3Ob126/9530.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef U*****, vertreten durch Dr.Eduard Pranz ua, Rechtsanwälte in St.Pölten, wider die beklagte Partei Maria U*****, vertreten durch Dr.Bruno Binder und Dr.Georg Lehner, Rechtsanwälte in Linz, wegen Einwendungen gegen den Anspruch, infolge Revision der beklagten Partei gegen das "Teil-Zwischenurteil" des Landesgerichtes St.Pölten als Berufungsgerichtes vom 20.Juni 1995, GZ 29 R 100/95-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes St.Pölten vom 15.Dezember 1994, GZ 2 C 95/92-13, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist aufgrund eines gerichtlichen Vergleiches, den die Streitteile am 27.5.1953 anläßlich der Scheidung ihrer Ehe schlossen, schuldig, der Beklagten ab 1.6.1953 einen monatlichen Unterhaltsbetrag im Ausmaß von 25 % seines jeweiligen Nettoeinkommens einschließlich der Kinderbeihilfe, jedoch ausschließlich der Überstundenentlohnung und des Entgelts für besondere Leistungen und Prämien, zu bezahlen. Am 12.11.1991 schlossen die Streitteile vor Gericht einen weiteren Vergleich, in dem der vom Kläger für 1989 geschuldete Unterhaltsbetrag einvernehmlich festgestellt und eine Regelung für die Bezahlung der ab 1.11.1991 fälligen Unterhaltsbeträge getroffen wurde.

Infolge eines am 25.2.1992 beim Erstgericht eingelangten Antrags wurde der Beklagten als betreibender Partei gegen den Kläger als Verpflichteten aufgrund des Vergleiches vom 27.5.1993 zur Hereinbringung des Unterhaltsrückstands für die Zeit von 1984 bis Jänner 1992 in der Höhe von S 484.688,65 sA und der ab Februar 1992 am Ersten jeden Monats fällig werdenden Unterhaltsbeträge von 25 % des jeweiligen Nettoeinkommens des Verpflichteten die Exekution durch Pfändung und Überweisung der ihm gegen die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft zustehenden Alterspensionsansprüche bewilligt (Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 15.9.1993, 3 Ob 160/93).

Der Kläger erhob gegen den von der Beklagten betriebenen Anspruch Einwendungen. Die drei Jahre vor Einbringung des Exekutionsantrags und somit bis 25.12.1989 fällig gewordenen Unterhaltsbeträge seien verjährt. Er habe in der Zeit vom 1.1.1984 bis 31.1.1992 nicht nur den im Exekutionsantrag angeführten Betrag von S 309.100,--, sondern S 494.000,--, bezahlt. Der zweite Vergleich, den er eingehalten habe, habe Bereinigungswirkung gehabt. Er begehrte die Fällung des Urteiles, seinen Einwendungen, der vollstreckbare Anspruch sei infolge Verjährung, bereits erfolgter Bezahlung und Abschluß einer neuen Vereinbarung erloschen, werde stattgegeben.

Die Beklagte brachte zu der im Revisionsverfahren allein zu entscheidenden Frage der Verjährung vor, daß die Einrede des Klägers aus rechtlichen Gründen unbeachtlich sei, weil seine Unterhaltszahlungen jeweils erst dann überprüfbar gewesen seien, nachdem er sein Einkommen offengelegt habe, also etwa 1 1/2 Jahre nach Ende des jeweiligen Rechnungsjahres bei Vorlage der Einkommenssteuerbescheide. Zumindest der Unterhaltsrückstand für 1988 sei daher im Februar 1989 noch nicht fällig gewesen. Außerdem habe der Kläger arglistig verhindert, daß sie Kenntnis von seinem Einkommen erlange, indem er auf wiederholte Anfrage mitgeteilt habe, daß seine Unterhaltsleistungen dem Vergleich entsprächen. Ferner sei untrennbarer Bestandteil des vom Kläger in Bruchteilen seines Einkommens geschuldeten Unterhaltsanspruchs ein Rechnungslegungsanspruch, für den die 30-jährige Verjährungsfrist gelte. Aus diesem Grund seien die 3 Jahre vor Einbringung des Exekutionsantrags fällig gewordenen Unterhaltsbeträge nicht verjährt.

Das Erstgericht sprach aus, daß der Anspruch der Beklagten aus dem Vergleich vom 27.5.1953 für die vor dem 25.2.1989 fällig gewordenen Unterhaltsbeträge durch Verjährung und für die Zeit ab 1.1.1989 "durch Abschluß einer neuen Vereinbarung aufgehoben" worden sei. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 1480 ABGB gelte auch für die aus einem Bruchteilstitel zustehenden Unterhaltsforderungen. Für die nach dem 25.12.1989 fällig gewordenen und zur Zeit der Einbringung des Exekutionsantrags noch nicht verjährten Unterhaltsbeträge sei der Anspruch der Beklagten durch den Vergleich vom 12.11.1991 auf eine neue Grundlage gestellt worden, weil damit auch eine Regelung für die Zukunft habe getroffen werden sollen.

Das Berufungsgericht bestätigte mit einem "Teil-Zwischenurteil" das Urteil des Erstgerichtes bezüglich der vor dem 25.2.1989 fällig gewordenen Unterhaltsbeträge und sprach hiezu aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Im übrigen hob es das Urteil des Erstgerichtes auf und trug diesem die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß auch eine aufgrund eines Bruchteilstitels zustehende Unterhaltsforderung unter § 1480 ABGB falle. Das Erfordernis der regelmäßigen Wiederkehr ("rückständige jährliche Leistungen") beziehe sich auf die Zeit und nicht auf die Gleichmäßigkeit des Betrages. Der Beginn der Verjährung erfordere nicht, daß der Berechtigte den Anspruch beziffern könne. Es genüge die Möglichkeit, Stufen- oder Feststellungsklage zu erheben. Da ein Bruchteilstitel eine Rechnungslegungspflicht des Unterhaltschuldners einschließe, hätte die Beklagte den Kläger vor Ablauf der Verjährungsfrist auf Rechnungslegung klagen können. Überdies hätte sie im Wege eines Exekutionsantrags die vom Kläger geschuldeten Unterhaltsbeträge feststellen können. Im weiteren Verfahren müsse das Erstgericht noch die Höhe der demnach verjährten Unterhaltsbeträge feststellen. Soweit der Unterhaltsanspruch nicht verjährt sei, müsse geklärt werden, ob durch den zweiten Vergleich der erste Vergleich aufgehoben werden sollte.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Beklagten gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und ihrem Inhalt nach auch wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens erhobene Revision ist nicht berechtigt.

Nach der JMV RGBl 1858/105 verjähren Forderungen, die durch ein rechtskräftiges Urteil zugesprochen oder durch einen die Exekution begründenden Vergleich oder Vertrag anerkannt sind, auch dann gemäß den §§ 1478, 1479 ABGB erst nach 30 Jahren, wenn für sie sonst ein kürzere Verjährungsfrist gilt. Wird jedoch in einem Urteil nicht bloß auf Zahlung bereits verfallener, sondern auch auf jene der künftig verfallenden jährlichen Abgaben, Zinsen, Renten oder Dienstleistungen erkannt, so unterliegen die nach der Rechtskraft des Urteils verfallenen Giebigkeiten nach dieser Verordnung neuerdings der im § 1480 ABGB festgesetzten dreijährigen Verjährung (ecolex 1996, 97 = EvBl 1996/100 = JBl 1996, 519 = ÖBA 1996, 567 mwN). Schon der Größenschluß erfordert die Auslegung, daß dasselbe auch für Leistungen der genannten Art zutrifft, die aufgrund eines Vergleiches gebühren und die erst nach Abschluß des Vergleiches fällig werden. Es ist daher insbesondere auch auf die erst nach Abschluß des Vergleiches fällig werdenden wiederkehrenden Unterhaltsbeträge § 1480 ABGB anzuwenden. Der Anspruch auf Bezahlung dieser Beträge verjährt demnach in drei Jahren.

Die dargelegte, von den Vorinstanzen vertretene Auffassung wird von der Beklagten an sich auch nicht bekämpft. Ihrer Meinung, daß für einen aufgrund eines Bruchteilstitels zustehenden Unterhaltsanspruch etwas anderes gelten müsse, kann nicht gefolgt werden, weil sie mit § 1478 ABGB im Widerspruch steht. Aus dieser Bestimmung ist nämlich abzuleiten, daß der Beginn der Verjährung bloß an die objektive Möglichkeit der Rechtsausübung geknüpft ist. Die Verjährung beginnt somit unabhängig von der Kenntnis des Bestehens des Anspruchs (für beides JBl 1993, 526 mwN). Kommt es aber auf diese Kenntnis und damit auch auf die Kenntnis der Höhe des Anspruchs nicht an, so kann es keinen Unterschied machen, ob der Unterhaltsanspruch aufgrund eines Bruchteilstitels im Sinn des - durch die EO-Nov 1991 zwar aufgehobenen, gemäß deren Art XXXIV Abs 4 aber bis 31.12.1995 anzuwendenden - § 10 a EO oder aufgrund eines Exekutionstitels über einen festen Unterhaltsbetrag zusteht. Schon das Berufungsgericht hat im übrigen zutreffend darauf hingewiesen, daß es der Beklagten freigestanden wäre, im Wege der Exekution nach § 10 a die Höhe ihres Unterhaltsanspruchs festzustellen, was zur Unterbrechung der Verjährung geführt hätte (ecolex 1996, 97 = EvBl 1996/100 = JBl 1996, 519 = ÖBA 1996, 567).

Keinen Einfluß auf den Beginn der Verjährung kann es entgegen der in der Revision vertretenen Meinung haben, ob mit einer in einem Bruchteilstitel festgelegten Unterhaltspflicht die Pflicht zur Auskunftserteilung verbunden ist, weil es hiefür nach dem Gesagten nicht darauf ankommt, ob der Schuldner dieser Auskunftspflicht entsprochen hat. Auf diese Auskunftspflicht muß daher nicht weiter eingegangen werden, zumal nicht zu erkennen ist, warum der Umstand, daß der Anspruch auf Auskunftserteilung erst in 30 Jahren verjährt, einen Einfluß auf den Beginn der Verjährung des Unterhaltsanspruchs haben könnte.

Die vor dem 25.2.1989 fällig gewordene Unterhaltsforderung ist somit infolge Verjährung erloschen. Dies bedeutet, daß auch der betriebene Unterhaltsrückstand zum Teil erloschen ist. Ist die betriebene Forderung nur zum Teil erloschen, muß aus dem Spruch der über die Oppositionsklage ergehenden Entscheidung hervorgehen, mit welchem Betrag dies zutrifft, weil nur dann die im § 35 Abs 4 EO vorgesehene Einstellung der Exekution möglich ist.

Auch soweit die Revision die Zulässigkeit der Fällung eines (Teil-) Zwischenurteiles bekämpft, kann nicht gefolgt werden.

Nach § 393 Abs 1 ZPO kann das Gericht dann, wenn in einem Rechtsstreit ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig und die Verhandlung zunächst bloß in Ansehung des Grundes zur Entscheidung reif ist, vorab über den Grund des Anspruches durch Urteil entscheiden. Bei einer Exekution aufgrund eines Bruchteilstitels nach den durch die EO-Novelle 1991 aufgehobenen, aber noch bis 31.12.1995 anzuwendenden § 10 a EO hatte das Bewilligungsgericht den Unterhaltsrückstand im Bewilligungsbeschluß anzugeben (EvBl 1974/152; Heller/Berger/Stix 263; Feil EO4 Rz 5 zu § 10 a). Diese Feststellung des Unterhaltsrückstandes war nur eine vorläufige, sie konnte jederzeit in einem Verfahren nach § 10 a Abs 2 EO richtiggestellt werden (RpflE 1983/148; SZ 32/69; Heller/Berger/Stix 269). Geht es aber wie hier darum, ob der Unterhaltsanspruch nach Entstehung des Exekutionstitels erloschen ist, kann dies nicht im Weg eines Antrages nach § 10 a Abs 2 EO, sondern nur mittels einer Oppositionsklage geltend gemacht werden (SZ 16/127; vgl Heller/Berger/Stix 272).

Unter Anspruch im Sinn des § 393 Abs 1 ZPO sind das ausdrücklich gestellte Urteilsbegehren und die Tatsachen, aus denen das Begehren abgeleitet wird, zu verstehen (Fasching Komm III 589; derselbe in ÖJZ 1958, 262; Hule ÖJZ 1971, 253; Schobel ÖJZ 1962, 384). Das Begehren muß, wie sich aus der Verwendung des Wortes "Betrag" ergibt, Geld oder vertretbare Sachen zum Gegenstand haben (Fasching Komm III 589; vgl Thomas/Putzo ZPO10, Rz 2 zu § 304 d ZPO; Musielak im Münchener Kommentar Rz 6 zu § 304 d ZPO; Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR15 313). Zwischenurteile werden zwar meist bei Leistungsbegehren gefällt, es wäre aber eine verkürzte Sicht, wollte man daraus den Schluß ziehen, bei Feststellungs- oder Rechtsgestaltungsklagen wäre die Erlassung eines Zwischenurteiles unzulässig (so aber Schellhammer Zivilprozeß2 Rz 916). So führt bereits Pollak System2 520 aus, das Zwischenurteile weder den Rechtsstreit, "noch einen Leistungs- oder Rechtsgestaltungsanspruch" völlig erledigen. Petschek/Stagel, Der österreichische Zivilprozeß 284 erklären, daß es sich bei Fällung eines Zwischenurteiles um eine Verurteilungs- oder positive Feststellungsklage handeln muß. Dem Gesetzeswortlaut ist eine Einschränkung auf bestimmte Klagstypen nichts zu entnehmen. Der erkennende Senat folgt daher der zutreffenden Ansicht Schobels aaO, daß bei der Fällung von Zwischenurteilen das Begehren auf Leistung, Feststellung oder Rechtsgestaltung gerichtet sein kann, solange nur die übrigen Voraussetzungen vorliegen. Ob es sich daher bei einer Oppositionsklage um eine Rechtsgestaltungsklage, unvollkommene Rechtsgestaltungsklage oder negative Feststellungsklage handelt (vgl Rechberger/Simotta Exekutionsverfahren2 Rz 341 bis 344), braucht daher nicht entschieden zu werden. Hier steht fest, daß der betriebene Unterhaltsanspruch in Ansehung der vor dem 25.2.1989 fällig gewordenen Unterhaltsbeträge verjährt ist. Der Exekutionsbewilligungsbeschluß vom 29.6.1992, E 7972/92-1 des Erstgerichtes in der Fassung des Beschlusses des Obersten Gerichtshofes vom 15.9.1993, 3 Ob 160/93, nennt für den Zeitraum 1984 bis Jänner 1992 gemäß § 10 a EO einen Unterhaltsrückstand von insgesamt S 484.688,65. Welcher Betrag auf die verjährte Unterhaltsforderung fällt, ist wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, aufgrund der Aktenlage nicht entscheidungsreif. Die Fällung eines (Teil-) Zwischenurteiles erweist sich dann aber als zulässig.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 393 Abs 4, 52 Abs 2 ZPO (SZ 23/243).

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