OGH 8ObA2099/96a

OGH8ObA2099/96a17.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Adamovic sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Peter Wolf und Gerhard Taucher in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Josef M*****, Malergeselle, ***** vertreten durch seine Mutter Anna M*****, ebendort, als Sachwalterin, diese vertreten durch Dr.Grosch & Partner, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wider die beklagten Parteien 1.) Harald S*****, Malermeister, ***** vertreten durch Dr.Franz J.Rainer und Dr.Hans Moritz Pott, Rechtsanwälte in Schladming, und 2.) Firma W***** Baugesellschaft mbH, ***** vertreten durch Mag.Markus Stranimaier, Rechtsanwalt in Bischofshofen, wegen Feststellung, infolge der Revisionen der klagenden und der zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30.Jänner 1996, GZ 12 Ra 101/95-42, womit infolge Berufungen aller Parteien das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 20. September 1994, GZ 17 Cga 6/92-32, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit S 4.058,88 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 676,48 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Im übrigen werden die Kosten des Revisionsverfahrens gegeneinander aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Begründung der berufungsgerichtlichen Entscheidung, daß

1.) der Kläger zufolge des Haftungsprivileges des Arbeitgebers gegen den Erstbeklagten keinen Anspruch auf Ersatz von Personenschäden aus dem Arbeitsunfall vom 4.8.1989 geltend machen könne (§ 333 Abs 1 ASVG) und

2.) die Nichterfüllung der vertraglich übernommenen Verpflichtung, die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen auf der Baustelle zu treffen, die zweitbeklagte Partei dem Kläger gegenüber für die nicht von der sachlichen Kongruenz erfaßten Schäden zu 50 % haftbar mache,

ist zutreffend (§ 48 ASGG).

Den Revisionsausführungen ist noch zu erwidern:

1.) Revision des Klägers:

Der gerügte Verfahrensmangel liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Außerstreitstellung der beklagten Partei vom 22.5.1992 (ON 13, AS 59) bezieht sich auf eine unrichtige rechtliche Qualifikation (Rechberger in Rechberger, ZPO, Rz 1 zu § 266 ZPO). Die nicht durch den Anspruch auf Pflegegeld gedeckten Pflegekosten sind ein Teil des Personenschadens, dessen Geltendmachung nur gegenüber der zweitbeklagten Partei, dh außerhalb des Haftungsprivilegs des § 333 ASVG, in Betracht kommt.

Die notwendige medizinische Betreuung des Klägers betrifft ebenfalls einen Teil des Personenschadens, der gegen den Arbeitgeber nicht geltend gemacht werden kann.

Die Verschuldensteilung im Sinne des § 1304 ABGB betrifft regelmäßig nur den jeweiligen Einzelfall und daher keine Rechtfrage im Sinne des § 46 Abs 1 ASGG. Der Kläger ist ohne Zusammenhang mit seinem Arbeitsauftrag auf den ungesicherten Balkon hinausgetreten, wegen der Unaufklärbarkeit der beiderseitigen Verschuldensanteile ist die Aufteilung im Verhältnis von 1:1 auch unbedenklich.

2.) Revision der zweitbeklagten Partei:

Eines Rückgriffs auf die Verkehrssicherungspflicht bedarf es hinsichtlich der Haftung der zweitbeklagten Partei nicht, weil sie gegenüber dem Bauherrn ja schon vertraglich mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zur Sicherung der Baustelle verpflichtet war. Nach der zutreffenden Ansicht der Vorinstanzen wären die "Scheuchen" geeignet gewesen, den Kläger vor dem Betreten des im übrigen ungesicherten Balkons zu warnen, womit die Unterlassung der zweitbeklagten Partei bzw ihrer Gehilfen für den Unfall und den Schaden ursächlich war (vgl Koziol-Welser aaO, 448). Der von der zweitbeklagten Partei in Zweifel gezogenen subjektiven Vorwerfbarkeit der Unterlassung einer Anbringung der Scheuchen bedarf es im Hinblick auf die Beweislastumkehr des § 1298 ABGB nicht; zufolge der vertraglichen Verpflichtung, die erforderliche Sicherung auf der Baustelle vorzunehmen, hätte die zweitbeklagte Partei ihrerseits zu beweisen gehabt, daß sie kein Verschulden treffe.

Hinsichtlich der Verschuldensaufteilung wird auf die Ausführungen zur Revision des Klägers verwiesen.

Die Entscheidung hinsichtlich der Ersatzpflicht des Klägers für die Kosten der Revisionsbeantwortung der erstbeklagten Partei gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO; im übrigen werden die Kosten des Revisionsverfahrens im Verhältnis zwischen der klagenden und zweitbeklagten Partei wegen des annähernd gleich hohen Rechtsmittelinteresses, das zur Anwendung derselben Tarifstufe führt, gegeneinander aufgehoben. Die höheren Pauschalgebühren der zweitbeklagten Partei fallen - wegen der Erfolglosigkeit ihres Rechtsmittels - insoweit nicht ins Gewicht.

Stichworte