OGH 5Ob2241/96m

OGH5Ob2241/96m8.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Schwarz, Dr.Floßmann und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Margit D*****, wider die Antragsgegnerin Gertraud N***** und Mitbesitzer, vertreten durch Manfred Weinberger, Immobilienverwalter, 1080 Wien, Lerchengasse 2, diese vertreten durch die Boller Langhammer Schubert Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 2 MRG iVm § 6 Abs 2 MRG, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 16.April 1996, GZ 41 R 147/96p-17, womit der Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 27.November 1995, GZ 23 Msch 304/94w-12, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Rekursgericht die Entscheidung über den Rekurs der Antragstellerin gegen den erstgerichtlichen Beschluß vom 27.11.1995 unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Text

Begründung

Zur Durchsetzung eines am 11.11.1994 beim Erstgericht im Verfahren 23 Msch 304/94w abgeschlossenen Vergleiches, wonach sich die Antragsgegner verpflichtet haben, eine auf der Liegenschaft ***** stehende Hofmauer bis zum 30.6.1995 zu sanieren, beantragte die Antragstellerin am 21.7.1995 (angeblich auch in Vertretung von 11 weiteren Mietern des Hauses) beim Erstgericht die Bestellung eines Zwangsverwalters gemäß § 6 Abs 2 MRG.

Das Erstgericht wies nach Anhörung der Antragsgegnerin diesen Antrag mit Beschluß vom 27.11.1995 ab, weil die fraglichen Sanierungsarbeiten (durch "Patschokieren" der Mauer) bereits durchgeführt seien. Dieser Beschluß wurde der Antragstellerin am 21.12.1995 zugestellt und von ihr mit einem am 12.1.1996 beim Erstgericht überreichten Rekurs angefochten.

Das Rekursgericht wies diesen Rekurs als verspätet zurück, wobei es sich von folgenden Erwägungen leiten ließ:

Über eine Exekutionsantrag nach § 6 Abs 2 MRG sei - entgegen früherer Auffassung - nicht mit Sachbeschluß zu entscheiden, weil es sich um keine "Entscheidung in der Sache" handle. Mit einer Entscheidung in der Sache werde über materiellrechtliche Ansprüche abgesprochen; in einem Verfahren nach § 6 Abs 2 MRG gehe es hingegen nur um die zwangsweise Durchsetzung des mit Sachbeschluß zuerkannten materiellrechtlichen Anspruchs auf Durchführung von Erhaltungsund/oder Verbesserungsarbeiten. Mit einer möglichst raschen Durchsetzung eines solchen Anspruchs sei eine Entscheidung mit Sachbeschluß nicht vereinbar, komme doch einem Rekurs dagegen aufschiebende Wirkung zu und betrage die Rekursfrist vier Wochen; außerdem sei das Rekursverfahren in einem solchen Fall - im Gegensatz zum Bewilligungsverfahren (vgl MietSlg 37/58; MietSlg 38.278) - gemäß § 37 Abs 3 Z 17 MRG zweiseitig und der außerordentliche Revisionsrekurs sogar bei konformen Entscheidungen möglich.

Über einen Exekutionsantrag nach § 6 Abs 2 MRG sei demgemäß mit Beschluß zu entscheiden. Für Rekurse gegen solche Beschlüsse betrage gemäß § 521 Abs 1 ZPO iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG die Anfechtungsfrist 14 Tage; außerdem sei das Rekursverfahren einseitig, da kein Fall des § 521 a ZPO vorliege. Da der angefochtene Beschluß der Antragstellerin am 21.12.1995 zugestellt worden sei und im Außerstreitverfahren keine Gerichtsferien gälten (vgl Art XXXVI EGZPO), sei der von ihr am 12.1.1996 bei Gericht überreichte Revisionsrekurs verspätet.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß der OGH - soweit überblickbar - noch nicht zur Frage Stellung genommen habe, in welcher Form (Beschluß oder Sachbeschluß) über einen Exekutionsantrag gemäß § 6 Abs 2 MRG zu entscheiden sei.

Rechtliche Beurteilung

Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs macht die Antragstellerin ua geltend, daß über ihren auf § 6 Abs 2 MRG gestützten Antrag auf Bestellung eines Zwangsverwalters zur Durchsetzung des Vergleichs vom 11.11.1994 in einem kontradiktorischen Verfahren zu entscheiden gewesen wäre und dementsprechend eine Rekursfrist von 4 Wochen (in einem zweiseitigen Rekursverfahren) zur Verfügung gestanden sei. Ihr diesbezüglicher (nur die hier interessierende Verspätung des Rechtsmittels an die zweite Instanz betreffender) Revisionsrekursantrag geht sinngemäß dahin, dem Rekursgericht die Entscheidung über den Rekurs vom 12.1.1996 aufzutragen.

Der am 24.7.1996 zur Post gegebene Revisionsrekurs ist rechtzeitig, weil die Antragstellerin glaubhaft gemacht hat, daß sie den am 3.7.1996 bei der Post hinterlegten zweitinstanzlichen Beschluß wegen eines Urlaubs im Ausland erst am 11.7.1996 beheben konnte (§ 17 Abs 3 letzter Satz ZustG); er erweist sich auch als berechtigt.

Die Bestimmungen des § 6 Abs 2 MRG enthalten wie zuvor jene des § 8 Abs 2 MG eine Sonderregelung für die Durchsetzung von Aufträgen nach § 6 Abs 1 MRG (früher: § 8 Abs 1 MG), denn sie sehen eine Zwangsverwaltung vor, die sich von jener nach der EO sowohl durch ein verschiedenes Verfahren (Verfahren außer Streitsachen nach § 37 Abs 1 Z 2 MRG) als auch durch ein anderes Ziel, nämlich die Durchführung der Arbeiten, unterscheidet (MietSlg 41.199). Es geht, wie schon zu § 8 MG judiziert wurde, um die Fortsetzung des Titelverfahrens (MietSlg 32.290; vgl auch MietSlg 16.555), das zweiseitig abzuwickeln ist (Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht19, Rz 8 zu § 6 MRG) und bei der Entscheidung alle Verfahrensergebnisse bis zum Schluß der Verhandlung in erster Instanz zu berücksichtigen hat (vgl 5 Ob 30/86). Immer dann, wenn das MRG eine besondere Art der Durchsetzung eines Titels vorsieht, ist ungeachtet der mißverständlichen Aussage des § 37 Abs 3 Z 21 MRG, womit in Wahrheit nur eine Exekution nach § 19 AußStrG ausgeschaltet werden sollte, nicht die EO, sondern das Verfahren nach § 37 MRG - mit allen sich daraus ergebenden Besonderheiten - anzuwenden. Das gilt insbesondere für die Bestellung eines (Zwangs-)Verwalters nach § 6 Abs 2 MRG, soweit nicht schon ein Zwangsverwalter nach §§ 97 ff EO bestellt ist (Würth in WoBl 1993, 83 zu 5 Ob 98/92). Die Entscheidung hierüber ergeht - wie beispielsweise auch die Verhängung einer Ordnungsstrafe nach § 20 Abs 4 MRG: WoBl 1993, 81/62 - mit Sachbeschluß, weil über den eigentlichen Gegenstand des Verfahrens, nämlich die Bestellung des Zwangsverwalters zwecks Durchsetzung einer Erhaltungs- oder Verbesserungspflicht, abgesprochen wird. Dementsprechend stand der Antragstellerin für die Anfechtung der Abweisung ihres Sachantrages gemäß § 37 Abs 3 Z 17 lit c MRG eine Rekursfrist von vier Wochen zur Verfügung; ihr Rechtsmittel wurde zu Unrecht als verspätet zurückgewiesen.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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