OGH 14Os129/96

OGH14Os129/968.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.Oktober 1996 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Strieder, Dr.Ebner, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Berger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Peter K***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 und § 15 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 11.Juni 1996, GZ 37 Vr 3.569/93-358, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Schroll, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr.Lebitsch zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Verfahrens über seine Rechtsmittel zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Peter K***** im dritten Rechtsgang (neben bereits im ersten und zweiten Rechtsgang rechtskräftig gewordenen Schuldsprüchen) des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er am 25.Oktober 1988 in B***** bei J***** ein ihm als Geschäftsführer der B***** GmbH & Co KG anvertrautes Gut, nämlich das von ihm für die Vorbehaltseigentümerin R***** reg GenmbH verwahrte Pistengerät der Marke Bombardier Rotax, Modell Ski-dozer, mit der Fahrgestellnummer 21 KH O 23 Yeti im Wert von ca 1 Million S dadurch, daß er es der Martin E***** Nutzfahrzeughandel GmbH verkaufte und den Kaufpreis nicht an die Vorbehaltseigentümerin abführte, einem Dritten mit dem Vorsatz zugeeignet, die B***** GmbH & Co KG dadurch unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen der Z 4, 5, 5 a, 8 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO, die jedoch nicht berechtigt ist.

Seine Verteidigungsrechte sieht der Beschwerdeführer durch die in der Hauptverhandlung bloß unter Hinweis auf die Unerheblichkeit des Beweisthemas gestützte Abweisung seines Antrags auf Einvernahme des Zeugen Norbert J***** beeinträchtigt (Z 4).

Da aber das Erstgericht den nach diesem Antrag zu beweisenden Umstand aufrechter und verfügbarer Forderungen des Angeklagten ohnedies nicht in Frage stellte, vielmehr seinen Willen verneinte, mit diesen Forderungen einen Ersatz für die zugeeignete Sache zu schaffen (US 15), konnte der Schöffensenat diesen Beweisantrag mit Recht als unerheblich abweisen.

In der Mängelrüge (Z 5) wird zunächst behauptet, das Erstgericht habe die Aussage des Zeugen Martin E***** bei der Klärung der Sachidentität zwischen dem Tatobjekt und dem von Martin E***** an die Felix W***** KG verkauften Pistengerät außer acht gelassen. Dabei übergeht der Beschwerdeführer die ausführliche Beweiswürdigung des Erstgerichtes gerade zu diesem Streitpunkt (US 9 f), und übersieht, daß sich die Tatrichter mit der Glaubwürdigkeit des Zeugen Martin E***** - wenn auch an anderer Stelle - sehr wohl auseinandergesetzt, diese aber generell in Frage gestellt haben (vgl US 16 und 21).

Der Beschwerdeführer wendet weiters ein (Z 5), das Erstgericht habe das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 10.August 1990 (GZ 15 Cg 2/89-17 des Landesgerichtes Innsbruck) übergangen und überdies Angaben der Entscheidungsgründe aktenwidrig auf Urkunden aus diesem Zivilverfahren gestützt.

Wohl hat das Schöffengericht mehrfach auf Beilagen aus den Akten AZ 15 Cg 2/89 des Landesgerichtes Innsbruck (wie auch auf solche aus den Akten AZ 4 C 1072/88 s des Bezirksgerichtes Schwaz) Bezug genommen (zB US 4, 5 und 11), der Beschwerde zuwider aber auch auf die im Urteil vom 10.August 1990 dargelegten beweiswürdigenden Überlegungen des Oberlandesgerichtes Innsbruck zurückgegriffen (vgl US 11 f und 21). Weder bei den von den Tatrichtern herangezogenen, noch bei den vom Oberlandesgericht Innsbruck im Urteil vom 10.August 1990 zitierten Urkunden, so insbesondere den vom Angeklagten ausgestellten Rechnungen der B***** GmbH & Co KG, dem Vertrag über die Übertragung des vorbehaltenen Eigentums vom 7.Juni 1988, der Bestätigung des Dr.Reinhold G***** vom 7.Juni 1988 und der Widmungsurkunde der R***** reg GenmbH kann die Behauptung von Widersprüchen zwischen den Entscheidungsgründen und den ihnen zugrundegelegten Urkunden nachvollzogen werden (vgl ./1, ./II, ./G und ./C in 4 C 1072/88 s des Bezirksgerichtes Schwaz).

Mit dem in diesem Zusammenhang erhobenen Einwand, aus dem Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 10.August 1990, GZ 15 Cg 2/89-17 des Landesgerichtes Innsbruck, ergebe sich, daß lediglich Gerhard P***** gegenüber der R***** reg GenmbH verpflichtet gewesen sei, und daher nur Gerhard P***** das Pistenfahrzeug in Verwahrung hatte, bezieht sich der Beschwerdeführer offenkundig auf den (standardisierten - vgl ./G in 4 C 1072/88 s des Bezirksgerichtes Schwaz) Vertragstext vom 7.Juni 1988, in dem er als Verkäufer bestätigt, daß der Käufer (= Gerhard P*****) das von ihm gekaufte Pistengerät übernommen hat (US 5 f). Er übersieht dabei allerdings, daß das Erstgericht damit lediglich den (formalen) Inhalt der Vertragsvereinbarung wiedergegeben hat, ohne die tatsächlichen Besitzverhältnisse am Pistenfahrzeug festzustellen. Vielmehr lassen sich die mehrfachen Urteilskonstatierungen, wonach die R***** reg GenmbH dem Angeklagten das Pistengerät anvertraut hatte (Urteilstenor US 2, US 8, 14 und insb US 16), mit einem die wahren Besitzverhältnisse nicht wiedergebenden (formalen) Urkundeninhalt durchaus widerspruchslos in Einklang bringen, stellt doch das Erstgericht vom Angeklagten unbekämpft fest, daß er "vereinbarungsgemäß" Schlüssel (des Pistengerätes) bei der R*****kasse G***** deponierte, um solcherart zu bekunden, daß er das inkriminierte Fahrzeug für die R***** reg GenmbH als Vorbehaltseigentümerin "innehielt" (US 16 - vgl ./M in 4 C 1072/88 s des Bezirksgerichtes Schwaz).

Die bereits in der Mängelrüge erhobenen Einwände bringt der Beschwerdeführer auch im Rahmen einer nicht näher ausgeführten Tatsachenrüge (Z 5 a) vor, vermag aber damit sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen nicht zu erwecken.

Mit der Behauptung fehlender Sachverhaltsidentität macht der Beschwerdeführer geltend, daß durch die Verurteilung wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB anstelle des ihm in der Anklageschrift vom 5.September 1989 unter A/II vorgeworfenen Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB die Anklage überschritten worden sei (Z 8).

Auch dieser Einwand versagt, sind doch sowohl Tatort, Tatzeit, Tatobjekt als auch Geschädigte gleich, und auch die in der Anklage vorgeworfene Tathandlung, nämlich der Verkauf des Pistengerätes unter gleichzeitiger Täuschung des Martin E*****, stimmt mit der im Urteil angenommenen Zueignungshandlung in Form des Verkaufs dieses Fahrzeuges an die Martin E***** Nutzfahrzeughandel GmbH überein, sodaß ein einheitlicher Tatsachenkomplex vorliegt, den das Erstgericht unter Berücksichtigung erst in der Hauptverhandlung hervorgetretener Umstände abweichend von der Anklagebehörde nur rechtlich anders beurteilt hat (§ 262 StPO).

Im Rahmen der Rechtsrüge (Z 9 lit a) vertritt der Beschwerdeführer den Standpunkt, daß lediglich Gerhard P***** gegenüber der R***** reg GenmbH die Verpflichtung eingegangen sei, das Pistengerät zu verwahren, sodaß dieses Fahrzeug nur dem Käufer des Pistengerätes, nicht aber dem Angeklagten anvertraut gewesen sei.

Wenngleich - wie bereits ausgeführt - im Vertrag über die Übertragung des vorbehaltenen Eigentums vom 7.Juni 1988 der Angeklagte als Verkäufer bestätigte, daß der Käufer, also Gerhard P*****, das Pistenfahrzeug übernommen hat (US 5 f), so steht dem eine vom Schöffensenat angenommene konträre (spätere) Vereinbarung, wonach der Angeklagte als Verkäufer des Pistengerätes das Fahrzeug für die Vorbehaltseigentümerin R***** reg GenmbH innehatte (US 16), ebensowenig entgegen wie der tatsächlich (nach wie vor) bestehende Gewahrsam des Angeklagten am Fahrzeug. Das zeigt schon der Umstand, daß der Angeklagte "vereinbarungsgemäß" Schlüssel des an Gerhard P***** verkauften Pistengerätes bei der R*****kasse G***** als Vertreterin der Vorbehaltseigentümerin deponierte (US 16), sohin er (und nicht der Käufer der Pistenraupe) namens der Vorbehaltseigentümerin eine sachbezügliche Fürsorgepflicht hinsichtlich des weiterhin in seinem Gewahrsam befindlichen Gerätes ausübte. Damit war aber ihm das Pistenfahrzeug anvertraut im Sinne des § 133 StGB, mag es auch von Gerhard P***** mit Hilfe des Kreditinstitutes gekauft worden sein.

Entgegen den abschließenden Beschwerdeausführungen vermag der Umstand, daß dieses Pistengerät am 7.September 1988 vom Gelände der B***** GmbH & Co KG auf das Verkaufsareal der Martin E***** Nutzfahrzeughandel GmbH verbracht wurde, wo es sich auch noch im Zeitpunkt des Weiterverkaufs am 25.Oktober 1988 befand (US 7), an der Tatsache nichts zu ändern, daß dieses Fahrzeug dem Angeklagten nach wie vor anvertraut war, ergibt sich doch aus den Urteilsannahmen auch für die Zeit nach dem 7.September 1988 kein Anhaltspunkt dafür, daß der Beschwerdeführer den bis zu dem von ihm bewirkten (US 9) abermaligen Verkauf des Pistenfahrzeuges am 25.Oktober 1988 jedenfalls noch bestehenden Mitgewahrsam am Fahrzeug verloren hätte.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Unter Berücksichtigung der bereits in den beiden früheren Rechtsgängen rechtskräftig gewordenen Schuldsprüche wegen der Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 und § 15 StGB (Gesamtschadensbetrag 4,799.810 S, davon 947.910 S versucht - Tatzeiten im November 1987) und der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs 2 StGB (falscher Offenbarungseid - Tatzeit 14.April 1989) verhängte das Schöffengericht eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, wovon es einen Teil von 19 Monaten gemäß § 43 a Abs 3 StGB für eine Probezeit von zwei Jahren bedingt nachsah.

Dabei wertete es das Zusammentreffen von drei Verbrechen, die Wiederholung der Betrugshandlungen und die 10fache Verwirkung der Wertgrenze des § 147 Abs 3 StGB als erschwerend; als mildernd hingegen, daß es teilweise beim Versuch geblieben ist, die teilweise Schadensgutmachung (495.000 S), die - nach (erst während des Strafverfahrens erfolgter) Tilgung von Vorstrafen wiederhergestellte - Unbescholtenheit des Angeklagten, sowie daß er die Taten schon vor längerer Zeit begangen und sich seither wohlverhalten hat. Mit letzterem Argument und der langen Verfahrensdauer begründete das Erstgericht auch die bedingte Strafnachsicht.

Gegen diesen Strafausspruch richten sich beiderseits Berufungen. Der Angeklagte hat seine Berufung zwar in beachtlicher Weise (§ 294 Abs 2 StPO) angemeldet, aber nicht ausgeführt; die Staatsanwaltschaft begehrt die Erhöhung des Strafausmaßes unter Aufhebung des Ausspruches über die bedingte Nachsicht eines Teiles der Freiheitsstrafe.

Beide Berufungen sind unbegründet.

Für eine weitergehende Milderung der ausgesprochenen Sanktion besteht jedenfalls kein Anlaß.

Der Oberste Gerichtshof vermag sich aber auch der Argumentation der Staatsanwaltschaft nicht anzuschließen. Für die Strafbemessung ist nämlich keineswegs ausschlaggebend, daß der Angeklagte nach Tilgung seiner früheren Verurteilungen fortan - daher insbesondere zum maßgebenden Zeitpunkt des Strafausspruches - als gerichtlich unbescholten zu gelten hat (§ 1 Abs 4 TilgG). Das volle Gewicht des Milderungsgrundes nach § 34 Z 2 StGB käme ihm nämlich nur unter der weiteren Voraussetzung zugute, daß die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch gestanden wäre, was aber schon im Hinblick auf die hier aktuelle Verbrechenshäufung während eines Zeitraumes von eineinhalb Jahren zu verneinen ist. Auch dem ins Treffen geführten Erschwerungsgrund, daß der anzuwendende Strafsatz zweifach verwirkt worden ist, kommt hier nur marginale Bedeutung zu. Im gegebenen Fall ist vielmehr auch nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes das jahrelange Zurückliegen der Taten, das seitherige Wohlverhalten des Angeklagten und die (nicht von ihm zu vertretende) lange Verfahrensdauer entscheidend, weshalb der vom Schöffensenat gefundenen Strafsanktion kein solcher Ermessensfehler anhaftet, der zu einer Korrektur zwänge.

Der Ausspruch über die Kostenersatzpflicht des Angeklagten ist in § 390 a StPO begründet.

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