OGH 4Ob2240/96g

OGH4Ob2240/96g1.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf.Dr.Gamerith als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter sowie durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein *****, vertreten durch Dr. Bernhard Krause, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei D***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Norbert Nagele und andere Rechtsanwälte in Linz, infolge Revisionsrekurses des Klägers gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 2. Juli 1996, GZ 3 R 132/96v-8, mit dem der Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 15. Mai 1996, GZ 5 Cg 88/96-4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1. Die Revisionsrekursbeantwortung wird zurückgewiesen.

2. Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie insgesamt, einschließlich des bestätigten Teiles, wie folgt zu lauten haben:

"Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des Anspruches des Klägers auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen wird der Beklagten ab sofort untersagt, im geschäftlichen Verkehr beim Vertrieb der Tageszeitung "Oberösterreichische Nachrichten" für Abonnenten die Einräumung des Kaufes eines Alu Laserrades im Wert von S 13.990,-- (empf. Händler VP) um S 9.790,-- und/oder eines HT Scout-Rades im Wert von S 7.990,-- (empf. Händler VP) um S 4.890,-- anzukündigen oder anzubieten, wenn die Vergünstigung nicht davon abhängig gemacht wird, daß das Abonnement bereits besteht.

Das Mehrbegehren, der Beklagten zu untersagen, die Möglichkeit des Kaufes eines Gutscheines für 8 Gratis-Kleinanzeigen, 2 Farbfilme (inkl. Entwicklungsgutschein), Visitenkarten für Sie & Ihn, Autoaufkleber "Just married", die Veröffentlichung des Brautfotos in den Extranachrichten und in der OÖ Vision, dem Regional-TV Oberösterreich, und ein Umweltsparbuch der VKB-Bank im Wert von ÖS 300,--, sohin von Waren im Wert von zusammen ca. S 2.800,--, zu einem Zusatzpreis von lediglich S 399,-- bei der Bestellung eines Zweimonatsabo der Oberösterreichischen Nachrichten anzukündigen oder anzubieten, sowie das Mehrbegehren, der Beklagten ohne jede Einschränkung zu untersagen, für Abonnenten die Einräumung des Kaufes eines Alu Laserrades im Wert von S 13.990,-- (empf. Händler VP) um S 9.790,-- und/oder eines HT Scout-Rades im Wert von S 7.990,-- (empf. Händler VP) um S 4.890,-- anzukündigen oder anzubieten, werden abgewiesen.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit S 11.248,20 bestimmten anteiligen Äußerungskosten (darin S 1.874,70 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Der Kläger hat drei Viertel der Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen; ein Viertel hat er vorläufig selbst zu tragen.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit S 14.064,30 bestimmten anteiligen Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 2.344,05 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Vereinszweck des Klägers ist es (ua), unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen. Ihm gehören als Mitglieder ausschließlich Unternehmen an; unter seinen Mitgliedern sind Verlage, die Tageszeitungen und Monatsmagazine herausgeben.

Die Beklagte ist Medieninhaberin der Tageszeitung "Oberösterreichische Nachrichten". Auf Seite VII einer Beilage zur Ausgabe vom 14.3.1996 bot die Beklagte ein "OÖN Hochzeitspaket" an:

"Schenken Sie Ihren Lieben zum schönsten Tag im Leben das OÖN Hochzeitspaket.

Dieses Paket beinhaltet:

OÖN-Abo für zwei Monate (kann nicht auf bestehende Abos angerechnet werden)

Gutschein für 8 Gratis-Kleinanzeigen in den OÖ Nachrichten

2 Farbfilme (inkl. Entwicklungsgutschein) zum Festhalten des schönsten Tages

Visitenkarten für Sie & Ihn

Autoaufkleber "Just married"

Veröffentlichung des Brautfotos in den Extra-Nachrichten und in der OÖ Vision, dem Regional-TV Oberösterreichs

Umweltsparbuch der VKB-Bank im Wert von ÖS 300,--.

Dieses Paket im Wert von ÖS 3.000,-- gibt es für alle Leser und Abonnenten der OÖ. Nachrichten zum Superpreis von ÖS 599,--.

..."

Auf Seite X derselben Beilage werden in einem ganzseitigen Inserat verschiedene Waren unter "Abonnent exklusiv Das spezielle Angebot für Abonnenten der OÖ Nachrichten" angeboten. Darunter sind Mountainbikes um S 4.890,-- statt S 7.990,-- und um S 9.790,-- statt S 13.990,--. Im Inserat ist ein "Abonnent-exklusiv-Bestellschein" abgedruckt, auf dem die Abo-Nummer anzugeben ist. Zu den Mountainbikes wird im Bestellschein ausgeführt:

"Für Ihre Mountain-Bike-Bestellung erhalten Sie von uns einen Bezugsgutschein über S 3.100,-- bzw. ÖS 4.200,--, mit dem Sie Ihr Wunsch-Bike zum Abonnent-exklusiv-Sonderpreis bei einem der oben angeführten Heavy-Tools Vertragshändler erwerben können."

In einer Anfang März 1996 verteilten Werbeschrift hatte die Beklagte ein Kurzabonnement der "Oberösterreichischen Nachrichten" von acht Wochen um S 200,-- angeboten. Nach dem Bestellschein war mit dem Kurzabonnement die Berechtigung verbunden, alle Vorteile von "Abonnent-exklusiv" zu nützen.

Ein Jahresabonnement der "Oberösterreichischen Nachrichten" kostet bei einmaliger Zahlung S 1.980,--; bei monatlicher Zahlung zwölfmal S 185,--, das sind S 2.220,-- jährlich. Ein Abonnement kann mit einer Kündigungsfrist von 6 Wochen jederzeit zum Monatsletzten gekündigt werden.

Der Kläger begehrt zur Sicherung seines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr beim Vertrieb der Tageszeitung "Oberösterreichische Nachrichten"

1) die Möglichkeit des Kaufes eines Gutscheines für 8 Gratis-Kleinanzeigen, 2 Farbfilme (inkl. Entwicklungsgutschein), Visitenkarten für Sie & Ihn, Autoaufkleber "Just married", die Veröffentlichung des Brautfotos in den Extra-Nachrichten und der OÖ Vision, dem Regional-TV Oberösterreichs, und ein Umweltsparbuch der VKB-Bank im Wert von ÖS 300,--, sohin von Waren im Wert von zusammen ca. S 2.800,-- zu einem Zusatzpreis von lediglich S 399,-- bei der Bestellung eines Zweimonatsabo der Oberösterreichischen Nachrichten;

2) für Abonnenten die Einräumung des Kaufes eines Alu Laser-Rades im Wert von S 13.990,-- (empf. Händler VP) um S 9.790,-- und/oder eines HT Scout-Rades im Wert von S 7.990,-- (empf. Händler VP) um S 4.890,--,

anzukündigen oder anzubieten.

Die Aktionen der Beklagten verstießen insbesondere gegen §§ 1, 9a UWG. Beim Hochzeitsangebot betrage die Preisersparnis für die Zusatzleistungen das Zwölffache des Abonnementpreises, beim Fahrradangebot das Einundzwanzigfache. Dadurch werde ein stark übertriebener sittenwidriger Kaufanreiz ausgelöst; Neuabonnenten werde mit der Fahrradverbilligung eine Zugabe gewährt.

Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen.

Das Hochzeitsangebot sei kein Vorspannangebot. Die im Geschenkpaket zusammengefaßten Waren stünden nicht im Verhältnis von Hauptware und Nebenware. Das Anbot, Fahrräder billiger beziehen zu können, richte sich nur an Altabonnenten. Das zeige das Erfordernis, auf dem Bestellschein die Abonnementnummer anzuführen.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung.

Das Hochzeitsangebot werde zwar als Gesamtpaket angekündigt. Die zu dem Zwei-Monats-Abonnement angebotenen Leistungen seien aber Zugaben, weil die Beklagte gerade am Abschluß von Abonnementverträgen interessiert sei.

Das Fahrradangebot könne zwar nur von Abonnenten wahrgenommen werden; es sei aber geeignet, Nichtabonnenten zu veranlassen, einen Abonnementvertrag abzuschließen, um Fahrräder billiger kaufen zu können.

Das Rekursgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es den Sicherungsantrag abwies.

Die im Hochzeitspakt zusammengefaßten Waren stünden nicht im Verhältnis von Hauptsache und Zugabe. Von der Beklagten stamme nicht nur das Zwei-Monats-Abonnement der "Oberösterreichischen Nachrichten"; die Waren und Leistungen seien auch nicht willkürlich zusammengestellt. Das Hochzeitspaket sei weder eine unzulässige Zugabe noch ein sittenwidriges Vorspannangebot.

Dem Angebot "Abonnent-exklusiv" könne nicht entnommen werden, daß es nicht auch für Neuabonnenten gelte. Dennoch sei es nicht sittenwidrig. Wer nur ein Mountainbike preisgünstig erwerben wolle, werde nicht eine ihn nicht interessierende Tageszeitung abonnieren, die im Jahr S 1.980,-- oder S 2.220,-- koste. Er könnte sich für ein Zwei-Monats-Abonnement um S 200,-- entscheiden oder die Zeitung für monatlich S 185,-- für zwei Monate abonnieren. Ein solches Vorgehen brächte der Beklagten keinen Wettbe- werbsvorteil.

Gehe man davon aus, daß die Beklagte Abonnenten für längere Zeit gewinnen wolle, dann sei ein Jahresabonnement als Hauptware anzusehen. Daß aber jemand die "Oberösterreichischen Nachrichten" für ein Jahr abonniere, nur um Fahrräder billiger kaufen zu können, sei weder zu erwarten noch notwendig, um das Anbot nützen zu können. Die Preisersparnis sei auch nicht so groß, um einen Neu- oder Altabonnenten zu veranlassen, das Abonnement aus Dankbarkeit oder in der Hoffnung auf weitere Angebote länger als geplant aufrechtzuerhalten. Der empfohlene Verkaufspreis werde im Fahrradhandel im übrigen nur selten verlangt; die Fahrradangebote übten daher keinen sittenwidrigen Anlockeffekt aus.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs des Klägers ist zulässig; er ist auch teilweise berechtigt. Die Revisionsrekursbeantwortung ist verspätet. Die Rechtsmittelschrift wurde am 21.8.1996, und damit nach Ablauf der 14-tägigen Rechtsmittelfrist des § 402 Abs 3 EO, zur Post gegeben. Sie war daher zurückzuweisen.

Der Kläger ist der Auffassung, daß Hauptzweck und Hauptware des Hochzeitspaketes der Verkauf von Zwei-Monats-Abonnements sei. Die Betriebs- und Branchenfremdheit von Waren sei ein deutliches Indiz dafür, daß es sich um Vorspannwaren handle. Der verlangte Preis sei ein Scheinpreis; es werde ein stark übertriebener sittenwidriger Kaufanreiz ausgelöst. Der durch das Fahrradangebot eingeräumte Preisvorteil sei so groß, daß Konsumenten es sogar in Kauf nehmen würden, die Zeitung für ein Jahr zu bestellen und jeden Tag zu entsorgen. Umso mehr gelte dies für Kurzabonnenten. Altabonnenten würden veranlaßt, aus Dankbarkeit, aber auch in der Hoffnung auf weitere Angebote das Abonnement beizubehalten.

1. Zum Hochzeitspaket

Zugabe ist nach ständiger Rechtsprechung ein zusätzlicher Vorteil, der neben der Hauptware (Hauptleistung) ohne besondere Berechnung angekündigt wird, um den Absatz der Hauptware oder die Verwertung der Hauptleistung zu fördern. Dieser Vorteil muß mit der Hauptware (-leistung) in einem solchen Zusammenhang stehen, daß er objektiv geeignet ist, den Kunden in seinem Entschluß zum Erwerb der Hauptware (-leistung) zu beeinflussen, er muß also Werbe- oder Lockmittel sein.

§ 9a UWG verbietet Koppelungsge- schäfte nicht generell, sondern erfaßt sie nur dann, wenn sie der Verschleierung von Zugaben dienen. Wesentliche Voraussetzung für eine Zugabe im Sinne des § 9a UWG ist, daß die gekoppelten Waren im Verhältnis von Hauptsache und Zugabe stehen. Das trifft vor allem dann nicht zu, wenn etwa für Gesamtsachen oder Gegenstände, die nach der Verkehrsauffassung eine Einheit bilden und regelmäßig zusammen verkauft werden, ein einheitliches Entgelt berechnet wird. Ein zugabenrechtlicher Tatbestand liegt aber auch dann nicht vor, wenn zwei Hauptwaren oder -leistungen zu einem Gesamtpreis zusammen angeboten werden. Ob eine Werbeankündigung als das Angebot einer Wareneinheit, mehrerer Hauptwaren oder einer Haupt- und Nebenware aufzufassen ist, richtet sich nach der Verkehrsanschauung (stRsp ua ÖBl 1985, 108 - Fußball-EM-Aktion; ÖBl 1987, 103 - S 1,-- für jedes zweite Stück; ÖBl 1992, 56 - Super-T-Shirt; ÖBl 1994, 162 - Kostenlose Filmentwicklung, ÖBl 1995, 278 - Guten-Morgen-Service, jeweils mwN).

Wird in Kombinationsangeboten für die Nebenware(n) nur ein Scheinpreis verlangt und wird (werden) sie in Wahrheit unentgeltlich abgegeben, so liegt ein Zugabenverstoß vor; ist der Preis der Nebenware(n) kein bloßer Scheinpreis, so wird gegen § 1 UWG verstoßen, wenn der Gesamtpreis so niedrig ist, daß in den Augen der Konsumenten der auf die Nebenware entfallende Preis geeignet ist, zum Erwerb der Hauptware ohne jede sachliche Prüfung zu verleiten (ÖBl 1993, 234 - 777-Jubel-Abo).

Das Hochzeitspaket der Beklagten umfaßt Waren und Dienstleistungen, die für ein Brautpaar interessant sind, weil sie teils auf die Hochzeit, teils auf die Hausstandsgründung abgestellt sind. Keine der Waren und Leistungen hat gegenüber den anderen vorrangige Bedeutung, so daß es nicht möglich ist, sie in Haupt- und Nebenwaren (-leistungen) zu unterscheiden, wenn auch nicht verkannt wird, daß die Beklagte vor allem am Absatz ihrer Abonnements interessiert sein wird. Maßgebend sind aber nicht die Beweggründe der Beklagten, sondern es kommt darauf an, ob die Warenverbindung nach der Verkehrsanschauung im Verhältnis von Hauptware (-leistung) und Zugabe steht. Da dies nicht der Fall ist, kann dahingestellt bleiben, ob aus dem niedrigen Gesamtpreis abgeleitet werden könnte, daß für Nebenwaren ein Scheinpreis verlangt wird und sie in Wahrheit unentgeltlich abgegeben werden.

Mit dem Hochzeitspaket werden mehrere Hauptwaren zu einem Gesamtpreis angeboten. Daß dieser Gesamtpreis sehr günstig erscheint, mag zum Kauf des Hochzeitspaketes veranlassen; mit diesem Kaufanreiz wird, da er nicht zum Kauf einer anderen (Haupt-)Sache aus sachfremden Überlegungen verleitet, weder gegen § 9a UWG noch gegen § 1 UWG verstoßen.

2) zum Fahrradangebot

Die Beklagte hat ihr Fahrradangebot "Abonnenten" unterbreitet und nicht von der Bestellung eines Abonnements abhängig gemacht; sie hat es aber auch nicht dahin eingeschränkt, daß es nur für Altabonnenten gelte. Da somit sowohl Neu- als auch Altabonnenten die Vergünstigungen in Anspruch nehmen können, ist einerseits zu prüfen, ob die angekündigten Preisvorteile als sittenwidrige Wertreklame gegen § 1 UWG verstoßen, und andererseits, ob - bezogen auf Neuabonnenten - ein sittenwidriges Vorspannangebot vorliegt.

Während abhängige Vergünstigungen (zB Zugaben) in der Regel wettbewerbswidrig sind, ist das bei selbständigen Vergünstigungen nicht ohne weiters der Fall. Es müssen bestimmte Begleitumstände vorliegen, die das Unwerturteil begründen. Häufig wird es zu einem psychischen Kaufzwang kommen, der auf einem Gefühl der Dankbarkeit oder darauf beruht, daß es dem Beschenkten peinlich ist, nicht auch eine Ware zu kaufen. Wertreklame ist wettbewerbswidrig, wenn die sachfremden Einflüsse auf den Kaufentschluß des Umworbenen ein zu starkes Gewicht haben und die Werbung mit Vergünstigungen zu einem Ersatz für den Leistungswettbewerb wird. Werbung mit anreißerischen Mitteln ist wettbewerbswidrig, wenn die Ankündigung geeignet ist, den Kunden in einem derartigen Maß unsachlich zu beeinflussen, daß er seine Entscheidung nicht mehr nach Preiswürdigkeit und Qualität der Ware, sondern im Hinblick auf den ihm gewährten oder in Aussicht gestellten Vorteil trifft. Werbegeschenke, die den Rahmen des Üblichen überschreiten, können einen wettbewerbsfremden psychischen Kaufzwang auslösen (WBl 1995, 466 - Gratisflugreisen; ÖBl 1996, 38 - Städteflugreisen, jeweils mwN).

Altabonnenten der "Oberösterreichischen Nachrichten", die das Fahrradangebot in Anspruch nehmen, ersparen sich - je nachdem für welches Rad sie sich entscheiden - S 3.100,-- oder S 4.200,--, wenn sie das Rad andernfalls zum empfohlenen Verkaufspreis gekauft hätten. Die damit erlangte Vergünstigung ist nicht so hoch, daß sich Altabonnenten aus Dankbarkeit verpflichtet fühlen werden, ihr Abonnement aufrechtzuerhalten. Ebensowenig werden sie deshalb Abonnenten bleiben, weil sie auf weitere Vergünstigungen hoffen.

Das Rekursgericht hat die Wettbewerbswidrigkeit der Aktion daher insoweit zu Recht verneint. Nicht geteilt werden kann aber seine Auffassung, daß die Fahrradaktion auch insofern gesetzmäßig sei, als sie sich an Neuabonnenten richtet:

Der Werbeankündigung ist nicht zu entnehmen, daß nur Inhaber von Jahresabonnements dazu berechtigt sind, die Vergünstigungen in Anspruch zu nehmen. Ob die Beklagte die Bestellung von Jahresabonnements erreichen will, kann daher dahingestellt bleiben.

Maßgebend ist, wie attraktiv ihr Angebot einem Nichtabonnenten erscheint. Der Nichtabonnent wird dem von der Beklagten in Aussicht gestellten Preisvorteil jenen Aufwand gegenüberstellen, den er tätigen muß, um in den Genuß des Preisvorteils zu kommen. Das ist der Betrag, den er für ein Zwei-Monats-Abonnement aufzuwenden hat. Es ist dies der kürzeste Zeitraum, für den die Beklagte Abonnements anbietet; es ist auch gleichzeitig jener Zeitraum, den ein Abonnement läuft, wenn es zum frühest möglichen Termin gekündigt wird. Dem angekündigten Preisvorteil ist daher der Preis eines Zwei-Monats-Abonnements gegenüberzustellen, um beurteilen zu können, ob ein sittenwidriges Vorspannangebot vorliegt:

Ein Vorspannangebot ist ein Lockangebot besonderer Art, welches den Absatz einer marktüblich angebotenen Hauptware dadurch fördern soll, daß dem Kunden eine sehr preisgünstig erscheinende, meist branchen- oder betriebsfremde Nebenware angeboten wird, die er nur dann erwerben kann, wenn er auch die Hauptware kauft; ein solches Angebot verstößt gegen die guten Sitten, wenn der von ihm ausgehende (übersteigerte) Kaufanreiz so stark ist, daß er das Urteil des Kunden trüben und ihn aus sachfremden Gründen - nämlich allein deshalb, um die preisgünstige Nebenware erwerben zu können - zum Kauf der Hauptware bestimmen kann. Ein Vorspannangebot ist demnach nur dann unzulässig, wenn es geeignet ist, Verbraucher ohne jede sachliche Prüfung allein wegen der Möglichkeit, die Vorspannware zu einem Bruchteil des üblichen Preises zu erwerben, zum Kauf einer Hauptware zu verleiten, die sie sonst erfahrungsgemäß nicht gekauft hätten (stRsp ÖBl 1993, 73 - Badezimmerradio mwN; ÖBl 1993, 234 - 777-Jubel-Abo).

Stellt man dem Preis eines Zwei-Monats-Abonnements von S 200,-- oder dem Preis eines zwei Monate laufenden Abonnements von S 370,-- die angekündigte Preisersparnis von S 3.100,-- oder S 4.200,-- gegenüber, so wird ein nicht unbeträchtlicher Teil von Nichtabonnenten, die am Fahrradkauf interessiert sind, bereit sein, die Zeitung zu abonnieren, nur um in den Genuß der Vergünstigung zu kommen. Das muß selbst für jene angenommen werden, die an den "Oberösterreichischen Nachrichten" keinerlei Interesse haben, ist doch die finanzielle und auch die sonstige Belastung durch die Zeitung - sie muß schließlich entsorgt werden -, unverhältnismäßig geringer als der Preisvorteil.

Ob dies auch bei einem Jahresabonnement zu- trifft, kann dahingestellt bleiben. Die beanstandete Ankündigung ist schon deshalb wettbewerbswidrig, weil die Beklagte die Vergünstigung bereits dann gewährt, wenn auch nur ein Zwei-Monats-Abonnement bestellt wird.

Dem Revisionsrekurs war teilweise Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Klägers beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 43, 50 ZPO. Der Kläger hat beide Begehren gleich bewertet; er ist mit dem ersten Begehren zur Gänze, mit dem zweiten - mangels eines Anhaltspunktes für eine andere Bewertung - zur Hälfte unterlegen.

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