OGH 11Os143/96

OGH11Os143/961.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 1.Oktober 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Hager, Dr.Schindler, Dr.Mayrhofer und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Scholz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Manfred K***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 17. Juni 1996, GZ 12 Vr 1166/95-71, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Manfred K***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (I.) sowie der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (II.), der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (III.), der teils vollendeten, teils versuchten Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 15 StGB und der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er

I. am 18. November 1995 in F***** Michaela G***** mit schwerer, gegen sie gerichteter Gewalt und durch eine gegen sie gerichtete Drohung mit gegenwärtiger schwerer Gefahr für Leib und Leben zur Duldung des Beischlafes genötigt, indem er sie aufforderte, sich auszuziehen, wobei er ihr ein "Stanleymesser" mit ausgefahrener Klinge entgegenhielt, sich selbst auszog und ins Bett legte, sie aufforderte, sich zu ihm ins Bett zu legen, ihr das "Stanleymesser" mit der Klinge am Hals ansetzte und drohte, sie aufzustechen, ihre überkreuzten Beine auseinanderriß, sich auf sie legte, mit seinem erigierten Penis in ihre Scheide eindrang und bis zur Ejakulation an ihr den Geschlechtsverkehr vollzog, wobei er sie am Kopfhaar riß und ihr einige Haarbüschel ausriß;

II. am 13. und 14.November 1995 in Zeltweg Michaela G***** und Adolf K***** mit den gegenüber Michaela G***** geäußerten Worten: "Ich schieß euch allen beiden das Hirn heraus, ich werde ein Blutbad anrichten, das keiner begreift" bzw "Ich werde ein Blutbad anrichten" mit zumindest einer Verletzung am Körper gefährlich gedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen;

III. nachgenannte Personen vorsätzlich am Körper verletzt, und zwar:

1. in der Nacht zum 13. August 1995 in Zeltweg Franz C***** durch Faustschläge ins Gesicht, die eine Schädelprellung, einen Nasenbeinbruch mit Blutunterlaufung und Schwellung, eine Blutung unter die Augapfelbindehaut rechts, eine Rißquetschwunde am inneren Unterlidwinkel rechts mit traumatischer Verlegung des unteren Tränenweges zur Folge hatten;

2. am 18. November 1995 in Knittelfeld Michaela G*****, indem er sie an den Haaren packte, so die Straße entlang und in eine Telefonzelle zerrte, mehrmals mit der Faust gegen Gesicht und Körper der Genannten einschlug, daß sie auch zu Boden stürzte, sie würgte und gewaltsam ins Auto des Michael M***** stieß, was eine Schädelprellung, multiple Hautabschürfungen in der rechten Gesichtshälfte und an der Unterlippe, sowie stecknadelkopfgroße Hämatome im rechten Halsbereich zur Folge hatte;

IV. am 18.November 1995 mit Gewalt und durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper zu nachgenannten Handlungen und Unterlassungen genötigt bzw zu nötigen versucht, und zwar:

1. in Knittelfeld und Fohnsdorf durch die zu Punkt III/2 geschilderten Tathandlungen, sowie durch die Äußerungen, daß er sie umbringe, falls sie nicht mitfahre, und daß er ihr "die Pappn eintrete, wenn sie nicht zu schreien aufhöre", dazu, mit ihm mitzugehen, in den Pkw des Michael M***** einzusteigen, nach Fohnsdorf mitzufahren und in die Wohnung Lorenzistraße 9 mitzugehen, sowie dazu, von weiteren Hilferufen Abstand zu nehmen;

2. in Fohnsdorf durch die Äußerung: "Wenn du diesen Vorfall anzeigst, dann kommen deine Kinder dran", zur Abstandnahme von der Anzeigeerstattung wegen der zu Punkt I, III/2. und IV/1. geschilderten Tathandlungen, wobei es lediglich mangels Willensbeugung des Opfers beim Versuch blieb;

V. am 18.November 1995 in Knittelfeld und Fohnsdorf Michaela G***** durch die zu Punkt III) 2 geschilderten Tathandlungen und dadurch, daß er die Eingangstüre der Wohnung Lorenzistraße 9 in Fohnsdorf von innen versperrte und den Schlüssel abzog, einige Stunden widerrechtlich gefangen gehalten und ihr auf andere Weise die persönliche Freiheit entzogen.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen gerichteten, auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5 a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

In der Mängelrüge (Z 5) behauptet der Beschwerdeführer, die dem Schuldspruch zum Faktum II. des Urteilssatzes zugrundegelegte Feststellung, er habe am 13. November 1995 in Zeltweg Michaela G***** und Adolf K***** mit dem gegenüber Michaela G***** geäußerten Worten bedroht "Ich schieß euch allen beiden das Hirn heraus, ich werde ein Blutbad anrichten, daß keiner begreift", sei aktenwidrig. Die Zeugin Michaela G***** habe nämlich anläßlich ihrer Einvernahme in der Hauptverhandlung vom 1. April 1996 und ohne Widerspruch angegeben, daß die gegenständliche Drohung nicht am 13. November 1995, sondern erst am nächsten Tag ausgesprochen worden sei. Das Argument schlägt nicht durch. Der unter dem Gesichtspunkt eines Begründungsmangels nur einen formalen Vergleich gestattende Nichtigkeitsgrund in der Bedeutung einer Aktenwidrigkeit wird nämlich dann nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung gebracht, wenn - wie hier - behauptet wird, daß zwischen den vom Gericht getroffenen Tatsachenfeststellungen und den diesen zugrunde liegenden Beweisergebnissen ein Widerspruch bestehe. Die Richtigkeit der auf freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) beruhenden Schlüsse kann unter dem Gesichtspunkt einer Aktenwidrigkeit jedenfalls nicht in Frage gestellt werden (Mayerhofer/Rieder StPO3 Z 5 E 185 und E 191). Vorliegend konnten sich die Tatrichter auf die widerspruchsfreien Angaben der Zeugin Michaela G***** sowohl in der Hauptverhandlung als auch vor dem Untersuchungsrichter und der Gendarmerie stützen. Mit seinem Vorbringen übergeht der Beschwerdeführer zudem, daß das angefochtene Urteil ausdrücklich festhält, daß die Zeugin zwar in der Hauptverhandlung vom 1.April 1996 zunächst angegeben hat, der Angeklagte habe sie lediglich am 14. November 1995 bedroht, über Vorhalt ihrer anderslautenden Angaben vor der Gendarmerie und dem Untersuchungsrichter aber hinzufügte, "das (bei diesen Einvernahmen) sicherlich damals noch besser gewußt zu haben" (261/II). Es wird daher weder eine Aktenwidrigkeit aufgezeigt noch werden unter dem Gesichtspunkt der Tatsachenrüge (Z 5 a) erheblichen Bedenken gegen die erstrichterlichen Tatsachenfeststellungen geweckt. Das gilt gleichermaßen für die weiteren Ausführungen der Tatsachenrüge, weil mit der Behauptung, aus den Beweisergebnissen wären andere, für den Beschwerdeführer günstigere Schlußfolgerungen zu ziehen gewesen, in Wahrheit auf eine im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässige Weise die Beweiswürdigung der Erkenntnisrichter nach Art einer Schuldberufung bekämpft wird (NRsp 1994/176).

Das erkennende Gericht hat sich ohne Verletzung seiner Verpflichtung zur amtswegigen Wahrheitserforschung mit dem Ergebnis des Beweisverfahrens ausführlich auseinandergesetzt, ist damit seiner Begründungspflicht (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nachgekommen und hat auf der Basis richterlicher Beweiswürdigung (gemäß § 258 Abs 2 StPO) zu den dem Schuldspruch zugrundegelegten Tatsachenfest- stellungen gefunden.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO), woraus folgt, daß über die Berufungen der Gerichtshof zweiter Instanz zu befinden haben wird (§ 285 i StPO).

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