OGH 6Ob2020/96v

OGH6Ob2020/96v26.9.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Sicherungssache der gefährdeten Partei Zeljka F*****, vertreten durch Dr.Miran Zwitter, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider den Gegner der gefährdeten Partei Nikolaj F*****, vertreten durch Dr.Hans-Dieter Sereinig, Rechtsanwalt in Ferlach, wegen einstweiliger Verfügung, infolge Revisionsrekurses der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 6.Dezember 1995, GZ 4 R 550/95-11, womit infolge Rekurses des Gegners der gefährdeten Partei der Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 17.Oktober 1995, GZ 16 C 1747/95s-4, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluß des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, daß die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes in der Fassung des Beschlusses vom 17.10.1995 (ON 4) wiederhergestellt wird.

Die gefährdete Partei hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren vorläufig, der Antragsgegner endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit Antrag vom 8.9.1995 begehrte die gefährdete Partei die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit welcher dem Antragsgegner verboten werde, seine 40/9020 Anteile an der Liegenschaft EZ 3975 GB ***** B***** (B-LNr 29), mit welchen Anteilen Wohnungseigentum an der Wohnung ***** Wien, R*****, untrennbar verbundenen sei, zu veräußern oder zu belasten, sowie die bücherliche Anmerkung dieses Verbotes, wobei um den Vollzug das Bezirksgericht F***** als Grundbuchsgericht zu ersuchen sei. Die einstweilige Verfügung solle bis zur rechtskräftigen Beendigung eines Teilungsverfahrens der Parteien bzw bis 6 Monate danach bewilligt werden.

Die gefährdete Partei brachte dazu vor, ihre mit dem Antragsgegner am 7.9.1968 vor dem zuständigen Standesamt in L***** geschlossene Ehe sei vom Kreisgericht L***** am 21.6.1995 geschieden worden. Die Scheidung sei in Rechtskraft erwachsen. Nach slowenischem Recht stehe der gefährdeten Partei ein Anspruch auf Aufteilung des während aufrechter Ehe erworbenen Vermögens zu. Der Antragsgegner habe die oben angeführte Eigentumswohneinheit mit Kaufvertrag vom 19.8.1992, somit während aufrechter Ehe erworben. Die Antragstellerin habe erfahren, daß der Antragsgegner Rechtsanwalt Dr.Hans-Dieter Sereinig in Ferlach mit der Errichtung eines Kauf- bzw Übergabevertrages hinsichtlich der genannten Liegenschaftsanteile beauftragt habe. Es bestehe die Gefahr, daß dadurch die Verwirklichung des Aufteilungsanspruches der gefährdeten Partei vereitelt oder doch erheblich erschwert werde. Als Bescheinigungsmittel legte die gefährdete Partei eine von ihr selbst unterfertigte eidesstattliche Erklärung und eine Grundbuchabschrift vor, welche für die 40/1920 Miteigentumsanteile des Antragsgegners B-LNr 29 an der EZ 3975 KG ***** B***** erstellt wurde. Eine bücherliche Wohnungseigentumsbegründung an den genannten Liegenschaftsanteilen ist nach dem Inhalt dieser Buchabschrift und auch in der Folge noch nicht geschehen. Es sind nur Zusagen der Einräumung des Wohnungseigentumes gemäß § 24a WEG für einzelne Miteigentümer, nicht jedoch für den Antragsgegner angemerkt.

Mit Beschluß vom 13.9.1995 erließ das Erstgericht die begehrte einstweilige Verfügung (Verbot der Veräußerung und Belastung der 40/9020 Anteile verbunden mit dem Wohnungseigentum an der erwähnten Wohnung) ohne Anhörung des Gegners und ersuchte das Buchgericht um die bücherliche Anmerkung. Diese einstweilige Verfügung wurde für den Gegner der gefährdeten Partei postamtlich hinterlegt, der nicht behobene Rückscheinbrief kam mit dem Vermerk an das Erstgericht zurück, daß der Empfänger ortsabwesend sei. Das Buchgericht lehnte das Vollzugsersuchen mit der Begründung ab, der Anteil des Antragsgegners betrage 40/1920 und nicht, wie im Beschluß bezeichnet, 40/9020.

Am 16.10.1995 beantragte die gefährdete Partei, in ihrem Antrag vom 8.9.1995 und in der einstweiligen Verfügung vom 13.9.1995 (aufgrund eines phonetischen Übertragungsfehlers) unrichtig die mit 40/9020 bezeichneten Miteigentumsanteile auf richtig 40/1920 abzuändern und das Buchgericht neuerlich zu beauftragen, das Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der gefährdeten Partei anzumerken.

Mit Beschluß vom 17.10.1995 erließ das Erstgericht unter berichtigender Benennung der Liegenschaftsanteile des Antragsgegners in der EZ 3975 KG ***** B***** mit 40/1920 wiederum unter Anführung einer untrennbaren Verknüpfung dieser Anteile mit dem Wohnungseigentum an der Wohnung ***** Wien, R*****, neuerlich die einstweilige Verfügung, bezeichnete den Beschluß allerdings als Berichtigungsbeschluß.

Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs des Antragsgegners, der die Abweisung der berichtigten einstweiligen Verfügung begehrte, Folge und wies den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung in der berichtigten Form ab.

Auszugehen sei davon, daß beide Parteien offensichtlich slowenische Staatsbürger seien. Die gefährdete Partei habe in ihrer eidesstattlichen Erklärung, die als solche überhaupt noch kein ausreichendes Bescheinigungsmittel darstelle, ebenso wie in ihrem Antrag zum nachehelichen Teilungsanspruch nur behauptet, daß ihre Ehe mit dem Antragsgegner rechtskräftig geschieden worden sei, ihr nach slowenischem Recht ein nachehelicher Aufteilungsanspruch hinsichtlich des während aufrechter Ehe erworbenen Vermögens der Ehegatten zustehe und die in Rede stehende Eigentumswohnung vom Antragsgegner während der Ehe durch Kaufvertrag vom 19.8.1992 erworben worden sei. Damit sei in keiner Weise dargetan, daß es sich bei den Liegenschaftsanteilen des Antragsgegners tatsächlich um einen der Aufteilung zwischen Ehegatten unterliegenden Vermögenswert nach den maßgeblichen konkreten Rechtsvorschriften der slowenischen Rechtsordnung handle. Auch wenn man diese Normen von Amts wegen heranziehe, lasse sich ein Aufteilungsanspruch der gefährdeten Partei hinsichtlich der Liegenschaftsanteile des Gegners nicht ableiten. Nach Art 58 des slowenischen Gesetzes über die Ehe und die Familienbeziehungen vom 26.5.1976 werde nach Beendigung der Ehe nur das gemeinschaftliche Vermögen zwischen den Eheleuten geteilt. Gemeinschaftliches Vermögen sei nach der Begriffsbestimmung des Art 51 Abs 2 leg cit nur jenes Vermögen, welches die Ehegatten durch Arbeit während der Ehe erworben hätten. Im slowenischen Grundbuch sei ein solches gemeinschaftliches Vermögen der Ehegatten für sie beide ohne Bestimmung von Anteilen einzutragen (Art 55). Es sei daher im vorliegenden Fall nach der Aktenlage absolut nicht bescheinigt, daß die gefährdete Partei mit einem der slowenischen Rechtsordnung unterliegenden nachehelichen Vermögensaufteilungsanspruch auch die genannten, in Österreich verbücherten Liegenschaftsanteile des Antragsgegners erfassen könne. Es fehle daher an einer Anspruchsbescheinigung.

Die begehrte Sicherungsmaßnahme sei aber auch deshalb abzulehnen, weil der Antragsgegner nach dem Grundbuchsstand bislang nur schlichter Miteigentümer von 40/1920 Anteilen an der zitierten Liegenschaft sei, ein Wohnungseigentum in der Grundbucheinlage und im speziellen an dem genannten Anteil noch nicht verbüchert sei, die gefährdete Partei aber dessen ungeachtet die Erlassung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes hinsichtlich der Liegenschaftsanteile, mit welchen Wohnungseigentum an einer bestimmten Eigentumswohnung untrennbar verbunden sei, begehrt habe. Davon sei sie bis zuletzt, auch nicht im Rahmen ihres Berichtigungsantrages, nicht abgerückt. Die Benennung des Objektes der Sicherungsmaßnahme als Wohnungseigentumseinheit im Sinne des § 1 WEG sei gegenüber dem rechtlich noch ohne Wohnungseigentum eingetragenen ideellen Miteigentumsanteil an der Liegenschaft jedenfalls ein aliud. Diese Fehlbezeichnung stehe der Bewilligung der Sicherungsmaßnahme entgegen. Eine Umformulierung durch das Gericht würde eine unzulässige inhaltliche Veränderung des Antrages bedeuten. Im übrigen sei auch eine Berichtigung der zunächst mit unrichtigen Miteigentumsanteilen erlassenen einstweiligen Verfügung nicht statthaft, weil eine Entscheidungsberichtigung nach § 419 ZPO nur für Fehler des Gerichtes, nicht für solche der Parteien vorgesehen sei.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil den hier zu beurteilenden Rechtsfragen wegen der Beziehungen zu ausländischem Recht erhebliche Bedeutung zukomme und insbesondere die Frage vom Obersten Gerichtshof noch nicht behandelt worden sei, ob in der gewählten unrichtigen Benennung des Vermögensobjektes als Wohnungseigentum gegenüber schlichtem Miteigentum laut Grundbuchsstand ein aliud im Sinne des § 96 GBG zu erblicken sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der gefährdeten Partei ist zulässig und auch berechtigt.

Zweck und Inhalt einer einstweiligen Verfügung nach § 382 Abs 1 Z 8 lit c EO sind einerseits die einstweilige Regelung der Benützung und anderseits die einstweilige Sicherung der in die konkrete Aufteilungsmasse fallenden Vermögenswerte. Eine einstweilige Verfügung zur Sicherung eines Aufteilungsanspruches darf nach ständiger Rechtsprechung nur unter der Voraussetzung der Anspruchs- und Gefahrenbescheinigung bewilligt werden. Die gefährdete Partei hat daher im Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung den von ihr behaupteten Anspruch genau zu bezeichnen und die den Anspruch begründenden Tatsachen im einzelnen wahrheitsgemäß darzulegen (MietSlg 36.912 ua). Es muß zwar nicht ein Anspruch auf eine konkrete Art der Aufteilung behauptet und bescheinigt werden, wohl aber der Aufteilungsanspruch an sich und dessen Gefährdung.

Im vorliegenden Fall ist nach § 20 Abs 1 iVm § 18 Abs 1 IPRG ausländisches Recht anzuwenden. Das slowenische Gesetz über die Ehe und die Familienbeziehungen vom 26.5.1976 sieht in seinem Art 51 vor, daß Vermögen, welches einem Ehegatten im Zeitpunkt der Eheschließung gehört, sein Eigentum bleibt, über welches er selbständig verfügt. Das Vermögen, welches die Ehegatten durch Arbeit während der Dauer der Ehe erwerben, ist ihr gemeinschaftliches Vermögen. Wenn die Ehe beendet oder für ungültig erklärt wird, wird das gemeinschaftliche Vermögen geteilt (Art 58), wobei, wenn sich die Ehegatten über die Höhe der Anteile am gemeinschaftlichen Vermögen nicht einigen, über Antrag die Feststellung der Anteile am gemeinschaftlichen Vermögen durch das Gericht erfolgt (Art 60). Auch das slowenische Recht unterscheidet daher zwischen dem der Aufteilung unterliegenden, während der Dauer der Ehe erworbenen gemeinschaftlichen Vermögen, und dem davon nicht berührten Sondervermögen der Ehegatten, über das diese entweder schon zum Zeitpunkt der Eheschließung verfügten oder das während des Bestandes der Ehe auf andere Weise als durch Arbeit (etwa durch Erbschaft oder Schenkung) erlangt wurde (vgl Art 56 leg cit, welcher für Verbindlichkeiten, die ein Ehegatte vor der Eheschließung gehabt hat, und für Verbindlichkeiten, die er nach der Eheschließung übernimmt, dessen Haftung mit seinem Sondervermögen und mit seinem Anteil am gemeinschaftlichen Vermögen normiert). Die gefährdete Partei hat den nachehelichen Aufteilungsanspruch nach slowenischem Recht behauptet und den Erwerb der Miteigentumsanteile während aufrechter Ehe durch Vorlage eines Grundbuchsauszuges bescheinigt. Daß das Vermögen wegen Vorliegens eines Ausnahmetatbestandes nicht der Aufteilung unterliege, weil es etwa aus dem Antragsgegner ererbtem oder geschenktem Vermögen und nicht aus gemeinsamer Arbeit stamme, hat die gefährdete Partei als Negativum nicht zu bescheinigen. Solche Umstände wären vielmehr vom Gegner der gefährdeten Partei vorzubringen gewesen, um den Anspruch zu entkräften. Dieses ist ebensowenig geschehen wie eine Bestreitung der drohenden Gefahr der Veräußerung der Anteile.

Die unrichtige Bezeichnung der Miteigentumsanteile im Antrag als mit Wohnungseigentum an einer bestimmten Wohnung der Liegenschaft verbunden, ist kein Abweisungsgrund. Der Oberste Gerichtshof hat ausgesprochen (NZ 1993, 180), daß ein Grundbuchantrag nach § 85 GBG nur dann abgewiesen werden kann, wenn die Gefahr einer Verwechslung des Eintragungsobjektes oder einer Fehlinterpretation des Begehrens gegeben ist. Mangels der Möglichkeit von Zwischenerledigungen stellt es zwar grundsätzlich einen Abweisungsgrund dar, wenn die Grundbucheinlagen, in denen eine Grundbuchhandlung erfolgen soll, nicht so bezeichnet sind, wie sie im Grundbuch aufscheinen. § 85 iVm § 98 GBG lassen jedoch eine zweckorientierte Auslegung zu. Sie dienen der vom Rechtsverkehr vorausgesetzten besonderen Zuverlässigkeit und Übersichtlichkeit des Grundbuches und bieten daher dann keine Handhabe für die Abweisung eines Grundbuchsgesuches, wenn jegliche Gefahr einer Verwechslung des Eintragungsobjektes oder Fehlinterpretation des Begehrens auszuschließen ist. Die gefährdete Partei hat jene Miteigentumsanteile des Antragsgegners an einer bestimmten Einlagezahl, deren Veräußerung und Belastung verboten werden soll, sogar unter Anführung der laufenden Nummer bezeichnet. Aus den dort aufscheinenden Anmerkungen nach § 24 a WEG zugunsten anderer Miteigentümer ist erkennbar, daß Wohnungseigentum bereits in Vorbereitung war. Der Antrag läßt keinen Zweifel offen, daß es der Antragstellerin zur Sicherung ihrer behaupteten vermögensrechtlichen Ansprüche um die Anmerkung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes an den dem Antragsteller gehörenden Miteigentumsanteilen ging, unabhängig davon, ob mit diesen bereits zusätzlich das dingliche Recht, eine selbständige Wohnung oder eine sonstige Räumlichkeit ausschließlich zu nutzen und hierüber allein zu verfügen im Sinne des § 1 WEG schon verbunden war.

Das Erstgericht hat seinen Beschluß vom 17.10.1995 zwar damit begründet, daß der offensichtlich unterlaufene Hör- und Übertragungsfehler bei der Anzahl der Miteigentumsanteile "gemäß § 430 ZPO" über Antrag der Partei zu berichtigen gewesen sei, es hat aber den gesamten Wortlaut der einstweiligen Verfügung neu gefaßt und auch auf die Begründung in der ersten einstweiligen Verfügung verwiesen. Es kann daher, da ja die erste einstweilige Verfügung durch die Ablehnung des Vollzuges der Anmerkung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes seitens des Vollzugsgerichtes ins Leere gegangen war, davon ausgegangen werden, daß durch den Beschluß vom 17.10.1995 eine neue einstweilige Erfügung erlassen werden und ein neuerliches Vollzugsansuchen an das Buchgericht gerichtet werden sollte. Dieses hat die angeordnete Anmerkung am 20.11.1995 auch tatsächlich vollzogen. Im übrigen hat die gefährdete Partei einen Grundbuchauszug vorgelegt und die Miteigentumsanteile auch mit der laufenden B-LNr bezeichnet, sodaß auch eine Berichtigung möglich erscheint.

Der Revisionsrekurs erweist sich daher insgesamt als berechtigt.

Der Kostenausspruch beruht auf den §§ 393 bzw 402 und 78 EO sowie §§ 41 und 50 ZPO.

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