Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Leopold S***** des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten Unzucht mit Unmündigen nach §§ 207 Abs 1 und 15 StGB schuldig erkannt und zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er in Wien den am 23.November 1987 geborenen, sohin unmündigen Bernhard B***** auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht bzw dies versucht, indem er ab dem Jahre 1994 bis anfangs September 1995 mehrmals an ihm einen Oralverkehr durchführte bzw ihn zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt vor September 1995 aufforderte, an ihm einen Oralverkehr vorzunehmen.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO; den Strafausspruch ficht er mit Berufung an.
Die Nichtigkeitsbeschwerde versagt.
Als Begründungsmangel (Z 5) wird geltend gemacht, das Erstgericht habe das nach Auffassung des Beschwerdeführers entlastende Verfahrensergebnis unbeachtet gelassen, daß die Eltern des Buben meist zuhause waren, als das Kind und der Angeklagte schlafen gegangen sind.
Nach der Aktenlage nächtigten allerdings die Eltern einerseits und der Bub mit dem Angeklagten andererseits in verschiedenen Zimmern. Die gleichzeitige Anwesenheit der Eltern in der Wohnung schließt daher die Möglichkeit von Unzuchtshandlungen keineswegs aus, weshalb diese Umstände im Urteil nicht erörtert werden mußten.
Im übrigen hat der Vater des Kindes als Zeuge angegeben, daß der Angeklagte mit dem Buben mitunter auch alleine in der Wohnung war (S 175).
Dem (hier im Rahmen der Z 9 lit a erhobenen) Einwand, es lägen Feststellungsmängel vor, ist zunächst generell zu erwidern, daß unter solchen Mängeln des Urteils - dem Wesen eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes entsprechend - nur auf unrichtiger rechtlicher Beurteilung beruhende Lücken der Tatsachenfeststellungen zu verstehen sind, die die unmittelbare Anwendung des Gesetzes auf den solcherart nur unzureichend festgestellten Sachverhalt noch gar nicht zulassen.
Mit anderen Worten: Die Behauptung von Feststellungsmängeln muß sich systemgemäß auf das Vorbringen beschränken, es seien nicht alle für eine rechtsrichtige Beurteilung des Sachverhalts erforderlichen (nach den Verfahrensergebnissen aber indizierten) Tatsachen festgestellt worden, eine abschließende Subsumtion daher noch nicht möglich. Die Außerachtlassung von Verfahrensergebnissen, die für die Lösung der Beweisfrage von Bedeutung sein könnten, ist hingegen ausschließlich als formelle Nichtigkeit (Z 5 oder Z 5 a) zu rügen.
Demnach wird mit dem abermaligen Vorwurf, die Tatrichter hätten sich mit der Frage der Anwesenheit der Eltern in der Wohnung sowie damit auseinandersetzen müssen, daß der Unmündige "bereits sexuelle Spiele mit Tieren durchgeführt hat", und daß nach dem Gutachten des kinderpsychiatrischen Sachverständigen eine Fehlprojektion von anderweitig Erlebtem im allgemeinen nicht ausgeschlossen werden kann, der geltend gemachte materielle Nichtigkeitsgrund nicht prozeßordnungsgemäß zur Darstellung gebracht.
Im übrigen hat der Gutachter ausdrücklich erklärt, daß die behaupteten sexuellen Spiele mit Tieren kein Hinweis auf ein abartiges oder perverses Verhalten des Kindes sind (S 180), und unter Berücksichtigung aller Verfahrensergebnisse vom psychiatrischen Standpunkt aus keinen Anhaltspunkt für eine Beeinträchtigung der Aussagetüchtigkeit und Aussageehrlichkeit des Kindes erkennen können.
Damit erweisen sich aber die vorgebrachten Einwände als unzulässige und sohin nicht weiter beachtliche Kritik an der Beweiswürdigung des Schöffensenates.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als zum Teil offenbar unbegründet, im übrigen aber als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285 i StPO).
Der Ausspruch über die Kostenersatzpflicht des Angeklagten ist in § 390 a StPO begründet.
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