OGH 13Os121/96

OGH13Os121/9618.9.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. September 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel, Dr. Mayrhofer, Dr. Ebner und Dr. Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Klotzberg als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Franz K***** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 23. Februar 1996, GZ 12 b Vr 11456/95-97, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruches über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz K***** des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB (I.) und des Vergehens der fahrlässigen Krida nach §§ 159 Abs 1 Z 1 und 2, 161 Abs 1 StGB (II.) schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Mit seiner auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 5 a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde wendet sich der Angeklagte gegen den Schuldspruch zu I., womit ihm angelastet wird, im Jahre 1991 als faktischer Geschäftsführer einer GesmbH, die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich mißbraucht und dadurch dieser GesmbH einen Vermögensnachteil von zumindest 5,802.000 S durch Entnahme dieses Betrages aus dem Unternehmen, den er teils für eigene Zwecke verwendete, teils an einen (weiteren) Geschäftsführer des Unternehmens aushändigte, zugefügt zu haben.

Verfahrens- (Z 4) und Mängelrügen (Z 5) zielen darauf ab, daß der der GesmbH durch den Angeklagten zugefügte Vermögensnachteil nicht die urteilsmäßig festgestellte Summe sondern (nur) 2,552.000 S betrage. Sie berühren damit jedoch keinen entscheidungswesentlichen Umstand. Die im Fall der dem Angeklagten angelasteten Untreue - die als Mißbrauch der eingeräumten Vertretungsbefugnis nicht einzelne Akte (die keine gesondert zu betrachtende Taten darstellen) sondern die gesamte Geschäftstätigkeit umfaßt (s Mayerhofer/Rieder StGB4 § 28 Nr 54) - bedeutsame Schadensgrenze von 500.000 S wird selbst von der im Rechtsmittel eingeräumten Schadenshöhe um ein Mehrfaches überstiegen, der Verbrechenstatbestand ist also, legt man dem Schuldspruch auch das Beschwerdevorbringen zugrunde, in jedem Fall erfüllt (vgl Mayerhofer/Rieder StPO3 § 281 Z 9a Nr 3).

Die Verfahrensrüge releviert (unter anderem) die Abweisung des in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Beiziehung eines Bausachverständigen zum Beweis dafür, daß tatsächlich (wie nunmehr auch in der Beschwerde behauptet) ein Betrag von 3,250.000 S nicht der GesmbH entzogen sondern für Zwecke der Firma (durch Bezahlung an Schwarzarbeiter, S 245/V) und zur Erzielung der Eingänge aus den verschiedenen Bauvorhaben gedient habe (S 250/V). Das erfolgreiche Geltendmachen von Verfahrensrügen, die sich gegen die Abweisung von Beweisanträgen wenden, wie auch von Mängelrügen, setzt jedoch voraus, daß die Beschwerden entscheidungsrelevante Umstände betreffen. Entscheidende Bedeutung kommt aber nur solchen Tatsachen zu, die für das Erkenntnis in der Schuldfrage maßgebend sind und entweder auf die Unterstellung der Tat unter das Gesetz oder auf die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes Einfluß üben (EvBl 1972/17). Wird selbst unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens der strafsatzbegründende Schadensbetrag nicht unterschritten, dann vermag auch eine erfolgreiche Rüge keine Änderung an der Unterstellung der Tat unter das Gesetz und an der Wahl des anzuwendenden Strafsatzes herbeizuführen, weswegen die Beschwerde, weil Verteidigungsrechte des Angeklagten durch die Abweisung des Beweisantrages nicht verletzt worden sind, schon daran scheitern muß.

Die Verfahrensrüge wendet auch ein, der Angeklagte habe wegen Schwerhörigkeit der Hauptverhandlung nur teilweise folgen können, ein Antrag des Staatsanwaltes auf Überprüfung seiner Verhandlungsfähigkeit sei zu Unrecht abgewiesen worden. Damit verfehlt sie ihr Ziel sowohl formell als auch inhaltlich.

In der Hauptverhandlung hatte der Staatsanwalt die Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten beantragt, ohne daß sich der Verteidiger diesem Antrag angeschlossen oder dazu auch nur Stellung genommen hätte. Über Befragen durch den Vorsitzenden erklärte der Angeklagte dazu, er habe der Hauptverhandlung (in der er, ohne daß Verständigungsschwierigkeiten aufgetreten wären, immer wieder an ihn gerichtete Fragen und Vorhalte logisch und zielgerichtet beantwortete, siehe HV-Protokoll) folgen können, lediglich die Schlußvorträge von Staatsanwalt und Verteidigerin habe er nicht verstanden (S 251/V). Der vom Staatsanwalt gestellte Beweisantrag war daraufhin abgewiesen worden (S 252/V).

Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund liegt vor, wenn während der Hauptverhandlung über einen Antrag des Beschwerdeführers nicht erkannt worden ist oder wenn durch ein gegen seinen Antrag oder Widerspruch gefälltes Zwischenerkenntnis Verteidigungsrechte verletzt worden sind. Verfahrensrechtliche Voraussetzung für das Geltendmachen dieser Rüge ist somit immer ein entsprechender Antrag des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung, mangelt es wie vorliegendenfalls daran, so muß sie schon deswegen fehl gehen (Mayerhofer/Rieder, StPO3, § 281 Z 4 E 1, 4). Darüber hinaus geht aus dem über die Hauptverhandlung aufgenommenen Protokoll hervor, daß der Angeklagte auch durch eine Hörbehinderung nicht gehindert war, sich zweckentsprechend und zielgerichtet zu verteidigen und zu verantworten, weswegen die Verfahrensrüge auch inhaltlich ins Leere geht (s Mayerhofer/Rieder StPO3 § 134 Nr 1, 2).

Das im Nichtigkeitsverfahren erstmals vorgelegte Gutachten ist eine unzulässige Neuerung betreffend das erstinstanzliche Verfahren.

Wie bereits dargestellt betrifft die Mängelrüge in Bekämpfung eines die relevante strafrechtliche Schadenshöhe nicht tangierenden Umstandes keine entscheidungswesentliche Tatsache und geht deswegen fehl. Soweit sie behauptet, das Erstgericht habe sich zwar auf das eingeholte Gutachten des Buchsachverständigen gestützt, dieses aber in der Hauptverhandlung nicht verlesen und damit Verfahrensgrundsätze verletzt, geht sie an der Aktenlage vorbei, nach der der Sachverständige sein Gutachten in der Hauptverhandlung erläutert hat (S 243/V).

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) behauptet unter Zitierung von aus dem Zusammenhang gelösten Teilen der Verantwortung des Angeklagten, es lägen Gründe für erhebliche Bedenken gegen die Annahme eines wissentlichen Befugnismißbrauches durch den Angeklagten vor. Auch dies entspricht nicht der Aktenlage. Diesbezüglich konnte sich das Erstgericht auf das wiederholte, mit dem Gutachten des Buchsachverständigen in Einklang stehende (Teil-)Geständnis des Angeklagten stützen (S 233, 244, 250 und 251/V), dem es in freier Würdigung der Beweisergebnisse (§ 258 Abs 2 StPO) gefolgt ist. Die Beschwerde zeigt somit weder schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustandegekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung auf noch weist sie auf aktenkundige Beweisergebnisse hin, die nach den Denkgesetzen erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung entscheidungswesentlicher Tatsachen aufkommen ließen. Mit der bloßen Umdeutung der Verantwortung des Angeklagten in eine Bestreitung der subjektiven Tatseite (auch im Ausmaß des von ihm abgelegten Schuldbekenntnisses) wird der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nicht dargetan (Mayerhofer/Rieder, aaO, § 281 Z 5 a E 2 und 4).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als offenbar unbegründet bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO). Ihr Schicksal teilt auch die (angemeldete, jedoch unausgeführt gebliebene) Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld, weil gegen Entscheidungen des Schöffengerichtes ein solches Rechtsmittel nicht zusteht (§ 283 Abs 1 StPO).

Zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruches über die Strafe ist das Oberlandesgericht Wien zuständig (§ 285 i StPO).

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