OGH 14Os124/96

OGH14Os124/9617.9.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.September 1996 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schindler, Dr.Ebner, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Stitz als Schriftführer, in der Strafsache gegen Peter Paul F***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Klagenfurt vom 23.Mai 1996, GZ 12 Vr 816/95-114, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem (stimmeneinhelligen) Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Peter Paul F***** des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt und zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt, weil er am 29.September 1994 im Bereich St.Kanzian-Pribelsdorf die Melitta O***** nach Versetzen von Schlägen gegen den Kopf durch Würgen und Erdrosseln getötet hat.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen der Z 5 und 10 a des § 345 Abs 1 StPO, den Strafausspruch mit Berufung.

Die Verfahrensrüge (Z 5) versagt schon aus formellen Gründen. Denn der Antrag auf Vernehmung des Mario L***** und des Justizwachebeamten Gerhard S***** als Zeugen zum Beweis dafür, "daß der Angeklagte seinen Mithäftlingen niemals irgendetwas über das gegenständliche Strafverfahren erzählt hat" (S 143/III), hätte für die Beachtlichkeit des Beweisantrags über die bloße Behauptung hinaus, daß L***** ca einen Monat lang Mithäftling des Angeklagten und des Johann K***** war, der - sonst nicht einsichtigen - weiteren Begründung bedurft, warum die betreffenden Personen Wahrnehmungen gemacht haben sollten, wonach die vom Zeugen Johann K***** bekundeten Mitteilungen des Beschwerdeführers (S 147 f/III) auszuschließen wären. Der Angeklagte hat nämlich weder bestritten, mit K***** wesentlich länger als einen Monat eine Zelle geteilt zu haben noch jemals behauptet, von Gerhard S***** dauernd bewacht worden zu sein.

Das Vorbringen der Tatsachenrüge (Z 10 a), mit welchem der Beschwerdeführer aus der jeweils isolierten Bezugnahme auf einzelne Beweisergebnisse Zweifel an seiner Täterschaft aufzuzeigen versucht, erweist sich insgesamt als ungeeignet, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen zu erwecken.

Maßstab für die von diesem Nichtigkeitsgrund vorausgesetzten objektiv begründeten Zweifel ist allein der Akteninhalt. Der mehrfache Beschwerdehinweis auf die Niederschrift der Geschworenen, welcher die Funktion einer anfechtbaren Begründung des Wahrspruchs nicht zukommt (Foregger-Serini StPO6 Erl II zu § 331), versagt daher von vornherein. Im Lichte der gesamten Aktenlage vermag jedoch die im wesentlichen auf die bloße Wiederholung der leugnenden Verantwortung des Angeklagten gestützte Behauptung, aus den Angaben der Zeugen Elsa I***** (S 175 f/III), Veronika A***** (S 171/III) und Elisabeth L***** (S 87 f/III) lasse sich für den Schuldspruch nichts gewinnen, an dem - hinsichtlich Vorbereitung und Motiv der Tat - für den Beschwerdeführer nachteiligen Resultat dieser Aussagen auch dann nichts zu ändern, wenn dessen Erklärung für seine widersprüchliche Verantwortung berücksichtigt wird. Dies umso weniger, als die von Elisabeth L***** bekundeten Auffälligkeiten in der Buchhaltung des Cafe "S*****", das der Angeklagte während der Abwesenheit der Melitta O***** geführt hatte, nicht nur mit den Depositionen des ehemaligen Steuerberaters des Mordopfers, Helmut P***** (ON 56/I), sondern auch mit dem von Johann K***** berichteten Mordmotiv (S 147 f/III) im Einklang stehen. Die - von der Beschwerde im gegebenen Zusammenhang zur Gänze ignorierte - Aussage des zuletzt genannten Zeugen, deren Inhalt zudem in dessen laufend geführten Tagebucheintragungen dokumentiert ist (Beilage 2 zu ON 113/III), harmoniert wiederum in allen wesentlichen Details mit den Tatorterhebungen und dem Obduktionsgutachten (S 171 f/I). Sie enthält überdies sonst nicht aktenkundige Hinweise über die Mitwirkung des Bruders des Angeklagten, welche der Verantwortung des Beschwerdeführers, K***** habe sich seine Kenntnisse über den Mord allein durch Einsicht in die bei ihm befindlichen Aktenunterlagen verschafft, entgegenstehen.

Der Sachverständige Prim.Dr.Otto S***** hielt sein Gutachten zur Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten auch unter Ausklammerung der Zeugenaussagen von Gustav und Andrea F***** in vollem Umfang aufrecht (S 199 f/III iVm ON 42/I); es war daher im Gegensatz zur Beschwerdeargumentation auch uneingeschränkt verwertbar. Der Einwand, die Geschworenen hätten dem Wahrspruch allein das psychiatrische Gutachten des Sachverständigen Prim.Univ.Doz.Dr.Reinhard H***** (S 209 f/III iVm ON 110/II) zugrundelegen dürfen, welches - anders als der zuvor genannte Experte - die Ergebnisse der Vorstrafakten nicht verwertet hatte, ist als Angriff auf die gemäß Art 91 Abs 2 B-VG ausschließlich den Geschworenen zugewiesene Beweiswürdigung unbeachtlich. Im Rahmen der vom Gesetz eingeräumten Überprüfbarkeit des Wahrspruchs ist nämlich allein maßgebend, ob nach den Denkgesetzen oder allgemein menschlicher Erfahrung erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der im Wahrspruch zum Ausdruck kommenden Tatsachenfeststellungen bestehen. Derartige Zweifel haben sich insoweit nicht ergeben.

Ebensowenig Anlaß zu objektiv begründeten Bedenken bieten die Beschwerdeeinwände gegen das Gutachten des Sachverständigen Oswald St***** (S 213 f/III iVm ON 38, 55/I). Die Materialunterschiede zwischen dem am Tatort sichergestellten Herrenschuh und den vom Angeklagten stammenden Vergleichsschuhen hat dieser Sachverständige ohnedies berücksichtigt. Sie vermögen aber den Beschwerdeführer angesichts der evidenten und im Gutachten auch verwerteten Tatsache, daß Kunststoff - das Material des Befundobjektes - auch nach langer Einwirkung von Wasser nicht verändert wird und idente Merkmale daher umso aussagekräftiger sind (ON 38/I), keineswegs zu entlasten.

Daß die Laienrichter der vom Sachverständigen Ass.Prof.Dr.Peter R***** (S 235 f/III iVm ON 31/I) gemachten Einschränkung, wonach die an fünf von sieben untersuchten Haaren (sie waren in dem am Tatort sichergestellten Herrenschuh gefunden worden) nach der DNA-Analyse festgestellte Übereinstimmung mit den genetischen Merkmalen des Angeklagten auf 4,6 % aller Österreicher zutreffe, keine den Beschwerdeführer entlastende Wirkung zuerkannt haben, vermag die Unbedenklichkeit der Beweiswürdigung gleichfalls nicht in Frage zu stellen.

Dies gilt auch für den in der Beschwerde behaupteten - wegen des unterschiedlichen Vergleichsmaterials tatsächlich aber gar nicht bestehenden (S 235/III) - Widerspruch zwischen diesem Gutachten und jenem des Sachverständigen Dr.Steven R***** (S 221 f/III iVm ON 107/II) und das gegen die Richtigkeit des Schriftsachverständigengutachtens (S 195 f/III iVm S 141 f/II) ins Treffen geführte Argument einer bloß hohen Wahrscheinlichkeit, daß der Angeklagte Verfasser des aus dem Gefangenenhaus geschmuggelten anonymen Entlastungsschreibens ist (ON 68/I; vgl die Aussage des Zeugen Christian M***** - S 119 f/III). Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die Speichelspuren auf dem Briefumschlag erwiesenermaßen (ON 83/II) nicht vom Beschwerdeführer stammen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war mithin gemäß §§ 285 d Abs 1 Z 2, 344 StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Zur Entscheidung über die Berufung ist demnach das Oberlandesgericht Graz zuständig (§§ 285 i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390 a StPO.

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