OGH 3Ob24/95

OGH3Ob24/9510.9.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei R***** GesmbH in Liquidation, ***** vertreten durch Dr.Peter Krassnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die verpflichtete Partei Georg B*****, vertreten durch Dr.Gerhard Kochwalter, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Übergabe (Räumung), infolge Rekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 5.Jänner 1995, GZ 1 R 481/94-11, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 14.November 1994, GZ 24 C 89/93y (24 E 22/94b)-1, als nichtig aufgehoben und der Antrag der betreibenden Partei auf Bewilligung der Exekution zurückgewiesen wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben; der angefochtene Beschluß des Rekursgerichtes wird aufgehoben und der Exekutionsbewilligungsbeschluß des Erstgerichtes wird wiederhergestellt.

Die Kosten des Rekurses an den Obersten Gerichtshof werden mit S 3.755,68 (darin enthalten S 609,28 Umsatzsteuer) als weitere Exekutionskosten bestimmt.

Die von der verpflichteten Partei eingebrachte Rekursbeantwortung wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 29.4.1994, 24 C 89/93y-14, bestätigt mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom 9.9.1994, 1 R 262/94-21, wurde der nunmehrige Verpflichtete schuldig erkannt, der nunmehrigen betreibenden Gläubigerin den gesamten an das frühere Gebäude S***** 15 in E***** angebauten Neubau, angrenzend an die Toilettenanlage, und den Ausbau des Nebengebäudes S***** 15 a binnen 14 Tagen zu übergeben. Die außerordentliche Revision des nunmehrigen Verpflichteten wurde mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 21.12.1994, 7 Ob 1650/94-24, gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Das Erstgericht bewilligte aufgrund dieses Urteils die Exekution durch zwangsweise Übergabe (Räumung) dieser Liegenschaft sowie weiters die - zu 8 E 8492/94y des Erstgerichtes ausgeschiedene - Fahrnisexekution zur Hereinbringung der Kostenforderung des betreibenden Gläubigers.

Das Rekursgericht hob diesen Beschluß infolge Rekurses des Verpflichteten als nichtig auf und wies die Exekutionsanträge der betreibenden Gläubigerin zurück; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Rekurs an den Obersten Gerichtshof gemäß § 528 Abs 1 ZPO, § 78 EO zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der Frage fehle, ob der gemäß § 35 Abs 1 Z 6 GmbHG bestellte Vertreter der GmbH diese auch nach ihrer Auflösung im Liquidationsstadium vertreten könne oder ob die GmbH in Liquidation ausschließlich durch die Liquidatoren gesetzmäßig vertreten sei.

Das Rekursgericht stellte nach Einsichtnahme in den Firmenbuchakt der betreibenden Partei FN ***** des Landesgerichtes Klagenfurt fest:

Laut dem in Notariatsaktform errichteten Gesellschaftsvertrag vom 11.9.1989 beträgt das Stammkapital der Gesellschaft S 500.000, wovon (der nunmehrige Verpflichtete) Georg B***** S 390.000, Eduard W***** S 50.000 und Johann K***** S 60.000 übernommen hatten [Punkt 4.]). Gemäß Punkt 5.) dieses Gesellschaftsvertrages hat die Gesellschaft einen oder mehrere Geschäftsführer; Georg B***** und Eduard W***** wurden längstens für die Dauer ihrer Gesellschaftereigenschaft zu kollektiv zeichnungsberechtigten Geschäftsführern bestellt. Eine Bestimmung, laut welcher im Fall der Liquidation eine andere Person oder mehrere andere Personen zu Liquidatoren bestellt werden, enthält der Gesellschaftsvertrag nicht.

Mit Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 27.6.1994, 5 Nc 219/94-8, war der Antrag, über das Vermögen der R***** Gesellschaft mbH den Konkurs zu eröffnen, mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden. Das Landesgericht Klagenfurt verständigte das Firmenbuch hievon mit einer mit der Rechtskraftbestätigung vom 12.9.1994 versehenen Beschlußausfertigung.

Mit Beschluß vom 20.10.1994 wurden im Firmenbuch nachstehende Eintragungen bewilligt:

Löschung der Firma R***** Gesellschaft mbH; Eintragung der Firma R***** Gesellschaft mbH in Liquidation; Löschung der Geschäftsführerfunktion des Georg B***** und des Eduard W*****; Abwickler, Liquidator: Georg B***** und Eduard W*****; sie vertreten seit 12.9.1994 jeweils gemeinsam mit einem weiteren Liquidator.

Ein Gesellschafterbeschluß, mit dem andere als die Geschäftsführer zu Liquidatoren bestellt werden, ist ebensowenig ersichtlich wie eine Bestellung von Liquidatoren gemäß § 89 Abs 2 Satz 2 GmbHG.

In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, § 84 Abs 1 GmbHG lege die Gründe der Auflösung der GmbH fest. Gemäß § 1 Abs 1 AmtsLG werde eine GmbH unter anderem mit Rechtskraft des Beschlusses aufgelöst, durch den ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens mangels einer den Kosten des Verfahrens entsprechenden Konkursmasse abgewiesen werde. Nach Abs 2 dieser Bestimmung habe die Geschäftsstelle des Konkursgerichtes dem für die Führung des Firmenbuchs zuständigen Gericht eine beglaubigte Abschrift des den Eröffnungsantrag abweisenden Beschlusses mit einer Bescheinigung der Rechtskraft zu übersenden; die Auflösung sei von Amts wegen in das Firmenbuch einzutragen. Die Auflösung führe das Ende der GmbH regelmäßig nicht unmittelbar herbei, d.h. sie bewirke nicht gleichzeitig den juristischen Untergang der GmbH. Die aufgelöste GmbH bestehe auch nach ihrer Löschung im Firmenbuch fort, solange Gesellschaftsvermögen vorhanden sei. Die Rechtsbeziehungen der GmbH, ihrer Gesellschafter und Organe sowie die GmbH als Rechtssubjekt blieben bis zur vollständigen Abwicklung, Verteilung oder Übertragung des Vermögens bestehen. Gemäß § 89 Abs 1 GmbHG habe der Auflösung der Gesellschaft, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, die Liquidation zu folgen. Die Bestimmungen über die Liquidation gelangten gemäß § 94 Abs 1 GmbHG auch dann zur Anwendung, wenn die Auflösung ua durch Beschluß des Handelsgerichts erfolge. Nach § 89 Abs 2 Satz 1 GmbHG träten als Liquidatoren die Geschäftsführer ein, wenn nicht durch den Gesellschaftsvertrag oder durch einen Beschluß der Gesellschafter eine oder mehrere Personen dazu bestellt würden. Letzteres sei hier nicht der Fall. Die Rechte und Pflichten der Liquidatoren entsprächen in der Regel jenen der GmbH-Geschäftsführer, soweit das GmbHG nicht ausdrücklich etwas anderes vorsehe (§ 92 Abs 1 GmbHG). Die Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer als geborene Liquidatoren richte sich nach jener der Geschäftsführer; nach der gesetzlichen Regelung verträten mehrere Liquidatoren kollektiv (§ 90 Abs 1 GmbHG iVm § 150 Abs 1 HGB).

Der betreibenden Partei mangle es zwar aufgrund ihrer Auflösung nicht an der Parteifähigkeit, wohl aber an der gesetzlichen Vertretung. Als Vertreter der betreibenden Partei bei Stellung des Exekutionsantrags sei Rechtsanwalt Dr.Peter K***** aufgetreten. Er habe sich nicht auf eine ihm von der betreibenden Partei erteilte Vollmacht gemäß § 30 Abs 2 ZPO, § 78 EO berufen, sondern stütze seine Vertretungsbefugnis offenbar auf den Beschluß der außerordentlichen Generalversammlung der betreibenden Partei vom 10.4.1992 gemäß § 35 Abs 1 Z 6 GmbHG, gegenüber Georg B***** mit Klagsschritten auf Rechnungslegung, auf Zahlung, auf Zuhaltung des Mietvertrages, auf Zuhaltung des Gesellschaftsvertrages sowie auf Schadenersatz vorzugehen und Dr.Peter K***** zur Durchsetzung dieser und aller weiteren in diesem Zusammenhang stehenden Ansprüche zu beauftragen, wie dies aus den im Exekutionsantrag angeschlossenen Exekutionstiteln ersichtlich sei. Der Umstand, daß trotz der Auflösung die Rechtsbeziehungen der GmbH, ihrer Gesellschafter und Organe sowie die GmbH als Rechtssubjekt vorerst bestehen bleiben, ändere nichts daran, daß Rechtsanwalt Dr.Peter K***** die nunmehrige GmbH in Liquidation nicht gesetzmäßig vertreten könne, weil deren gesetzliche Vertretung allein den Liquidatoren zukomme.

Nach § 6 Abs 2 ZPO, § 78 EO habe das Gericht dann, wenn ua der Mangel der gesetzlichen Vertretung beseitigt werden könne, die hiezu erforderlichen Aufträge zu erteilen und zu ihrer Erfüllung von Amts wegen eine angemessene Frist zu bestimmen, bis zu deren fruchtlosem Ablauf der Ausspruch über die Rechtsfolgen des Mangels aufgeschoben bleibe. Könne dieser Mangel nicht oder nicht innerhalb der gesetzten Frist beseitigt werden, so habe das Gericht erster oder höherer Instanz, bei welchem die Rechtssache eben anhängig sei, die Nichtigkeit des von dem Mangel betroffenen Verfahrens durch Beschluß auszusprechen (§ 7 Abs 1 ZPO, § 78 EO). Ein Auftrag zur Beseitigung des Mangels im Sinn des § 6 Abs 2 ZPO, § 78 EO vor Beschlußfassung gemäß § 7 Abs 1 ZPO, § 78 EO habe dann zu unterbleiben, wenn seine Behebung von vornherein offenbar unmöglich sei. Die offensichtliche Unmöglichkeit der Beseitigung des Mangels der gesetzlichen Vertretung der betreibenden Partei sei hier von vornherein gegeben. Einer der beiden Liquidatoren, welche die betreibende Partei kollektiv zu vertreten hätten, sei der Verpflichtete, der zugleich Mehrheitsgesellschafter sei; er habe dadurch, daß er gegen den die Exekution bewilligenden Beschluß Rekurs erhebt, klar zu erkennen gegeben, daß er nicht bereit sei, die beantragte Exekutionsführung der betreibenden Partei zu genehmigen. Gemäß § 7 Abs 1 ZPO, § 78 EO sei daher ohne Auftragserteilung nach § 6 Abs 2 ZPO die Nichtigkeit des angefochtenen Beschlusses auszusprechen und der Exekutionsantrag, der ebenfalls mit dem Mangel der gesetzlichen Vertretung behaftet sei, zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der betreibenden Partei ist berechtigt.

Die betreibende Partei ist im Exekutionsverfahren von demjenigen Rechtsanwalt vertreten, der bereits im Verfahren zur Schaffung des Exekutionstitels als deren Vertreter aufgetreten war; er berief sich in der Klage gemäß § 30 Abs 2 ZPO auf die ihm erteilte Bevollmächtigung. Gemäß § 31 Abs 1 Z 3 ZPO ermächtigt die einem Rechtsanwalt erteilte Vollmacht zur Prozeßführung (Prozeßvollmacht) kraft Gesetzes ua zur Einleitung der Exekution wider den Prozeßgegner und zur Vornahme aller im Exekutionsverfahren auf Seiten des Exekutionsführers vorkommenden Handlungen. Die Prozeßvollmacht deckt nicht nur die Schaffung des Exekutionstitels, sondern auch dessen Durchsetzung. Deshalb werden auch die Anträge auf Bewilligung der Exekution gegen den Prozeßgegner und alle im Vollstreckungsverfahren durch die betreibende Partei erforderlichen Handlungen durch sie gedeckt, und zwar auch noch ein nach dem Tod der Partei gestellter Antrag auf Bewilligung der Exekution, jedoch nur vor Einantwortung und nur im Namen der Verlassenschaft (SZ 25/16; Fasching, Komm II, 269, 285). § 35 Abs 1 ZPO, wonach die Prozeßvollmacht weder durch den Tod des Vollmachtgebers noch durch eine Veränderung im Betreff seiner Prozeßfähigkeit oder seiner gesetzlichen Vertretung aufgehoben wird, ist auch auf den Fall der Auflösung der machtgebenden juristischen Person - jedenfalls wenn sie über Vermögen verfügt oder von ihr oder gegen sie vermögensrechtliche Ansprüche geltend gemacht werden können - anzuwenden (Fasching II 285 f; Fucik in Rechberger, ZPO, Rz 2 zu § 35). Durch die Auflösung der GmbH bleibt ihre Rechtssubjektivität unberührt (Koppensteiner GmbHG Rz 27 zu § 84); Rechtsverhältnisse (hier: Prozeßvollmacht), an denen die werbende Gesellschaft beteiligt war, bestehen weiter (Koppensteiner aaO mwN; Rasner in Rowedder GmbHG Rz 5 zu § 60).

Der Betreibendenvertreter konnte sich somit im Exekutionsverfahren auch nach Löschung der betreibenden Partei gemäß § 1 Abs 1 AmtsLG, die nicht unmittelbar das Ende der GmbH bewirkt, auf die ihm bereits im Prozeß erteilte Vollmacht berufen, die nach der Aktenlage von der betreibenden Partei nicht widerrufen wurde.

Da der vom Rekursgericht angenommene Mangel der gesetzlichen Vertretung nicht besteht, hat es bei der Bewilligung der Exekution zu verbleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 74 EO.

Die vom Verpflichteten eingebrachte Rekursbeantwortung war zurückzuweisen, weil kein Fall eines zweiseitigen Rekurses vorliegt (§ 65 Abs 1, § 78 EO, § 521 a ZPO).

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