OGH 8ObA2216/96g

OGH8ObA2216/96g29.8.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag und Dr. Adamovic sowie die fachkundigen Laienrichter Werner Jeitschko und Alfred Klair als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Viktor D*****, Angestellter, Salzburg, ***** vertreten durch Dr. Hans Werner M*****, Kammer für Arbeiter und Angestellte für Salzburg, ***** dieser vertreten durch Dr. Peter Cardona, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei B***** AG, ***** vertreten durch Dr. Nikolaus Topic-Matutin, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 69.335,98 S brutto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30. Mai 1996, GZ 11 Ra 64/96b-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 23. Oktober 1995, GZ 18 Cga 125/95-10, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.871,04 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 811,84 Umsatzsteuer) binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Begründung des Berufungsgerichtes, die voraussichtliche Ausführungsdauer des dem Kläger erteilten Fahrauftrages hätte die höchstzulässige Arbeitszeit für diesen Tag überschritten, weshalb seine Weigerung, den Auftrag auszuführen, einen Entlassungstatbestand nicht erfülle, ist zutreffend (§ 48 ASGG).

Den Revisionsausführungen ist entgegenzuhalten:

Der Zweck der Arbeitspausen ist die Erholung des Arbeitnehmers; eine solche ist nur dann gewährleistet, wenn diese Pausen im voraus, spätestens bei ihrem Beginn, umfangmäßig feststehen (Grillberger, AZG, 35; ähnlich Cerny AZR, 33). Die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes, der Kläger habe während der Reparatur seines LKW zwischen 7 und 10,30 Uhr eine einstündige Ruhepause nehmen können, ist durch die Feststellungen nicht gedeckt. Die Reparatur des um 7 Uhr in die Werkstatt gebrachten LKW dauerte bis 10,30 Uhr, ohne daß festgestellt wurde, auf Grund welcher Umstände dem Kläger schon im voraus bekannt gewesen wäre, daß die Reparatur jedenfalls bis 10,30 Uhr dauern und seine Anwesenheit dabei keinesfalls erforderlich sein werde. Ohne Kenntnis der Umstände, die dem Arbeitnehmer eine im voraus geplante Erholungsmöglichkeit boten, lag nicht eine Arbeitspause, sondern nur ein Warten auf den jederzeit möglichen Wiederbeginn der Arbeit (hier: Rückfahrt mit dem repararierten LKW) und somit eine Arbeitsbereitschaft vor.

Von dem Erfordernis der "wachen Achtsamkeit" als Kriterium der Arbeitsbereitschaft ist die Rechtsprechung inzwischen abgegangen (Arb

11.220 = EvBl 1995/60, 309 = RdW 1995, 67 = ecolex 1994, 780 = ind 2268). Nach den Feststellungen über die tatsächliche Fahrzeit des LKW-Lenkers, der den vom Kläger abgelehnten Transportauftrag übernommen und durchgeführt hatte, hat sich die Prognose des Klägers, die aufgetragene Fahrt lasse sich nicht ohne unzulässige Überstunden bewältigen, als zutreffend erwiesen.

Langwierige Diskussionen mit Arbeitnehmern über die rechtliche Zulässigkeit von Arbeitsaufträgen werden einem Arbeitgeber zwar nicht zugemutet; bei rechtlichen Zweifeln über die Zulässigkeit des zeitlichen Umfanges von Arbeitsaufträgen (bzw der zweckmäßigen Routenwahl) ist der Entlassungsgrund nach § 27 Z 4 dritter Tatbestand AngG hinsichtlich der "durch den Gegenstand der Dienstleistung gerechtfertigten Anordnungen" des Arbeitgebers aber nicht mit der hiefür gebotenen Gewißheit gegeben (vgl zur undurchführbaren bzw zweifelhaften Weisung Arb 9.941), zumal allein auch ein bloßer Verdacht (Vermutung) eine Entlassung grundsätzlich nicht rechtfertigt (Arb 11.137).

Das Berufungsgericht hat das Arbeitszeitgesetz auch keineswegs "überinterpretiert"; zur Vorwegnahme von allenfalls von Arbeitgeberinteressenvertretungen gewünschten Änderungen des Gesetzes (erhöhte Flexibilisierung) ist das an das derzeit geltende Gesetz gebundene Gericht nicht befugt.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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