OGH 5Ob2258/96m

OGH5Ob2258/96m28.8.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Benjamin S*****, Kaufmann, ***** vertreten durch Dr.Daniel Charim, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin B***** Handelsgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Wolfgang Kainz, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 21.Feber 1995, GZ 49 R 443/94-29, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 27.September 1994, GZ 47 Msch 59/94s-25, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die B***** Handelsgesellschaft mbH (im folgenden "Uhren-Gesellschaft" genannt) hatte im Jahre 1974 das Geschäftslokal top Nr 9a im Hause ***** um einen monatlichen Hauptmietzins von S 2.500 zuzüglich Umsatzsteuer und Betriebskosten, die monatlich höchstens S 2.490 betrugen, auf unbestimmte Zeit gemietet. Ihr war auch ein "Weiterverkaufsrecht" sowie das Recht der Untervermietung (ohne Branchenbindung) oder Verpachtung eingeräumt worden.

Im Jahre 1978 schloß die Uhren-Gesellschaft mit dem Antragsteller einen Untermietvertrag. Der Untermietzins betrug zunächst monatlich S 22.000 (einschließlich Umsatzsteuer), ab Juli 1990 S 14.850.

Das Geschäftslokal hat eine Nutzfläche von 25,08 m2; der angemessene Hauptmietzins würde S 24.100 betragen.

Am 11.3.1980 schlossen der Antragsteller und die Uhren-Gesellschaft eine Vereinbarung betreffend einvernehmliche Neufestsetzung des Untermietzinses mit S 13.500 zuzüglich Umsatzsteuer (pro Monat), worauf der Antragsteller den zuvor schon bei der Schlichtungsstelle gestellten Antrag zurückzog.

In einem weiteren, die Höhe des Untermietzinses betreffenden Verfahren (47 Msch 34/89 des LGZ Wien) wurde der zulässige Untermietzins mit monatlich S 2.500 zuzüglich Umsatzsteuer und Betriebskosten (für die Jahre 1984 bis 1987) festgestellt. Die Uhren-Gesellschaft war daher an der Aufrechterhaltung des Hauptmietzinsverhältnisses nicht mehr interessiert.

In der Folge wurde das Hauptmietverhältnis der Uhren-Gesellschaft mit dem Hauseigentümer (gegen Ablösezahlung von S 1,000.000) aufgelöst und ein Hauptmietvertrag zwischen dem Hauseigentümer und der Antragsgegnerin unter Wahrung der Rechte des Antragstellers als Untermieter abgeschlossen. Der Hauptmietzins betrug S 12.000 zuzüglich Umsatzsteuer und Betriebskosten. Die Antragsgegnerin hatte ein dringendes wirtschaftliches Interesse daran, in Zukunft die Hauptmietrechte tatsächlich ausüben und dadurch ihre geschäftliche Situation gegenüber dem für den Kundenverkehr ungünstigen Lokal mit Hoflage verbessern zu können. Darauf konnte die Antragsgegnerin umso mehr hoffen, als der Antragsteller zu erkennen gegeben hatte, er sei gegen Bezahlung von mehreren Millionen Schilling zur Aufgabe der Mietrechte bereit.

Die Antragsgegnerin anerkannte den Antragsteller weiterhin ab 1.1.1991 als Untermieter mit denselben Rechten und Pflichten wie vorher.

Von ihrem Weitergaberecht hatte die Uhren-Gesellschaft keinen Gebrauch gemacht, weil sie fürchtete, im Falle der Ablösezahlung durch die Antragsgegnerin als neuer Mieterin einem Rückzahlungsbegehren ausgesetzt zu sein.

Der Antragsteller zahlte von Jänner 1991 bis Mai 1991 den ihm pro Monat vorgeschriebenen Untermietzins von S 14.850.

Der Antragsteller begehrt - nach vorausgegangenem Verfahren vor der Schlichtungsstelle (Antrag vom 10.7.1991) - die Feststellung des zulässigen Untermietzinses für die Zeit von Jänner 1991 bis Mai 1991 mit monatlich S 4.990, ausgehend von dem Hauptmietzins, den die Uhren-Gesellschaft zu zahlen verpflichtet war, und die Rückzahlung der Überschreitungsbeträge.

Die Antragsgegnerin wendet ein, mit 1.1.1991 sei mit der Beendigung des Hauptmietverhältnisses (zwischen Hauseigentümer und Uhren-Gesellschaft) und der Neubegründung eines Hauptmietverhältnisses (zwischen dem Hauseigentümer und ihr) auch ein neues Untermietverhältnis entstanden, für das insbesondere § 26 MRG maßgebend sei. Überdies liege ein zulässigerweise frei vereinbarter Mietzins vor (Vereinbarung vom 11.3.1980 vor der Schlichtungsstelle).

Das Erstgericht verneinte die Überschreitung des zulässigen Untermietzinsausmaßes durch Vorschreibung von S 14.850 pro Monat von Jänner 1991 bis Mai 1991 (Punkt 1.), wies das Rückzahlungsbegehren ab (Punkt 2.) und stellte die Höhe des gesetzlich zulässigen Untermietzinses für den genannten Zeitraum mit monatlich S 17.388 fest (Punkt 3.). Es sei davon auszugehen, die Untermietrechte des Antragstellers gründeten sich auf einen Mietvertrag, so daß nicht mehr der ursprünglich zulässige Mietzins nach § 14 MG, sondern der gemäß § 26 MRG im Entscheidungszeitraum zulässige Mietzins vorzuschreiben sei. Überdies könne der Antragsteller nur die Überprüfung künftiger Beträge gemäß § 26 MRG begehren.

Das Rekursgericht änderte den Sachbeschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß es

1. feststellte, die Antragsgegnerin habe als Untervermieterin gegenüber dem Antragsteller das gesetzlich zulässige Zinsausmaß durch Vorschreibung eines monatlichen Untermietzinses von S 14.850 anstatt

S 5.489 von Jänner 1991 bis Mai 1991 um monatlich S 9.361 (inklusive Umsatzsteuer) überschritten, und

2. der Antragsgegnerin die Rückzahlung von S 46.805 samt 4 % Zinsen seit 20.12.1991 binnen 14 Tagen auftrug.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Ausgehend von den eingangs wiedergegebenen, schon im Rekursverfahren unbekämpft gebliebenen Feststellungen führte das Rekursgericht rechtlich im wesentlichen folgendes aus:

Das Untermietverhältnis erlösche nicht mit Ende des Hauptmietverhältnisses (JBl 1994, 826; 6 Ob 524/91 und 8 Ob 546/91), weil bei Unterbestandverhältnissen § 1120 ABGB analog auf den Eintritt eines neuen Hauptbestandnehmers in ein bestehendes Bestandverhältnis anzuwenden sei, etwa bei Übergang der Mietrechte nach § 12 Abs 3 MRG oder im Falle eines Wohnungstausches (Würth in Rummel, ABGB2, Rz 3 zu § 1120). Dies gelte auch, wenn ein neuer Hauptmieter an die Stelle des bisherigen in den Mietvertrag eintrete, und zwar selbst dann, wenn der bisherige Hauptmieter einem anderen das Mietobjekt überlasse und dieser dadurch neuer Mieter werden könne, nicht jedoch der Weg der Übertragung der Mietrechte gewählt werde, sondern der bisherige Hauptmietvertrag einverständlich aufgelöst und ein neuer abgeschlossen werde (vgl MietSlg 17.232). Der eintretende Hauptmieter habe von Gesetzes wegen die gleichen Rechte und Pflichten wie sein Rechtsvorgänger gegenüber dem Untermieter (Würth, aaO, Rz 5), ohne daß er dies auf irgendeine Weise ausschließen könnte. Der nunmehrige Hauptmieter sei daher an die Untermietzinsvereinbarung zwischen dem Antragsteller und der früheren Hauptmieterin gebunden. Der damals vereinbarte Untermietzins von S 20.000 bzw S 13.500 sei jedoch gemäß § 14 Abs 1 MG insoweit unwirksam, als der vereinbarte Untermietzins den von der Untervermieterin zu entrichtenden Mietzins überstiegen habe (5 Ob 1075/92).

Demnach errechne sich gemäß § 14 MG der zulässige Untermietzins aus dem früheren Nettohauptmietzins von S 2.500 zuzüglich Betriebskosten im Entscheidungszeitraum von S 2.490 und 10 % Umsatzsteuer (S 499), insgesamt daher mit S 5.489.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil das Rekursgericht in der wesentlichen Frage der Anwendung des § 1120 ABGB auf Untermietverhältnisse bei Abschluß eines neuen Hauptmietvertrages der Rechtsprechung des OGH gefolgt sei.

Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegnerin mit dem Antrag, diesen dahin abzuändern, daß der Sachbeschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt werde; hilfsweise wurde ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Antragsteller begehrt in der ihm freigestellten Beantwortung des Revisionsrekurses, diesem nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

a) Zur Zulässigkeit:

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil zur entscheidungswesentlichen Frage der analogen Anwendbarkeit des § 1220 ABGB auf Untermietverhältnisse bei Neuabschluß eines Hauptmietvertrages (ohne Rechtsnachfolge im engeren Sinn im Gegensatz zur bloßen zeitlichen Nachfolge) eine gesicherte und unbestrittene Rechtsprechung fehlt.

b) Zur Sachentscheidung:

Die Antragsgegnerin macht als unrichtige rechtliche Beurteilung durch das Rekursgericht die analoge Anwendung des § 1120 ABGB auf das vorliegende Unterbestandverhältnis sowie die Nichtanwendung des § 26 Abs 2 MRG (in der Fassung vor dem 3.WÄG) geltend.

Dazu ist wie folgt Stellung zu nehmen:

Richtig ist, daß die Rechtsprechung die analoge Anwendung des § 1120 ABGB auf Unterbestandverhältnisse grundsätzlich dann zuläßt, wenn ein neuer Hauptbestandnehmer in ein bestehendes Bestandverhältnis (als Rechtsnachfolger) eintritt, nicht aber bei Abschluß eines vom früheren unabhängigen Hauptmietvertrages (Würth in Rummel, ABGB2, Rz 3 zu § 1120 unter Hinweis auf MietSlg 38.193 [Rechtsnachfolge nach § 12 MRG] und SZ 26/80; EvBl 1957/170 [Wohnungstausch]). Diesem auf Rechtsnachfolge beruhenden Grundsatz entspricht auch die analoge Anwendung des § 1120 ABGB auf Unterbestandverhältnisse dann, wenn zwar materiell eine Überlassung des Bestandgegenstandes vom bisherigen Hauptmieter an einen anderen gegeben war, diese jedoch nicht im Wege der Übertragung der Mietrechte geschah, sondern in die Form der Auflösung des bisherigen Hauptmietvertrages und Abschluß eines neuen gekleidet wurde (MietSlg 17.232). In der Lehre (Würth, aaO) wurde diese Vorgangsweise allerdings nur dann gebilligt, wenn ein Fall des § 916 ABGB (Scheingeschäft) gegeben war.

In der hier zu beurteilenden Rechtssache liegt zwar kein Scheingeschäft zwischen dem Hauseigentümer und dem neuen Hauptmieter vor, doch ist ein der Entscheidung MietSlg 17.232 vergleichbarer Fall schon deswegen gegeben, weil der Hauseigentümer den neuen Mietvertrag unter Wahrung der Rechte des Untermieters (siehe Beilagen A und 6) abgeschlossen hat. Eine solche Vorgangsweise kann dem Hauseigentümer nicht verwehrt werden (vgl 3 Ob 554/94 = EWr III/1445 A/5 ff). Daraus folgt, daß der neue Hauptmieter das bestehende Untermietverhältnis fortsetzt, also das Vertragsverhältnis mit dem ursprünglichen Inhalt gegen sich gelten lassen muß; die materiellrechtlichen Bestimmungen des § 14 MG sind daher weiterhin für die Beurteilung der zulässigen Höhe des Untermietzinses mit der Rechtsfolge anzuwenden, daß die in der Verletzung der Bestimmung des § 14 MG gelegene Teilnichtigkeit der Zinsvereinbarung auch rückwirkend geltend gemacht werden kann (MietSlg 39.387 und 39.388), wogegen § 26 MRG nur auf Untermietzinse anzuwenden ist, die erst nach dem 31.12.1981 vereinbart wurden (Würth in Rummel, ABGB2, Rz 1 zu § 26 MRG unter Hinweis auf MietSlg 36.387). Die in § 26 MRG enthaltene, von § 14 MG abweichende Vorschrift über die Mietzinshöhe und die darin normierte bloße Möglichkeit der Herabsetzung für die Zukunft gelten insgesamt gemäß § 43 Abs 2 MRG, der die Weitergeltung des alten Rechtes auf rechtsunwirksame Vereinbarungen vorsieht, nur für nach Inkrafttreten des MRG abgeschlossene Untermietzinsvereinbarungen. Eine solche Weitergeltung des § 14 MG erfordert aber, daß dieser Gesetzesbestimmung widersprechende Zinsvereinbarungen unter dem Gesichtspunkt der Teilnichtigkeit auch weiterhin rückwirkend, wie es dem Wesen der Teilnichtigkeit entspricht, bekämpft werden können. Eine bloße Möglichkeit der Anfechtung mit Wirkung für die Zukunft, wie es § 26 Abs 2 MRG bis zur Neufassung durch das 3.WÄG vorsah, würde dem widersprechen.

Aus dem Gesagten folgt, daß sowohl die analoge Anwendung des § 1120 ABGB als auch die des § 14 MG - ohne Berücksichtigung des § 26 Abs 2 MRG - auf die hier zu beurteilende Untermietzinshöhe der Rechtslage entspricht.

Eine zulässige Untermietzinsvereinbarung im Sinne des § 16 Abs 1 Z 7 MRG (siehe Vereinbarung vor der Schlichtungsstelle am 11.3.1980) ist nach den Verfahrensergebnissen nicht gegeben und wird im Revisionsrekurs auch nicht mehr releviert.

Insgesamt war daher dem Revisionsrekurs der Erfolg zu versagen.

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