OGH 5Ob2168/96a

OGH5Ob2168/96a28.8.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Emil N*****, wegen Einverleibung einer Reallast in EZ ***** und EZ ***** je Grundbuch ***** F*****, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers und des Johann D*****, beide vertreten durch Mag.Wolfgang Götze, öffentlicher Notar in Feldkirch, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 23.April 1996, GZ 54 R 64/96z‑6, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 11.März 1996, TZ 3043/96‑3, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1996:0050OB02168.96A.0828.000

 

Spruch:

1.) Der Revisionsrekurs des Johann D***** wird zurückgewiesen.

2.) Dem Revisionsrekurs des Antragstellers wird nicht Folge gegeben.

 

Begründung:

 

Das Erstgericht wies den Antrag des Emil N*****, ua aufgrund der Vereinbarung vom 7.7.1995 in EZ ***** und EZ ***** (ob den 72/1732, 34/1732 und 34/1732‑Anteilen, BLNr 5, 20, 22, jeweils Wohnungseigentum), je Grundbuch *****, jeweils im Eigentum des Johann D***** stehend, die Einverleibung "der Reallast der Beteiligung am Ertrag des auf GstNr 8 in EZ ***** Grundbuch ***** errichteten Hotelbetriebes samt Personalwohnungen im Sinne und Umfange des Punktes III. der Vereinbarung vom 28.6.1995" (bzw vom 7.7.1995) zu bewilligen, mit der Begründung ab, daß hier eine "neue" Reallast begründet worden sei und Reallasten aber nur dann begründet werden könnten, wenn sie seit jeher im Gebiet des Privatrechts als wirksam und rechtsbeständig anerkannt worden seien. Der Privatwille allein vermöge sohin keine neuen Reallasten zu schaffen.

Die Punkte I. 3, II. und III. der Vereinbarung vom 28.6./7.7.1995 lauten wie folgt:

"I.3. Johann D***** betreibt auf der Liegenschaft in EZ ***** das Vier‑Sternehotel "S*****" als Hotel‑ und Gastgewerbebetrieb; die im Punkt 2 b) oben bezeichneten Mindestanteile in EZ ***** werden als Betriebswohnungen im Rahmen des Hotel‑ und Gastgewerbebetriebes genutzt. Emil N***** ist atypisch stiller Gesellschafter am vorbezeichneten Unternehmen.

II. Emil N***** ist als stiller Gesellschafter am Ergebnis (Gewinn und Verlust) und am Vermögen des Geschäftsherrn inklusive aller stillen Reserven und eines allfälligen Firmenwertes zu 50 % (fünfzig von Hundert) beteiligt. Die Beteiligung am Gewinn und Verlust gestaltet sich in der Weise, daß vom handelsrechtlichen Jahresergebnis vor Steuern und Rücklagenbewegungen und nach Berücksichtigung der Geschäftsführervergütung der verbleibende Gewinn zwischen Geschäftsherrn und stillem Gesellschafter im Verhältnis von 50 : 50 verteilt wird.

III. Die aus der stillen Gesellschaft zwischen Johann D***** und Emil N***** gemäß vorigem Vertragspunkt II. resultierenden Verpflichtungen werden als Reallast der Beteiligung am Ertrag des auf GstNr 8 in EZ ***** errichteten Hotel‑ und Gastbetriebes samt Personalwohnungen auf GstNr 775/6 in EZ ***** zugunsten von Emil N***** begründet und diese Liegenschaften bzw Liegenschaftsanteile der Haftung unterstellt. Hiezu erklärt Emil N***** die Annahme." Im übrigen enthält Punkt III. noch entsprechende Aufsandungserklärungen.

Gegen den Beschluß des Erstgerichtes erhoben der Antragsteller und Johann D***** gemeinsam Rekurs.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge, sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Es führte folgendes aus:

Unter Reallasten würden historisch gewachsene, durch die Grundentlastung wesentlich eingeschränkte und nur noch in deren Geist zulässige, zwingend ablösbare, aber sonst nicht näher geregelte dingliche Belastungen eines Grundstückes mit der Haftung für positive Leistungen des jeweiligen Eigentümers, der in der Regel nach Maßgabe seines Eigentums auch persönlich hafte, verstanden (Petrasch in Rummel ABGB2 Rz 2 zu § 530 mwN). Die Reallastverpflichtung bewirke somit sowohl eine Sachhaftung des Eigentümers mit dem belasteten Grundstück als auch - und dadurch unterschieden sie sich von den Dienstbarkeiten - eine persönliche Haftung des jeweiligen Eigentümers für die während der Zeit, in der er Eigentümer sei und gewesen sei, angefallenen Leistungen (RZ 1994, 44/19 ua). Der Leistungspflichtige werde somit durch das Eigentum am Grundstück bestimmt. Das unterscheide die Reallast auch von der Hypothek. Auch bei dieser sei eine sachliche Haftung des Grundstückes vorhanden, aber sie stehe neben der persönlichen Leistungspflicht, die sie sichern solle. Die Person des Leistungspflichtigen werde diesfalls durch das zugrunde liegende Rechtsverhältnis bestimmt, die Leistungspflicht gehe nach allgemeinen Regeln auf den Gesamt‑ und Einzelnachfolger über. Die Reallast sei dagegen nicht dadurch gekennzeichnet, daß der Berechtigte seine Befriedigung aus dem Grundstück suchen dürfe, sondern dadurch, daß die Person des Pflichtigen durch das Grundstück bestimmt werde. Ein weiterer Unterschied zwischen der Reallast und Hypothek ergebe sich daraus, daß bei der ersten nur die sachliche Haftung wesentlich sei, zu der eine persönliche dazutreten könne, während sie bei der Hypothek wenigstens grundsätzlich neben der sachlichen bestehe. Trete hinsichtlich der Liegenschaft ein Eigentümerwechsel ein, so gehe die Leistungspflicht auf den Nachfolger im Eigentum über, auch wenn für diesen ein persönlicher Verpflichtungsgrund nicht bestehe (Klang in Klang2 II 618).

Aus der vorliegenden Vereinbarung ergebe sich, daß sich Johann D***** als Geschäftsinhaber und Emil N***** als stiller Gesellschafter zu einer (atypischen) stillen Gesellschaft zusammengeschlossen hätten (§§ 178 ff HGB). Eine stille Gesellschaft komme aufgrund eines formfreien Gesellschaftsvertrages zustande. Zwischen Emil N***** und Johann D***** bestehe somit ein Vertragsverhältnis, welches gegenseitige Rechte und Pflichten begründe. Emil N***** habe demnach ua einen Anspruch auf 50 % des Gewinnes, den Johann D***** aus dem Hotelbetrieb samt Nebenräumlichkeiten erwirtschafte. Zur Sicherstellung dieser Forderungen solle nun eine entsprechende Reallast auf den Liegenschaften des Johann D***** einverleibt werden. Damit würde aber entgegen § 9 GBG ein Recht im Grundbuch eingetragen werden, welches von der dort angeführten Aufzählung nicht erfaßt sei. Demnach könnten nämlich nur dingliche Rechte und Lasten, ferner das Wiederkaufs‑ und das Vorkaufsrecht sowie das Bestandrecht eingetragen werden. Der Anspruch des Emil N***** aus dem Gesellschaftsvertrag sei aber nur schuldrechtlicher Natur und demnach nicht verbücherungsfähig.

In der im Rekurs zitierten Entscheidung EvBl 1976/13 sei ausgesprochen worden, daß zum Wesen der Reallast nicht unbedingt gehöre, daß die wiederkehrenden Leistungen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Ertrag oder darüberhinaus in einem bestimmten Verhältnis zum Ertrag der haftenden Liegenschaft stünden. Vielmehr reiche es demnach aus, wenn der Übernehmer einer Liegenschaft das vom Übergeber auf derselben betriebene Unternehmen weiterführe und für sich und seine Rechtsnachfolger im Eigentum der Übergabsobjekte zur Zahlung einer Leibrente zwecks Sicherstellung der künftigen Versorgung seiner Eltern verpflichte. Nach der vorliegenden Vereinbarung seien aber die sicherzustellenden Ansprüche des Emil N***** auch nicht mittelbar im Eigentum des Johann D***** an den Liegenschaften, sondern ausschließlich im erwähnten Gesellschaftsvertrag begründet und damit nur mit dem von diesem betriebenen Gewerbe verbunden. Dies bedeute einerseits, daß diese Ansprüche nach Auflösung der stillen Gesellschaft unabhängig davon, ob Johann D***** noch Liegenschaftseigentümer sei, nicht mehr fortbestehen würden und damit auch nicht mehr die Sachhaftung der Grundstücke rechtfertigen könnten. Andererseits könnte Johann D*****, der nach dem Grundbuchsstand alleiniger Liegenschaftseigentümer sei, diese somit wirksam ohne entsprechende Verpflichtung an einen Dritten veräußern (woran die Tatsache, daß Emil N***** nach der vorliegenden Vereinbarung zu 50 % am Vermögen des Geschäftsherrn beteiligt sei, nichts zu ändern vermöge), ohne daß hiedurch dessen Verpflichtungen aus dem Gesellschaftsvertrag gegenüber Emil N***** erlöschen würden. Johann D***** habe sich nämlich insbesondere auch nicht für seine Rechtsnachfolger im Eigentum der Liegenschaften für die Erbringungen der Leistungen an Emil N***** verpflichtet. Nach der insofern allein maßgeblichen Vertragsurkunde vom 28.6./7.7.1995 (§ 94 Abs 1 Z 3 GBG) könne dieser auch nicht entnommen werden, daß die an Emil N***** zu erbringenden Leistungen Versorgungs‑ oder Unterhaltscharakter hätten. Gegen diese Annahme spreche, daß nach dem Gesellschaftsvertrag auch eine Verlustbeteiligung des Emil N***** vereinbart worden sei, welche nach § 181 Abs 2 HGB zulässigerweise ausgeschlossen werden könnte. Vielmehr sei davon auszugehen, daß nach der vorliegenden Vereinbarung mit der begehrten Einverleibung des als Reallast bezeichneten Rechts ausschließlich die Forderungen des Emil N***** aus dem Gesellschaftsvertrag sichergestellt werden sollten, ohne daß dieses Recht seinem Wesen nach als Reallast bezeichnet werden könne. Damit sei dieses aber nicht eintragungsfähig (§§ 9, 94 Abs 1 Z 3 GBG).

Zum grundsätzlichen Wesen von Reallasten bestehe eine weitgehende einheitliche Judikatur des Obersten Gerichtshofs. Die Rechtsfrage, ob die "Reallast der Beteiligung am Ertrag" eines auf einer Liegenschaft betriebenen Unternehmens im Rahmen einer stillen Gesellschaft verbücherungsfähig sei, sei jedoch noch nicht ausjudiziert worden. Die Beteiligung an einem Handelsgewerbe in Form einer stillen Gesellschaft werde aber relativ häufig gewählt, weshalb einer solchen Entscheidung über den Anlaßfall hinausgehend Bedeutung zukomme. Gemäß § 126 Abs 2 GBG, § 14 Abs 1 AußStrG sei daher auszusprechen gewesen, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der gemeinsam ausgeführte Revisionsrekurs des Antragstellers und des Johann D***** wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die begehrte Einverleibung zu bewilligen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Johann D***** war mangels Rechtsmittellegitimation zurückzuweisen, weil dieser weder Antragsteller ist noch durch die Versagung der Eintragung in seinen bücherlichen Rechten verletzt sein könnte (5 Ob 108/95 mwN). Daß in der Rekursentscheidung nicht auch über seinen Rekurs entschieden wurde, ist im Revisionsrekurs nicht als Verfahrensmangel gerügt worden.

Der Revisionsrekurs des Antragstellers ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, es handle sich um keine "neue" Reallast, weil sie sich inhaltlich als Versorgungs‑ und Unterhaltsrente darstelle bzw weil es sich um solche Verpflichtungen handle, welche aus dem wirtschaftlichen Ertrag des Gutes geleistet würden. Durch die Begründung der Reallast solle eine grundbücherliche Sicherstellung der aus dem Gesellschaftsverhältnis für den stillen Gesellschafter sich ergebenden Forderungen erzielt werden. Das Bauwerk, in dem das Hotel betrieben werde, stelle einen unselbständigen Bestandteil der antragsgegenständlichen Liegenschaften dar und stehe sohin im Eigentum des Liegenschaftseigentümers. Erträgnisse aus den Liegenschaften würden ausschließlich durch Bewirtschaftung des hierauf errichteten Bauwerkes erzielt. Am wirtschaftlichen Ergebnis sei der stille Gesellschafter beteiligt. Es bestehe somit ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Liegenschaftseigentum, Führung des Geschäftsbetriebes des Geschäftsherrn auf den Liegenschaften sowie den hieraus erzielten Geschäftserlösen. Auch der in einem Baurechtsvertrag vereinbarte Bauzins könne auf der Liegenschaft als Reallast grundbücherlich sichergestellt werden. Ein sachlicher Unterschied zu dem der Entscheidung EvBl 1976/13 zugrunde liegende Sachverhalt bestehe nicht. Wie bei einer Leibrente solle der vorerst schuldrechtliche Anspruch durch Bestellung als Reallast zu einem dinglichen Recht werden. Auch die vereinbarte Verlustbeteiligung führe nicht dazu, den Leistungen den Versorgungs‑ oder Unterhaltscharakter abzusprechen.

Der erkennende Senat erachtet diese Ausführungen für nicht stichhaltig, hingegen die Begründung des Rekursgerichtes, auf die verwiesen wird, für zutreffend. Der Argumentation des Rechtsmittelwerbers ist kurz noch folgendes entgegenzuhalten:

Der Rechtsmittelwerber räumt selbst ein, daß die Vertragspartner mit der Begründung einer Reallast - diese wäre insoferne "neu", als sie keinem der von der Rechtsprechung anerkannten Fälle entspricht (vgl Petrasch in Rummel2 § 530 ABGB Rz 3; Feil, GBG2 § 9 Rz 5 S. 107) ‑ die grundbücherliche Sicherstellung der aus dem Gesellschaftsverhältnis für den stillen Gesellschafter sich ergebenden Forderungen erreichen wollen. Persönlicher Schuldner ist hiebei der Inhaber des Unternehmens (Hotelbetrieb), an dem der stille Gesellschafter beteiligt ist. Einen besonderen Zusammenhang mit dem Liegenschaftseigentum wollen die Rechtsmittelwerber nun darin sehen, daß der Hotelier sein Unternehmen auf eigenem Grund betreibt. Dies ist für die obligatorischen Ansprüche des stillen Gesellschafters gegen den Geschäftsinhaber aber nicht von entscheidender Bedeutung; das Hotel könnte auch auf fremdem Grund betrieben werden. Für eine dingliche Besicherung dieser gesellschaftsvertraglichen Ansprüche steht das Institut der Reallast aber nicht zur Verfügung, weil sonst die Grenzen zwischen Reallast und Hypothek verwischt würden: Jene hat grundsätzlich den Zweck der laufenden Versorgung anstelle der Sicherung einer kreditierten Schuld; zur Umgehung der Schranken des Pfandrechts darf die Bestellung einer Reallast nicht führen (Petrasch aaO Rz 1, 2 mwN; Hoyer in FS Wagner 197; Feil aaO S. 105).

Der Rechtsmittelwerber behauptet zwar, daß es sich inhaltlich um eine Versorgungs‑ und Unterhaltsrente handle. Hiefür besteht aber nach den dem Grundbuchsgericht vorgelegten Urkunden - unabhängig von der Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters - keinerlei Anhaltspunkte. Daß Einkünfte aus einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung auch zur Deckung des Unterhalts verwendet werden können, heißt noch nicht, daß entsprechende Bezüge als Unterhalts‑ oder Versorgungsleistungen aufgefaßt werden können. Eine Verknüpfung zwischen dem Gewinnanteil eines stillen Gesellschafters und dessen persönlichem Bedarf (vgl Feil aaO S. 104) besteht nicht. Soweit sich der Rechtsmittelwerber auf die Entscheidung EvBl 1976/13 berufen, genügt der Hinweis, daß dem damaligen Grundbuchsgesuch gerade ein Übergabs- und Versorgungsvertrag zugrundelag.

Was den Vergleich mit einer Leibrente anlangt, so können auch Rentenreallasten für Leibrenten nur zur Sicherung der Versorgung und des Unterhaltes des Berechtigten begründet werden (Petrasch aaO Rz 1 mwN). Schließlich ist auch der Vergleich mit einem Bauzins für den erkennenden Senat nicht nachvollziehbar. Da die angestrebte Begründung einer Reallast somit nicht in Frage kommt, kann es auf sich beruhen, ob es eines besonderen vertraglichen Hinweises auf die Verpflichtung der Rechtsnachfolger im Liegenschaftseigentum bedurft hätte.

Dem Revisionsrekurs des Antragstellers war daher ein Erfolg zu versagen.

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