OGH 5Ob146/95 (5Ob147/95)

OGH5Ob146/95 (5Ob147/95)27.8.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Dr.Nikolaus H*****, Arzt, ***** und 2.) Mag.Herbert S*****, Wirtschaftstreuhänder, ebendort, beide vertreten durch Dr.Michael Gärtner, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei, Gerhard H*****, Kaufmann, ***** vertreten durch Dr.Dietmar Lirk, Rechtsanwalt in Salzburg, und den Nebenintervenienten auf seiten der beklagten Partei Dipl.Ing.Norbert S*****, Architekt, ***** vertreten durch Dr.Michael Dick, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Beseitigung und Unterlassung infolge 1.) Revision der Kläger gegen das Teilurteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 28.Juni 1995, GZ 54 R 99/95-18, womit infolge der Berufungen des Beklagten und des Nebenintervenienten das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 17.Feber 1995, GZ 11 C 1692/94-10, teilweise abgeändert wurde, und 2.) der Rekurse der Kläger und des Nebenintervenienten gegen den in das genannte Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht aufgenommenen Beschluß, womit infolge der Berufungen des Beklagten und des Nebenintervenienten das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 17.Feber 1995, GZ 11 C 1692/94-10, teilweise aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1.) Die Rekurse werden zurückgewiesen.

2.) Der Revision wird Folge gegeben.

Das Teilurteil des Berufungsgerichtes und das davon betroffene Urteil des Erstgerichtes werden aufgehoben.

Die Rechtssache wird auch insoweit zur ergänzenden Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Auch die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Parteien und der Nebenintervenient sind (neben zwei anderen Personen) Miteigentümer der Liegenschaft *****. Mit ihren Miteigentumsanteilen ist Wohnungseigentum an bestimmten Objekten verbunden, so mit dem Miteigentumsanteil des Beklagten das Wohnungseigentum an der Einheit top Nr.1 A (Geschäftslokal). Der Beklagte hatte diese Anteile vom Nebenintervenienten erworben. Er hat den darin befindlichen Espresso-Betrieb verpachtet. Ein Kellerraum wird für dieses Espresso als Getränkelager verwendet.

Die Kläger begehren vom Beklagten

1.) Die Räumung des im Erdgeschoß der genannten Liegenschaft rechts vom Hausflur gelegenen, durch den vorderen Keller betretenden zweiten Kellerraumes im Ausmaß von 5 m2 von allen Fahrnissen, insbesondere von Getränkegebinden des Geschäftslokales 1 A;

2.) die Unterlassung jeder weiteren Nutzung dieses Kellerraumes als Nebenraum des Geschäftslokales 1 A oder jeder sonstigen ausschließlichen Nutzung dieses Kellerraumes.

Dieser Kellerraum stehe im allgemeinen Miteigentum. Die alleinige Nutzung durch den Beklagten bzw dessen Pächter erfolge ohne Rechtstitel. Allfällige Zusagen des Nebenintervenienten an den Beklagten seien unerheblich. Anlaßlich der Parifizierung sei der Kellerraum noch gar nicht vorhanden gewesen; damals habe sich an dieser Stelle ein zum Hof offener Müllplatz befunden.

Der Beklagte wendete ein, die beiden Kläger seien als Minderheitseigentümer aktiv nicht legitimiert; außerdem gehöre das Unterlassungsbegehren in das außerstreitige Verfahren.

Der Beklagte habe das Wohnungseigentum am Geschäft 1 A vom Nebenintervenienten erworben. Zwischen ihnen habe nie ein Zweifel bestanden, daß der Kellerraum zum Kaufgegenstand gehöre. Ursprünglich habe es sich dabei um eine lediglich 1,3 m hohe Öffnung gehandelt, die nur vom hinteren Hof zugänglich gewesen sei. Der Nebenintervenient bzw die Firma D***** hätten diesen Lagerraum, der in der Folge immer im Eigentum der D***** bzw des Nebenintervenienten verblieben sei, adaptiert.

Jedenfalls seien der Beklagte und der Nebenintervenient Mehrheitseigentümer und hätten als solche im Rahmen der ordentlichen Verwaltung diesen Raum dem Beklagten überlassen. Soweit die Kläger damit nicht einverstanden seien, müßten sie eine Klärung im Außerstreitverfahren herbeiführen.

Der Nebenintervenient schloß sich grundsätzlich den Ausführungen des Beklagten an und brachte ergänzend vor, der Kellerraum sei seit jeher im Sondernutzungsrecht der Firma D***** und in der Folge des Nebenintervenienten allein gewesen. Er sei mit Zustimmung aller seinerzeitigen Miteigentümer vom Nebenintervenienten auf seine Kosten ausgebaut und vom Anfang an ausschließlich für das Geschäftslokal 1 A als Lager benutzt worden. Sollte ein derartiges Sondernutzungsrecht des Beklagten nicht festgestellt werden können, so sei von einer Überlassung des Kellerraumes an den Pächter des Geschäftslokales 1 A durch Beschluß der Eigentümermehrheit im Rahmen der ordentlichen Verwaltung auszugehen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Das Erstgericht stellte auf Grund der vorgelegten Urkunden, jedoch ohne Aufnahme der sonst angebotenen Beweise (zusammengefaßt) fest, daß der hier verfahrensgegenständliche Kellerraum nicht zum Wohnungseigentumsobjekt 1 A gehöre, sondern einen allgemeinen Teil des Hauses darstelle.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt im wesentlichen wie folgt:

Mangels einstimmiger Widmungsänderung seien die Kläger als Miteigentümer berechtigt, die Eigentumsfreiheit ihrer Miteigentumsanteile an dieser Kommunfläche im streitigen Verfahren geltend zu machen. Die alleinige Nutzung durch den Beklagten bzw die Weitergabe an seinen Bestandnehmer sei unzulässig.

Das Berufungsgericht hat über Berufung des Beklagten und des Nebenintervenienten

a) mit Teilurteil Punkt 1.) des erstgerichtlichen Urteiles (betreffend das Räumungsbegehren) in klageabweisendem Sinn abgeändert und ausgesprochen, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteigt und daß die ordentliche Revision zulässig sei, und

b) im übrigen das Urteil des Erstgerichtes aufgehoben und diesem eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Das Berufungsgericht begründete seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt:

Da der strittige Kellerraum zum Zeitpunkt der Nutzwertfeststellung als solcher noch gar nicht bestanden habe, hätte er auch nicht in die Nutzwertfeststellung einbezogen werden können. Daraus folge, daß es sich um eine Allgemeinfläche handelt, an dem Wohnungseigentum nicht bestehen könne. Die Benützung desselben könne nur auf Grund Einstimmigkeit geregelt werden.

Dem Miteigentümer, auch dem Minderheitseigentümer, stehe jedoch die Eigentumsfreiheitsklage - auch gegen Miteigentümern - zu, mittels der er die Beseitigung widerrechtlicher Maßnahmen und die Unterlassung solchen Verhaltens (MietSlg 28.050) sowie die Wiederherstellung des früheren Zustandes (MietSlg 39.615; WoBl 1993/49 und 1992/81; Gamerith in Rummel, ABGB2, Rz 4 zu § 829 ABGB) begehren könne. Grundsätzlich sei daher die Auffassung des Erstgerichtes zu billigen, daß die beiden Kläger als Minderheitseigentümer zur tatsächlich vorgenommenen Klageführung aktiv legitimiert seien.

Die Rechtssache sei jedoch zu Punkt 2.) des Klagebegehrens (Unterlassung jeder weiteren Nutzung des Kellerraumes als Nebenraum des Geschäftslokales 1 A oder jede sonstige ausschließliche Nutzung dieses Kellerraumes) nicht spruchreif, weil das Erstgericht die zur Behauptung des Nebenintervenienten (ON 8, AS 39) angebotenen Beweise nicht aufgenommen habe, obgleich sich aus diesem Vorbringen das Vorliegen einer Benützungsregelung dergestalt ergäbe, daß dieser Kellerraum ausschließlich als Lager für das Geschäftslokal 1 A zu benützen sei. Eine solcherart von allen Miteigentümern beschlossene Benützungsregelung würde dem Klagebegehren entgegenstehen. Dies habe die Aufhebung des erstgerichtlichen Urteiles in seinem Punkt 2.) und die Zurückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht zur ergänzenden Verhandlung und Entscheidung zur Folge.

Punkt 1.) des Urteilsbegehrens, wonach der Beklagte den Kellerraum von allen Fahrnissen, insbesondere Getränkegebinden des Geschäftslokales 1 A, zu räumen habe, sei zu weitgehend. Auch der Beklagte sei Minderheitseigentümer und es stünden ihm, selbst wenn der strittige Kellerraum im schlichten Miteigentum aller Wohnungseigentümer stehen sollte, jedenfalls beschränkte Nutzungsrechte im Sinne der §§ 828 ff ABGB zu. Eine gänzliche Räumung des Kellerraumes, die den Beklagten von jedweder Nutzung dieser Allgemeinfläche ausschließen würde, könnten die Kläger daher nicht erfolgreich begehren, sodaß das Urteil des Erstgerichtes insoweit als Teilurteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern gewesen sei.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil der Oberste Gerichtshof zwar in der in WoBl 1993/49 veröffentlichten Entscheidung ausgesprochen habe, daß die Pflicht zur Bewahrung und Wiederherstellung des gesetzlichen Zustandes im Einzelfall auch ein Tätigwerden des rechtswidrig handelnden erfordern könne. Ob darunter aber auch die gänzliche Räumung einer zu Unrecht in Anspruch genommenen Allgemeinfläche eines Wohnungseigentumsobjektes gemeint sei, erscheine zweifelhaft, sodaß die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO für die Zulässigkeit der Revision gegeben seien.

Bezüglich des Aufhebungsbeschlusses machte das Berufungsgericht keinen Zulässigkeitsausspruch im Sinne des § 519 Abs 1 Z 2 ZPO.

Gegen die Entscheidungen des Berufungsgerichtes wurden die im Kopf dieses Beschlusses angeführten Rechtsmittel erhoben.

Der Beklagte beantragte, der Revision der Kläger nicht Folge zu geben.

Der Nebenintervenient begehrte, der Revision und dem Rekurs der Kläger nicht Folge zu geben.

Die Revision der Kläger ist berechtigt; die Rekurse der Kläger und des Nebenintervenienten gegen den Aufhebungsbeschluß sind unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

a) Zu den Rekursen:

Gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO ist gegen den Beschluß des Rekursgerichtes, mit dem das erstgerichtliche Urteil aufgehoben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen wurde, der Rekurs an den Obersten Gerichtshof nur dann zulässig, wenn diese Zulässigkeit vom Berufungsgericht ausgesprochen wurde. Fehlt ein solcher Ausspruch, dann ist ein Rechtsmittel dagegen jedenfalls unzulässig (Kodek in Rechberger, ZPO, Rz 4 zu § 519 ZPO unter Hinweis auf RZ 1992/18 ua).

Demgemäß waren die Rekuse der Kläger und des Nebenintervenienten gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß als unzulässig zurückzuweisen.

b) Zur Revision gegen das Teilurteil:

Solange eine Benützungsregelung über einen allgemeinen Teil der Liegenschaft nicht getroffen wurde, kann ein solcher allgemeiner Teil von jedem Miteigentümer entsprechend der allgemeinen Widmung (zB:

Fahrradraum zum Abstellen von Fahrrädern; Gänge und Stiegen zum Gehen) benützt werden. Kellerräume dürfen im allgemeinen - soweit und solange auch diesbezüglich keine besondere Benützungsregelung getroffen wurde - zum Abstellen nicht häufig gebrauchter Sachen, soweit dies im Rahmen der hiefür geltenden verwaltungsbehördlichen Vorschriften zulässig ist, verwendet werden. In all diesen Fällen darf jedoch ein Miteigentümer das Nutzungsrecht nicht so ausüben, daß die anderen Miteigentümer von vornherein (zB durch Absperren - wie hier) von der Mitbenützung ausgeschlossen werden. Geschieht dies dennoch, so kann nach der vom Berufungsgericht zutreffend dargestellten Rechtslage betreffend die Geltendmachung der Freiheit des Eigentums durch Miteigentümer (auch gegen Miteigentümer) die Räumung eines unberechtigt benützten allgemeinen Teiles der Liegenschaft verlangt werden. Räumung stellt zwar eine Tätigkeit des den allgemeinen Teil unberechtigt in Anspruch nehmenden Miteigentümers dar, doch ist auch dies ein Fall des vom rechtswidrig handelnden forderbaren Tätigwerdens zur Wiederherstellung des gesetzlichen Zustandes als Folge eines bestehenden Unterlassungsund/oder Beseitigungsanspruches (WoBl 1993, 61/49 unter Hinweis auf MietSlg 33/19 und 39.615).

Solange aber nicht feststeht, daß dieser Kellerraum von niemanden benützt werden darf, die Benützungsregelung - bisher durch die Eigentümer offenbar noch nicht so getroffen - also nicht darin besteht, daß kein Miteigentümer dort etwas - entgegen der gleichsam "natürlichen" Widmung eines allgemeinen Kellerraumes - abstellen darf, kann von den Klägern nicht die gänzliche Räumung durch den Beklagten verlangt werden. Eine - wie die Kläger in der Revisionsschrift selbst erkennen - schwer zu umschreibende bloß teilweise Räumung wird von ihnen nicht verlangt.

Sollte sich jedoch in dem fortzusetzenden Verfahren die Richtigkeit der Behauptungen des Nebenintervenienten über das Vorliegen einer Benützungsregelung zugunsten des Beklagten oder eine Überlassung an dessen Pächter, die jedoch nur wirksam wäre, wenn sie von der Mehrheit im Rahmen der ordentlichen Verwaltung erfolgt wäre, herausstellen, so wäre auch dem Räumungsbegehren der Boden entzogen.

Demnach ist die Rechtssache auch über das Räumungsbegehren derzeit noch nicht spruchreif.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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