OGH 11Os92/96

OGH11Os92/966.8.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.August 1996 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Hager als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Schindler, Dr.Mayrhofer und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Scholz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Heinz D***** wegen des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 26.März 1996, GZ 7 Bl 43/96, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Tiegs, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 26.März 1996, AZ 7 Bl 43/96 (= GZ 5 U 467/95-13 des Bezirksgerichtes Spittal/Drau), verletzt § 43 a Abs 3 StGB.

Dieses Urteil wird aufgehoben und die Sache an das Landesgericht Klagenfurt als Berufungsgericht zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Spittal/Drau vom 30.November 1995, GZ 5 U 467/95-5, zurückverwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem Urteil des Bezirksgerichtes Spittal/Drau vom 30.November 1995, GZ 5 U 467/95-5, wurde der neunfach - darunter auch mehrmals einschlägig - vorbestrafte Heinz D***** wegen des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von zehn Wochen verurteilt.

Sowohl der Verurteilte als auch die Staatsanwaltschaft erhoben gegen diesen Strafausspruch Berufung (ON 7, 8).

In seiner Entscheidung vom 26.März 1996, AZ 7 Bl 43/96 (= GZ 5 U 467/95-13 des Bezirksgerichtes Spittal/Drau), gab das Landesgericht Klagenfurt als Beru- fungsgericht der Berufung der Staatsanwaltschaft Folge und hob die verhängte Freiheitsstrafe auf vier Monate an, sah jedoch dem Angeklagten "gemäß §§ 43, 43 a StGB" dreieinhalb Monate der Freiheitsstrafe für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nach. Nach den Gründen der Entscheidung wurde die Strafe auf Grund der "zahlreichen, insbesondere einschlägigen Vorstrafen" des Verurteilten erhöht, dem Rechtsbrecher jedoch ein Teil von dreieinhalb Monaten bedingt nachgesehen, um eine Gefährdung seiner "offensichtlich beginnenden Resozialisierung" zu vermeiden. Als gesetzliche Grundlage für seine Entscheidung sah es dabei die Bestimmung des § 43 a Abs 1 StGB (US 3).

Rechtliche Beurteilung

Die Entscheidung des Landesgerichtes Klagenfurt steht - wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Die bedingte Nachsicht eines Teiles einer ver- hängten Freiheitsstrafe kann - zur Vermeidung unerwünschter kurzfristiger "Schockstrafen" (vgl JAB StRÄG 1987 359 BlgNR XVII GP, 10) - nur dann gewährt werden, wenn diese Strafe sechs Monate überschreitet; dabei muß der nicht bedingt nachgesehene Teil der Strafe zumindest einen Monat (und darf nicht mehr als ein Drittel der Strafe) betragen (§ 43 a Abs 3 StGB). Diese Regelung ist für jene Fälle gedacht, bei denen (etwa) wegen einer Belastung des Vorlebens des Rechtsbrechers spezialpräventive Bedenken einer gänzlichen bedingten Strafnachsicht (§ 43 StGB) oder der Anwendung des § 43 a Abs 2 StGB entgegenstehen (vgl Mayerhofer-Rieder StGB4 § 43 a Abs 3 Anm 2). Für den Bereich kurzer Freiheitsstrafen soll hingegen der (bedingten, teilbedingten oder unbedingten) Geldstrafe oder einer zur Gänze bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe der Vorzug gegeben werden (Mayerhofer/Rieder aaO ENr 1 a; 12 Os 27/90, 11 Os 10/92 ua). § 43 a Abs 1 StGB bezieht sich hingegen lediglich auf den Fall der Verhängung einer Geldstrafe.

Da das Landesgericht Klagenfurt als Berufungsgericht im vorliegenden Fall nicht auf eine Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten erkannte, hat es durch die Gewährung der teilbedingten Strafnachsicht - noch dazu unter Bemessung des unbedingten Teils mit (nur) einem halben Monat - die Bestimmungen sowohl des ersten als auch des zweiten Satzes des § 43 a Abs 3 StGB verletzt.

Nach Lage des Falles kann nicht ausgeschlossen werden, daß sich die Gesetzesverletzung zum Nachteil des Verurteilten ausgewirkt hat, weil das Landesgericht Klagen- furt in seinem Bestreben, einen nachteiligen Einfluß auf die beginnende Resozialisierung des Verurteilten zu vermeiden, bei Beachtung des Regelungsinhaltes des § 43 a StGB andere - möglicherweise auch mildere - Sanktionen in Erwägung gezogen hätte.

Neben der Feststellung der Gesetzesverletzung war daher unter Anwendung des § 292 letzter Satz StPO das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird dabei darauf Rücksicht zu nehmen haben, daß es keine strengere als die in der aufgehobenen Entscheidung verhängte Strafe ausspricht.

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