Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Gerichtes erster Instanz wiederhergestellt wird.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der am 27.2.1930 geborene Kläger bezieht die Invaliditätspension von der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter und besitzt eine landwirtschaftliche Liegenschaft in der Größe von 0,99 ha, die aus Wiese, Wald und Ackerland besteht. Er hält auf der Liegenschaft eine Geiß und vier Hasen, die ebenso wie das vorhandene Wirtschaftsobst nur für den Eigengebrauch bestimmt sind. Der Einheitswert beträgt S 6.000,--. Am 3.11.1994 war er damit beschäftigt, Holz zu schneiden, das zum Teil aus dem eigenen Wald, zum Teil von alten Obstbäumen und zum Teil aus altem Bauholz bestand. Das Holz war teilweise als Brennholz und zum Teil auch für Ausbesserungsarbeiten am Hasenstall bestimmt. Bei diesen Holzarbeiten stolperte der Kläger; er brach sich die 8. Rippe links.
Mit Bescheid der beklagten Sozialversicherungsanstalt der Bauern vom 16.1.1995 wurde das Ereignis vom 3.11.1994 nicht als Arbeitsunfall anerkannt. Nach der Begründung des Bescheides sei das Ereignis nicht im Zusammenhang mit einer die Versicherung begründenden Beschäftigung eingetreten, sondern beim Brennholzschneiden für einen Haushalt, der nicht wesentlich einem landwirtschaftlichen Betrieb diene.
Mit der dagegen erhobenen Klage begehrt der Kläger, das Ereignis vom 3.11.1994 als Arbeitsunfall anzukennen.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wiederholte ihren im Bescheid eingenommenen Rechtsstandpunkt.
Das Erstgericht wies das Begehren, es werde festgestellt, daß es sich bei dem Ereignis vom 3.11.1994 um einen Arbeitsunfall handle, ab. Da sich der Unfall beim Aufarbeiten von Holz ereignet habe, das für einen Haushalt bestimmt gewesen sei, der nicht wesentlich einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb diene, handle es sich um keinen Arbeitsunfall im Sinne des § 175 ASVG.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge und dem Klagebegehren statt. Der Kläger sei unstrittig gemäß § 3 Abs 1 Z 1 BSVG unfallversichert. Nach § 148 BSVG gelten hinsichtlich der Leistung der Unfallversicherung die entsprechenden Bestimmungen des ASVG. Danach seien Arbeitsunfälle solche Unfälle, die sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung ereignen (§ 175 Abs 1 ASVG). Nach § 175 Abs 3 Z 1 ASVG gelten in einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb als Arbeitsunfälle auch Unfälle, die sich bei der Arbeit im Haushalt des Betriebsinhabers oder der Dienstnehmer ereignen, wenn der Haushalt dem Betrieb wesentlich diene. Für den Bereich der Land- und Forstwirtschaft kenne das Gesetz daher zwei Kategorien von Arbeitsunfällen, nämlich solche, die sich bei einer land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit ereignen und solche, die damit direkt nichts zu tun hätten, sondern sich bei einer Haushaltstätigkeit im weitesten Sinn ereignen, wobei nur hier gefordert werde, daß der betreffende Haushalt der Land- und Forstwirtschaft wesentlich dienen müsse. Hätte daher der Kläger bei der zum Unfall führenden Tätigkeit nur zugekauftes Holz als Brennholz aufbereitet, würde es sich um eine reine Haushaltstätigkeit handeln. Der Kläger habe aber neben altem Bauholz auch Holz aus dem eigenen Wald und alte Obstbäume aufgearbeitet, wobei er das Holz - offensichtlich das Bauholz - zum Teil auch zur Ausbesserung des Hasenstalles verwenden wollte. Insgesamt sei die zum Unfall führende Tätigkeit des Klägers keine hauswirtschaftliche Tätigkeit, sondern eine Tätigkeit im Rahmen seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes gewesen. Eine solche Tätigkeit stehe auch dann unter Unfallversicherungsschutz, wenn der Haushalt nicht wesentlich der Land- und Forstwirtschaft diene.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil von der Beklagten erhobene Revision aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung ist berechtigt.
Wie der Oberste Gerichtshof schon in seiner Entscheidung SSV-NF 1/29 dargelegt hat, sind in einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb alle Arbeiten, die der Urproduktion zuzuzählen sind, unfallversicherungsgeschützt und zwar unabhängig davon, ob die Produktion für den eigenen Bedarf oder für die Vermarktung erfolgt. Gegenstand dieses Verfahrens war eine Verletzung eines Versicherten, die sich beim Entasten von Bäumen nach der Schlägerung in einem zum Betrieb gehörigen Wald ereignete; ein Teil des Holzes war für die Vermarktung bestimmt, während das Holz, bei dessen Bearbeitung sich der Unfall ereignete, für den Gebrauch im Haushalt vorgesehen war. Die Forstwirtschaft bildete in diesem Fall einen Erwerbszweig der Nebenerwerbslandwirtschaft. Wie der Oberste Gerichtshof in weiteren Entscheidungen dargelegt hat (10 Ob S 89/89 - nicht veröffentlicht; SSV-NF 3/146) ist die Grenze dort zu ziehen, wo die Gewinnung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse abgeschlossen und das Produkt in eine handelsübliche Form gebracht worden ist. Daraus kann aber noch nicht der Schluß gezogen werden, daß jede im Handel erhältliche Form ursprünglich landwirtschaftlicher Produkte deshalb noch unter den Begriff Urproduktion fällt, unabhängig davon, ob sie für den Eigenbedarf erfolgt oder nicht. Im fortwirtschaftlichen Betrieb umfaßt die Urproduktion Holzschlägerungsarbeiten und das weitere Aufarbeiten des Holzes bis zu einem Stand, in dem es im Handel üblicherweise vom Urproduzenten angeboten wird. Üblicherweise erfolgt der Verkauf in größeren Stücken und nicht in ofenfertig zerkleinerter Form. In diese wird es in der Regel erst in der Folge durch besondere Gewerbetreibende (insbesondere Sägewerke, allenfalls Brennstoffhändler) gebracht. Das Zerkleinern von Brennholz zu ofenfertigen Scheiten steht daher nur dann unter Versicherungsschutz, wenn es zum Verkauf bestimmt ist, nicht aber, wenn es für den Eigenbedarf im Haushalt zu privatwirtschaftlichen Zwecken erfolgt. Der Versicherungsschutz beginnt erst dort, wo der abgrenzbare, rein persönliche Bereich aufhört und ein auch wesentlich betrieblichen Zwecken dienender Bereich anzunehmen ist (SSV-NF 3/146 mwN). Daher sind auch Arbeiten bei der Urproduktion, die von einem Land- oder Forstwirt verrichtet werden, nur dann vom Unfallversicherungsschutz umfaßt, wenn sie den Gegenstand des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes bilden, sohin in dem Bereich verrichtet werden, der dem Betrieb als Erwerbszweig zuzurechnen ist. In diesem Zusammenhang hat der Senat auch ausgesprochen, daß die Tätigkeit in einem Hausgarten, der nur zur häuslichen Versorgung bearbeitet wird, auch bei einem Landwirt nicht Gegenstand des landwirtschaftlichen Betriebes, sondern Annex des Haushaltes ist (SSV-NF 6/146). Der Haushalt dient dem landwirtschaftlichen Betrieb nur dann wesentlich, wenn der Betrieb nicht so klein ist, daß der Haushalt dem Betrieb gleichwertig oder sogar überlegen ist. Dies ist etwa bei Arbeitern der Fall, die ihren Lebensunterhalt hauptsächlich aus ihrem Arbeitsverdienst bestreiten und durch ihre kleine Landwirtschaft ihre Lebenshaltung nur verbessern und verbilligen wollen, ohne daß die Haushaltung dadurch ein landwirtschaftliches Gepräge erhält (SSV-NF 6/146 mwN). Der Haushalt des Klägers dient nicht wesentlich der nur geringfügigen Land- und Forstwirtschaft; dies ist im vorliegenden Fall unstrittig. Daß ein Unfall, den ein Nebenerwerbslandwirt beim Zerkleinern von Holz für den eigenen Haushalt erleidet, nicht unter Unfallversicherungsschutz steht, entsprach übrigens bereits der ständigen Rechtsprechung des Oberlandesgerichtes Wien als damals letzte Instanz in Leistungsstreitsachen (zB SSV 23/66 mwN). Daß der Kläger im vorliegenden Fall einen Teil des zugekauften alten Bauholzes auch zum Ausbessern des Hasenstalles verwenden wollte, tritt völlig in den Hintergrund und führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung, zumal auch die Hasen nur für den Eigenverbrauch des Klägers bestimmt waren.
Wie bereits das Erstgericht zutreffend erkannte, liegt ein Arbeitsunfall im Sinne des § 175 ASVG nicht vor. In Stattgebung der Revision der Beklagten war das Urteil des Gerichtes erster Instanz wiederherzustellen. Infolge Abweisung des Klagebegehrens braucht zu der Frage, ob auf Feststellung geklagt werden kann, daß ein bestimmtes Ereignis als Arbeitsunfall zu qualifizieren ist (vgl dazu SSV-NF 8/14; Fink, Die sukzessive Zuständigkeit im Verfahren in Sozialrechtssachen, 376 mit Judikaturnachweisen bei FN 61) nicht Stellung genommen zu werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch an den unterlegenen Kläger aus Billigkeit sind - auch im Hinblick auf die einhellige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs - nicht ersichtlich und wurden auch nicht geltend gemacht.
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