OGH 7Ob598/95

OGH7Ob598/9530.7.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Horst W*****, vertreten durch Dr.Manfred Korn, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Erika F*****, vertreten durch Dr.Paul Vavrovsky und andere Rechtsanwälte in Salzburg, wegen S 194.972,97 sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom 8.Mai 1995, GZ 21 R 17/95-16, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 19.September 1994, AZ 13 C 1833/94-10, aufgehoben wurde den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Beklagte ist grundbücherliche Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ *****, Grundbuch ***** G*****. Darauf befindet sich neben einem Wohn- auch ein Werkstättengebäude; dieses hat der Kläger mit Mietvertrag vom 10.8.1978 von der Beklagten in Bestand genommen und betreibt darin einen Karosseriebaubetrieb. Unstrittig ist, daß dieses Objekt den Bestimmungen des MRG unterliegt. Entsprechend dem Mietvertrag hat der Kläger für das Mietobjekt um Betriebsstättengenehmigung für den Gewerbebetrieb des Karosseriebaues angesucht; der Magistrat hat unter Erteilung einer Reihe von Auflagen die Genehmigung erteilt. Diese Auflagen waren vereinbarungsgemäß vom Kläger aus eigenem und auf seine Kosten ohne Anspruch auf Rückersatz zu erfüllen. Lediglich die bezüglich der Heizung erteilten Auflagen hatte die Beklagte auf ihre Kosten zu erfüllen. Mit Bescheiden vom 28.11.1978 war der Einbau einer Ölfeuerungsanlage und die Lagerung von 2000 Liter Heizöl innerhalb des Gebäudes bewilligt worden. Auf Grund dieser Bewilliungen errichtete die Beklagte nach Maßgabe der im Mietvertrag übernommenen Erfüllungsverpflichtung eine Heizanlage für die Werkstätte des Klägers und ihre Wohnung konsensgemäß auf eigene Kosten.

Vereinbarungsgemäß wurden die Heizkosten 2 : 1 zu Lasten des Klägers geteilt. In der Folge war jedoch der Kläger nicht mehr bereit, die Betriebskosten der Heizung nach Maßgabe des vereinbarten Verteilungsschlüssels zu zahlen. Er unterbrach daher den Wärmebezug vom gemeinsamen Ofen eigenmächtig, ohne Verständigung und ohne Zustimmung der Beklagten. Der Beklagten ist durch die eigenmächtige Änderung der Heizanlage insoweit ein Nachteil entstanden, weil der Ofen für die Beheizung ihrer Wohnung allein zu groß dimensioniert ist. Die Beklagte hat durch ihren damaligen Rechtsvertreter den Kläger mit Schreiben vom 22.12.1983 unter anderem darauf verwiesen, daß eine bauliche Änderung der Heizanlage nur nach Genehmigung der Behörde erfolgen könne und daß der Kläger für eigenmächtige, nicht konsensmäßige Änderungen voll zu haften habe. Nach zirka zehn Jahren wurde dem Kläger der Betrieb seiner eigenen, behördlich nicht bewilligten und den gesetzlichen Bestimmungen nicht entsprechenden Heizungsanlage von der Gewerbebehörde untersagt. Daraufhin begehrte er von der Beklagten den neuerlichen Anschluß an die gemeinsame Heizanlage sowie die Installation eines zweiten Heizkessels, was die Beklagte aber ablehnte, weil sie der Meinung war, daß der Kläger durch den zehnjährigen Nichtgebrauch konkludent auf einen Wiederanschluß verzichtet hat. Daraufhin errichtete der Kläger in seinen Bestandräumen eine neue, nunmehr den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Heizungsanlage um den angemessenen Gesamtbetrag von S 194.972,97.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Bezahlung dieses Betrages. Er brachte vor, es habe bis 1983 laufend Probleme hinsichtlich des Betriebes der gemeinsamen Heizung und der Aufteilung der diesbezüglichen Kosten gegeben, weshalb er schließlich mit Wissen der Beklagten die Wärmezufuhr unterbrochen und ein Heizungsprovisorium in den Bestandräumlichkeiten eingerichtet habe. Der Betrieb dieser Heizung sei ihm 1993 behördlich untersagt worden, sodaß die Wiederherstellung der gemeinsamen Heizanlage notwendig geworden wäre, was die Beklagte jedoch verweigert habe. Der Kläger sei daher gezwungen gewesen, den Heizungsumbau selbst vorzunehmen und habe hiefür den Klagsbetrag aufwenden müssen. In der Installierung der provisorischen Heizung durch den Kläger selbst zur Vermeidung von Streitigkeiten könne kein grundsätzlicher Verzicht des Klägers auf seinen diesbezüglichen Erhaltungsanspruch gegenüber der Beklagten erblickt werden. Mit seinen Aufwendungen sei eine erhebliche Wertsteigerung des Mietobjektes verbunden.

Die Beklagte beantragte die Klagsabweisung und wendete ein, ihren vertraglichen Verpflichtungen nachgekommen zu sein. Der Kläger habe sich an seine Verpflichtung, zwei Drittel der Heizkosten zu bezahlen, nicht gehalten und sodann eigenmächtig, ohne Verständigung und ohne Zustimmung der Beklagten die Heizanlage geändert und den Wärmebezug vom gemeinsamen Heizkessel unterbrochen, womit wirtschaftliche Nachteile für die Beklagten verbunden seien. Die Beklagte habe sich gegen die Vorgangsweise des Klägers ausgesprochen. Der Kläger hafte für die von ihm vorgenommenen Änderungen und habe daher die klagsgegenständlichen Umbaukosten selbst zu tragen. Der Kläger habe stillschweigend auf einen Wiederanschluß verzichtet, weil er zehn Jahre lang ein eigenes Heizsystem in Betrieb gehabt habe. Weiters hat die Beklagte Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges eingewendet (AS 25 in ON 9).

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, ohne gesondert über die von der Beklagten erhobene Einrede der Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges abzusprechen. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß die Beklagte zu Recht das Wiederanschlußbegehren des Klägers abgelehnt habe, weil dieser zehn Jahre davor auf ihre Verpflichtung, ihm eine Heizanlage zur Verfügung zu stellen, verzichtet habe. Der Kläger habe es auf Grund seiner eigenmächtigen Vorgangsweise selbst zu vertreten, daß er nunmehr zur Neuinstallation einer Heizung gezwungen gewesen sei.

Das Berufungsgericht hob mit dem angefochtenen Beschluß diese Entscheidung zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung durch das Erstgericht auf. Es erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Die Bestandgeberin habe nach § 1096 ABGB iVm § 3 MRG die zugesagte Qualität der Bestandsache während der gesamten Vertragsdauer zu sichern, sie habe daher alle Mängel, die den bedungenen Gebrauch hindern oder beeinträchtigen, auf ihre Kosten zu beheben, soweit Instandsetzungsarbeiten nicht unwirtschaftlich seien. Sie habe aber nicht Schäden, die der Bestandnehmer bzw seine Leute zu vertreten haben, aufzukommen. Aus § 1097 ABGB sei das Recht des Bestandnehmers ableitbar, selbst eine Mängelbehebung vorzunehmen und vom Bestandgeber Ersatz zu fordern. Der Bestandnehmer sei in diesem Fall wie ein Geschäftsführer ohne Auftrag zu behandeln. Aus im bisherigen Verfahren nicht (ausreichend) geklärten Gründen habe sich der Kläger im Jahr 1983 entschlossen, seine Heizung vom gemeinsamen Heizsystem abzukoppeln. Sein Begehren, sich wieder an das ursprünglich gemeinsame Heizungssystem anzuschließen, weil ihm der Betrieb der von ihm installierten eigenen Heizungsanlage von der Behörde untersagt worden sei, sei von der Beklagten abgelehnt worden. Er sei daher zur Installation einer eigenen, den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden Heizanlage veranlaßt gewesen. Die Kosten dieser Anlage stellten die Klageforderung dar, weshalb sich das Begehren des Klägers als Aufwandersatz nach § 1097 ABGB erweise. Für die Geltendmachung dieses Anspruches sei der streitige Rechtsweg zulässig. Das Abkoppeln des Klägers von der Gemeinschaftsanlage könnte als Verzicht im Sinne des § 3 Abs 2 Z 3 MRG gewertet werden, doch sei ein solcher Verzicht widerrufbar. Die Beklagte hätte daher dem Wiederanschlußersuchen des Klägers stattgeben müssen. Da sie dies nicht getan habe, müsse sie dem Kläger nach den Regeln der §§ 1097, 1026 ABGB grundsätzlich die diesem zufolge ihrer Weigerung entstandenen Kosten ersetzen, dies jedoch dann nicht, wenn den Kläger an der Abkoppelung von der Gemeinschaftsanlage im Jahre 1983 ein Verschulden treffe. Dazu habe das Erstgericht keine Beweise aufgenommen und dementsprechend keine Feststellungen getroffen. Eine grundlose Abkoppelung wäre dem Kläger als Verschulden anzulasten. In diesem Fall wäre das Klagebegehren abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung erhobene Rekurs der Beklagten ist im Ergebnis nicht berechtigt.

Nach der durch Parteienvereinbarung abdingbaren Bestimmung des § 1096 Satz 1 ABGB ist der Vermieter verpflichtet, den Bestandgegenstand in der vertraglich zugesicherten Form für die gesamte Dauer des Bestandverhältnisses zu erhalten. Demgegenüber werden durch § 3 MRG bei Bestandverhältnissen, die diesem Gesetz unterliegen, zwingend dem Vermieter die dort genannten Erhaltungsverpflichtungen auf seine Kosten auferlegt. Alle anderen Verpflichtungen des Vermieters bleiben durch das MRG unberührt und können in diesem eingeschränkten Umfang zufolge der nicht zwingenden Bestimmung des § 1096 ABGB abbedungen werden (vgl 3 Ob 569/90). Dementsprechend kann nach der Rechtsprechung der durch das MRG geschützte Mieter auf seine im § 3 MRG zugesicherten Rechte im vorhinein nicht wirksam verzichten (vgl ImmZ 1990, 6; WoBl 1993, 111 mit Anmerkung von Markel). Wohl aber kann der Bestandnehmer auf sein Recht, vom Bestandgeber Ersatz für die von ihm im Umfang des § 3 MRG geleisteten Erhaltungsarbeiten zu verlangen, nachträglich rechtswirksam verzichten (vgl 1 Ob 589/94). Im vorliegenden Fall ist unbestritten, daß die gemeinsame Heizungsanlage dem Kläger von der Beklagten vereinbarungsgemäß zur Verfügung gestellt worden ist, strittig allein sind die Gründe für das Abkoppeln davon durch den Kläger. Zu den zwingenden Verpflichtungen des Bestandgebers zählt § 3 Abs 2 Z 3 MRG die Aufrechterhaltung des Betriebes von bestehenden, der gemeinsamen Benützung der Bewohner dienenden zentralen Wärmeversorgungsanlagen. Nach eben dieser Bestimmung (vgl auch Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 § 3 MRG Rz 5) erlischt zwar die Instandhaltungspflicht des Vermieters, wenn alle Mieter des Hauses für die gesamte Dauer des Mietverhältnisses darauf verzichten. Nach Call (Mietrecht und Wohnungseigentum 117 f) ist ein derartiger Verzicht im Bereich des MRG aber nicht unwiderrufbar, da ein Mieter auch bis auf weiteres verzichten könnte. Daraus ergibt sich, daß es dem Bestandnehmer trotz der zwingenden Bestimmung des § 3 MRG möglich ist, auch ohne Zustimmung des Bestandgebers vorübergehend, sohin nicht auf Dauer, auf die Benützung einer ihm vertraglich zugesicherten Gemeinschaftsanlage zu verzichten und später den Anschluß und damit deren Benützung wieder zu verlangen. Entgegen der - nach den Ausführungen zu der angefochtenen Entscheidung hervorgehenden - Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes ist aber nicht grundsätzlich von einem nur vorläufigen und daher jederzeit widerrufbaren Verzicht des klagenden Bestandnehmers auszugehen. Das Verhalten des Klägers ist daher darauf zu untersuchen, ob er damit eine endgültige Änderung eines Teiles seines Bestandvertrages bewirkt wissen wollte. Obwohl bei Dauerschuldverhältnissen aus der bloßen Nichtausübung eines Rechtes im Einzelfall noch nicht zwingend auf den gänzlichen Verzicht darauf geschlossen werden darf, liegt ein solcher dann vor, wenn - etwa nach den Umständen, die zur Nichtausübung geführt haben, und (oder) der Dauer der Nichtausübung - kein Zweifel möglich ist, daß das Verhalten des Berechtigten den endgültigen Verzichtswillen zum Ausdruck bringen soll (vgl MietSlg 16.122 uva zuletzt 1 Ob 3/93). In diesem Fall wäre das Klagebegehren abzuweisen. Soweit das Berufungsgericht die vom Erstgericht im Zusammenhang mit dem Verzicht des Klägers getroffenen Feststellungen auf Grund seiner Beweisrüge für bedenklich hielt und dem Erstgericht eine Ergänzung des Beweisverfahrens aufgetragen hat, ist diese Beurteilung der Tatfrage vom Obersten Gerichtshof nicht zu prüfen.

Ein eigenmächtiges Verhalten im Zusammenhang mit einem nur vorläufigen und daher widerrufbarem Verzicht wäre dem klagenden Bestandnehmer in der Weise zur Last zu legen, daß ihm kein Ersatz für den Wiederanschluß an die Heizungsanlage zustünde, er diesen vielmehr aus eigenen Mitteln bestreiten müßte. Sollte das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren daher zum Ergebnis kommen, daß der Kläger zwar eigenmächtig gehandelt, aber nur vorläufig auf die Mitbenützung der Gemeinschaftsheizungsanlage verzichtet hat, wäre die Weigerung der Beklagten, ihm den Wiederanschluß zu gestatten, als vertragswidrig und daher hinsichtlich des die Wiederanschlußkosten übersteigenden Betrages als zu Schadenersatz verpflichtend zu beurteilen.

Zivilrechtliche Ansprüche sind grundsätzlich im Prozeßweg geltend zu machen, im außerstreitigen Verfahren nur dann, wenn ein Gesetz dies ausdrücklich oder unzweifelhaft schlüssig bestimmt. Dieser Grundsatz wird durch die §§ 37 ff MRG nicht berührt. Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtsweges sind nach ständiger Rechtsprechung in erster Linie der Wortlaut des Begehrens und darüber hinaus der behauptete Sachverhalt maßgebend (vgl WoBl 1992, 107 mit Anmerkung von Würth). Der Kläger stützt sein Begehren ausdrücklich auf die (schuldhafte) Verletzung einer vertraglichen Verpflichtung durch die Beklagte und macht damit inhaltlich einen Schadenersatzanspruch, der zweifellos im streitigen Verfahren zu verfolgen ist, geltend.

Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte