OGH 1Ob501/96

OGH1Ob501/9626.7.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Manfred Ainedter und Dr. Friedrich Trappel, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei W***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Werner Hetsch und Dr. Werner Paulinz, Rechtsanwälte in Tulln, wegen 54.585,43 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom 25. April 1995, GZ 29 R 55/95-36, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Tulln vom 14. November 1994, GZ 2 C 1091/92-29, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 4.871,04 S (darin 811,84 S USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der mit der Errichtung einer am 25. Juni 1987 an die Mieter übergebenen Wohnhausanlage beauftragte Generalunternehmer erteilte den Auftrag zur Herstellung der Bodenbeläge einschließlich des Estrichs der klagenden Partei, die ihrerseits mit der Erstrichherstellung die beklagte Partei als Subunternehmer beauftragte. Auf die vom Generalunternehmer hergestellten Ortsbetondecke (Rohdecke) wurden von der beklagten Partei in dieser Reihenfolge die Beschüttung aus Splittmaterial, die Dämmschicht, die Folie und der Estrich aufgebracht und darauf von der klagenden Partei der Fußbodenbelag aus PVC mit unterseitigem Filz verlegt. Schon im November 1987 traten in einigen Wohnungen Verfleckungen (Verfärbungen) des Fußbodenbelags auf, in anderen Wohnungen erst 1988 oder 1989. Die klagende Partei kam nach Untersuchungen an Ort und Stelle zum Ergebnis, Ursache sei die Feuchte, die sich unter dem Fußbodenbelag angesammelt hatte, und veranlasste - um die Wohnungsbenützer nicht unnütz zu vergrämen - zunächst eine Behebung der vorhandenen Schäden, allerdings mit der Absicht, sich diese Aufwendungen von dem hiefür Verantwortlichen ersetzen zu lassen. Im Zuge der Bemühungen zur Schadensbehebung erstellte der Sachverständige Ing. Andreas N***** (im folgenden 1. Sachverständiger) infolge eines Fehlers beim Befund über das verwendete Material der Beschüttung (an einer Stelle, an der sich nicht mehr das von der beklagten Partei verwendete Füllmaterial, sondern das von einem Angestellten der klagenden Partei nach Beendigung von dessen Untersuchungen herausgestemmte Estrichmaterial befand) am 10. März 1989 ein Gutachten mit dem unrichtigen Ergebnis, die Feuchte hätte ihre Ursache in der Verwendung eines nicht trockenen und in Ansehung der Körnung auch ungeeigneten Ausgleichssands (Beschüttung), sodass die beklagte Estrichlegerin den Schaden zu vertreten habe. In Kenntnis dieses Fehlers bei der Befundaufnahme kam es zwischen den Parteien unter Beteiligung des Generalunternehmers in dessen Büro am 14. Juni 1989 zu einer (neuerlichen) Besprechung, bei der unbestritten war, dass zwar Feuchte die Ursache für die aufgetretenen Schäden sei, die Schlüsse des 1. Sachverständigen aber unrichtig seien und die Ursache der Feuchte in den einzelnen Geschossdecken noch einer Klärung bedürfe. Der Generalunternehmer machte den Vorschlag, dazu einen anderen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens zu beauftragen. Man ging davon aus, der von diesem neuen Sachverständigen ermittelte Verursacher werde unter der Voraussetzung ersatzpflichtig, dass dessen Gutachten sachlich richtig sei. Der Geschäftsführer der beklagten Partei erklärte, von der Sachverständigenbestellung, insbesondere von der Befundaufnahme, verständigt werden zu wollen, um bei dieser anwesend zu sein.

Der Generalunternehmer beauftragte daraufhin am 23. Juni 1989 schriftlich den Sachverständigen Dipl. Ing. Walter L***** (im folgenden Schiedsgutachter) mit der Erstellung eines Gutachtens über die Herkunft der schadensursächlichen Feuchte. Der Schiedsgutachter, der keine Erhebungen an Ort und Stelle vornahm, kam in seinem am 26. Juni 1989 erstellten Gutachten, dessen Grundlagen Auszüge aus dem Bautagesberichtsbuch für den Zeitraum vom 3./4. März 1986 und 18. bis 22. Mai 1987, das Gutachten des 1.Sachverständigen, die Korrespondenz sowie ergänzende Angaben des Poliers des Generalunternehmers waren, zum Schluss:

„Es ist also, wie gesagt, mit baupraktischer Gewissheit auszuschließen, dass überhöhter Feuchtigkeitsgehalt in der Rohdecke schadenskausal ist. Baupraktische Gewissheit heißt, dass absolute Gewissheit nicht gegeben ist, wenngleich es keinen technisch vernünftigen Zweifel mehr gibt ...“

Folge man der Auskunft des Baupoliers, das Beschüttungsmaterial sei bei seiner Förderung gepumpt worden, sei Ursache der Fleckenbildungen auf den Fußbodenbelägen die übermäßig durchfeuchtete Beschüttung. Eine bereits im Gespräch befindliche Endkorrektur des Gutachtens des 1.Sachverständigen hätte auf seine Überlegungen keinen Einfluss. Der 1. Sachverständige erachtete indes in seinem am 22. September 1989 ergänzten und berichtigten Gutachten, dem eine neuerliche und selbständige Untersuchung der Decke und des darüber befindlichen Fußbodenaufbaus vorangegangen war, für die Beschüttung sei von der beklagten Partei Splittmaterial verwendet worden, Ursache des Schadens sei Feuchte, die aus der Ortsbetondecke in den Estrich diffundiert sei; er begründete seine Überlegungen ähnlich wie der dem gerichtlichen Verfahren beigezogene Sachverständige Dipl.-Ing. Erich N*****. Zur Feststellung des Fußbodenaufbaus und der verwendeten Beschüttung beauftragte die beklagte Partei den Sachverständigen Werner P***** mit der Untersuchung der Decke; dieser beschrieb nach einem Ortsaugenschein - an dem neben dem Geschäftsführer der beklagten Partei zwei Angestellte der klagenden Partei und der 1. Sachverständige teilgenommen hatten-die Zusammensetzung des Fußbodens auf Grund eigener Untersuchungen wie folgt:

„PVC-Filzbelag, vollflächig verklebt, Zementestrich-Dicke ca. 5 cm, eine Lage PAE-Folie, eine Lage Dämmschicht (Mineralfaser-Dämmstoff), Splittmaterial-Dicke ca 2,5 cm, Rohdecke. Als Beschüttungsstoff wurde feinteilarmes Kantkorn (Splitt) verwendet.“

Trotz Vorliegens des korrigierten Gutachtens des 1. Sachverständigen forderte der Klagevertreter mit Schreiben vom 13. Februar 1992 von der beklagten Partei unter Bezugnahme auf das Schiedsgutachten den Ersatz der Aufwendungen für die Auswechslungen von Bodenbelägen in vier näher bezeichneten Wohnungen unter Anschluss einer entsprechenden Aufstellung, aus der sich die Höhe des Klagsbetrags als Ersatzanspruch für Arbeiten durch ein drittes Unternehmen sowie für eigene Aufwendungen (neuer Fußbodenbelag) ergibt.

Ein streng kausaler Nachweis der Ursachen der Durchfeuchtung der Filzunterlagen der Bodenbeläge kann nicht erbracht werden. Tatsächlich war die Rohdecke im Zeitpunkt der Aufbringung des Estrichs und insbesondere auch des Bodenbelags noch nicht durchgetrocknet; zumindest wesentliche Teile der aufgetretenen Schäden wurden durch einen langsam wirkenden Diffusionsstrom, der sich aus der geringen Kernfeuchte der Betondecke ergibt, verursacht. Relativ früh (etwa vier Monate nach der Bodenbelagsverlegung) auftretende Feuchtigkeitsschäden (was hier in drei Fällen zutraf) können nach der praktischen Erfahrung nur durch eine Feuchtigkeitswanderung innerhalb des Estrichs bzw der Beschüttung verursacht worden sein, wobei die Erwärmung infolge der im Bereich der Beschüttung liegenden Warmwasserleitungen als Antriebskraft wirkte. Ursache dafür kann die Verlegung des Belags auf nicht verlegereifem Estrich oder die Verwendung einer zu feuchten Beschüttung im Bereich der Warmwasserleitungen gewesen sein. Eine Konkretisierung in der einen oder anderen Richtung ist auf Grund der Ergebnisse des Beweisverfahrens unmöglich.

Die klagende Partei begehrte von der beklagten Partei den Betrag von 54.585,43 S sA und brachte dazu vor, der Schiedsgutachter habe die Verursachung des Schadens der beklagten Partei zugewiesen, sodass diese aus dem Schiedsgutachtervertrag zur Bezahlung der Mängelbehebungskosten in Höhe des Klagsbetrags verpflichtet sei. Der Klagsanspruch gründe sich nicht auf vorliegende Mängel oder ein Verschulden, sondern darauf, dass zwischen den Parteien am 14. Juni 1989, als noch nicht klar gewesen sei, wessen Verschulden den Schaden herbeigeführt habe, eine Vereinbarung dahin getroffen worden sei, die beklagte Partei werde für den Fall, dass ein zu bestellender Sachverständiger ihr Verhalten als Ursache feststellen sollte, den Schaden übernehmen. Aus dem Schiedsgutachten ergebe sich die Verursachung des Schadens durch die beklagte Partei. Die Fleckenbildung auf den Bodenbelägen sei durch Feuchtigkeit im Estrich hervorgerufen worden, diese Feuchtigkeit habe die beklagte Partei durch Aufbringen des zwischen Rohdecke und Estrich verwendeten Beschüttungsmaterials zumindest teilweise - entgegen den Regeln der Estrichverlegung - durch Pumpen verursacht. Die beklagte Partei habe den Schadenseintritt verschuldet.

Die beklagte Partei wendete im wesentlichen ein, für allenfalls aufgetretene Mängel nicht haftbar zu sein. Im Juni 1989 sei in den Räumlichkeiten des Generalunternehmers beschlossen worden, dass dieser einen Gutachter bestelle, der nach Verständigung aller Beteiligten auf der Baustelle die entsprechenden Proben zu entnehmen und dann ein Gutachten zu erstellen haben werde. Der vom Generalunternehmer bestellte Schiedsgutachter habe vereinbarungswidrig weder die Parteien von einer allfälligen Befundaufnahme verständigt noch überhaupt eine solche an Ort und Stelle vorgenommen, sondern ein reines Aktengutachten auf der Basis des unrichtigen Gutachtens des 1.Sachverständigen vom 10. März 1989 und unter Zugrundelegung von Angaben eines Poliers des Generalunternehmers erstellt. Dieses Gutachten habe zwangsläufig zu falschen Schlüssen kommen müssen, weil keine Prüfung der Beschüttung vorgenommen worden sei. Die beklagte Partei sei vor Erstellung dieses Gutachtens nicht befragt worden und habe ihrerseits einen Sachverständigen beigezogen, der eine Beweissicherung durchgeführt habe; die Bodenöffnung hätte die Verwendung feinteilarmen Kantkorns (Splitt) ergeben. Diese Beschüttung entspreche der ÖNorm. Auch nach dem ergänzten Gutachten des 1. Sachverständigen vom 22. September 1989 sei die Beschüttung als Schadensursache auszuschließen; Ursache sei vielmehr aus dem Ortsbeton diffundierende Feuchte. Dies habe die beklagte Partei nicht zu vertreten, sondern der Generalunternehmer. Das Schiedsgutachten sei unrichtig. Ein der Vereinbarung entsprechendes Gutachten sei niemals vorgelegt worden. Der Schiedsgutachtenvertrag sei sittenwidrig, weil das Schiedsgutachten auf dem erst danach korrigierten Gutachten des 1. Sachverständigen basiere und der Schiedsgutachter den Inhalt dieses (gegenteilig berichtigten) Gutachtens nicht gekannt habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren im wesentlichen mit der Begründung ab, eine Bindung der beklagten Partei an das Ergebnis des Schiedsgutachtens habe nur insoweit bestanden, als die gutachtliche Äußerung richtig sei. Dies sei nicht der Fall.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil, ließ die ordentliche Revision wegen fehlender Rechtsprechung zur Frage der Bekämpfbarkeit eines Schiedsgutachtens zu und ließ sich in rechtlicher Hinsicht von folgenden Erwägungen leiten: Die Streitteile hätten einen feststellenden Schiedsgutachtervertrag geschlossen; es sollten zufolge der besonderen Sachkunde des Schiedsgutachters gewisse, für die Leistungspflicht notwendige Tatsachen (Schadensursache) festgestellt werden. Aus der gebotenen Einordnung des feststellenden Schiedsgutachtens in das materielle Recht ergebe sich, dass das Gericht diesen Feststellungsvertrag und seine Ergebnisse prinzipiell seiner Entscheidung zugrundezulegen habe. Ausgenommen seien nur offenbar unrichtige Ergebnisse; das sei dann der Fall, wenn der Schiedsgutachter die Regeln der Sachkunde grob verletze, wesentliche Gesichtspunkte außer acht lasse, den Vertragsinhalt missachte oder offenbar unrichtige oder unvollständige Tatsachenfeststellungen treffe. „Offenbare Unbilligkeit allein würde nur dann ausreichen, wenn sie ohne Begründung oder nicht nachprüfbar geblieben ist.“ Da die beklagte Partei im Verfahren nachgewiesen habe, dass das Schiedsgutachten ganz erhebliche inhaltliche Mängel aufweise und der Schiedsgutachter überdies anlässlich der Befundaufnahme das Parteiengehör nicht gewahrt habe, falle „dieses Privatgutachten als Entscheidungsgrundlage weg“, ohne dass die beklagte Partei nun auch noch den strengen Beweis des Gegenteils erbringen müsste. „An die Stelle des Schiedsgutachtens trete somit das vom Erstgericht festgestellte non liquet.“ Bei den relativ früh nach der Belagsverlegung aufgetretenen Feuchtigkeitsschäden komme zwar als Ursache neben der Verlegung des Fußbodenbelags auf nicht verlegereifem Estrich (Verantwortlichkeit des klagenden Belagsverlegers) gleichrangig auch die Verwendung einer zu feuchten Beschüttung im Bereich der Warmwasserleitungen (Verantwortlichkeit des beklagten Estrichherstellers) in Betracht, doch könne auch daraus eine Haftung der beklagten Partei nicht abgeleitet werden. Eine Haftung bei alternativer Kausalität setze nämlich voraus, daß jeder der potentiellen Schädiger ein Verhalten gesetzt habe, das bis auf den strikten Nachweis der Ursächlichkeit alle haftungsbegründende Elemente enthalte. Jeder der möglichen Täter müsse also „in höchstem Maß adäquat für den Schadenseintritt gehandelt haben. Alternative Kausalität überbrücke demnach nicht Zweifel, ob überhaupt gefährlich gehandelt“ worden sei. Die klagende Partei habe einen Verstoß der beklagten Partei gegen die Regeln der Estrichverlegung (Einbringung von Feuchtigkeit durch Aufbringen des Beschüttungsmaterials zumindest teilweise durch Pumpen) nicht nachweisen können.

Die Revision der klagenden Partei ist nicht gerechtfertigt.

Rechtliche Beurteilung

Angebliche Aktenwidrigkeiten, die - wie hier - im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht wurden, können im Revisionsverfahren nicht mehr nachgetragen werden (EFSlg55.112; Kodek in Rechberger, §503 ZPO Rz4 mwN).

Nach herrschender Auffassung ist der nicht an besondere Formvorschriften gebundene (ZVR 1980/304; Fasching IV 712f), an der Schnittstelle von materiellem und Prozessrecht angesiedelte (Gehrlein, Wirksamkeitsmängel von Schiedsgutachten, in VersR 1994, 1009), überwiegend als dem materiellen Recht zugehörig (Fasching IV 713 mwN; Heinrichs in Palandt, BGB55 § 317 Rz 4b; gegenteilig Habscheid, Das Schiedsgutachten als Mittel der Streitentscheidung und der Streitvorbeugung, in FS Kralik [1986], 189, 200 ff) angesehene Schiedsgutachtervertrag unter anderem - die anderen Aufgabenstellungen wie die rechtsgestaltende Vertragsergänzung oder die Klarstellung des Vertragsinhalts (Gehrlein aaO 1010) sind hier nicht relevant - auf die Feststellung von Tatsachen oder Tatbestandselementen durch den Schiedsgutachter gerichtet (EvBl 1985/119 = RZ 1986/24; ZVR 1980/304; SZ 49/112 = JBl 1977, 273 ua; Fasching IV 712 und Lehrbuch2 Rz 2168; Rechberger in Rechberger, § 577 ZPO Rz 18 mwN; Heinrichs aaO Rz 7). In diesem Fall sollen der bzw die Schiedsgutachter vermöge seiner bzw ihrer Sachkunde gewisse Unterlagen und Tatsachen beschaffen und mit bindender Wirkung für die Parteien Feststellungen gewinnen, die für die Bestimmung einer Vertragsleistung erst mittelbar maßgebend werden und erst die Elemente für sie bilden sollen (ZVR 1980/304; Gehrlein aaO 1010 mwN; Bulla, Gerichtliche Nachprüfbarkeit von Schiedsgutachten in NJW 1978, 397, 399; Habscheid aaO FN 15) sowie auf diese Weise Rechtsstreitigkeiten vorbeugen (Gehrlein aaO 1009). Voraussetzung ist vorerst - als Schiedsgutachtensabrede - eine Einigung der Parteien auf das Leistungsbestimmungsrecht eines Dritten (Gehrlein aaO 1010 f). Im vorliegenden Fall war diese Abrede auf die bindende Feststellung von Tatsachen, nämlich dem Kausalzusammenhang zwischen einem strittigen schädigenden Ereignis und dem Schaden (Feuchte in den Bodenbelägen von Wohnungen), und daraus abgeleiteten Parteipflichten durch den Schiedsgutachten gerichtet (vgl dazu auch Fasching IV 715; Blomeyer, Zivilprozeßrecht2, 381; Heinrichs aaO Rz 7 unter Hinweis auf BGH WM 75, 1047). Die Besonderheit der hier zu beurteilenden Schiedsgutachtensabrede liegt darin, dass drei Parteien, der nicht verfahrensbeteiligte Generalunternehmer, in dessen Ingerenz die schadensträchtige Rohbetondecke fiel, die klagende Hauptauftragnehmerin, in deren Einflussbereich die Bodenbeläge, die als solche kaum als Schadensursache in Betracht kamen, und deren Verlegung lagen, sowie die beklagte Subunternehmerin, in deren Ingerenz der schadensträchtige Estrich und die darunter liegende Beschüttung fielen, daran beteiligt waren, jedoch der Generalunternehmer den mündlichen Auftrag an den Schiedsgutachter, einen gerichtlichen beeideten Sachverständigen, erteilen sollte und erteilte. Der nähere Inhalt dieses Schiedsgutachtervertrags zwischen Generalunternehmer und Schiedsgutachter steht nicht fest, ist aber hier auch nicht erheblich. Dass der Auftrag an den Schiedsgutachter bloß von einem der drei Vertragspartner der Schiedsgutachtensabrede erteilt wurde, erachtete keine von ihnen und damit keiner der Streitteile als Hindernis für die Gültigkeit des Schiedsgutachtervertrags und ihre Bindung an das Ergebnis des vom Schiedsgutachter zu erstellenden Gutachtens.

Das Ergebnis eines Schiedsgutachtens ist grundsätzlich für die Parteien und das Gericht materiellrechtlich bindend (SZ 51/172; Fasching IV 714; Holzhammer, Zivilprozeßrecht2 364; vgl Habscheid aaO 191 mwN). Diese Rechtsfolge entspricht dem Zweck des Schiedsgutachtens, einem zeit- und kostenspieligen Rechtsstreit vorzubeugen. Daher soll das Schiedsgutachten einerseits auch nicht jeder beliebigen Anfechtung ausgesetzt sein, andererseits aber auch keine absolute Gültigkeit haben (Gehrlein aaO1011 mwN). Fasching (Lehrbuch2 Rz 2068) verneint beim feststellenden Schiedsgutachten die Bindung, wenn der Schiedsgutachter die Regeln der Sachkunde grob verletzt, wesentliche Gesichtspunkte außer acht lässt, den Vertragsinhalt missachtet oder offenbar unrichtige oder unvollständige Tatsachenfeststellungen trifft. Herrschend ist allerdings eine engere Auffassung: Demnach unterliegt, ungeachtet des Fehlens einer dem § 319 Abs 1 BGB entsprechenden Bestimmung in der österr. Rechtsordnung, sowohl die rechtsgeschäftliche Preisfestsetzung iSd §1056 ABGB, einerlei ob durch einen Dritten oder einen der Vertragspartner selbst (vgl JBl 1994, 252 mwN [Holzner]), als auch das Schiedsgutachten grundsätzlich nur dann einer nachprüfenden richterlichen Kontrolle, wenn die vom Schiedsgutachter vorgenommene Leistungsbestimmung gegen §879 ABGB verstößt, offenbar unbillig ist oder der zur Gestaltung berufene Dritte die ihm durch den Vertrag selbst gezogenen Grenzen eindeutig überschritten hat (JBl 1987, 803 = DRdA1988/11 [Mayer-Maly]; JBl 1980, 151 [Bydlinski] = EvBl 1980/38 = MietSlg 31/31 mwN; SZ 51/172; SZ 39/132 = ZVR 1967/102; Fasching IV 714; Aicher in Rummel 2, § 1056 ABGB Rz 8 und 10 mwN). Offenbar unbillig ist das Ergebnis des feststellenden Schiedsgutachtens dann, wenn die Maßstäbe von Treu und Glauben in gröbster Weise verletzt werden oder die Unrichtigkeit des Schiedsgutachtens einem sachkundigen und unbefangenen Beurteiler sofort erkennbar ist (vgl SZ 64/92 = JBl 1992, 35; JBl 1987, 803 mwN; JBl 1980, 151; SZ 39/132 ua; Aicher aaO § 1056 ABGB Rz 10; Fasching IV 714). Das unrichtige Gutachten, mag es nun von anfechtbaren Unterlagen ausgegangen sein, falsche Methoden angewandt haben oder auch Rechenfehler enthalten, ist damit noch nicht offenbar unbillig, sondern das Ergebnis des Gutachtens muss augenscheinlich unrichtig sein. Die Leichtigkeit und rasche Erkennbarkeit des dem Schiedsgutachten innewohnenden Fehlers darf jedoch nicht überbetont werden. Der augenscheinlichen Unrichtigkeit steht bei komplizierten Sachverhalten nicht entgegen, dass ein sachkundiger Beurteiler eine eingehende, zeitintensive Prüfung vorzunehmen hat. Maßgeblich ist, ob ein Sachkundiger, der sich mit den erforderlichen Grundlagen vertraut gemacht hat, ohne Zögern das Verdikt der offenbaren Unrichtigkeit ausspricht (Gehrlein aaO 1011 f mwN; vgl auch Bulla aaO 400 mwN in FN 38). Nicht jede objektive, sondern nur eine qualifizierte Unrichtigkeit beraubt demnach das Schiedsgutachten seiner bindenden Wirkung.

Ob eine Bindung der beklagten Partei an das Schiedsgutachten nach diesen Beurteilungsmaßstäben und den Ergebnissen des - bei der Prüfung auf offenbare Unbilligkeit in Fällen wie dem vorliegenden regelmäßig wohl unvermeidlichen - Beweisverfahrens über die Ursache der Feuchte in den Fußbodenbelägen unter dem Gesichtspunkt der augenscheinlichen Unrichtigkeit bejaht werden müsste, kann auf sich beruhen: Die Schiedsgutachterabrede unterliegt jedenfalls der Parteiendisposition. Die Parteien können demnach ausdrücklich oder schlüssig vereinbaren, dass ihre Bindung an die Ergebnisse des Schiedsgutachtens von gewissen Voraussetzungen abhängig, somit bedingt ist, wenngleich damit Rechtsstreitigkeiten wohl kaum vermieden werden können, wie das gerade der vorliegende Fall zeigt. Eine solche Bedingung kann daher auch darauf gerichtet sein, die Bindung an das Schiedsgutachten von dessen Richtigkeit und nicht bloß davon, dass es nicht offenbar unrichtig ist, abhängig zu machen, die Bindung damit einzuschränken und die generell nur eingeschränkte Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung zu erweitern. Nach den von der zweiten Instanz ungeachtet einer entsprechenden Beweisrüge der klagenden Partei in ihrer Berufung insgesamt gebilligten erstrichterlichen Feststellungen haben die Vertragspartner in der Schiedsgutachtensabrede festgelegt, der vom Schiedsgutachter ermittelte Verursacher solle unter der Voraussetzung ersatzpflichtig werden, dass dessen Gutachten sachlich richtig sei. Die Vorinstanzen haben demnach zu Recht eine Bindung der beklagten Partei an das Ergebnis des Schiedsgutachtens verneint, weil dessen Richtigkeit eben nicht feststeht. Beweisdefizite gehen in einem solchen Fall zu Lasten dessen, der sich auf die Richtigkeit des Schiedsgutachtens beruft und davon sein Begehren abhängig macht.

Auf die Fragen, ob der Schiedsgutachter - der keine Befundaufnahme durchführte, sodass schon deshalb dazu keine Partei geladen worden sein konnte-dadurch das rechtliche Gehör der beklagten Partei verletzte, ob der Grundsatz des rechtlichen Gehörs dabei überhaupt und bejahendenfalls, wie weit er dabei Anwendung zu finden hat (vgl EvBl 1982/77, SZ 51/172; Heinrichs aaO Rz8 mwN; Gehrlein aaO 1012 f; Habscheid aaO 202 f) und ob eine Befundaufnahme durch den Schiedsgutachter selbst von den Parteien der Schiedsgutachtensabrede zumindest schlüssig vereinbart war, muss deshalb nicht mehr eingegangen werden.

Auf einen anderen Rechtsgrund als die Bindung der beklagten Partei an das Schiedsgutachten kommt die klagende Partei nicht zurück. Der Revision ist nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung fußt auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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